Nicht verzichtet habe ich aber darauf, den fabrikneuen 9i-92SA III kurz nach seinem Eintreffen per USB mit einen MacBook Pro zu verbinden und ihn im mehrtägigen Dauerbetrieb einzuspielen. Die Musik-Daten dazu wurden von Apple Music gestreamt – klanglich alles andere als ideal, aber zum Sammeln von Betriebsstunden sollte es reichen. Weiter ging's, als der Stealth von Dan Clark Audio aus Wien – oder genauer: aus dem Studio von Christoph Stickel – eintraf. Der Stealth ist momentan mein Kopfhörer-Favorit – trotz des prohibitiven, wenn letztlich dennoch angemessenen Preises. Erschwerend kommt ein Wirkungsgrad von lediglich 87 Dezibel hinzu, aber der macht ihn ja gerade zum Prüfstein für alle Kopfhörerverstärker. Ohne genauer in die Bedienungsanleitung zu schauen, habe ich den Stealth voller Wiederhörensfreude mit der XLR-Buchse des 9i-92SA III verbunden, der vom Analogausgang des DAVE gespeist wurde. Die Kombination begeisterte mich schon mit den ersten Takten. Nachdem ich zur Funktionskontrolle Abdullah Ibrahims und Ekayas Sotho Blue angespielt hatte, blieb ich gleich für einige Titel bei den vertrauten Klängen. Weniger vertraut war mir, wie sauber und dennoch kraftvoll der Bass über einen Kopfhörer zu hören ist und wie viel Luft die Instrumente umgibt. Bei soviel Wohlklang habe ich mich dann an das nach dem Kauf so gut wie nie wieder „aufgelegte“ Album Alisei getraut: Stefano Scodanibbios Solo-, Duo- und Oktett-Kompositionen für Kontrabass, eingespielt von Daniele Roccato und dem Ludus Gravis Ensemble für ECMs New Series. Die Kombination von ECMs vorzüglicher Aufnahmetechnik und jeder Menge mächtiger Viersaiter schien mir sehr verlockend. Doch die Kompositionen sind alles andere als eingängig und leicht verdaulich. Diese Art Moderner Klassik erfordert schon konzentriertes Zuhören und ein sich Einlassen-Wollen auf diesen alles andere als einfachen Stoff. Aber dank der sehr hochwertigen Quelle, Cen.Grand und Stealth mundet auch dieser schwere Kost: So erzeugen die acht Bassisten in einem realistisch anmutenden Raum eine fein durchgezeichnete Klangkollage – überraschend abwechslungsreich, jedoch fernab jeglicher Melodie.
Melodiös, und spätestens nach dem dritten Hören nicht aus den Ohren zu bekommen, sind die Songs von Dephazz' Album Garage Pompeuse, die ich kürzlich für das Musikportal nativedsd.com direkt vom analogen Mastertape in DSD256 produzierte. Da das Equipment schon aufgebaut war, habe ich auch gleich eine Version in PCM mit 384 Kilohertz und 32 Bit erstellt. Ich verbinde nun den 9i-92SA III per USB mit dem Melco N10/2-S38, um zu hören, ob der Cen.Grand diese Formate akzeptiert. Das tut er ohne zu mucken und klingt dabei wirklich überzeugend: Dynamik, Auflösung, Tonalität und rhythmische Spannung lassen keine Wünsche unerfüllt. Übrigens, wenn Pit Baumgartner, der kreative Kopf hinter Dephazz, zustimmt, werde ich Ihnen hier in Kürze einen Song von Garage Pompeuse in den genannten Formaten zum kostenlosen Download anbieten.
Statt mit dem Cen.Grand weiter Musik in höchster Auflösung zu genießen, muss er nun seine Fähigkeiten im Vergleich mit Chord Electronics' HUGO II beweisen. Beide Wandler/Kopfhörerverstärker-Kombinationen beziehen ihre Daten vom Melco. Der Peacock wird in beiden Fällen über die Klinkenbuchse angeschlossen. Beim Cen.Grand habe ich als Betriebsart „Paralle“ und das Digital-Filter Numero 4, das „Short Delay Slow Roll Off Filter“, gewählt. Beim Hugo ist „Crossfeed“ deaktiviert und das Filter ist die Numero 3, „16fs – warm“. Mikhail Alperin und Arkady Shilklopers „Unisons“ vom Album Wave Of Sorrow bringt der 9i-92SA III rhythmisch packend, dynamisch und mit viel Luft um die Instrumente rüber. In Sachen Luft und Rhythmus steht der HUGO dem Cen.Grand in nichts nach. Der ordnet die Klangquellen aber nicht so rigoros auf einer imaginären Linie zwischen den Ohren an wie der HUGO. Auch wenn es in beiden Fällen keine echte Tiefenstaffelung gibt, präsentiert der 9i-92SA III die Musik räumlich überzeugender. Cen.Grand hat die ESS-Wandler ganz hervorragend in den Griff bekommen: Klangfarben und Raum überzeugen rundum. Da vermisse ich meinen HUGO II kein bisschen – zumal der Sendy Audio Peacock Keith Jarretts „God Bless The Child“ noch ein wenig intensiver erleben lässt, sobald der Kopfhörer mit einer symmetrischen Verkabelung an die vierpolige XLR-Buchse des Cen.Grand angeschlossen und der Betriebsmodus „BTL“ aktiviert ist: Der Hochtonbereich erklingt noch filigraner, das Ausschwingen der Akkorde ist deutlicher zu verfolgen, die Instrumente umgibt ein Hauch mehr Raum und die Bass-Drum wirkt minimal kraftvoller und klarer definiert: wirklich beeindruckend!