Auf der diesjährigen CanJam in London entdeckte ich xMEMS, einen Produzenten von In-Ear-Treibern auf Silizium-Basis aus San Francisco. Direkt nach der Messe war mir klar, dass ich mir die Prototypen im Detail anhören muss. Nach mehreren Monaten des Hörens und Probierens möchte ich jetzt die gemachten Erfahrungen mit Ihnen teilen.
Die Begegnung mit xMEMS auf der CanJam können Sie hier noch einmal nachlesen. Ich habe mir von xMEMS im Anschluss an die Messe zwei „Evaluation Kits“, wie sie intern genannt werden, schicken lassen. Neben den äußerlich identischen In-Ear-Prototypengehäusen mit zwei verschiedenen Treibern, enthält jedes Kit eine Verstärkerplatine samt Akku-Pack, einen kleinen USB-DAC und ein Miniklinkenkabel. Ein Set basiert auf jeweils einem Montara Treiber pro Seite, das zweite Set auf den Montara Plus Treibern. Form, Innenvolumen, Dimensionierung der Schallöffnung der Gehäuse und der Einsatz von verschiedenen akustischen Dämpfern beeinflussen den Klang der Prototypen maßgeblich. Das Experimentieren mit Gehäusen ist für einen Treiberhersteller elementar, um einen guten Treiber zu produzieren. In die schlichten Prototypen ist bereits eine Menge Ingenieurswissen und Abstimmungsarbeit geflossen, dennoch bleiben die Gehäuse ein Entwicklungswerkzeug und sind kein fertiges Produkt. Das Entwickeln von passenden Gehäusen soll Aufgabe der In-Ear-Hersteller bleiben, xMEMS konzentriert sich auf die Fertigung der Treiber. Die Gelegenheit, noch vor der Markteinführung eines auf der Treibertechnologie basierenden Produkts, selbst mit einem „Entwicklerkit“ zu experimentieren und die Möglichkeiten auszuloten, ist gleichermaßen selten, spannend und fordernd. Da zwar der Treiber ein fertiges Produkt ist, jedoch die klangliche Endabstimmung sowohl einsatz- als auch herstellerspezifisch sein wird und in meinem Fall dem persönlichen Geschmack entsprechen wird, kann dieser Text lediglich das Potential der Technologie aus der Sicht unserer vergleichsweise kleinen High-End-Audiowiedergabe-Blase ausloten und stellt keinen Test im eigentlichen Sinne dar. Bis erste auf den xMEMS-Treibern basierende Produkte auf den Markt kommen, kann es inzwischen nicht mehr lange dauern. Die CES im Januar ist ein potenzielles Event für die Vorstellung erster fertiger Produkte.
Was also macht die Treiber in den unspektakulär wirkenden Gehäusen von xMEMS so besonders? In erster Linie die vollkommen neue Technologie. xMEMS ist bisher das einzige Unternehmen, das Mikrotreiber in monolithischer Bauform produziert. Monolithisch meint, dass die gesamte Membranfläche gleichzeitig den „Motor“ darstellt. Es ist weder eine Aufhängung, Schwingspule, Magnet oder ähnliches notwendig. Um das zu erreichen kommt, wie im CanJam-Artikel bereits erörtert, ein Herstellungsprozess aus der Halbleiterfertigung zum Einsatz. Als Basis dient eine aus Silizium gefertigte Trägerplatte, genannt Wafer, die eine umfangreiche Bearbeitung erfährt. Aus einem Wafer entstehen über eintausend Mikrotreiber, die über piezoelektrische Eigenschaften verfügen. Zur Schallerzeugung wird folglich der inverse Piezoeffekt genutzt. Durch das Anlegen einer Betriebsspannung wird die piezoelektrische Membran in einer Ruheposition gehalten. Das Musiksignal sorgt dann für die Auslenkung der Membran. Es können verblüffende Bauformen realisiert werden. Der ohnehin kleine Treiber Montara besteht aus sechs noch kleineren Einheiten, von denen jede wiederum vier eigene bewegliche Elemente aufweist. In einem Montara bewegen sich folglich insgesamt 24 einzelne Mikroelemente. Da sich zwischen den einzelnen Elementen kleine Schlitze befinden, kann ein fertiger In-Ear ventiliert ausgelegt werden und es entsteht kein Druckstau im Gehörgang – ein erfreulicher Nebeneffekt. Der Montara Plus Treiber ist ähnlich einer Saloon-Tür aufgebaut und kann dementsprechend ein größeres Luftvolumen bewegen. In den letzten Jahren hat xMEMS nicht nur eine neue Treibertechnologie aus der Taufe gehoben, sondern gleich eine ganze Palette von dazugehöriger Peripherie. Beispielsweise einen Wafer-Prober, also ein Testgerät für die noch nicht zerteilten und weiterverarbeiteten Wafer, speziell zugeschnitten auf die Überprüfung ihrer korrekten akustischen Eigenschaften, oder ein weiteres Testgerät, das wiederum die fertigen Treiber akustisch vermisst. Die Ergebnisse der Messung werden sogar mit einem eingelaserten Barcode auf den Treibern hinterlegt und sind somit für die Endhersteller leicht nachzuvollziehen.
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