Bei Hifi-Ausstellungen im nicht deutschsprachigen Ausland konzentrierten wir uns meist auf die Recherchen für den Messebericht, der oft schon ab dem zweiten Veranstaltungstag online gehen konnte. In Warschau treffe ich heuer aber so viele Hersteller, Entwickler und Kollegen, dass es gerade mal für ein paar Appetithäppchen reicht.

Die Kooperation mit den Freunden von High Fidelity und die Tatsache, dass meine Gattin und ich nach der Präsentation unser Produktionen vor zwei Jahren von der Krakow Sonic Society zu Ehrenmitgliedern ernannt wurden, legt es zudem nahe, auch in diesem Jahr wieder die ein oder andere Veranstaltung zum Thema Aufnahmetechnik anzubieten. Schließlich wurden es sechs Termine, verteilt auf die beiden letzten Messetage. Deshalb haben wir uns schon recht früh am Freitag vor der offiziellen Öffnung der Ausstellungszimmer um 14 Uhr aufgemacht, um erste Eindrücke für Sie zu sammeln, die Sie vielleicht doch noch zu einem spontanen Besuch am Sonntag verleiten könnten. Eine Handvoll Bilder stammen aus dem Golden Tulip und dem Sobieski, die meisten aus der Ausstellung im Nationalstadion, in dem wir aber noch nicht alle Räume besuchen konnten.

Auf einen ausführlichen Bericht werden Sie noch ein wenig warten müssen, da ich nach der Rückreise am Montag erst am Dienstag zum Sichten der Bilder und Verfassen der Bildunterschriften kommen werde. Das heißt aber nicht, dass in der Zwischenzeit nicht der ein oder andere Artikel zu anderen Themen veröffentlicht würde…

 

Weitere Informationen

  • Imagefolder events/16-11-04_warschau

Als Berichterstatter finde ich in den zwei Tagen des Analog-Forums nur selten Gelegenheit, mal einen Moment in Ruhe eine gelungene Darbietung zu genießen. Selbst bei meinen kleinen Hörproben habe ich stets den Notizblock in der Hand. Mitnehmen kann ich aber die Erinnerung an die Musik, die ich zu hören bekam.

Und so fand ich dann auch vorgestern Abend, nachdem ich meinen ersten Bericht an den Chefredakteur weitergeleitet hatte, bei Qobuz dieses wunderschöne Live-Album von Herman van Veen, Herz, aufgenommen im Dezember 1981. Auch in der digitalen Form machte es so viel Freude, dass die Mühen des Tages schnell vergessen waren.

Der zweite Tag in Krefeld beginnt traditionsmäßig eine Stunde später. Da in der Nacht dank der Zeitumstellung noch eine Stunde gewonnen war, lag der gefühlte Messebeginn schon beinahe zur Mittagszeit. Viele Aussteller waren aber bereits früher in ihren Räumen und hörten selber Musik hinter noch geschlossenen Türen. Oder sie bereiteten ihre Stände für den neuen Tag vor, bevor es offiziell losging. So nutzte meine Ehefrau die Gelegenheit, um sich über die Gehörfehler-korrigierenden In-Ears-Hörer von Zapletal-Akustik zu informieren

 

Eva Cassidy hatte ich bereits bei WOD mit ihrem Song „Autumn Leaves“ kurz gehört. Die Triaxia Whiteline ist ein Lautsprecher mit nur einem drei-Wege Koax-Chassis, das für die oberen Frequenzen einen Magnetostaten beinhaltet. Die Triaxia kann diesen Song auffallend wirklichkeitsnah reproduzieren, und zwar bei recht zurückhaltender Lautstärke. Diese ist mit Abstand die preiswerteste aller gehörten Anlagen. Dennoch kann sie auch bei den folgenden Stücken wie „The Great Pretender“ von den Platters oder dem „Limehouse Blues“ vom ATR-Proprius Klassiker Live At The Pawnshop durch ihr homogenes Klangbild beeindrucken. Sie wirkt unaufdringlich und gibt einen klaren Einblick ins Detail. Das Timing stimmt auch, so dass die Musik den Hörer rhythmisch mitnimmt. Das Vibraphon imponiert durch nuancierte, perlende Klangfarben und Dynamik. Mein positiver Eindruck bleibt auch bei der LP von Manhattan Transfer mit dem Stück „Tuxedo Junction“. In diesem Lautsprecher, auch in Kombination mit dem Entotem Plato und dem Pear Audio Plattenspieler, steckt noch eine Menge Potential, da bin ich mir ganz sicher. Denn die Aufstellung und auch die Akustik dieses Raumes sind suboptimal. Trotzdem klingt dieses Setup hier recht beeindruckend und verspricht noch erheblich mehr.

 

Nun möchte ich zum musikalischen Höhepunkt dieses Tages kommen. Zumindest für mich ist das Klangerlebnis bei Stereokonzept – KlangwellenManufaktur ein ganz Besonderes. Stereokonzept Mitinhaber Oliver Leuvering legt auf und hat schon bei der Musikauswahl ein Händchen für spannendes Material. Die erste LP war The Obscure Department von Robert Coyue und Jaki Liebezeit. Die hart angeschlagenen Gitarren-Rhythmen „Delicate Flower“ erklingen nah und echt, Robert Coyes Gesang wirkt faszinierend artikuliert. Die Vokalversion von Agnes Obels „The Curse“ imponiert durch die greifbar im Raum stehende, körperhafte Stimme, ergänzt durch lautmalerische, teils schmeichelhafte, gleichzeitig konturierte Streicher. Gleichzeitig ist die Audio-Kette fähig, den Hörer das Timing mitfühlen zu lassen. Der sonore Gesang von John Grant in seinem Song „Glacier“ fügt sich harmonisch in das großartige Klanggemälde, was auch in räumlicher Tiefe wunderschön durchgezeichnet und vielschichtig erscheint. Die einzelnen Instrumente sind dank der bestechenden Transparenz leicht zu verfolgen. Der Song „Alexander“ von Dillon erklingt ebenfalls ausgezeichnet in der Tiefe gestaffelt und außergewöhnlich nuancenreich und farbenfroh, selbst bei den teils impulsartigen synthetischen Tönen. So einnehmend habe ich dieses Stück nie zuvor gehört. Das abschließende „The Hall OF The Mountain King“ aus „Peer Gynt“ bleibt packend und fein strukturiert selbst bei der dynamischen orchestralen Explosion. Diese gar nicht so kostspielige Anlage ist für mich die musikalische Krönung dieses Tages.

 

Weitere Informationen

  • Imagefolder events/16-11-03_aaa
Mittwoch, 02 November 2016 01:01

Audio Video Show Warsawa

Wie wir schon in unserer kleinen herbstlichen Messevorschau in der zweiten Septemberhälfte erwähnt hatten, findet vom 4. bis einschließlich 6. November die Audio Video Show in Warschau statt – und die ist, wie unser Besuch vor zwei Jahren zeigte, allemal eine kleine Reise wert.

b_850_0_16777215_10_images_content_events_16-11-02_show_content-2.jpg

Bei der 2014-er Ausgabe der Messe waren wir zuerst einmal von der Fülle des Angebots in den Räumen des Radisson Blu Sobieski, dem Golden Tulip und des Bristol ungemein positiv überrascht, das sich in einigen Bereichen deutlich von dem unterschied, was auf den hiesigen Ausstellungen zu sehen ist. Das vor allem einheimische Publikum war ausgesprochen interessiert – und nicht nur an Geräten, sondern auch an Musik und Aufnahmetechnik, wie wir selbst bei einem Vergleich verschiedener Tonträgerformate unserer Produktionen feststellen durften, der von unserem Kooperationspartner High Fidelity und der Krakow Sonic Society organisiert worden war. Im letzten Jahr, in dem schon Räume im National Stadion statt im Bristol für eine beträchtliche Ausweitung der Ausstellungsfläche sorgte, ging es sich für uns terminlich leider nicht aus. Aber mit Freude reisen wir in diesem Jahr wieder in die polnische Hauptstadt. Inzwischen hat sich die Audio Video Show, bei der der Video-Anteil erfreulich gering ist, laut Veranstalter zur zweitgrößten Veranstaltung dieser Art in Europa entwickelt – gleich nach der High End in München. Und für einen nicht geringen Teil unserer Leser dürfte Warschau näher liegen als die bayrische Landeshauptstadt.

b_850_0_16777215_10_images_content_events_16-11-02_show_content-3.jpg

b_850_0_16777215_10_images_content_events_16-11-02_show_content-4.jpg

Mit Englisch kommt man in Warschau gut zurecht, was auch die Liste der Seminare und Vorträge zeigt, die in Englisch gehalten halten. So wird etwa Rob Watts an drei Tagen über seine Digital-Entwicklungen für Chord referieren. Englisch ist auch für uns die Sprache der Wahl: Meine Gattin und die eine Hälfte unseres LP-Labels sommelier du son wird im Golden Tulip bei Göbel High End am Samstag und Sonntag jeweils um 11 Uhr einen Querschnitt unser Aufnahmen vorstellen – per Nagra IVS direkt vom Tonband. Das wird übrigens die einzige Gelegenheit sein, die Göbel-Kette mit einer analogen Quelle zu genießen. Um 13 Uhr werde ich dann an den denselben Tagen ebenfalls im Golden Tulip im Raum von Nautilus mit eigenen Aufnahmen von Verdis „La Notte“ den Einfluss verschiedener Mikrofonierungen auf den Klang demonstrieren. Um 15 geht’s dann im National Stadion bei Mytek weiter: Hier kann man anhand von vier HiRes-Files erfahren, wie ein Analog-Wandler den Klang bei der Digitalisierung eines Mastertapes prägt. Eine Band-Kopie des Masters steht zum Vergleich bereit. Vielleicht sehen wir uns ja bei der Audio Video Show!

Eine Liste der Aussteller und Marken finden Sie hier. Für weitere Informationen klicken Sie bitte hier.

Die Ausstellung ist an den folgenden Tagen und Zeiten geöffnet:
Freitag, den 4.11. von 14.00 bis 20.00 Uhr
Samstag, den 5.11. von 10.00 bis 20.00 Uhr
Sonntag, den 6.11. von 10.00 bis 18.00 Uhr

Ein Tagesticket inklusive 64-seitigem Katalog kostet umgerechnet knapp 7 Euro, das Dreitagesticket nicht einmal 11 Euro: Go East!

Unsere Reisebegleiterin
Unsere Reisebegleiterin

Weitere Informationen

  • Imagefolder events/16-11-02_show

Empfangen werde ich genauso freundlich wie im Vorjahr mit der Vinyldekoration vor dem Eingang des Mercure Hotels, die bei vorhandenem Sonnenschein natürlich weit schöner reflektiert als bei verhangenem Himmel. Die Damen am Empfang verteilen freundlich lächelnd die hilfreichen Flyer zur besseren Orientierung.

Diese fällt nicht schwer, wenn man das Analog-Forum häufiger besucht. Denn die Aussteller buchen überwiegend dieselben Räume wie im Jahr zuvor. Dazwischen, vor allem in der Erweiterung im unteren Geschoss, finden sich auch neue Anbieter. Und so ist die Messe noch einmal ein Stück gewachsen. Dieser Erfolg passt wunderbar zum Jubiläum. Denn in diesem Jahr feiert das Analog-Forum sein dreißigstes Mal und die Analogue Audio Association ihr 25-jähriges Bestehen. Zusätzlich zu den Fotos, die wie im Vorjahr meine Frau machte, habe ich mir heuer ein paar kurze Hörproben gegönnt, von denen ich Ihnen berichten werde.

 

Zuerst besuche ich WOD. Dort darf man immer Besonderes erwarten, von ganz teuer bis so preiswert und interessant, dass man gleich sein Portemonnaie öffnen und es mitnehmen möchte. Die Anlage bei WOD war dann auch später am Tage die erste, die ich mir anhörte. Grund dafür waren die Lautsprecher von Thrax, die Lyra, die vor einem Jahr auf dem Analog-Forum Premiere hatten und mir schon damals ausgesprochen gut gefielen. Sie ist ein zwei-Wege-D´Appolito Konzept mit zwei Seas-Excel-Chassis mit Magnesium-Membran und einem ein-zölligen Horn-Hochtöner von BMS im Aluminium-Gehäuse. Platziert ist sie auf Ständern von Track Audio.

Als ich zur Hörprobe in den WOD-Raum kam, lag die Opus Testrecord 4 auf dem Plattenteller des Bergmann Audio Galder. Es lief Mendelssohn „Capriccio“, interpretiert vom Stockholm Guitar Quartet. Angenehm ruhig, mit viel Instrumenten-Körper wird die Musik plastisch abgebildet. Das anschließende „Concertino“ von L-E Larssons Clarinet Concertos besticht durch die unaufdringliche Darstellung und Farb-Intensität. Dabei zeichnet die Kette keineswegs zu weich und zaubert die feine Dynamik lässig in den Raum. „Stompin´ At The Savoy“ vom Erstrand Lind Quartet lässt noch viel deutlicher erkennen, zu wieviel Farbenpracht diese Kette in der Lage ist. Weiträumig platziert sie die Solo- und Rhythmus-Instrumente. In L-E Larsons kleinem Konzert für Kontrabass erhält dies Instrument glaubhafte Größe und Energie mit strukturierter klanglicher Zeichnung. Die Lyra kann die einzelnen Instrumente sehr schön auffächern, frei von jeglicher Härte. Im folgenden „Tequilla Sunrise“ vom Hell Freezes Over-Album der Eagles überrascht positiv der Stimm- und Obertonbereich, weil er in bestechender Weise Nuancen-Vielfalt mit angenehmen farbenreichem Klang verbindet. Beim „Hotel California“ erstaunen zudem die tieffrequenten Percussions. Diese Anlage liefert ein traumhaftes Hörerlebnis. Die Lyra kostet aber auch 16000 Euro zuzüglich Ständer. Diese wird man in naher Zukunft durch Subwoofer-Unterbauten ersetzen können, die der Thrax Lyra noch mehr Kraft in den tiefen Lagen ermöglichen werden. So oder so: hörenswert.

 

Im relativ großen Raum Zukunft hatte Thomas Wendt seine Genuin-Audio-Kette aufgebaut. Als ich eintrete, liegt gerade Patricia Barbers packende Interpretation von Peter Greens „Black Magic Woman“ auf dem Genuin-Plattenspieler. Ich werde gleich mit einem bombastischen Dynamik-Feuerwerk empfangen. Auch die folgende Mazurka aus dem ersten Akt von Delibes Coppelia imponiert durch mit Wucht und Feinsinn inszenierter Dynamik. Plakativ groß bildet die Anlage das Klangbild im Hörraum ab. Der „Home Lovin´Man“, vorgetragen von Eric Bibb, wird stimmlich vordergründig mit mitreißendem Timing aufgeführt. Lebendig und swingend ertönte „Big Foot“ von Diana Kralls Stepping Out-Album mit John Clayton am Bass und Jeff Hamilton am Schlagzeug. Die drei Musiker waren beinahe live im Raum zu spüren. Dieser live-Charakter ist eine der Stärken der Genuin-Kette, wobei sie niemals aufdringlich ertönt. Der Spaß an lebendiger Performance steht hier im Vordergrund, weniger die filigrane, detailverliebte Zartheit, mit der etwa die WOD Kette bestach. Seine Trümpfe spielt das Genuin-Setup mit geeignetem Material in faszinierender Weise aus. So bei Herman van Veens Live-LP Herz, und zwar beim Rausschmeißer-Stück „Spetter Pieter Pater“. Hier glaubt man, dabei zu sein, und wünscht sich, das ganze Konzert von vorn genießen zu können. Ein von Spannung geprägtes, lächelndes Gesicht bei den Zuhörern erzeugte die Darbietung von Jacques Offenbachs Orpheus in der Unterwelt mit Anneliese Rothenberger als Eurydike und Theo Lingen als Hans Styx. Sein „Prinz von Arkadien“ war ein köstlicher Hörgenuss, weil er, gefühlt greifbar vor uns Zuhörern sang – ein tolles Erlebnis.

Abschließend für heute möchte ich ein Ereignis erwähnen, das im vergangenen Jahr erstmals stattfand: In den Räumlichkeiten von Eternal Arts fand gegen Ende der beiden Tage das LiLa, ein einstündiges, exklusives Listening for Ladies statt. Firmenchef Dr. Burkhardt Schwäbe startete nur die Bandmaschinen mit Songs von Barbara Streisand. Ehefrau Astrid Schwäbe moderierte, und die Damen waren begeistert und gerührt, wie meine Gattin zu berichten wusste. Die Musik traf die Herzen.

 

Weitere Informationen

  • Imagefolder events/16-11-01_aaa
Freitag, 28 Oktober 2016 02:01

Genuin Direct

Genuin – den Namen haben Sie schon mehrmals in der Vergangenheit bei uns in Verbindung mit hochwertigen Kabeln lesen können. Genuin – hinter dem Firmennamen steht ein sehr rühriger Vertriebsmann und Musikliebhaber. Zusammen mit Swisscables schuf er das neue Kabel-Sortiment Genuin Direct.

Thomas Wendt kümmert sich seit Jahren engagiert um die Verbreitung ausländischer HiFi-Marken hier in Deutschland. Das sind unter anderem AudioSolutions Lautsprecher aus Lettland, von denen wir bereits zwei Modelle getestet haben, oder Perreaux Verstärker aus Neuseeland – ein wohlklingender Name in der Branche. Auch Swisscables gehörten lange Zeit zum Sortiment des Genuin Audio Vertriebs. Der HiFi Enthusiast Wendt ersann dann aber zusätzlich zu seinen Vertriebs-Marken ein eigenes, anspruchsvolles Geräte-Sortiment, welches er in Zusammenarbeit mit kreativen und technisch qualifizierten Partnern entwickelte und fertigt. Diese Geräte tragen alle den Marken-Namen Genuin. Da gibt es den Subchassis-Plattenspieler Drive, den Ein-Punkt-Tonarm Point, den Moving-Coil Tonabnehmer Sting und den Stand-Lautsprecher Pulse mit interessanten Detail-Lösungen. Eigene Genuin-Elektronik wird in ganz naher Zukunft auch zu bekommen sein. Eine Genuin Phonostufe und ein Genuin Endverstärker werden auf dem Analog Forum der Analogue Audio Association ihre Premiere feiern.

Die drei Kabel-Typen, egal ob Netz, Cinch oder Lautsprecher, ähneln sich nicht nur äußerlich stark
Die drei Kabel-Typen, egal ob Netz, Cinch oder Lautsprecher, ähneln sich nicht nur äußerlich stark

Swisscables-Eigner und -Chefentwickler Anton Suter entschied sich vor einiger Zeit, seine Produkte in Deutschland selbst zu vertreiben. Thomas Wendt und Anton Suter fanden aber gemeinsam einen Weg, die geschätzten Kabel aus der Schweiz weiterhin im Genuin Audio Vertrieb anbieten zu können. Man ersann eine eigene Serie von Kabeln für die Marke Genuin und gab ihr den Namen Direct. Das Genuin Direct Sortiment wird komplett von Swisscables gefertigt. So ist auch der Markenname Swisscables neben Genuin auf den Kabeln oder Steckern zu lesen. Selbstverständlich ähneln sie nicht nur den Originalen, sondern sind in gleicher Weise sehr hochwertig konzipiert. Über die Qualität der Top-Kabel von Swisscables kann, wer mag, bereits drei Testberichte in Hifistatement lesen. Thomas Wendt hat sein Genuin Direct Sortiment preislich günstiger angesiedelt. Bis jetzt handelt es sich um diese drei Typen: das Netzkabel, das Lautsprecher-Kabel und Cinch-NF-Leitungen für analoge Verbindungen. Diese sind in beliebigen Längen erhältlich. Auf Nachfrage erfuhr ich, dass auf Bestellung auch XLR-Kabel gefertigt werden. Es gibt sie noch nicht serienmäßig und somit sind sie auch nicht Bestandteil dieses Berichts.

Wie leider bei Kabeln häufig üblich, kann man von außen wenig erkennen; die Konstruktion bleibt verborgen. Man sieht an allen Kontakten die Vergoldung. Aufgrund der massiven inneren Leiter sind die Kabel etwas steif, aber nicht mehr als andere auch, die einen massiven Innenleiter verwenden. Schwer sind die Kabel auch nicht. Das ein Meter lange Cinchkabel mit seinen hölzernen Steckern empfand ich als federleicht.


Sämtliche Kontakte sind vergoldet
Sämtliche Kontakte sind vergoldet

Swisscables ist in Entlebuch ansässig. Das liegt westlich von Luzern und am Rande der UNESCO Biosphäre Entlebuch. Hier wird gemeinsam mit der Bevölkerung für die Erhaltung der natürlichen Vielfalt des Lebensraums nachhaltiges Wirtschaften praktiziert, verbunden mit daran orientierten Innovationen und Projekten. Hierzu passt die technologische Philosophie von Swisscables in nahezu perfekter Weise. Denn Anton Suter besteht bei seinen Kabel-Kreationen auf der Verwendung natürlicher Materialien. Dies resultiert aus akustischer Forschungsarbeit, die über lange Zeit betrieben wurde und immer noch wird. So fertigt er Teile der Kabel, wie die Cinch-Stecker nicht aus Kunststoff, sondern aus Holz. Als Isolator um den massiven Leiter aus hochreinem Kupfer verwendet er Naturfaser. Als äußere Ummantelung benutzt er einen Stoff-Schlauch, der die isolierende Luft hermetisch einschließt. Letztere kommt aus der Schweiz und nicht aus Japan, wo die Kupferleiter in einem Präzisions-Betrieb aufwändig gezogen werden. Um bestmögliche Leitfähigkeit zu gewährleisten, werden die massiven Drähte aus kupferbasierten Speziallegierungen bei hohen Temperaturen gefertigt. Wichtig ist, dass sie ganz langsam im kontinuierlichen Gießverfahren unter Schutzgas entstehen. „Sie sind dadurch frei von den Materialspannungen, die durch konventionelles, mechanisches Drahtziehen entstehen. Dadurch werden auch molekulare Kristallbrüche vermieden, die bei gewöhnlichen Drähten zu Interface-Verzerrungen und, daraus resultierend, zu klanglichen Beeinträchtigungen führen. Um die Audio-Signale auf optimale Art zu übertragen, wird bei der Herstellung der Leiter auf optimierte Materialhärtung und Oberflächenvergütung großen Wert gelegt. Nur mit diesem extrem hohen Aufwand bei Materialauswahl und Kabelfertigung ist eine neutrale Wiedergabequalität der Kabel zu garantieren. Eine spezielle Leitergeometrie innerhalb der Direct-Kabel optimiert das dynamische Verhalten der elektromagnetischen Felder, die um die Signalleiter herum entstehen. Außerdem werden sämtliche geometrischen Elemente vermieden, die stehende Leiter- und Feld-Resonanzen sowie ihre signalverändernden Wirkungen erzeugen. Die Leiter sind von der externen Hülle durch Luft entkoppelt. Durch diese quasi freiliegende Konstruktion ist das Direct-Kabel außerordentlich gut gefeit vor klangmindernden Außeneinflüssen. Folgerichtig besitzt es eine hervorragende Trittschall-Dämpfung. Die Kabel von Genuin Audio setzen auf ein fortschrittliches Air-Dielektrikum-Design, das die signifikant klangverschlechternden MDI-Verzerrungen und Signalreflektionen an den Isolationsgrenzen eliminiert. Der bewusste Verzicht auf die hierfür verantwortlichen Polymere und die konsequente Nutzung von Spezial-Gewebe als Isolation ist ein entscheidender Baustein für die natürlich timbrierte, lebendige Wirkung der Genuin Audio-Kabel.“ So wird der Entstehungsprozess vom Hersteller beschrieben und ich darf ergänzend Anton Suter zitieren: „Schon ein einziger falscher Werkstoff oder eine ungeeignete Herstellungsmethode können ein vielversprechendes Design in der Praxis untauglich machen. Die Auswahlkriterien unserer Kabelkomponenten und Technologien sind allein ihr Beitrag zu einem besseren Klang.“

Die Abbildung lässt das Material des Weichenteils, wo sich das Kabel in Plus- und Minus-Leiter aufteilt, gut erkennen: Es ist geschwärztes Holz
Die Abbildung lässt das Material des Weichenteils, wo sich das Kabel in Plus- und Minus-Leiter aufteilt, gut erkennen: Es ist geschwärztes Holz

Thomas Wendt machte mich auf die besondere Konstruktion des Cinch-Steckers aufmerksam. Zehn federnde Lamellen stellen mit optimalem Anpressdruck den Kontakt des äußeren Leiters, also Minus und Masse, zur Cinch-Buchse am Gerät her. So ist der Stecker in hohem Maße entkoppelt und mechanische Schwingungen können sich weit weniger weder in die eine noch in die andere Richtung fortpflanzen.


Ein Hörtest von Kabeln ist nach meiner Erfahrung ein schwieriges Unterfangen. Üblicherweise ist die Verkabelung der Anlage, in der die Probanden ihr Können unter Beweis stellen sollen, nicht willkürlich, sondern sorgfältig nach dem Geschmack des Hörers ausgewählt. So war dann auch der erste Hörversuch an meinen Quadral Platinum M50, die seit langem bei einem Freund in einer hervorragend abgestimmten Kette ihren musikalischen Beitrag leisten, nicht in jeder Hinsicht überzeugend. Obwohl das komplette Genuin-Setup mit Netz-, Cinch- und LS-Kabeln ein angenehm stimmiges, großflächiges Klanggemälde in den Raum stellte, fehlte ihm ein wenig die Lebendigkeit der gewohnten Konfiguration. Diese hatten mein Freund und ich mit viel Fleiß in etlichen Hörtests über Tage herausgearbeitet.

Bitte bei allen Kabeln die Laufrichtung beachten,…
Bitte bei allen Kabeln die Laufrichtung beachten,…

An den mehrfach teureren Analysis Audio Epsilon Vollbereichs-Bändchen in meinem zweiten Hörraum sah die Sache auch gleich ganz anders aus. Hier habe ich Schritt für Schritt die Genuin Direct Leitungen eingebracht und die Veränderungen sind gut zu hören und bewertbar. Zuerst ersetzte das Direct LS ein hochpreisiges Shunyata Andromeda Lautsprecher-Kabel. Die Alben von Lizz Wright The Orchard sowie Maceo Parker Roots Revisited lieferten geeignete Musik für die erste Beurteilung. Bei beiden Alben ist die Darstellung mit dem Genuin Direct imposant großflächig und etwas weniger in die Tiefe abgebildet. Es erscheint mir tonal ausgewogener, etwas ruhiger und eine Spur weniger anstrengend. Der Grundtonbereich wirkt akkurat und das Musik-Geschehen im Detail einsehbar. Das Direct LS verleiht Marceo Parkers Alt-Saxophon einen farbintensiven, kraftvollen und nuancierten Klang.

Dieses Album hörte ich noch einmal, jetzt zusätzlich mit den Genuin Direct Netzkabeln an CD-Spieler, Antelope-Wandler-Vorstufe und Spectral Endverstärker anstelle der bisherigen, sehr ordentlichen Netzkabel von MudraAkustik. Der Unterschied, besser gesagt, der klangliche Gewinn war nicht zu überhören. Die Darstellung erhielt jetzt zusätzlich Rauminformationen und macht die Einbuße, die ich beim Wechsel der LS Kabel von Shunyata auf Direct LS bezüglich Dreidimensionalität hinnehmen musste, mehr als wett. Eine leicht wärmere Tonalität ergibt sich aus einem voluminöseren, gleichzeitig aber mit Leichtigkeit daherkommenden Tief- und Grundtonbereich. Die Klangfarben des Saxophons verändern sich nicht und das Klangbild wird keineswegs dunkler. Nun aber sind mehr Energie und Spannung in der Musik, gepaart mit einer Ruhe, die bei längerem Hören den Genuss steigert und immer wieder diesen Wunsch nach einem weiteren Musikerlebnis aufkommen lässt, den gut abgestimmte Audio-Ketten auszulösen vermögen. Mit anderen Worten: Hier sorgt das Genuin Direct LS, gepaart mit den Genuin Direct Netz-Leitungen für richtig viel Hörvergnügen. Denn auch der Obertonbereich ist nie aufdringlich, sondern sehr gut aufgelöst. Das beeindruckt und gefällt vor allem bei Musik mit Streichern wie der Symphony No. 3 von Camille Saint-Saёns. In der betagten, gelungenen Einspielung mit Charles Munch erklingen sie transparent und samtig. Ebenso glänzend wird die Sinfonietta von Leoš Janáček dargestellt, hier in der Einspielung mit dem Rundfunk-Sinfonie-Orchester Berlin unter Heinz Rögner. Farbenprächtige, exakt platzierte Bläser eröffnen, und im Folgenden baut sich ein dynamisches, herrlich strukturiertes Klangbild auf.


…die sich beim Netzkabeln naturgemäß aus den Steckern ergibt
…die sich beim Netzkabeln naturgemäß aus den Steckern ergibt

Bei dieser Musik tauschte ich die Audio-gd Cinch-Verbindung zwischen Antelope und Spectral gegen das Genuin Direct RCA. Die obersten Tonlagen gewinnen mit ihm noch ein wenig an Auflösung und zeichnen einen Hauch feiner. Die Darstellung insgesamt wird entspannter. Jennifer Warnes singt den Titelsong ihres Albums The Well dank des Direct RCA eine Spur gelassener. Dieser Unterschied war aber bei weitem nicht so greifbar wie die vorherigen Wechsel der Lautsprecher- und Netzkabel. Beim Rückbau der Verkabelung, um das Ganze noch einmal zu verifizieren, bestätigt sich der zuvor gewonnene Klangeindruck. Zuerst ersetzte ich das Direct LS wieder durch das Shunyata. Dadurch verliere ich etwas an Abbildungsgröße, erhalte im Gegenzug etwas mehr Tiefenstaffelung. Dafür klingt das Shunyata eine Prise dünner. In diesem Versuch haben die Netzkabel für mich den imposantesten klanglichen Mehrwert gebracht. Hier war in meiner Konfiguration aber auch der preisliche Sprung am größten. Die Ergänzung der Netzleitungen durch die Direct-Lautsprecher- und Cinch-Kabel führt zu einem Zugewinn an Harmonie und wünschenswerter Gleichmäßigkeit und Stimmigkeit.

Am Netzstecker ist die genormte Phase durch den roten Punkt markiert. Sollte das angeschlossene Gerät an der Netzbuchse gegen die Normung verkabelt sein, kann man die Markierung einfach umkleben
Am Netzstecker ist die genormte Phase durch den roten Punkt markiert. Sollte das angeschlossene Gerät an der Netzbuchse gegen die Normung verkabelt sein, kann man die Markierung einfach umkleben

Um diese eigentlich recht klare Erfahrung an anderer Stelle zu überprüfen, integriere ich das Cinch-Kabel und die Netz-Leitungen in meine große Anlage an den Triangle Grand Concert Lautsprechern. Mit den Direct LS geht das leider nicht, weil ich wegen der aktiven Ansteuerung drei Paar Kabel gebraucht hätte. Auch kann ich nur einen Teil der Verbindungen ersetzen, weil mir insgesamt nicht genug Kabel zur Verfügung stehen. Der erste Schritt ist der Austausch der MudraAkustik Netzkabel an den zwei Primare Endstufen, die den Tieftonbereich der Triangle bis 300 Hertz bedienen. Die Pulcinella Suite unter der Leitung des kürzlich verstorbenen, großartigen Neville Marriner gewinnt an Wärme, der Grundtonbereich wirkt intensiver und kraftvoller, ohne dabei einzudicken oder Transparenz einzubüßen. Hier empfinde ich einen deutlichen Gewinn an Authentizität und es klingt sehr, sehr schön.

Nun tausche ich das Inakustik NF-1302 zwischen Plinius Koru Phono-Stufe und Vorverstärker gegen die Cinch-Leitung Genuin Direct. Dazu kommt Joni Mitchells LP Ladies Of The Canyon unter die Nadel des Clearaudio Da Vinci. Mit Deutlichkeit bestätigen sich die Eindrücke, die ich zuvor machen konnte: Joni Mitchells Stimme bekommt mehr Körper. Die Instrumente gewinnen einen Hauch Wärme, was das Zuhören angenehmer gestaltet. Hier wird deutlich, was die Qualität des Genuin Direct Sortiments ausmacht: Ein tonal ehrlicher, transparenter, ausgewogener Klang mit schönen Farben und wohltuender Wärme, die insbesondere bei natürlichen Instrumenten und Stimmen begeistert. Das Klangbild malt Genuin Direct plakativ und farbenprächtig ohne dabei zu sehr in den Raum zu zeichnen. Das hat seinen Reiz – nicht zuletzt wegen des stressfreien Hörens. An Detailreichtum mangelt es nie und einzelne Stimmen oder Instrumente treten nicht unrealistisch in den Vordergrund.


Hier kann man an den Cinchsteckern die Lamellen erkennen, die den Massekontakt federnd herstellen und so eine deutliche Verminderung von mechanischen Schwingungen wie Trittschall oder Gerätevibrationen bewirken
Hier kann man an den Cinchsteckern die Lamellen erkennen, die den Massekontakt federnd herstellen und so eine deutliche Verminderung von mechanischen Schwingungen wie Trittschall oder Gerätevibrationen bewirken

STATEMENT

Mit den Genuin Direct aus dem Hause Swisscable bekommt der Musikliebhaber ein sorgsam abgestimmtes Kabelsortiment mit hohem Genuss-Wert. Das Netzkabel scheint mir für sich allein genommen bemerkenswert musikalisch, da es sehr viel Ruhe ins Klanggeschehen bringt und gleichzeitig einen kraftvollen, transparenten Grundtonbereich mit einem Zugewinn an räumlicher Ordnung und tonaler Stimmigkeit generiert. Mit ähnlichen Eigenschaften runden Direct LS und Direct RCA das Klangbild harmonisch ab.
Gehört mit
Computer Apple MacMini mit OS X Sierra, Amarra 3.0.3, Audirvana Plus und Qobuz
DA-Wandler Antelope Zodiac plus, Audio-gd Master 7
CD-Player Primare DVD 30
Plattenspieler Brinkmann Bardo mit Musical Life Conductor 10 Zoll, Kenwood KD-990 mit Kenwood Kunststeinauflage
Tonabnehmer Audio Technica AT33PTG/II, Clearaudio Da Vinci
Phono-Vorstufe Plinius Koru oder Primare R-20
Vorverstärker Audio-gd Master 9
Endstufe für Bass: zwei Primare A-32 für Mittel-Hochton: Air Tight ATM-3, Spectral DMA-100
Lautsprecher Triangle Grand Concert, Analysis Audio Epsilon, Quadral Platinum M50
Zubehör Audioquest Diamond, Carbon USB, Inakustik Black&White NF-1302, Shunyata Andromeda LS mit Enacom LS, Audio-gd LS und NF, MudrAkustik Max Netzleiste, Mudra und Audioquest NRG-X2 Netzkabel, AHP Reinkupfer-Sicherungen, Groneberg Wandsteckdosen, mbakustik Raum-Absorber
Möbel Creaktiv Audio mit Absorberböden, Finite Elemente Pagode, Audio Exklusiv d.C.d. Basis
Herstellerangaben
Genuin Direct AC Netzkabel
Länge 1,5 m Standard-Länge, auf Wunsch beliebig in 0,5 m-Schritten
Preis 490 Euro Standard-Länge
Herstellerangaben
Genuin Direct LS Lautsprecherkabel
Länge 2,5 m Standard-Länge, auf Wunsch beliebig in 0,5 m-Schritten
Preis 890 Euro Standard-Länge mit Hohl-Bananas
Herstellerangaben
Genuin Direct RCA Cinchkabel
Länge 1 m Standard-Länge, auf Wunsch beliebig in 0,5 m-Schritten
Preis 590 Euro Standard-Länge

Vertrieb
Genuin Audio Vertrieb
Anschrift Thomas Wendt
Byhlener Straße 1
03044 Cottbus
Telefon +49 355 38377808
Fax +49 355 38377809
E-Mail thomas.wendt@mac.com
Web www.genuin-audio.de

Weitere Informationen

  • Imagefolder tests/16-10-28_genuin

Am Wochenende vom 29. und 30. Oktober findet das 30. Analog-Forum wie seit Jahren üblich in Krefeld statt. Der Veranstalter, die Analogue Audio Association, besteht heuer 25 Jahre: Wenn das keine Gründe zum Feiern sind!

Ausstellungsort ist wieder das Mercure Tagungs- und Landhotel Krefeld-Traar, Elfrather Weg 5 - Am Golfplatz, 47802 Krefeld. Für einen bequemen Weg vom Parkplatz zur Ausstellung ist ein Bus-Pendelverkehr eingerichtet. Das Analog Forum 2016 ist am Samstag von 10 bis 18 Uhr und Sonntag von 11 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist wie immer frei.

b_850_0_16777215_10_images_content_events_16-10-25_aaa_content.jpg

Selbstverständlich gibt es wieder Ausstellungen und die beliebten Workshops im Raum „Ausdauer“, das wichtigst dürften aber die Vorführungen der Aussteller sein. Bisher sind gemeldet:

  • Acapella Audio Arts
  • A.H. Kunze
  • AHP – Audiophile Hifi-Produkte mit AHP, Highendnovum
  • Air Tight
  • Analoge Tonträger
  • Analog Tools
  • Andy´s Vinyl Paradies
  • ASR Audio
  • audioconcept Klaus Herrmann mit Plinius, Holborne, Solos, PMC
  • Audioplan
  • Audiophile Architektur mit den Marken Audiophile Architektur, Cardas Audio, Clearaudio, MalValve, McIntosh, Piega, TW-Acustic
  • Audiophiler Musiktreffpunkt
  • Audition 6 mit Pure Dynamics, Ikon Akustik, Fonel Audio, Violectric, Horn Audiophiles, Kelniac
  • AURA-Hifi
  • Avantgarde Acoustic
  • AVDesign Haus mit Dereneville, Sommer Cable, Trinity, Violectric
  • Axiss Europe
  • bFly-audio
  • BJ Audio Cable
  • Blumenhofer
  • BMzC Akustik
  • Brieden Verlag
  • b+t hifi vertrieb mit Black Diamond Racing, Boulder Amplifier, Davis Acoustics, Edwards Audio, FlashPower, Heed Audio, Shakti Innovations, Shun Mook, Spendor Audio, Talk Electronics, van den Hul
  • Cammino
  • Chord Electronic
  • Daluso mit Harmonix, Enacom, Hijiri, BlackNoise
  • Darklab
  • DEiNFORMER technology transfer
  • D&D Distribution/Audio Consulting mit TAD Labs
  • Dodocus Design
  • dos GmbH
  • Draabe Technologies
  • Duevel
  • Dynavector
  • ELAC Electroacustic
  • Eternal Arts
  • Euphonic Architect mit EA-Listen, Pear Audio, Entotem, Hafler, Dynaco, Straight Wire
  • fastaudio
  • Fenn Music Service
  • Friends of Audio mit MastersounD, Diapason, Canever Audio
  • Genuin Audio
  • Halfspeed Krefeld mit Hannl Vinylcare, Röhrenschmiede Krefeld und Tonträgern
  • Heed Audio mit Heed, Isokinetik
  • Hemiolia Records
  • HiFi Studio Audio Area Leverkusen
  • HiFi-Studio Wittmann mit AFI flat., Okki Nokki, Ringmat, Tom Evans
  • Hörzone
  • holz-akustik
  • Horn Audiophiles
  • Hornkultur
  • IDC Klaassen mit AVID, Nagaoka, SME
  • Input Audio
  • Japan Records
  • KlangSTUBE
  • KlangwellenManufaktur
  • Landmesser Audio
  • Lautsprung mit AMG, DS-Audio, Exposure, Lautsprung
  • levindesign
  • Libra Audio
  • LignoLab
  • Live Act Audio
  • MalValve
  • Martina Schöner mit L´Art du Son, Garrard, Loricraft Audio, Lyra, Suesskind Audio, Joachim Gerhard Elektronik, Clearlight Audio, RDC Products
  • mb akustik
  • MHW-Audio mit LIve-Act-Audio, Clearaudio, Gläss, Hannl Vinylcare
  • MINT
  • MuSiCa NoVa
  • Musikkammer mit Audiodesksysteme Gläss, Dodocus, Hifiman, Techneaudio und Tonträgern
  • NT-Global Distribution
  • Oracle Records
  • PS Audio
  • Reed
  • Rudolph Audio Parts mit TAGA Harmony, Pro-Ject, Edwards Audio, Hannl Vinylcare, ACOUSTIC SOLID
  • Scheu Analog
  • Silent Wire
  • Soulines
  • Sperling Audio
  • Stein Music
  • stereokonzept
  • STS-Digital
  • STUdo-Hifi
  • SWS audio mit Dr. Feickert Analogue, Dynavector, Signal Projects, Quad
  • Synästec
  • Tone Tool
  • Tonzonenlabel
  • Vinylclean
  • Voigt Audiosysteme mit Audio Note
  • WOD-Audio mit Bergmann Audio, Thrax Audio, Kubala Sosna, iFi Audio, Miyajima Lab
  • Wolfgang Loos
  • WSS-Kabel
  • Zapletal Akustik
  • Zeitschrift MINT
  • Zeitschrift STEREO

Den Katalog zur Ausstellung können Sie hier herunterladen.

b_850_0_16777215_10_images_content_events_16-10-25_aaa_banner.jpg

Weitere Informationen

  • Imagefolder events/16-10-25_aaa
Montag, 24 Oktober 2016 02:01

Stirling Broadcast SB-88

Vom Chefredakteur als „irgendwelche britischen Monitore“ angekündigt, stellten sich die auf den Seiten des Vertriebs hifi12a präsentierten Stirling Broadcast SB-88 als Lautsprecher in der BBC-Tradition heraus. Da ich selbst jahrelang eine Spendor SP 1/2E und eine Rogers Studio 1 besessen habe, bin ich natürlich besonders neugierig.

So etwas nennt man dann heutzutage auch gern mal vintage. Optisch orientieren sich die Stirling Broadcast SB-88 am klassischen Lautsprecherbau von der Insel
So etwas nennt man dann heutzutage auch gern mal vintage. Optisch orientieren sich die Stirling Broadcast SB-88 am klassischen Lautsprecherbau von der Insel

Stirling Broadcast hat früher gebrauchte Rundfunktechnik und eben auch Monitore repariert. Nach dem Produktionsende der LS 3/5a wurden dann noch Ersatzteillagerbestände zu neuen Lautsprechern verbaut. Im Jahr 2001 gab es, nach einem Intermezzo mit wieder aufgelegten KEF-Originalchassis, die erste Eigenentwicklung der 3/5a mit SEAS- und ScanSpeak-Chassis. Die folgenden Eigenentwicklungen LS 3/6 und SB-88 entstanden in enger Zusammenarbeit mit Derek Hughes, dem Sohn des Spendor-Gründers Spencer. Derek Hughes war federführend bei der Entwicklung einiger klassischer Spendor-Modelle und wurde dann selbständig als beratender Entwickler unter Anderem für Harbeth, Graham und eben auch Stirling Broadcast tätig, wo er erst die LS 3/6 designte. Lustigerweise ein Lautsprecher, der von Rogers als Konkurrenz zur BC1 gedacht war, von der BBC aber verschmäht und dann als Export-Monitor und in späteren Versionen als Studio 1 angeboten wurde. Die heutigen Entsprechungen dieser ehrwürdigen Ahnen sind dann Harbeth SHL5+ und Spendor SP 1/2R2.

Ist die LS 3/6 tatsächlich auch als Studio Monitor gedacht, stellt die SB-88 als der kleinere Ableger die „Domestic Version“ für den Heimgebrauch dar. So sehr ich das Konzept und die alten BBC-Monitore mag, kann ich mir kaum vorstellen, dass ein Studio heute noch eine LS 3/6 zum Abhören benutzt. Aber egal.

Beim Vertrieb hifi12a erhältlich: Lautsprecherständer im Studio-Look. Durch die Rollen lassen sich die Lautsprecher einfach und schnell in die gewünschte Hörposition bringen oder einfach schnell aus dem Weg räumen
Beim Vertrieb hifi12a erhältlich: Lautsprecherständer im Studio-Look. Durch die Rollen lassen sich die Lautsprecher einfach und schnell in die gewünschte Hörposition bringen oder einfach schnell aus dem Weg räumen

Ein Wort vorab zu den „BBC-Monitoren“. Nicht alles, was alt und von Rogers, Spendor, KEF oder Harbeth ist, ist auch ein BBC-Monitor. Ende der 60er Jahre wurde innerhalb des BBC Research Department unter anderem mit der Beteiligung von Spencer Hughes (Gründer von Spendor) und Dudley Harwood (Gründer von Harbeth) an der Entwicklung von Gehäusekonzepten und Chassismaterialien für Studiomonitore geforscht. Aus diesen Forschungen leiteten sich dann mehrere Modelle ab, die entsprechend der Spezifikation von mehreren Herstellern in Lizenz gebaut wurden. Wirklich bei der BBC eingesetzt wurden meines Wissens nur die Spendor BC1 (eine Eigenentwicklung von Spendor), die LS 3/5a (in Lizenz von KEF, Spendor, Harbeth, Chartwell und Rogers gebaut) sowie die LS 5/9 (als Radioübertragungsmonitor für hohen Schalldruck) und die LS 5/8 von Rogers. Alle anderen Produkte dieser Hersteller haben vielleicht von den Entwicklungen profitiert, sind aber keine BBC-Monitore. Ganz nebenbei waren die Vorgaben in den Pflichtenheften so strikt, dass nicht einfach Chassis von der Stange genommen werden konnten, allein der Selektionsprozess wäre in der Großserie unrentabel gewesen.


In dieser Tradition fertigen auch heute noch Spendor mit der Classic Serie und Harbeth Lautsprecher. Dazu gekommen ist in letzter Zeit Graham, die natürlich auch eine LS 3/5 von Chartwell im Angebot haben und die LS 5/9 und LS5/8 wieder haben aufleben lassen. Der Markt ist also reichlich bestückt, und der rege Zuspruch zeugt vom ungebrochenen Interesse an den an sich veralteten Konzepten.Die SB-88 findet übrigens ihre neuzeitlichen Entsprechungen – in Bezug auf Abmessungen und Bestückung ­– am ehesten in der Spendor SP 2/3 R2 und der Harbeth HL Compact 7ES-3.

Geradezu ein Markenzeichen der Lautsprecher in der BBC-Tradition ist natürlich der Bruch mit allen heute gängigen Entwicklungsgrundsätzen: Ein großer Kasten, der auf einen Ständer gehört. Keine abgerundeten Ecken am Gehäuse, sondern auch noch vorstehende umlaufende Kanten. Die Öffnung des Bassreflexrohres vorne und selbstverständlich ein ganz dünnes (Birken)Sperrholzgehäuse, dass innen mit einer Lage Bitumen, im Fall der Stirling Broadcast SB-88 mit einer speziellen Gummimischung ausgekleidet ist. Dieses SOLL schwingen und nur so viel dämpfen wie nötig. Nach Meinung der Entwickler dämpfen dickere Gehäuse nicht mehr, sondern bringen Vibrationen nur in ungewünschte Bereiche, nämlich in den Mittel- und Hochtonbereich. Die Dämpfungsabstimmung geschieht in Abhängigkeit von Gehäusegröße/-material – das Furnier nicht vergessen – und den Eigenschaften der Tieftonmembran. Knifflig, zeitintensiv und wohl nicht mal eben reproduzierbar. Innerhalb des Gehäuses sind vorne und hinten Kanthölzer eingesetzt, um die Front und Rückseite aus 15 Millimeter Birkensperrholz aufzunehmen und letztendlich auch um dem Gebilde überhaupt die nötige strukturelle Festigkeit zu verleihen. Hier gibt es einen Bruch mit der Tradition zu vermelden. Normalerweise wurde entweder die Front- oder die Rückseite geschraubt, damit man die Lautsprecher im Servicefall schnell und einfach reparieren konnte. Für den Heimgebrauch reicht, wie bei der SB-88, ein Verleimen. Auch ist der Tiefmitteltöner bei der SB-88 nicht von hinten verschraubt wie bei der LS 3/6 und früheren klassischen Monitoren. Der Verzicht auf Wartungsfreundlichkeit hat allerdings bis auf die niedrigeren Produktionskosten keinen weiteren Einfluss auf die akustischen Eigenschaften.

Nicht nur Schutz vor neugierigen Händen: Das Gitter vor dem OEM-Hochtöner von SEAS sorgt für eine gleichmäßige Schallverteilung
Nicht nur Schutz vor neugierigen Händen: Das Gitter vor dem OEM-Hochtöner von SEAS sorgt für eine gleichmäßige Schallverteilung

Typisch die hohe Trennfrequenz. Erst bei drei Kilohertz übergibt der bei SEAS als OEM produzierte 20-er -Tiefmitteltöner mit einer Membran aus Polypropylen und inverser Sicke an den Hochtöner. Auch dies gegen die reine Lehre, bündelt ein Konuschassis in Abhängigkeit des Durchmessers zu hohen Frequenzen hin doch stark, was an sich Gift für die Abstrahlung unter Winkeln und das Bündelungsmaß ist. Dahinter steckt die Überzeugung, dass der gesamte Grund- und Mitteltonbereich von einem Chassis übertragen werden soll, um größtmögliche Konsistenz und Natürlichkeit in der Wiedergabe zu gewährleisten. Abstriche in Pegelfestigkeit und Basstiefe wurden damals als nachgeordnet betrachtet und in Kauf genommen. Darüber kommt eine 26-Millimeter-Weichgewebekalotte mit Metalldiffusor, auch von SEAS, zum Einsatz.

Auf das in meinen Augen unnötige Bi-Wiring-Terminal wurde nicht verzichtet. Da die Aufnahmebohrungen der Polklemmen für die Lautsprecherkabel nur sehr klein sind und von den Brücken komplett ausgefüllt werden, ist man auf Bananenstecker angewiesen. In dieser Ausführung vielleicht nicht die praxisgerechteste Lösung, die man sich so denken kann. Die Lautsprecher sind ausgezeichnet verarbeitet, sowohl Furnier als auch die Senkung der Chassis in der Front zeugen von Manufakturqualität. Dafür kommen einem die Lautsprecher aber leicht vor, was auf die Gehäusekonstruktion zurückzuführen ist.


Die Stirling Broadcast ist für den Betrieb mit Abdeckungen entwickelt worden. Und tatsächlich hängen diese so dermaßen fest, dass man Angst um das Furnier des Gehäuses bekommt, wenn man die Abdeckungen raushebelt. Am besten, man entscheidet sich dauerhaft für eine Variante und fasst die Dinger nicht mehr an. Als Ständer kann man, wenn man im klassischen Kontext bleiben möchte, leichte Vierkant-Stahlrohr-Konstruktionen nehmen oder die vom Vertrieb angebotenen Rollenständer, die sich an den in den Studios gebräuchlichen Untersetzern orientieren. Dort Mittel zum Zweck, um die Lautsprecher mal eben aus dem Weg fahren zu können, vermitteln die neuen Kreationen auch im Wohnzimmer einen wertigen und durchaus auch praktischen Eindruck. Die Rollen kann man übrigens feststellen, um ein versehentliches Verschieben der Lautsprecher zu verhindern.

Die klassischen Vorbilder bei Spendor hatten noch Bextrenmembranen, später durchsichtige Tieftonchassis mit Polypropylenmembran. Diese stellte früher Harbeth auch für Spendor, Mission und Rogers her und verbaute dafür in den eigenen Lautsprechern Tieftöner mit Plastikmembran, aus denen die heutigen Radial-Treiber entwickelt wurden. Der SEAS Polypropylen-Tieftöner mit Inverssicke erinnert stark an die klassischen Vorbilder
Die klassischen Vorbilder bei Spendor hatten noch Bextrenmembranen, später durchsichtige Tieftonchassis mit Polypropylenmembran. Diese stellte früher Harbeth auch für Spendor, Mission und Rogers her und verbaute dafür in den eigenen Lautsprechern Tieftöner mit Plastikmembran, aus denen die heutigen Radial-Treiber entwickelt wurden. Der SEAS Polypropylen-Tieftöner mit Inverssicke erinnert stark an die klassischen Vorbilder

Die Aufstellung ist relativ einfach. Bei einem Mindestabstand von 80 Zentimetern von Seiten- und Rückwand und einer Basisbreite von ungefähr drei Metern winkelt man die Stirling Broadcast so ein, dass sie am Kopf des Hörers außen vorbeistrahlen. Bei einem Hörabstand von zweieinhalb bis dreieinhalb Metern rastet die Wiedergabe ein, der Sweet-Spot ist dabei auf einen relativ kleinen Rahmen begrenzt. Es lohnt sich, etwas mehr Zeit mit der Suche nach der perfekten Positionierung im Raum zu verbringen. Ist diese gefunden, verschwinden die Lautsprecher akustisch komplett. Und wie klingt diese Mischung aus Old-School-Konstruktion mit modernen Zutaten nun? Wer die alten Monitore dieser Bauart kennt, fühlt sich gleich wie zu Hause. Völlig klar, offen und neutral wird der Mitteltonbereich aufgefächert, kleinste Details völlig selbstverständlich in den musikalischen Kontext eingebettet. Die Ortbarkeit ist hervorragend, die Stabilität der Abbildung auch. Mit einer Lässigkeit werden auch übel verzwickt verschachtelte Klangstrukturen entschlüsselt, in ihrer Essenz herausgearbeitet und präsentiert. Und das auch noch in der richtigen Größe. Dazu kommt eine wunderbare Plastizität und genau der richtige Grad an Fülle. Dies können Lautsprecher anderer Bauart zwar auch, aber bei den SB-88 geht das ohne jede Betonung oder auch nur einen Anflug von Lästigkeit. Im Vergleich zu ihren Ahnen braucht sie für dieses Kunststück auch nicht die Analytik der alten Rogers Studio 1 oder den betonten Mitteltonbereich der Spendor BC1. Man merkt einfach, dass moderne Chassis aus einem alten Konzept doch noch etwas herausholen können.

Filternetzwerk mit ausgezeichneten Bauteilen. Die Weiche der Stirling ist, in guter Tradition, alles andere als simpel oder minimalistisch
Filternetzwerk mit ausgezeichneten Bauteilen. Die Weiche der Stirling ist, in guter Tradition, alles andere als simpel oder minimalistisch

Beeindruckend ist die Ruhe und Souveränität, die die Lautsprecher ausstrahlen, wenn sie den Raum komplett mit Musik befüllen. Ist die Lautstärke noch im vertretbaren Rahmen und das Programmmaterial besteht nicht aus Bässen, die sonst ein Subsonicfilter ausradieren würde, klingen sie einfach nur „echt“. Das bedeutet nicht zwangsläufig richtig – was immer das ist –, aber vermittelt diesen authentischen Eindruck eines Liveauftrittes. Hier liegt auch die besondere Stärke bei der Wiedergabe live aufgenommener Musik, am besten akustischer Natur. Klavier und Solostimmen sind ein Hochgenuss. Der musikalische Fluss wohl nur schwer zu toppen. Auch kleine bis mittelgroße Jazzensembles, gezupfte Bässe jeder Art und Chöre werden eindringlich authentisch wiedergegeben, dabei mit viel Luft und realistischer Größe. Stimmen würde ich manchmal einen Schuss mehr Artikulation und Pep wünschen, was bei präsent aufgenommenem Gesang auch ein Segen sein kann. Ein ausgesprochenes Gefühl für Feindynamik und Nuancen machen gute Aufnahmen zu einem Erlebnis. Auch schlechte Aufnahmen werden über die SB-88 durchaus genießbar, der verzeihende Charakter kommt hier zum Tragen zusammen mit den zwar sehr gut aufgelösten, aber auch leicht gerundeten Höhen. Diese strahlen zwar ganz wunderbar, aber niemals vorlaut oder anstrengend. Zackig und schnell ist die Stirling Broadcast tatsächlich nicht, und auch Grobdynamikattacken mag sie nicht ganz so gern. Ein Orchester oder eine Bigband mit voller Wucht kann sie allein bauartbedingt nicht in die heimischen vier Wände stellen.


Der Übergang zum Hochtöner ist übrigens so völlig bruchlos, als wenn es sich um einen einzigen Töner handeln würde. Räumlich tendiert die SB-88 zur Genauigkeit und entspricht hier eher der Spendor-Tradition, die sich von der BC1 bis zu den heutigen Classic-Modellen durchzieht. Es ginge durchaus noch etwas weiträumiger. Liebhaber älterer Rogers-Lautsprecher werden vielleicht diese riesige akustische Kuppel über den Lautsprechern vermissen. Im Zweifelsfall liegt die Stirling hier allerdings richtiger.

Luftiges Design. Der Tieftöner mit Aludruckgusskorb und Polkernbohrung hat mit den ehrwürdigen Vorgängern aus Blech konstruktiv nicht mehr so viel gemein
Luftiges Design. Der Tieftöner mit Aludruckgusskorb und Polkernbohrung hat mit den ehrwürdigen Vorgängern aus Blech konstruktiv nicht mehr so viel gemein

Besonders deutlich zu den alten Modellen ist der Unterschied im Bassbereich. Ohne jeden Oberbassbauch oder sonst welche Betonung spielt die Stirling Broadcast einen sehr sauberen, informativen Bass, der auch vor härterer Gangart nicht zurückschreckt und trotzdem noch Farbe hat. Überhaupt zeigt Derek Hughes mit dieser Abstimmung, dass Bassreflexlautsprecher auch trocken und präzise, fast wie geschlossene Konzepte klingen können. Reinen Rock- und Pophörern mag das vielleicht etwas zu wenig „saftig“ vorkommen. Zwischen dieser Performance und dem früheren undefinierten Bass einer alten Spendor oder der üblichen Betonung bei einer Rogers liegen Welten – was nicht bedeutet, dass man mit den alten Konzepten nicht immer noch ganz hervorragend Musik hören könnte. Trotzdem ist die SB-88 über alles wesentlich sauberer als die alten Modelle.

Der Vergleich zu meiner modernen Spendor A5 geht leider übel für mein Arbeitsgerät aus, so lange man leise hört. Die Neukonstruktion hat eine Senke im Grundtonbereich, und so hat man das Gefühl, dass die Hälfte an Mitteltoninformation fehlt. Sie kann etwas lauter, der Oberbass klingt praller, dafür ist die Abbildung kleiner. Ok, ganz so schlimm ist es nicht. Wenn man erst mal lauter macht, egalisiert sich das alles wieder etwas. Der Eindruck aber bleibt, dass die A5 einen Raum „baut“ und die SB-88 Instrumente in einen Raum, über den sie viel zu erzählen hat, stell,.

Nun ja, weder qualitativ dem Preis angemessen noch irgendwie praktisch. Ohne Bananenstecker kommt man, wenn man nur ein Paar Kabel benutzen möchte, nicht weiter. Mein Tipp für die Zukunft: Ein Paar ordentliche Klemmen mit genug Durchmesser, um zumindest 4 mm² Kabel aufnehmen zu können
Nun ja, weder qualitativ dem Preis angemessen noch irgendwie praktisch. Ohne Bananenstecker kommt man, wenn man nur ein Paar Kabel benutzen möchte, nicht weiter. Mein Tipp für die Zukunft: Ein Paar ordentliche Klemmen mit genug Durchmesser, um zumindest 4 mm² Kabel aufnehmen zu können


Nur Licht? Kommt drauf an. Wer öfter gern mal lauter hört und das auch mit elektronisch erzeugten Klängen, liegt hier nicht unbedingt richtig. Sie kann zwar laut, aber bunkerbrechende Pegel sind nicht drin. Irgendwann wird das mitschwingende Gehäuse einfach zu laut, die Räumlichkeit schmilzt, und so richtig locker ist es dann auch irgendwann nicht mehr. Das sind allerdings dann schon Pegel, die im normalen Mitwohnalltag als nicht mehr tolerierbar gelten. Im Normalbetrieb spielt die SB-88 dagegen völlig integriert.

Die Stirling SB-88 sind für mich die traditionellsten der modernen BBC-Monitor-Inkarnationen. Durch den Einsatz moderner Chassis verfeinert, penibel abgestimmt und behutsam im Konzept weiterentwickelt, bringen sie das Kunststück fertig, besser als ihre Vorfahren zu klingen, ohne dabei den Charakter der Originale zu verraten.

Paarweise selektiert, zu jeder „A“ Nummer gibt es auch ein „B“ Exemplar. Gibt ein Chassis den Geist auf, schickt man gleich beide für den neuerlichen Abgleich zur Reparatur
Paarweise selektiert, zu jeder „A“ Nummer gibt es auch ein „B“ Exemplar. Gibt ein Chassis den Geist auf, schickt man gleich beide für den neuerlichen Abgleich zur Reparatur

STATEMENT

Die Stirling SB-88 sind unglaublich integriert und flüssig spielende Lautsprecher mit klangfarbenstarker und intensiver Mitteltonwiedergabe. Dabei sauber und neutral mit einem Maß an Echtheit und Souveränität, der Größe und Preisklasse vergessen macht.
Gehört mit
Analoglaufwerk Technics SL-151/II
Tonarm Roksan Tabriz
Tonabnehmer Audio Technica AT-33 PTG/II, Ortofon OM 30 Super
Phonopre ifi iPhono
PC Acer Espire, I3 CPU 1.70 GHz, 8 GB RAM
Software Foobar2000
CD-Laufwerk Denon DCD-1290
Wandler Teac UD-501, Henry Audio USB DAC 128 mkII
Verstärker Creek 5350 SE, Unison Unico, Muse 20X
Lautsprecher Spendor A5, Heißmann Acoustics Cinetor
Kabel TaraLabs, RG142, Vovox, Sommer, Oehlbach, Baumarkt, Funk-Tonstudiotechnik, Supra Cable, Audioquest
Herstellerangaben
Stirling Broadcast SB-88
Belastbarkeit 90 Watt, 150 Watts kurzzeitig, IEC268
Max. Schaldruck 107dB, Paar @ 2 Meter
Wirkungsgrad 87dB für 1 Watt (2.83V) @ 1 Meter
Frequenzgang 48Hz - 18kHz +/-3dB (auf HF Achse @ 1 Meter)
Übergangsfrequenz 3 kHz
Impedanz 8 Ohm nominal
Abmessungen (BxHxT) 270 x 500 x 300 (mm)
Gewicht 14,4 kg/St.
Paarpreis 3200 Euro
500 Euro (Lautsprecher-Rollen-Stativ)

Vertrieb
hifi12a KG
Anschrift Am Herrengarten 12 A
D-49504 Lotte-Wersen
Telefon +49 5404 9175899
Fax +49 5404 918870
E-Mail info@hifi12a.de
Web www.hifi12a.de

Weitere Informationen

  • Imagefolder tests/16-10-24_stirling
Freitag, 21 Oktober 2016 02:59

Audeze The King

Ein Kopfhörerverstärker von Audeze, dem kalifornischen Spezialisten für Magnetostaten, ist per se hochinteressant. Für ein Gerät zum Preis von fast 5000 Euro ohne symmetrischen Ausgang gilt das allerdings eher weniger. Schließlich gab der Name des Entwicklers den Ausschlag für die Beschäftigung mit The King.

Dabei ist der Name des Kopfhörerverstärkers zumindest ein Wortspiel, wenn nicht gar ein Wink mit dem Zaunpfahl: Die Schaltung hat nämlich Bascom H. King erdacht, ja genau der, der auch die wirklich überragenden Endstufen von PS Audio entwickelt hat, die in der Typenbezeichnung seine Initialen tragen, die BHK Signature 300 Amplifier – und die ich nach der Rückgabe an den Vertrieb in meiner Kette noch immer schmerzlich vermisse. Es war übrigens gar nicht so einfach, The King beim deutschen Vertrieb loszueisen, denn momentan sind die Verstärker recht rar, da Audeze sie bisher nicht in ausreichender Stückzahl fertigen lassen kann. Wie bei Bascom A. King nicht anders zu erwarten, ist auch seine Kreation für Audeze ein Hybrid-Design: In jeder der beiden Eingangsstufen arbeitet eine E88CC-Doppeltriode, dann folgen eine Differenzial-Treiberstufe mit P-MOSFETs und die Ausgangsstufe mit NPN-MOSFETs, die im Class-A-Betrieb sechs Watt Musikleistung an 20 Ohm zur Verfügung stellen soll. Zwischen Eingangs- und Ausgangsstufe sorgt eine Servoschaltung dafür, dass trotz des Verzichts von Kondensatoren im Signalweg so gut wie keine Gleichspannungsanteile im Ausgangssignal enthalten sind.

Die Anzeige gibt die Lautstärke bei Verwendung des Audeze LCD-4 an und zeigt nicht nur den Ist-, sondern auch kurzzeitig einen etwaigen vorherigen Spitzenwert an. Da harte Fotolicht enthüllt, dass unser Testexemplar schon die ein oder andere Messe hinter sich hat.
Die Anzeige gibt die Lautstärke bei Verwendung des Audeze LCD-4 an und zeigt nicht nur den Ist-, sondern auch kurzzeitig einen etwaigen vorherigen Spitzenwert an. Da harte Fotolicht enthüllt, dass unser Testexemplar schon die ein oder andere Messe hinter sich hat.

Die Signalplatinen sind kanalgetrennt aufgebaut und jeweils an einer Seitenwand des Gehäuses montiert. In dessen Mitte residiert ein überdimensionierter Ringkerntrafo. Dessen Wicklungen sind mit Epoxy-Harz vergossen, und er ist zur Schirmung in Metall gekapselt. Da es im Gehäuse recht eng zugeht, sind auch die Signalplatinen mit Ausnahme der Röhren und die Netzteilplatine mit pulverbeschichteten Lochblechen geschirmt. Das Netzteil besitzt getrennte Spannungsregler für den rechten und linken Kanal und stellt eine symmetrische Versorgungsspannung von 316 Volt zur Verfügung. Die einzige nicht geschirmte Platine befindet sich hinter der recht dicken Frontplatte und dient der Anzeige der Lautstärke, die natürlich vom Wirkungsgrad des angeschlossenen Kopfhörer abhängt. Das Display des King wurde auf die Effektivität von Audezes Topmodell, den LCD-4, mit 97 Dezibel pro Milliwatt kalibriert. Diesen Traumkopfhörer habe ich leider für den Test nicht mehr zur Verfügung. Aber als sich abzeichnete, dass Kopfhörer und die entsprechenden Verstärker auch langfristig ein Thema bleiben würden, habe ich im letzten Jahr als persönliche Referenz einen Audeze LCD-X erworben.

Zwei Eingänge und eine Netzbuchse: Der King ist kein Ausstattungwunder
Zwei Eingänge und eine Netzbuchse: Der King ist kein Ausstattungwunder

Der LCD-X hat allerdings einen um sechs Dezibel höheren Wirkungsgrad als der Vierer und fordert den King in puncto Leistung nicht wirklich. Und obwohl ich nicht unbedingt ein Leise-Hörer bin, gelang es mir gerade einmal kurzzeitig, die vierte oder fünfte grüne LED im Display zum Aufflackern zu bringen. Der höhere Wirkungsgrad des LCD-X bringt einen aber nicht nur um die beeindruckenden Lichtspiele des King, zur denen auch ein recht kurzer Peakhold, also die zusätzliche Anzeige des gerade erreichten Spitzenpegels für einen Moment, gehört, sondern lässt einen etwa an späten Abendstunden bei völliger Stille der Umgebung einen so eben wahrnehmbaren Brumm hören – allerdings nur, wenn kein Programm läuft. Schon das geringste Rauschen des Tonträgers maskiert dieses Geräusch, das beim LCD-4 mit seiner um sechs Dezibel niedrigeren Empfindlichkeit nicht mehr auszumachen sein dürfte.


Aus den Lüftungslöchern leuchtet es während der Aufwärmphase rot, nach Erreichen der Betriebsbereitschaft grün
Aus den Lüftungslöchern leuchtet es während der Aufwärmphase rot, nach Erreichen der Betriebsbereitschaft grün

Eigentümlicherweise sind die Stücke, die ich bei der Beschäftigung mit Lautsprechern und Kopfhörern nahezu automatisch aussuche, nicht völlig identisch: Bei letzteren liegt der Anteil an Rock deutlich höher – vielleicht, weil ich abends vor dem Einschlafen hin und wieder gern mal in Nostalgie schwelge und mir per Kopfhörer auch Rockigeres anhöre. Einer der ersten Songs, der über den King erklang, war jedenfalls Van Morrisons „Big Time Operator“ vom Album Too Long In Exile: Unglaublich, wie locker, entspannt, klangfarbenreich und auch extrem detailreich The King dieses wohlvertraute Stück rüberbringt. Da bleibe ich gern noch ein wenig bei Van Morrison: So griffig und irgendwie plastisch habe ich auch die Instrumente auf „Whatever Happened To PJ Proby?“ noch nie über einen Kopfhörer empfunden. Ja, ich bin mir sicher, dass ich solche Klangunterschiede bei der Wiedergabe ohne klare Vorne-Ortung vor drei, vier Jahren nicht für möglich gehalten habe. Da hat mich der Audeze schon ein gutes Stück weit sensibilisiert. Vielleicht war der Qualitätsunterschied zwischen den gewohnten Schallwandlern in guter akustischer Umgebung und den damals verwendeten Kopfhörern einfach zu groß.

Die Lautstärkeregelung übernimmt eines der bewährten blauen Alps-Potis
Die Lautstärkeregelung übernimmt eines der bewährten blauen Alps-Potis

Zu einer einzigen Schwelgerei in Klangfarben, Details wie Griffgeräuschen und reichlich Studioeffekten machen die beiden Audezes auch Pat Methenys „Ferry Cross The Mersey“ vom Album One Quiet Night. Bei Nancy King und Glen Moores Version von „Ode To Billy Joe“ bekomme ich dann sogar eine recht überzeugende Illusion des Aufnahmeraumes präsentiert: Ich mir sicher, dass der Gastmusiker Rob Scheps mit seinem Saxophon ein Stückchen nach hinten rechts versetzt hinter der Sängerin und dem Bassisten steht. Und natürlich faszinieren die Audezes auch wieder mit einer enormen Farbigkeit. Dazu kommt hier eine ungeheure rhythmische Intensität und – dank der Absenz jeglicher Klangeffekte – ein hohes Maß an Natürlichkeit. Kommen wir zu einigen der vertrauten Testscheiben, wie beispielsweise dem ersten Teil von Keith Jarretts Köln Concert: Hier überrascht sehr positiv, dass trotz der Menge an Details der Präsenzbereich niemals auch nur einen Hauch von Härte aufweist: The King verbindet auf ideale Weise allerbeste Durchzeichnung und tonale Geschmeidigkeit. Damit garantiert er langes, ermüdungsfreies Hören. Beim enorm dichten Perkussionsgeflecht auf Arild Andersons „If You Look“ gefällt die außergewöhnlich gute Durchhörbarkeit und Feinzeichnung in Kombination mit den dynamischen Fähigkeiten. Dennoch wirkt die Wiedergabe zu keiner Zeit hektisch oder gar nervös. Ich bin mir sicher, dass ich nie zuvor so intensiv und dennoch entspannt über einen Kopfhörer Musik genossen habe.

Der King wird mit einem Matched Pair E88CC ausgeliefert. Aber auch 6DJ8, 6922, 7308, 7DJ8, ECC88 und 6H23 sind möglich
Der King wird mit einem Matched Pair E88CC ausgeliefert. Aber auch 6DJ8, 6922, 7308, 7DJ8, ECC88 und 6H23 sind möglich


Für alle, denen diese Aussage dann doch zu pauschal ist, habe ich den King mit dem großartigen Bryston BHA-1 verglichen. Der besitzt einen symmetrischen Ausgang und den habe ich auch verwendet. Die Verbindung zum LCD-X stellte wie beim King eines der serienmäßigen Audeze-Kabel her, beim King logischerweise ein unsymmetrisches Klinkenkabel. Und was die Musikauswahl anbelangt, höre ich auf, wie ich angefangen habe: mit Van Morrisons „Big Time Operator“. Da nützt auch die symmetrische Ansteuerung der magenetostatischen Wandler nichts. Im Vergleich mit der des King fehlt es der Wiedergabe des Bryston an Durchzeichnung, dieser griffigen Plastizität und der Luftigkeit, die trotz der fehlenden Vorne-Ortung schon stark in Richtung Räumlichkeit tendiert. Der Bryston ist eben ein halbwegs erschwingliches, komplett ausgestattetes, sehr gut klingendes Arbeitsgerät, The King eine puristische, aber dennoch luxuriöse hochpreisige Genussmaschine – bei der das Preis/Klang-Verhältnis dennoch völlig in Ordnung geht.

Im Inneren des King geht es recht gedrängt zu. Den Hauptanteil am Gewicht von neun Kilogramm hat gewiss der Transformator
Im Inneren des King geht es recht gedrängt zu. Den Hauptanteil am Gewicht von neun Kilogramm hat gewiss der Transformator

STATEMENT

So gut wie mit The King und dem LCD-X habe ich noch nie über einen Kopfhörer Musik gehört. Was muss da erst mit dem LCD-4 möglich sein? Auch Bascom H. Kings Kopfhörerverstärker für Audeze ist wieder ein Meisterstück. Ich wüsste nicht, was man seinem LCD-Magnetostaten – und sich selbst – besseres gönnen könnte als diesen King!
Gehört mit
NAS Melco HA-N1ZH60, WDMyCloud
Streaming Bridge Auralic Aries Femto mit SBooster BOTW P&P Eco
D/A-Wandler Chord DAVE
Plattenspieler Brinkmann LaGrange mit Röhrennetzteil
Tonarm Thales Simplicity, AMG 12JT Turbo
Tonabnehmer Lyra Olympos, Transrotor Tamino
Phonostufe Einstein The Turntable‘s Choice (sym)
Kopfhörerverstärker Bryston BHA-1
Kopfhörer Audeze LCD-X, Titan
Kabel HMS Gran Finale Jubilee, Swiss Cables Reference Plus, Goebel High End Lacorde, Habst Ultra III, Audioquest Diamond und Carbon
Zubehör PS Audio Power P5, Sun Leiste,Audioplan Powerstar, HMS-Wandsteckdosen, Acapella Basen, Acoustic System Füße und Resonatoren, Finite Elemente Pagode Master Reference Heavy Duty und Cerabase, Harmonix Real Focus, Audio Exklusiv Silentplugs
Herstellerangaben
Audeze The King
Ausgangsleistung 6W an 20 Ohm mit weniger als 0,1% Verzerrungen
Frequenzgang 10Hz-100KHz, -0,1dB
Totale Harmonische Verzerrungen weniger als 0,1%, 20Hz-20KHz, bei max. Leistung
Fremdspannungsabstand -120dB, A gewichtet
Ausgangsimpedanz 0,3 Ohm
Eingangsimpedanz 10 Kiloohm
Stromversorgung 110-120V, 50/60Hz; 220-240V, 50/60Hz; extern umschaltbar
Leistungsaufnahme 30W maximal
Abmessungen (B/H/T) 300/110/325 mm
Gewicht 9 kg
Preis 4800 Euro

Vertrieb
audioNEXT GmbH
Anschrift Isenbergstraße 20
45130 Essen
Telefon 0201 5073950
E-Mail info@audionext.de
Web www.audionext.de

Weitere Informationen

  • Imagefolder tests/16-10-21_audeze
Montag, 17 Oktober 2016 22:14

Diapason Astera

Ich habe mich – zumindest gefühlt – seit Jahrzehnten nur noch mit Standboxen beschäftigt. Dementsprechend war auch der Test eines Diapason-Schallwandlers ein wenig anders geplant. Und dennoch: Die Begegnung mit der vergleichsweise zierlichen Astera entpuppte sich als audiophiler Glücksfall.

Soweit ich mich zurückerinnern kann, werden die italienischen Vollholz-Skulpturen hierzulande von Friends of Audio – und damit von Rainer Israel – vertrieben. Ganz spontan konnte er auf die entsprechende Nachfrage auch nicht sagen, wie lange seine Zusammenarbeit mit Diapason respektive dem Firmengründer und Entwickler Allesandro Schiavi nun schon währt. Sie hat sich auf alle Fälle sehr gut entwickelt. Denn mal eben so einen Diaposon-Lautsprecher zum Testen zu geben, kommt für den Diplomingenieur mit Hifi-Vertrieb nicht in Frage. Er meinte, er würde mir nur dann ein Pärchen überlassen, wenn ich zuvor seinen Freund, den Entwickler, und die Fertigungsstätten kennengelernt hätte. Denn nur dann bekäme ich einen umfassenden Eindruck von dessen Leidenschaft für Musik und Lautsprecher. Kein Problem, wer wehrt sich schon gegen einen Kurztrip nach Italien?

Brescia – und Diapason – ist gewiss ein lohnendes Ziel, von München aus aber nicht ganz so einfach zu erreichen. Da es keine Flug- und auch keine Bahnverbindung gibt, bei der man nicht umsteigen muss, blieb letztlich nur die Autobahn über den Brenner, je nach Straßenzustand und Baustellendichte nicht unbedingt ein Vergnügen. Wir brachen an einem Nachmittag auf, um dann am nächsten Morgen früh und ausgeruht nur noch vom Hotel zum Sound Center in einem Vorort der Stadt zu fahren. Allesandro Schiavi betreibt dieses Hifi-Studio mit mehreren Vorführräumen zusammen mit seiner Frau Chiara und seiner Schwester Silvia sowie einigen weiteren Angestellten. Dabei sind die Übergänge zwischen der Arbeit für das Sound Center und Diapason fließend.

Die Astera und der Standfuß bilden eine harmonische Einheit und werden auch nur gemeinsam verkauft
Die Astera und der Standfuß bilden eine harmonische Einheit und werden auch nur gemeinsam verkauft

Vor der ersten akustischen Begegnung mit einer seiner Kreationen erzählte mir Allesandro Schiavi kurz, wie er zum Bau von Lautsprechern gekommen ist. Das ist beinahe die übliche Geschichte: Ein junger Mann ist – zumindest mit den erschwinglichen – Hifi-Komponenten nicht zufrieden, beginnt daher erst für den Eigenbedarf ein Gerät oder Lautsprecher zu entwickeln, das oder die dann auch bei Freunden und Bekannten Anklang finden, woraus sich schließlich eine Kleinserienproduktion entwickelt. Von da ab ist es bis zur Firmengründung und der Etablierung einer eigenen Marken nicht mehr weit. Der kleine, feine Unterschied in diesem Falle besteht darin, dass Allesandro Schiavi seine Lautsprecher nicht einfach nur zum Musikgenuss entwickelte, sondern als Musikstudent am Konservatorium von Brescia Aufnahmen machte und dazu verlässliche Monitore benötigte: Das Original war immer nur eine Kabellänge von seinem Arbeitsplatz als Aufnahmeingenieur entfernt.

Ein Alleinstellungsmerkmal der Diapason-Lautsprecher ist das Gehäuse aus Massivholz, das bei den größeren Modellen ohne Rechte Winkel auskommt. Zusammen mit den unterschiedlichen Wandstärken wird so das Resonanzverhalten der Box optimiert. Die facettierte Schallwand wirkt Brechungen und Reflexionen des Schalls an den Kanten entgegen. Bei einigen Lautsprechern, wie etwa dem Minimonitor Micra III aus der Classic-Serie und der Adamantes III, von der eine Jubiläumsversion zum 25-jährigen Firmenbestehen aufgelegt wurde, setzt Allesandro Schiavi auf eine „Direct Drive“ genannte Technik, bei der der Tiefmitteltöner so ausgelegt wurde, dass er sich auch ohne Frequenzweiche bei der Übergangsfrequenz sanft aus dem Geschehen ausblendet: Der Verstärker ist also direkt mit dem Tief-Mittelton-Chassis verbunden. Beim bisherigen Topmodell Astera sorgt eine überdimensionierte Spule dafür, dass der Tieftöner frei von Kompressionseffekten durch Sättigung agieren kann.


Dank der drei mit dem Gehäuse verbundenen Metallschalen steht die Box sicher auf ihrem Fuß
Dank der drei mit dem Gehäuse verbundenen Metallschalen steht die Box sicher auf ihrem Fuß

Mit ihrer Stimmigkeit und Homogenität stellt die Astera für Allesandro Schiavi das Maß der Dinge da. Als seine zahlreichen Vertriebe vor allem für die fernöstlichen Märkte ein größeres Modell forderten, stand für ihn fest, dass es nur einen Drei-Wege-Lautsprecher von Diapason geben würde, wenn er mit der Astera in den genannten Kriterien zumindest gleichziehen würde. Nach jahrelanger Entwicklungsarbeit wurde dann schließlich die Diapason Dynamis vorgestellt, eine Drei-Wege-Konstruktion mit eigenständigem Design, und einem Korpus aus MDF. Und die war eigentlich auch für den Test in meinem Hörraum vorgesehen. Bei der Demonstration seiner Lautsprecher in einem mit zahlreichen Akustikelementen optimierten Raum begann Allesandro Schiavi dann auch folgerichtig mit der Astera, die ja als Maßstab bei der Entwicklung der Dynamis diente. Die Daten für die Vorführung lieferte ein MacBook, die Wandlung und Pegelreglung oblag einem Bricasti-DAC und die Verstärkung einer Parasound-Endstufe. Die Kabel stammten von van den Hul, und ein Gigawatt bereitete die Netzspannung auf.

Allesandro Schiavis Vorführung wurde ein klein wenig von Stimmen und Klassik dominiert, von einigen brachialen Sounds aufgelockert und machte sofort klar, dass die Astera etwas ganz besonderes sind: Ihre Stimmwiedergabe ist schlicht ein Traum und sie musizieren mit einer solchen Selbstverständlichkeit, Geschlossenheit und – ja, ich traue mich zu schreiben – Natürlichkeit, dass es eine Freude ist. Die Lautsprecher treten völlig hinter die Musik zurück, der Klang entfaltet sich frei im Raum. Die Altera haben das gewisse Etwas. Und das gilt auch für die Dynamis, die nach einer kurzen Umbaupause die Stelle der Altera einnimmt. Sie gibt selbst tiefste Frequenzen mit hohem Pegel wieder, ohne in den Paradedisziplinen der Alstera auch nur einen Hauch zurückzustehen. Einen Lautsprecher mit der Physis der Dynamis akustisch verschwinden zu lassen, ist wirklich keine kleine Anforderung für einen Entwickler. Ähnlich anspruchsvoll ist die Aufgabe, einen dritten Weg bruchlos zu integrieren und dadurch den Wiedergabefrequenzgang auszuweiten. Dazu merkt Allesandro Schiavi an, dass fast alle Lautsprecher einen relativ linearen Frequenzgang erreichen könnten, die Kunst sei es aber, die Harmonischen ebenfalls korrekt zu reproduzieren. Vielleicht liegt ja hierin die besondere Magie seiner Schallwandler begründet.

Die Schallwand ist nicht größer als nötig, die Holzverarbeitung perfekt
Die Schallwand ist nicht größer als nötig, die Holzverarbeitung perfekt

Spätestens zu diesem Zeitpunkt stand für mich fest, dass der Test der Dynamis die reine Freude werden würde. Als wir dann aber über ihre Lieferung diskutierten und ich erfuhr, dass sie 100 Kilogramm auf die Waage bringt, sah das schon ganz anders aus. Da die vergleichsweise leichte und handliche Astera der Dynamis – wie beschrieben – im größten Teil des Frequenzspektrums als Vorbild diente, schien mir die Beschäftigung mit der Zwei-Wege-Konstruktion plötzlich fast ebenso verlockend. Auch Rainer Israel konnte diesem Vorschlag nur Positives abgewinnen, und Allesandro Schiavi merkte an, der Test der Astera könnte ja ein erster Schritt sein, einer späteren Beschäftigung mit der Dynamis stünde ja nichts im Wege. Und so haben wir noch am selben Tag ein Pärchen Altera samt Ständern in den Friends-of-Audio-Bus geladen. Vor einem abendlichen Stadtrundgang blieb noch Zeit, kurz die Fertigungsstätte der Diapasons zu besichtigen. Im Suterrain eines großen Mietshauses in Innenstadtnähe werden die feinen Holzgehäuse mit den nach Allesandro Schiavis Angaben gefertigten Seas-Chassis und den Frequenzweichen bestückt. Von MCE lässt sich Diapason Polypropylen-Kondensatoren mit eigenem Namensaufdruck fertigen. Die Weichen sind mit van-den-Hul-Kabeln von Punkt zu Punkt verdrahtet. Als Dämmmaterial kommt die Polyesterfaser Dacron zum Einsatz. Nach einem Blick auf das Testequipment und das Lager begann Allesandro Schiavi dann seine private Stadtführung. So sehr er sich auch für Musik und Lautsprecher begeistern kann, so breit sind seine Interessen gestreut. Es wurde ein unterhaltsamer Abend.


Am nächsten Morgen begleitete Allesandro Schiavi seinen deutschen Vertrieb und mich noch ein Sück auf dem Weg nach Verona, von wo ich mich per Bahn auf den Weg nach München machen wollte. Wir legten einen Zwischenstopp bei Loris Copiello ein, dem Schreiner, der die konstruktiven Vorgaben des Entwicklers so perfekt in handschmeichlerische Gebilde umzusetzen versteht: Es fällt ungemein schwer, an einer Diapason vorbeizugehen, ohne einmal kurz darüber zu streicheln. Es war wirklich beeindruckend zu sehen, mit welcher Akribie und Hingabe Loris Copiello die komplizierten Gehäuseformen fertigt und ihnen diese attraktive Oberfläche verleiht. Das abschließende Gespräch in der Trattoria um die Ecke zog sich dann auch deutlich länger hin als geplant. Den Zug habe ich aber trotzdem noch erreicht.

Die Seidenkalotte bezieht Diapason von Seas
Die Seidenkalotte bezieht Diapason von Seas

Bei der Rückkehr von seiner Italien-Tour hat Rainer Israel dann die Astera in Gröbenzell vorbeigebracht. Für den Anfang habe ich sie einfach gegen die LumenWhite ausgetauscht also auch auf den dieser angestammten Platz gestellt. Und schon bei den ersten Tönen war die Magie wieder da, die ich im Vorführraum von Diapason erlebt hatte. Stimmen und kleinere Jazz-Besetzungen hatten das gewisse Etwas, der Klang löste sich völlig von den Schallwandlern, so dass man mit geschlossenen Augen keine Aussage über ihren exakten Standort hätte machen könnten – den der Boxen wohlgemerkt, nicht den der Instrumente. Die Musik entfaltete sich völlig frei und dreidimensional im Raum: Die Entscheidung, nach langen Jahren mal wieder eine Zwei-Wege-Box auf einem passenden Fuß zu hören, würde den Genuss in den kommenden Wochen sicherlich nicht schmälern – solange ich den vergleichsweise zierlichen Schmuckstücken keine zu extremen Lautstärken oder Tieftonsignale abverlange. Einmal habe ich es probiert, und zwar mit der Kombination aus beidem: Die reine Bläser-Combo Smart Metall Hornets wird bei „Aqualung“ noch durch einen Schlagzeuger verstärkt, und der allererste Kick der Bass-Drum kommt mit ungeheuerem Druck. Wenn der Pegel dann so weit aufgedreht ist, dass das Saxophon Live-Lautstärke erreicht, wirkt die Astera bei diesem einen Kick nicht mehr souverän: Die tieffrequente Energie wirkt plötzlich konturlos, man dreht ganz automatisch ein wenig leiser. Auch für die Diapason gelten irgendwann die Gesetze der Physik – aber das vergisst man nur allzu leicht, denn bei normalem Musikmaterial meistert die Astera völlig unbeeindruckt Pegel und Frequenzen, die ich einem Schallwandler mit diesem moderaten Volumen niemals zugetraut hätte.

Auch den Tief-Mittel-Töner liefern die Norwegischen Lautsprecherspezialisten zu
Auch den Tief-Mittel-Töner liefern die Norwegischen Lautsprecherspezialisten zu

Zu den Wiederentdeckung beim Rippen der CD-Sammlung zählt Miroslav Vitous' Solo-Bass-Album Emergence, dass Martin Wieland in den Bauer-Studios in Ludwigsburg aufgenommen hat. Wieder einmal hat er das Instrument in einen großen, luftigen – virtuellen? – Raum gestellt, ohne dass es zu leicht wirken würde. Die Astera macht die tiefen Schwingungen auch körperlich erlebbar. Das gelingt so überzeugend, dass ich das gesamte Album am Stück gehört habe. Hier stimmt wirklich alles: ein Hochgenuss! Wenn es denn nur um die enormen Tiefton-Fähigkeiten der Astera geht, empfehle ich, einmal „Wheel Of Fortune“ anzuspielen. Hier entfaltet Vitous' Bass zwischenzeitlich einen enormen Druck, kommt aber immer bestens definiert rüber. Und die Raumillusion bleibt dabei völlig stabil. Auch bei älteren Rock-Scheiben gibt sich die Altera keine Blöße: Van Morrisons „Whatever Happened To PJ Proby?“ vom Album Down The Road erklingt in der digitalen Variante sehr gut durchgezeichnet, rhythmisch packend und mit jeder Menge Dynamik – vor allem bei der Stimme. Nur wenn man den Song mit übermäßiger Lautstärke angeht, spielt sich der Präsenzbereich für meinen Geschmack einen Hauch zu weit in den Vordergrund. Zwei, drei Dezibel weniger, und schon ist alles wieder im Lot. Natürlich könnte dieser Eindruck auch mehr an der Aufnahme als den Lautsprechern liegen. Erlauben Sie mir, dass ich zur Klärung ausnahmsweise einmal auf eine eigene Produktion zurückgreife, Inga Rumpfs CD White Horses: In „Springtime Shuffle“ wird die so charakteristische Stimme von Flügel, Hammond-Orgel und Bass begleitet, wirkt aber niemals vordergründig oder gar aggressiv. Die Hammond kommt mit reichlich Biss, aber das ist auch richtig so. Die Astera gibt sich im Präsenzbereich keinesfalls zurückhaltend, aber bei der Van-Morrison-Produktion hat wohl jemand ein wenig zu heftig an den Reglern gedreht.


Die Astera arbeitet als Bassreflex-System. Allesandro Schiavi ist kein Verfechter des Bi-Wiring, entspricht mit diesem Terminal aber dem Wunsch seiner Kunden
Die Astera arbeitet als Bassreflex-System. Allesandro Schiavi ist kein Verfechter des Bi-Wiring, entspricht mit diesem Terminal aber dem Wunsch seiner Kunden

Momentan steht die Astera etwa einen Meter von der Rückwand entfernt. Diese Freiheit belohnt sie mit einer völligen Ablösung des musikalischen Geschehens von den Chassis. Wenn man die Augen schließt, kann man die Position der Boxen nicht lokalisieren. In dieser Disziplin hat die Diapason bauartbedingt sogar einen ganz leichten Vorteil gegenüber meiner LumenWhite. Deswegen traue ich mich, ihr versuchsweise ein wenig ihrer Freiheit zu nehmen und rücke sie etwa 30 Zentimeter näher an die Rückwand. Das quittiert sie erfreulicherweise hauptsächlich mit etwas mehr Tieftonenergie. Die Abbildung leidet unter der Zurücksetzung im wahrsten Sinne des Wortes kein bisschen: Es ist durchaus angenehm, ein wenig mehr Abstand zu dem Schallwandlern zu haben, hinter denen sich bei entsprechenden Aufnahmen eine beeindruckend tiefe Bühne erstreckt. Die Astera erweist sich als alles andere als aufstellungskritisch. Zwar kann man das ein oder andere Kriterium durch die Platzierung noch optimieren. Ein Großteil ihrer beträchtlichen Fähigkeiten offenbart sie aber ganz spontan, ohne allzu viele Feintuning.

Die Spule mit Eisenkern soll selbst bei hohen Pegeln Kompressionseffekte verhindern. Die Kondensatoren lässt Diapason von MCE für sich fertigen
Die Spule mit Eisenkern soll selbst bei hohen Pegeln Kompressionseffekte verhindern. Die Kondensatoren lässt Diapason von MCE für sich fertigen

Das bewahrheitet sich auch wieder, nachdem die Lautsprecher aus dem Fotostudio zurückgekehrt sind. Selbst bei einem Abstand von weniger als 50 Zentimeter zur Rückwand eröffnen sie weite imaginäre Räume und verwöhnen mit einem ungemein wohligen Tieftonbereich: Bei Stevie Ray Vaughns „Tin Pan Alley“ rollt der E-Bass sonor und knarzend, und auch Gitarre und Schlagzeug ziehen einen sofort dank anspringender Dynamik in ihren Bann. Die satten Klangfarben und die Intensität der Stimme bräuchte ich ja eigentlich gar nicht mehr zu erwähnen: Dass die Astera in diesen Disziplinen ein Ausnahmetalent ist, klang ja zumindest schon mal an. Vielleicht komme ich später ja noch einmal auf ein Stück zurück, in denen diese Fähigkeiten gefragt sind. Aber mich begeistert ein einzelner Kontrabass mehr als jede noch so einschmeichelnde Stimme. Und deswegen rufe ich Dave Hollands Solo-Album All Is One vom Melco NAS ab. Ich wollte mir über die Astera ja die ersten drei Songs inklusive der Charles-Mingus-Komposition „Pork Pie Hat“ gönnen. Aber die Diapason stellt den Bass so glaubhaft groß in den Hörraum, reproduziert das Atmen Hollands sowie Griff- und Saitengeräusche so fein, ohne sie den Vordergrund zu rücken, und vereint auch im Tiefbass Wucht und Kontrolle so gekonnt, dass aus den geplanten drei Songs sechs werden: Bei „Jumpin' In“ bezaubert die Astera vor allem in den extrem schnellen Passagen, in denen Holland seine Virtuosität aufblitzen läßt, mit Tiefgang und Präzision, „Reminiscence“ schwelgt in warmen Klangfarben und „Mr. P.C.“ lebt von seinem unwiderstehlichen Groove. Auch rhythmisch lässt die Astera nichts anbrennen.

Um diesen Artikel nicht ausufern zu lassen, habe ich mich bei der Bildauswahl vom Firmenbesuch auf die Fotos aus der Schreinerei beschränkt. Denn das Verlöten von Frequenzweichen kann man auch anderswo sehen, aber nur schwerlich eine solch Holzverarbeitung. Hier werden übrigens zugeschnittene Bretter abgelagert
Um diesen Artikel nicht ausufern zu lassen, habe ich mich bei der Bildauswahl vom Firmenbesuch auf die Fotos aus der Schreinerei beschränkt. Denn das Verlöten von Frequenzweichen kann man auch anderswo sehen, aber nur schwerlich eine solch Holzverarbeitung. Hier werden übrigens zugeschnittene Bretter abgelagert


Trotz größtmöglicher Stimmenabstinenz komme ich ja auch bei der Beschäftigung mit anderen Lautsprecher um das eine oder andere gesungene Stück nicht herum. Und dann greife ich oft zu Nancy Kings von Cardas veröffentlichtem Album King Of The Road, das sie im Duo mit dem von seiner Arbeit mit Oregon bekannten Bassisten Glen Moore einspielte. Bei der „Ode To Billy Joe“ werden die beiden vom Saxophonisten Rob Scheps unterstützt. Die mit puristischer Technik produzierte Scheibe fasziniert mit ihrer Natürlichkeit: Stimme und Instrumente bleiben frei von Effekten, und auch der wohl recht kleine Aufnahmeraum lenkt nicht von den Aktivitäten des Trios ab. Diese ungekünstelte Direktheit und der rhythmische Drive gehen über jeden halbwegs guten Lautsprecher in unter die Haut, aber die fast schon magische Stimmwiedergabe der Astera macht die Scheibe zu einem unvergesslichen Erlebnis. Der Kontrabass kommt mit Druck, Definition und jeder Menge Details – und das auch bei mindestens Live-Lautstärke. Die Lautsprecher sind nicht mehr zu orten: Trio scheint direkt im Hörraum zu musizieren. Einfach toll! Selbst über die LumenWhite spricht einen die „Ode To Billy Joe“ emotional nicht so intensiv an wie mit der Diapason: Da bin ich wohl durch Zufall auf das ideale Vorführstück für diesen großartigen Lautsprecher gestoßen.

Vom Brett zur Box dauert es etwas ein halbes Jahr, da das Material nach jedem größeren Bearbeitungsschritt etwa einen Monat gelagert wird
Vom Brett zur Box dauert es etwas ein halbes Jahr, da das Material nach jedem größeren Bearbeitungsschritt etwa einen Monat gelagert wird

Aber die Altera bedarf keines Glücksgriffs bei der Musikauswahl, um ihre enormen Fähigkeiten ins richtige Licht zu setzen: In meiner auf dem Melco gespeicherten Mediathek ist Abbey Lincolns Love Has Gone Away das erste Album mit Gesang und der erste Titel darauf, „Blue Monk“, recht reichhaltig und mit Slide-Guitar und Banjo auch recht ungewöhnlich instrumentiert: Die Altera macht den Song zu einer Schwelgerei in Klangfarben – mit einem weiterem Lob der Qualität der Stimmwiedergabe will ich Sie nicht langweilen. Der audiophile Kenner dürfte sowie so wissen, dass High-End-Zwei-Wege-Pretiosen, wenn es um die Ablösung des Klanges vom Gehäuse, Klangfarben und Homogenität des Klangbildes eine Menge zu bieten haben. Deshalb zum Schluss noch eine Album, das es der Altera nicht so leicht macht: Schostakowitschs Ballet Suite Das Goldene Zeitalter mit dem London Symphony Orchestra als Classic-Records-Reissue von der Gold-CD: Auch hier begeistert die Diapason mit Klangfarben, Dynamik und der Tiefe der räumlichen Abbildung.

Hier sieht man sehr schön, aus wie vielen Teilen einen Schallwand zusammengeleimt wurde
Hier sieht man sehr schön, aus wie vielen Teilen einen Schallwand zusammengeleimt wurde

Norditalienisches Triumvirat: Allesandro Schiavi, Loris Copiello und Rainer Israel
Norditalienisches Triumvirat: Allesandro Schiavi, Loris Copiello und Rainer Israel


Hier diskutieren Allesandro Schiavi und Loris Copiello Gehäusedetails bei der Dynamis
Hier diskutieren Allesandro Schiavi und Loris Copiello Gehäusedetails bei der Dynamis

Ein Blick in die sehr aufgeräumte Werkstatt
Ein Blick in die sehr aufgeräumte Werkstatt

STATEMENT

Mit der Astera beweist Diapason, wie erwachsen kleine Schallwandler klingen können. Dieser meisterlich verarbeitete Schallwandler beansprucht weder ausnehmend viel Platz noch Aufmerksamkeit seines Besitzers. Bei über 90 Pozent meiner Scheiben lässt die Alstera selbst im Vergleich zu vielfach teureren Boliden weder in puncto Tiefgang noch Pegel die geringsten Wünsche offen. Und dann gibt es da noch die ein oder zwei Prozent, bei denen sie eben das gewisse Etwas hat, das einer voluminösen Box abgeht. Ich wiederhole mich gern: Die Astera ist ein audiophiler Glücksfall!
Gehört mit
NAS Melco HA-N1A, WDMyCloud
Wireless Streaming Bridge Auralic Aries Femto mit SBooster BOTW P&P Eco und SBooster Ultra
D/A-Wandler Mytek Brooklyn mit SBooster BOTW P&P Eco und Audiobyte Hydra Z
Analoglaufwerk Brinkmann Lagrange mit Röhrennetzteil
Tonarm Thales Simplicity II, Acoustical Systems Aquilar
Tonabnehmer Einstein The Pickup, Lyra Etna
Phonoentzerrer Einstein The Turntable's Choice symmetrisch, Blue Amp Model 42 MK III
Vorverstärker Einstein The Preamp
Endstufe Ayon Epsilon mit KT150, Cello Encore 50
Lautsprecher LumenWhite DiamondLight Monitors
Kabel HMS Gran Finale Jubilee, Audioplan Powercord S, Göbel High End Lacorde Statement, Audioquest, Carbon und Diamond, Swiss Cable Reference Plus
Zubehör PS Power Plant, Sun Leiste, Audioplan Powerstar, HMS-Wandsteckdosen, Audioquest Jitterbug, SOtM iSO-CAT6, Acapella Basen, Acoustic System Füße und Resonatoren, Artesania Audio Exoteryc, Harmonix Real Focus, bfly Basen und Füße
Herstellerangaben
Diapason Astera
Frequenzgang 38 bis 20.000Hz
Tiefmitteltöner 180mm Durchmesser, Nextel beschichtete Papiermembran
Hochtöner 29mm Durchmesser, Seidenkalotte
Wirkungsgrad 88dB/W/m
Trennfrequenz 1.600Hz
Nennimpedanz 8 Ohm
Prinzip 2-Wege, Bassreflex mit Öffnung auf der Rückseite
Finish Nussbaum, massiv
Gewicht 13kg (Lautsprecher)
26kg (Ständer)
Abmessungen (B/T/H) 260/442/380mm (Lautsprecher)
280/442/1146mm (Lautsprecher auf Ständer)
Preis 9550 Euro inklusive Ständer

Vertrieb
Friends of Audio
Anschrift Friends of Audio
Dipl. Ing. Rainer Israel
Heinrichstraße 26
64347 Griesheim
Mobil 0170 485 7199
E-Mail info@friends-of-audio.de
Internet www.friends-of-audio.de

Weitere Informationen

  • Imagefolder tests/16-10-17_diapason
Freitag, 14 Oktober 2016 02:01

Auris Adagio 300B

Eine 300B Single Ended Triode muss ins Haus! Whatever it takes (Mario Draghi). Wobei sich die Kosten im Fall des Auris Adagio weniger in Draghischen Sphären bewegen, sondern noch im halbwegs erträglichen Rahmen liegen. Zumindest unter HiFi-Gesichtspunkten betrachtet.

Warum also so einen Oldtimer wie die 1933 von Western Electric eingeführte 300B? Das hat nun nichts mit „früher war alles besser“ der militanten Vintage-Verehrer zu tun, sondern scheint irgendwie mit dem Klang zusammenzuhängen. Die 300B zeigt den Unterschied zwischen HiFi und Musik. Sagt man. Über die 300B wurde eigentlich schon alles gesagt, zwar noch nicht von allen, aber ich werde mich hier trotzdem kurz fassen: Technisch unterscheidet sie sich in einem wesentlichen Punkt von den Röhren neuerer Bauart, nämlich durch die Heizung der Kathode. Diese wird direkt geheizt, das heißt, Kathode und Heizung bestehen aus einem Stück. Bei der 300B handelt es sich dabei um einen Bariumdraht, der zickzackförmig gespannt ist und somit eine ganz beachtliche Länge aufweist. Auch meiner Erfahrung nach können alle derartigen Röhren, ob nun 45, 2A3, 10Y oder was es noch alles gibt, einen Verstärker zu einer Musikwiedergabe bringen, die mehr an Musik und weniger an HiFi-Equipment erinnert. Einen Verstärker mit einer 2A3 Endröhre hat Auris übrigens ebenfalls im Programm, hier muss der Lautsprecher allerdings mit nur 4 Watt Ausgangsleistung klar kommen. Laut Herstellerangaben.

Elegante Erscheinung, dieser serbische Vollverstärker! Die Bedienelemente sind auf das Nötigste beschränkt. Erfreulicherweise ist der Netzschalter an der Frontseite untergebracht
Elegante Erscheinung, dieser serbische Vollverstärker! Die Bedienelemente sind auf das Nötigste beschränkt. Erfreulicherweise ist der Netzschalter an der Frontseite untergebracht

In einem Punkt unterscheidet sich Adagio 300B noch von vielen anderen Verstärkern modernerer Bauart, er arbeitet im Single-Ended-Modus, wie das jetzt auf Neudeutsch heißt. Dies bedeutet ja, dass das Signal nicht wie bei einem Push-Pull-Verstärker in positive und negative Halbwellen zerlegt wird, sondern weitgehend intakt gelassen wird. Nun macht der Einbau einer 300B alleine noch lange keinen gut klingenden Verstärker, hier ist natürlich die Arbeitsumgebung von entscheidender Bedeutung. Angefangen damit hatte Western Electric in den 30er Jahren mit dem Bau des WE 91A Kinoverstärkers, der dann in den 80er Jahren plötzlich für HiFi entdeckt wurde. Bei diesem Verstärker wurde die 300B von einer Pentode aus gleichem Hause angesteuert, die allerdings erst seit kürzerer Zeit wieder als Nachbau verfügbar ist. Bei dem Adagio fungiert eine 6SN7 Doppeltriode als Treiber, die in den 90er Jahren sehr populär war und seither sehr häufig verbaut wurde. Und eben auch als Treiber für die 300B eingesetzt wurde. Allerdings reicht eine Triodenhälfte der Röhre mit einem Verstärkungsfaktor von etwa 20 nicht aus, die 300B vernünftig anzusteuern. Deshalb wird bei den meisten Designs die zweite Hälfte mit verwendet. Die Basis hierfür ist üblicherweise die 6SN7 Kaskade in Loftin/White-Schaltung aus den 30er Jahren, die von sehr vielen Herstellern in abgewandelter Form übernommen wurde, seinerzeit allerdings für andere Röhren ausgelegt war.

Der Verstärker bietet vier Line-Eingänge und Lautsprecheranschlüsse für vier und acht Ohm. Fehlt was? Nö! Oder halt, Liebhaber der Schallplatte gehen leer aus und müssen einen zusätzlichen Vorverstärker anschaffen
Der Verstärker bietet vier Line-Eingänge und Lautsprecheranschlüsse für vier und acht Ohm. Fehlt was? Nö! Oder halt, Liebhaber der Schallplatte gehen leer aus und müssen einen zusätzlichen Vorverstärker anschaffen

Als Leistungsröhre wird bei Auris eine 300B Gold des russischen Herstellers Electro Harmonix eingesetzt, hier handelt es sich um die verbesserte Version mit vergoldetem Gitter. Wenns hilft! Jedenfalls eine vernünftige Entscheidung in Anbetracht der Tatsache, dass original Western Electric Modelle schon mal für geschmeidige 3800 Euro über den Jordan, äh Ladentisch gehen. Pro Stück versteht sich. Ich konnte seinerzeit an einem anderen Verstärker die Electro Harmonix Gold 300B gegen eine original WE 300B hören und da hatte sie sich ausgezeichnet geschlagen.


Die eingesetzten Röhren werden komplett von der russischen Firma Electro Harmonix geliefert. Kein Bling Bling, sondern solide Qualität
Die eingesetzten Röhren werden komplett von der russischen Firma Electro Harmonix geliefert. Kein Bling Bling, sondern solide Qualität

Ansonsten sehen wir noch eine 5U4GB Gleichrichterröhre für die Anodenspannung der 300B. Diese ist nun nicht nur Deko, sondern hat – gegenüber Halbleitergleichrichtern – auch Anteil an dem weicheren Röhrenklang. Bei den Gitarristen in der Pop- und Jazzszene sind Röhrenverstärker schon fast die Regel und speziell solche mit Röhrengleichrichtung sehr gefragt. Diese sorgen für einen sahnigeren Sound im Hochtonbereich, was beispielsweise bei einer Stratocaster E-Gitarre über den Bridgepickup gespielt zu einer weniger aggressiven Wiedergabe führen wird.

Keine Sorge, in dem Gerät gibt es keine Lüfter. Die Öffnungen in der Bodenplatte verbessern die Luftzirkulation, damit die Röhren nicht den Hitzetod sterben. Entsprechende Öffnungen befinden sich um die Röhrensockel an der Oberseite
Keine Sorge, in dem Gerät gibt es keine Lüfter. Die Öffnungen in der Bodenplatte verbessern die Luftzirkulation, damit die Röhren nicht den Hitzetod sterben. Entsprechende Öffnungen befinden sich um die Röhrensockel an der Oberseite

Was haben wir uns also mit dem 20 Kilo Paket Auris Adagio 300B ins Haus geholt? Einen sehr solide gebauten Vollverstärker in Lack und Leder, Quatsch, was red’ ich denn, in Holz und Leder! Auf jeden Fall unterscheidet sich das Design wohltuend vom sonstigen schwarzen Einheitslook. Die Front ist minimalistisch aufgebaut, Netzschalter, Lautstärkeregler und Eingangswahlschalter. Mehr braucht's auch nicht zum Musikhören. Eine Fernsteuerung wird ebenfalls mitgeliefert, deren Ausführung den soliden Eindruck noch einmal bestätigt. Hiermit kann die Lautstärke eingestellt und der Verstärker stumm geschaltet werden. Gebraucht habe ich das Ding allerdings nicht, lediglich zu Testzwecken einmal ausprobiert. Auffallend sind zwei runde Abdeckkappen für die Ausgangstrafos, wie man sie normalerweise bei Ringkerntrafos findet. Diese wären für den Single Ended Betrieb zwar ebenfalls denkbar, aber eher ungewöhnlich. Hier geht es auch mehr um das Design, unter den Kappen befinden sich Doppel C-Core Trafos, die speziell für Auris gefertigt werden.

Ängstliche Gemüter können optional ein waschbrettartiges Schutzgitter vor den Röhren aufstellen, um den versehentlichen Zugriff von kleinen Kindern oder an geselligen Abenden zu erschweren. Damit wären auch die Jungs von der CE Behörde zufriedengestellt. Zwei Messinstrumente zeigen den Kathodenstrom an, manuell einstellen lässt sich an dem Gerät aber nichts. Ungewöhnlich für einen Röhrenverstärker ist die Aufstellung auf vier Spikes, üblicherweise findet man hier eher irgendwelche Gummifüße. Meine Befürchtung, dass mit den Spikes der Klang metallisch eingefärbt wird, hat sich allerdings nicht bewahrheitet.


Die Electro Harmonix Gold unterscheidet sich von der Normalversion durch vergoldete Gitter. Sie macht einen sehr stabilen Eindruck und schien im Betrieb wenig mikrophonieempfindlich zu sein.
Die Electro Harmonix Gold unterscheidet sich von der Normalversion durch vergoldete Gitter. Sie macht einen sehr stabilen Eindruck und schien im Betrieb wenig mikrophonieempfindlich zu sein.

Der Verstärker ist mucksmäuschenstill, man erkennt eigentlich nur, ob er angeschaltet ist, an einer roten LED an der Unterseite des Gerätes. Dass der Verstärker nicht brummt, ist nun beileibe keine Selbstverständlichkeit, wie man beispielsweise bei Uchida und Konsorten hören kann. Was natürlich nichts über deren Klangqualität aussagt. Bei diesen Geräten wird die Heizung mit Wechselstrom beheizt und bei 5 Volt Heizspannung kann man dies durchaus hören. Da hilft auch kein Symmetrier-Potentiometer, etwas Restbrumm bleibt immer. Die Hardcore Freaks überhören dies großzügig mit dem Hinweis auf den besseren Klang. Allerdings werden mit diesem Hintergrundgeräusch natürlich auch Feininformationen verschluckt. Auris ist hier den konsequenten Weg gegangen und versorgt die Heizungen mit Gleichstrom. Was allerdings aufwändiger und teurer ist.

So, dann wollen wir doch einmal hören, was der Adagio tonal zu bieten hat. Um mich an das Ganze heranzutasten, habe ich zunächst einmal Ensembles mit kleinerer Besetzung und akustischen Instrumenten gewählt. Das funktioniert absolut fantastisch! Der eigenwillige Klang einer Theorbe beispielsweise wird mit allen Feinheiten und Schattierungen wiedergegeben und unterscheidet sich deutlich vom Klang einer Gitarre. Stimmen sind normalerweise ein Heimspiel für die 300B. Die feine, fast schon zerbrechlich wirkende Sopran-Stimme von Montserrat Figueras ist nicht so ganz einfach wiederzugeben, insbesondere, wenn auch der Hochtöner so richtig Gas gibt. Mit der 300B erscheint die Stimme ausdrucksstark ohne Schärfen und Härten mit allen Nuancen; die Sängerin wird körperhaft abgebildet. Und das funktioniert nicht nur bei lyrischen Sopranstimmen, sondern auch bei kräftigen, mehr rockigen Stimmen wie beispielsweise der von Diane Schuur.

Großer Ringkerntrafo für die Stromversorgung, bei dem Eisenschwein rechts dürfte es sich um die Siebspule für die Anodenspannung handeln. Vorbildlich: die Schraubverbindungen sind mit Lack gesichert. Spielzeug-Elkos haben hier auch nichts verloren, hier liegen stellenweise Spannungen von mehreren hundert Volt an
Großer Ringkerntrafo für die Stromversorgung, bei dem Eisenschwein rechts dürfte es sich um die Siebspule für die Anodenspannung handeln. Vorbildlich: die Schraubverbindungen sind mit Lack gesichert. Spielzeug-Elkos haben hier auch nichts verloren, hier liegen stellenweise Spannungen von mehreren hundert Volt an

Trotzdem sollten wir uns über eines im Klaren sein, für das Dampfhammermörderbrettfromouterspace ist die 300B mit ihren vom Hersteller spezifizierten 8 Watt nicht geeignet. Für den Heavy Metal Fan als solchen, der überhaupt erst ab 120 dB Schalldruck etwas hört, ist der Verstärker also nix. Das soll aber nicht heißen, dass man damit nur die Sonate für Maultrommel und Triangel hören könnte.


Deshalb habe ich einmal etwas Großorchestrales herausgesucht: den Titel „Sing, sang, sung“ mit Gordon Goodwins Big Phat Band. Der Song erinnert natürlich an die alte Benny Goodman Nummer aus der Carnegie Hall, und genau darum geht es hier auch. Obwohl hier Gene Krupa an der Schießbude fehlt, legt die ganze Band sofort los wie der Teufel. Die Tom Toms am Anfang des Stücks kommen mit Druck und Kraft, auch bei den massiven Bläsersätzen bleibt die 300B völlig unbeeindruckt. Das würde sich natürlich schlagartig ändern, wenn der vorgesetzte Lautsprecher eher zu den Leisesprechern gehört.

Also ein Lautsprecher mit 95 Dezibel Kennschalldruck wäre hier kein Luxus. Oder anders ausgedrückt, ist Voraussetzung dafür, dass der Verstärker seine optimale Performance liefern kann. Mit 95 Dezibel könnte man rein rechnerisch einen Schalldruck von etwas über 100 Dezibel erzeugen. Allerdings in einem Meter Hörabstand. Wenn wir dann noch die Empfehlung von Paul Klipsch (der mit dem gleichnamigem „...orn“ ) beherzigen, einen Headroom von 20 Dezibel anzustreben, kämen wir damit auf eine Dauerlautstärke von 80 – 85 Dezibel. Und das ist für eine Dauerberieselung schon ganz schön knackig, oder anders ausgedrückt, in industriellen Betrieben wird ab dieser Lautstärke bereits ein Hörschutz vorgeschrieben.

Für die bewegungsfaulen Gemüter unter uns wird auch eine Fernbedienung mitgeliefert
Für die bewegungsfaulen Gemüter unter uns wird auch eine Fernbedienung mitgeliefert

Interessant auch bei der Einspielung von Gordon Goodwin das Trompetensolo von Arturo Sandoval. Der gebürtige Kubaner ist bekannt für seinen dynamischen, fast schon athletischen Stil; er spielt ein Mundstück mit relativ flachem Kessel und hält aber richtig drauf, trotzdem ist seine Intonation auch in hohen Lagen immer perfekt. Auch hier lässt die 300B nichts anbrennen, die Trompete klingt so, wie ich sie live von Sandoval gehört habe. Kein Kuschelkurs also.

Die 300B wurde ja in den 80er Jahren wiederentdeckt und quasi als Königin der Trioden gefeiert. Dies führte dann zu vielen Nachbauten, die teilweise ein großes Manko hatten: Es klang zwar alles wunderschön, aber irgendwie auch nach eingeschlafenen Füßen. Dies lag aber offensichtlich nicht an der Röhre, wie der serbische Verstärker hier eindrucksvoll beweisen kann. Und einige andere mittlerweile auch.


Wer also einen warmen, wohligen und undifferenzierten Röhrensound erwartet, den muss ich leider enttäuschen. In der Mittenwiedergabe liegt sicher eine der Stärken dieser Konstruktion, es klingt aber nicht nach Omas Dampfradio. Die der 300B nachgesagte Schwäche in der Bassdefinition ist hier auch nicht zu hören, der Bass ist knackig und wird mit sehr vielen Farben abgebildet. Offensichtlich liegt diese oft beschriebene Schwäche nicht an der 300B, sondern an der Schaltung und dem Umfeld der Röhre. Gut zu hören ist dies bei dem Bassisten Anthony Jackson, der seit einiger Zeit mit der Japanerin Hiromi Uehara auf Tour ist. Die Pianistin mit dem Kindergärtnerinnen-Lächeln während ihrer Improvisationen hat einen sehr dynamischen Stil entwickelt, der von Jackson kongenial unterstützt wird. Jackson hatte sich seinerzeit von der renommierten Firma Fodera einen Halbakustik E-Bass bauen lassen, der einen sehr speziellen Ton entwickelt. Dies kann man mit der 300B hervorragend heraushören, der leicht akustische Sound geht hier im Bandgefüge nicht unter. Dies ist keine Selbstverständlichkeit, ich habe dies in anderen Konfigurationen oftmals vermisst.

Auris verwendet keine Bauteile aus der HiFi-Haute Cuisine, sondern solide Industrieware. Alles sauber aufgebaut, lediglich die frei schwebenden Elkos oben am Sockel der 6SN7 passen nicht so ganz ins Bild. Möglicherweise wurde hier nachträglich das Schaltungsdesign noch geändert
Auris verwendet keine Bauteile aus der HiFi-Haute Cuisine, sondern solide Industrieware. Alles sauber aufgebaut, lediglich die frei schwebenden Elkos oben am Sockel der 6SN7 passen nicht so ganz ins Bild. Möglicherweise wurde hier nachträglich das Schaltungsdesign noch geändert

Das Ding ist so gut, dass es sich durchaus einmal lohnen würde, eine ELROG 300B einzusetzen. Zumindest kenne ich von den 211er Typen her, was sich hiermit noch an Klangpotenzial auftut. Freundlicherweise hat mir der Besitzer der neu gegründeten Firma ein Paar 300B für diesen Test zur Verfügung gestellt. Die ELROG kann problemlos gegen eine herkömmliche 300B getauscht werden, die Spezifikationen hierfür entsprechen denen von Western Electric. Einen technischen Unterschied gibt es aber doch, die Heizfäden bestehen hier aus thoriertem Wolframdraht und arbeiten bei höheren Betriebstemperaturen. Deshalb leuchten sie sehr hell.

Es ist erstaunlich, was sich durch den Austausch der Endröhre tut, wobei gesagt werden muss, dass die EH 300B keineswegs schlecht war, im Gegenteil. Aber das bessere ist des guten Feind. Die Instrumente werden noch plastischer abgebildet, der Hochtonbereich ist feiner aufgelöst. Die Musik wirkt noch spannender und intensiver. Interessant ist dabei, dass der Verstärker die Unterschiede zwischen den beiden Röhren sehr deutlich und nicht nur als Nuance zeigt. Kurz gesagt, mit der ELROG 300B wird der Verstärker noch einmal um ein Level angehoben.

Es gab einmal ein Live Konzert mit dem schwedischen Bassisten Jonas Hellborg und seinem Gitarristen Shawn Lane. Ausnahmsweise spielen die beiden dabei auf akustischen Instrumenten der Firma Ovation. Diese unterscheiden sich von anderen Instrumenten durch das Korpusmaterial mit dem künstlerischen Namen Lyrachord. Hier handelt es sich um einem Fiberglasverbund auf den eine Fichtendecke aufgeleimt wurde. Diese Konstruktion führt zu einem vollständig eigenen Ton, den man sofort wiedererkennt, wenn man ihn einmal gehört hat. Dieser hat mitunter einen leichten Plastikbeigeschmack, den man als Musiker mögen muss. Darum soll es aber hier natürlich nicht gehen, sondern die Frage ist, ob so etwas über eine Musikanlage überhaupt hörbar ist. Das sind nun sicher Nuancen, aber dieser akustische Plastiksound kommt über die Kombi Adagio - ELROG hervorragend rüber. Nebenbei natürlich auch alle Geräusche aus dem Publikum, die Raumakustik und der ganze Beifang, der mit der Musik eigentlich nichts zu tun hat.


Optisch unterscheiden sich die ELROG 300B deutlich von der historischen Cokebottle Form. Die Röhren werden einzeln manuell in Deutschland hergestellt
Optisch unterscheiden sich die ELROG 300B deutlich von der historischen Cokebottle Form. Die Röhren werden einzeln manuell in Deutschland hergestellt

Die Musik wird über den Auris Adagio völlig homogen wiedergegeben und erlaubt einem, sich auf das Wesentliche, nämlich die Musik selbst zu konzentrieren. Es ist leicht zu hören, wenn beispielsweise der Schlagzeuger in einem eigenen, abgedämpften Raum mit völlig anderer Akustik aufgenommen wurde als die übrigen Musiker. Mit dem Adagio 300B wird man das zur Kenntnis nehmen, aber es wird uns nicht von der Musik ablenken. Der Verstärker kann nun nicht nur Nuancen wiedergeben, sondern auch richtig zupacken, wenn die Musik es verlangt. Was den einen oder anderen unter uns in Anbetracht der Ausgangsleistung vielleicht überraschen wird. In dem Zusammenhang geht mir die ganze Zeit so ein bescheuerter Marketingspruch irgendeiner noch bescheuerteren Elektronikkette im Kopf rum: „Soo muss...“ Aber lassen wir das.

Ist das nun der beste Verstärker der Welt? Natürlich nicht, so etwas gibt es gar nicht, auch wenn uns so mancher Hersteller dies gerne vermitteln möchte. Letztlich hängt dies vom persönlichen Geschmack und den Hörgewohnheiten ab. Aber wer einen eleganten, gut klingenden und universellen Verstärker sucht UND den passenden Lautsprecher hat wird vom Auris mit einer hervorragenden Wiedergabe belohnt. Der Verstärker ist gedacht für Hörer, die ihre Aufmerksamkeit auf die Musik legen und nicht auf Dinge außerhalb des musikalischen Geschehens. Ich muss zugeben, ich liebe Single Ended Röhrenverstärker! Ist halt so ´ne Macke von mir. Eine von vielen übrigens.

STATEMENT

Mit dem Adagio 300B gelingt den serbischen Newcomern auf Anhieb der Einstieg in die HiFi Upper Class. Die Wiedergabe hat Stil und wirkt äußerst emotional. Insgesamt ein gelungenes Paket aus dem Hause Auris.
Gehört mit
Digitallaufwerk Ayon CDT
D/A Wandler Borbely Audio
Laufwerk Apolyt
Tonarm Triplanar
Tonabnehmer Clearaudio Goldmund, Van den Hul Grashopper
Vorstufe Thomas Mayer 10Y
Endstufe Thomas Mayer 211SE Elrog
Lautsprecher Wolf von Langa, Ancient Audio Studio Oslo
Kabel Audio Consulting Reference RCA, Swisscables Reference NF, Swisscables Reference LS, Auditorium23 LS, Swisscables Reference und Reference Plus Netz, VertexAQ Jaya Netzfilter, VertexAQ Taga Verteilerdose, VertexAQ Roraima Netzkabel
Zubehör LeadingEdge Gerätebasis, LeadingEdge Minipaneele
Herstellerangaben
Auris Adagio 300B
Konfiguration Single Ended
Ausgangsleistung 2 x 8 Watt
Ausgangsimpedanz 4 + 8 Ohm
Eingänge 4 x RCA
Frequenzgang 7Hz – 32kHz
Höhe 270mm
Breite 450mm
Tiefe 20,5kg
Preis 4800 Euro

Hersteller
Auris Audio
Anschrift 37000 Krusevac
Serbien
E-Mail info@aurisaudio.rs
Web www.aurisaudio.rs
Vertrieb
WOD-Audio - Werner Obst Datentechnik
Anschrift Westendstr. 1a

61130 Nidderau
Telefon +49 6187 900077
E-Mail info@wodaudio.de
Web www.wodaudio.de

Weitere Informationen

  • Imagefolder tests/16-10-14_auris

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.