Wir vereinbarten, dass ich „meine“ Lautsprecher direkt aus Haltern am See abholen und meinen Besuch gleich mit einer gemeinsamen Hörsession und der Erstellung einer Firmenreportage verbinden würde. Und dann kam Corona. Langer Rede kurzer Sinn: Aus der gemeinsamen Hörsession und der Firmenreportage wurde nichts. Gleichwohl steht das für die Zeit „Nach-der-Corona-Pandemie“ ganz oben auf der Prioritätenliste, und die Lautsprecher, die jetzt also auf den Namen „Rigoletto 2020“ hören, kamen Anfang Mai 2020 per Spedition zu mir.
Obwohl die „neue“ Rigoletto eine eigenständige, von der „alten“ Rigoletto unabhängige Entwicklung mit anderem Hornverlauf und neu gestalteter Druckkammer ist, sind die konzeptionellen Ähnlichkeiten bezüglich des Gehäuseprinzips ja unbestreitbar vorhanden. Folgerichtig kann das neue Modell also durchaus als Reinkarnation betrachtet werden, so dass der Modellname ja quasi auf der Hand lag. Daher ist es sicherlich interessant, kurz auf die weiteren Unterschiede zwischen beiden Modellen einzugehen. So waren die Seiten der alten Rigoletto zum Beispiel aus Multiplexplatten gefertigt und für die Verstrebungen wurden MDF- und Spanplatten verwendet. Das neue Modell besteht ebenfalls aus einem Mix verschiedener Holzsorten: Die Seitenwangen sind wieder aus Birkenmultiplex gefertigt, Rückwände, Gehäusedeckel und innere Verstrebungen jedoch aus einer speziellen, mitteldichten Holzfaserplatte, die gegenüber Standard-MDF dank einer besonderen Additivbeimischung über eine um den Faktor 1,6 höhere Dichte verfügt. Hierzu erklärte mir Axel Gersdorff, dass für die Entwicklung des neuen Lautsprechers unzählige Prototypen aus unterschiedlichen Materialien beziehungsweise Materialmixen gefertigt wurden. Bei der finalen Auswahl der optimalen Kombination aus den verbliebenen Favoriten für die Serie spielten sich letztlich klangliche Unterschiede allenfalls noch im Bereich von Nuancen ab. Ich persönlich bin aus akustischen Gründen übrigens von je her ein Anhänger von Multiplex- beziehungsweise Schichtholz als Gehäusematerial und im Fall der Rigoletto 2020 gilt es zusätzlich zu berücksichtigen, dass das kleine Basshorn aus sehr vielen Verstrebungen und Verschachtelungen besteht. In schwingungstechnischer Hinsicht ist das Gehäuse damit ohnehin schon rein konstruktiv so gut wie akustisch tot – was es auch sein soll –, und das spezielle, schwere und hochdichte MDF leistet hier aufgrund seiner noch höheren inneren Dämpfung eben einen zusätzlichen Beitrag. Hatte ich bereits erwähnt, dass die kleinen Odeon-Hörnchen blitzsauber gefertigt sind? Danke an den Gehäuseschreiner, hinter diesen Punkt im Pflichtenheft können wir getrost ein Häkchen setzen.
Ein weiterer wesentlicher Unterschied besteht darin, dass die Rigoletto 2020 im Gegensatz zur alten Rigoletto über keine separate Bodenplatte mehr verfügt, was aus meiner Sicht zu einer erheblich besseren Ankopplung des nach unten feuernden Horns an den Raum führt. Der Boden beziehungsweise der Hörraum mit seinen Wänden fungieren quasi als virtuelle Erweiterung des Hornmunds. Durch das Fehlen der Bodenplatte, die beim alten Modell mit drei Spikes versehen war, wurden nun vier leicht nach außen gewinkelte Füße erforderlich, um einen sicheren Stand zu gewährleisten. Für die Füße gibt es übrigens keine Verstellmöglichkeit zur Höhenanpassung. Etwaige Unebenheiten des Fußbodens lassen sich aber zum Beispiel leicht mit kleinen Filzgleitern ausgleichen, so wie Herr Buchholz dies auch in meinem Falle für meinen Parkettboden für einen kippelfreien Stand empfohlen hat.
Kommen wir nun zu den eigentlichen Schmankerln der Rigoletto 2020: zu den beiden Treibern. Der Hersteller des Hochtontreibers muss aus Odeons Sorge vor Nachahmern an dieser Stelle leider geheim bleiben, was ich allerdings mehr als verständlich finde. Das Chassis arbeitet als Druckkammertreiber in dem für Odeon charakteristischen, aus vollem Multiplex gedrehten Hochtonhörnchen, eine Kombination, die seit Jahrzehnten über jeden Zweifel erhaben ist. Nach unten wird der Hochtöner bei 2300 Hertz recht steil mit einer Flanke von 18 Dezibel pro Oktave aus dem Spiel genommen. Hier übernimmt dann der lediglich mit einer großen Spule und einem kleinen Kondensator nach oben begrenzte Tiefmitteltöner und koppelt mit einer Flanke von zwölf Dezibel pro Oktave ein. „Verbrochen“ hat dieses Schmuckstück aus Papier und mehrfach gefalteter Papiersicke übrigens Armin Galm, den nicht nur Do-it-Yourselfer aufgrund seines berühmten Vollbereichsbreitbänders Enviee kennen. Übrigens stellt Armin Galm eigentlich hauptsächlich Chassis für HiFi-Systeme in Luxusautos wie Bugatti, Porsche und Ferrari her. Jedenfalls basiert „unser“ Tiefmitteltöner auf einem in Frankreich gefertigten Mitteltöner-Design mit Sechzehnerkorb, der für die Rigoletto 2020 jedoch einen größeren Korb spendiert bekommen hat und nominell über achtzehn Zentimeter Durchmesser verfügt.