Die Thiele-Small-Parameter hat Galm übrigens nach Gersdorffs Vorgaben so hingebogen, wie dieser sie eben für das Basshorn der neuen Rigoletto benötigte. Der ungewöhnlich starke Antrieb per Neodymmagnet in Kombination mit der sehr harten Aufhängung resultiert in der für das Basshorn erforderlichen niedrigen Gesamtgüte Q des Treibers von unter 0,25 und die Resonanzfrequenz liegt bei circa 42 Hertz. Anfang Juni 2020 habe ich ein sehr langes Telefonat mit Armin Galm führen dürfen und ich möchte mich an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich bei ihm für die vielen anregenden Detailinformationen sowie unsere ausgedehnte Fachsimpelei bedanken! Dem debilen Nerd in mir kam jüngst übrigens der Gedanke, in meiner Rigoletto 2020 einfach mal die Frequenzweiche abzuknipsen und den Tiefmitteltöner ohne Filter direkt an meine Lautsprecherkabel zu hängen. Ich bin mir sicher, der Treiber von Armin Galm würde auch eine exzellente Figur als Vollbereichsbreitbänder abgeben. Bisher habe ich es aber noch sein gelassen. Bisher…
Gleichwohl dürfte für Sie als Leser viel interessanter sein zu erfahren, wie die Lautsprecher im vom Hersteller vorgesehenen Zustand klingen. Dafür mussten die zunächst optimal aufgestellt werden, und das gelang mir ziemlich leicht. Ich begann mit meinem Standard: circa zweieinhalb Meter Basisabstand beider Lautsprecher zueinander bei ungefähr drei Metern Hörabstand, leicht eingewinkelt in Richtung Hörposition, Abstand zur Rückwand ungefähr 30 Zentimeter, schon passte es. Sehr erfreulich, dass die Rigoletto 2020 die nahe Rückwand nicht mit Dröhneffekten beantwortete, sondern sich der Tiefton je nach persönlichem Geschmack und individueller Wohnumgebung durch Variieren des Abstands zur Rückwand anpassen ließ. Gespannt war ich auch auf die Dauer der notwendigen Einspielzeit, bis die Treiber, insbesondere der Tiefmitteltöner, „voll da waren“. Ich würde sagen, dass dieser Prozess nach ungefähr hundert Betriebsstunden abgeschlossen war.
Was mich von Beginn an beeindruckt hat, ist der klare Ton, zu dem die Rigoletto 2020 in der Lage ist. Sehr neutral und ohne jede Verfärbung wird der gesamte Frequenzbereich wiedergegeben, wobei die Bruchlosigkeit im Übergang der beiden Treiber bemerkenswert ist. Ich habe keinerlei Registerverblendung feststellen können, sondern hatte von Beginn an stets den Eindruck, hier sei ein Vollbereichsbreitbänder am Werk. Bei Stimmen und Geräuschen, deren Grundfrequenz unterhalb der Trennfrequenz beider Treiber liegt, wird diese ja im Wesentlichen vom Tiefmitteltöner wiedergegeben, deren harmonische Oberwellen dagegen hauptsächlich vom Hochtöner, ein Prüfstein für jeden Mehrweglautsprecher, den die Odeon hervorragend meistert.
Die Achillesferse von schwachbrüstigen Verstärkern wie meinen Kleinleistungstrioden ist naturgemäß die Darstellung eines tiefen, schwarzen Bassfundaments. Nun kommt die Rigoletto 2020 allerdings mit einem „Achtzehner“ in einem Backloaded Horn daher, das es ohrenscheinlich in sich hat. Die Herstellerangabe von 41 Hertz als unterem Minus-drei-Dezibel-Punkt glaube ich aufs Wort und ich war wirklich erstaunt, zu was für einem substanziellen Tieftonfundament diese kleinen Hörner in meiner circa 40 Quadratmeter großen Hörumgebung in der Lage waren. Gut, natürlich blendet sich die unterste Oktave etwas aus, aber das, was hier im Bass zu hören ist, ist qualitativ so ziemlich das Beste, was ich je mit 2A3 Single Plates zu hören bekommen habe. Pfeilschnell, straff, farbstark und mit fein federnder Dynamik geben diese Odeons tiefe Töne wieder. Das hat nichts, aber auch wirklich überhaupt nichts zu tun mit luftpumpendem Rumgesumpfe einiger Bassreflexsysteme, die ich andernorts schon hören musste. Die Vorteile der Horntechnik werden an dieser Stelle ganz klar offenkundig. Das Basshorn der kleinen Rigoletto 2020 spielte „Überlin“ des letzten Albums Collapse into now von R.E.M. (Warner Brothers, 2011) völlig entschlackt und frei von Artefakten, jedoch alles andere als schlank oder gar anämisch. Spaßeshalber klemmte ich kurzerhand einen Audio-Note-Cobra-Vollverstärker mit knapp 30 Watt Ausgangsleistung aus EL34-Push-Pull-Pentoden an die Odeon-Hörner und haute mir „Hells Bells“ von AC/DC (Back in Black, Atlantic Records, 1980) bei gehobener Lautstärke um die Ohren. Das erschien mir schon fast als Leistungsoverkill und jetzt konnte ich die Basswucht, zu der die Rigoletto 2020 im Stande ist, sogar im Bauch fühlen. Grobdynamisch ist also alles im Lot.
© 2024 | HIFISTATEMENT | netmagazine | Alle Rechte vorbehalten | Impressum | Datenschutz
Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.