Im zweiten Satz von Antonín Dvořáks 9. Sinfonie „Aus der Neuen Welt“ – der Name passt doch auch gut zu diesem Text – ist in der Live-Einspielung der Londoner Symphoniker und Colin Davis von 1999 des LSO Live Labels immer wieder der knarzende Bühnenboden zu hören. Auch die ER4SR geben dieses Detail preis, nur bleibt das Bewusstsein, dass es sich lediglich um eine Reproduktion handelt. Die Montaras schaffen es, mein Gehirn zu überlisten. Ich nehme das Knarzen als real wahr. Gleiches gilt natürlich auch für die Musiker und ihre Instrumente. Das Gefühl wirklich vor Ort zu sein, ist größer als ich es bisher kannte. Um es einmal festzuhalten: Einen passiv und analog entzerrten Treiber mit einem passiv und digital entzerrten Treiber zu vergleichen ist nicht ganz fair. Davor, dass die Ingenieure von Etymotic einen mechanisch und passiv entzerrten Treiber überhaupt derart gut klingen lassen können, ziehe ich meinen Hut. Leider teilen sich Ety und Montara eine Schwäche. Ihre Bühnentiefe ist vergleichsweise nicht die Größte. Montara hat zwar überdeutlich die Nase vorn, dafür vermag der Etymotic Instrumente noch etwas besser zu trennen und zu umreißen. Speziell in dieser Hinsicht merkt man, dass das Tuning mehr auf den Punkt gebracht wurde. Die Tuning-Expertise von Etymotics Ingenieuren entwickelte sich aber auch über Jahrzehnte. Dass eine neue Technologie, die gerade erst den Markt erschließt, und mir als Prototyp zur Verfügung gestellt wurde, sich mit Etabliertem messen kann, spricht Bände. Treiber und IEM-Produktentwicklung werden sich sicherlich zukünftig gegenseitig befruchten. Auch ich kann mit etwas mehr Übung und vielen Stunden des Probierens die Equalizer-Abstimmung des Montara bestimmt noch weiter auf den Punkt bringen. Andere Möglichkeiten wie Kompressoren, Delays oder Allpässe habe ich ja noch nicht einmal angewendet. Die Möglichkeiten sind nahezu unendlich. Der Treiber steckt extreme Korrekturen mit überraschender Leichtigkeit weg. Der Pro-Q 3 bietet beispielsweise einen Tilt-Filter, mit dem sich das Verhältnis von tiefen und hohen Frequenzen extrem schnell verändern lässt. Sechs Dezibel weniger Hochton und sechs Dezibel mehr Bassbereich: Kein Problem. Sogar einen Bass Boost von zwölf Dezibel lässt Montara über sich ergehen. Wirklich schade ist das hohe Grundrauschen des Amps der Montaras. Es maskiert, wenn man leiser hört, speziell in leisen Orchesterpassagen doch recht schnell das Nutzsignal. Diese Kritik habe ich bereits auf der CanJam geäußert und ich weiß, dass sie bei xMEMS ernst genommen wird.
Der Montara Plus ist in seiner grundlegenden Natur wohl der zugänglichere und massentauglichere Treiber. Seine Stärke liegt im Bassbereich. Tatsächlich scheint das größere bewegte Luftvolumen Wirkung zu zeigen. Nicht nur liefert er hier mehr Pegel, den man durchaus auch dem normalen Montara mit extremen Filtern antrainieren könnte, sondern schafft es, den Frequenzbereich besser durchzuzeichnen. Generell zeichnet er Instrumente etwas kräftiger. Er lädt geradezu dazu ein, mit einem Boost noch etwas dicker aufzutragen. Es herrscht definitiv auch ein höherer Spaßfaktor vor. Die Tiefmitten sind ebenfalls prominenter, lösen bei mir aber auch den Wunsch aus, ein wenig auszusortieren. Der Hochton ist weniger schneidend als beim normalen Montara, dafür aber auch weniger hochauflösend. Trotzdem muss er noch per EQ gezähmt werden. Für einen Single-Driver ist die Hochtonfähigkeit bei gleichzeitiger Anwesenheit von Tiefbass nochmals hervorzuheben. Diesen Umstand vergisst man einfach zu leicht, wenn man sich einmal daran gewöhnt hat. Alleine damit steckt auch der Montara Plus viele konventionelle Treiber in die Tasche. Auf eine Art klingt der Montara Plus bereits ohne digitale Filter ausgewogener und wird für konventionelle Tunings hervorragend geeignet sein. Die frappierende Authentizität des Montara habe ich mit dem Montara Plus trotzdem nicht erreicht. Ich habe den Montara Plus dementsprechend von Anfang an weniger gehört und auch mit der Erstellung meines Geschmacksfilters weniger Zeit verbracht und mich in dieser Hinsicht gleichermaßen ungleich schwerer als beim Montara getan. Mein Filter sieht dementsprechend wüst aus, und bis zum Abschluss dieses Artikels habe ich das Optimum nicht erreicht. Klangtuning ist eben alles andere als trivial. Diese Erfahrung lässt mich die Entwicklungs- und Forschungsprozesse von Herstellern noch mehr schätzen. Außerdem kann ich viele Design-Entscheidungen viel besser nachvollziehen. Beispielsweise einen präsenten und detailreichen Hochton abzuliefern, ohne dass er zu scharf oder störend wird, ist gar nicht leicht. Das Klangbild der Tiefmitten gleichzeitig druckvoll zu gestalten, ohne dass es unpräzise und verschmiert wirkt, ist ebenfalls anspruchsvoll, vom Bassbereich ganz zu schweigen. Messungen der Frequenzkurve können bei der Abstimmung natürlich helfen, sind aber auch nicht das ganze Geheimnis und ersetzen schon gar keine Erfahrung. Ich bin wahnsinnig gespannt, wie erste Produkte mit xMEMS-Treibern klingen werden, und vor allem, in welchen Preisbereichen diese liegen werden. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass sie im normalen Marktsegment sehr schnell Einzug halten werden. Im High-End-Bereich wird es wahrscheinlich länger dauern, schließlich sind die Ansprüche der Nutzer hier ungleich höher, und die Hersteller werden sich mehr Zeit nehmen, um den Treibern das Optimum zu entlocken. Ich für meinen Teil hoffe, dass dies möglichst bald der Fall sein wird. Allein auf die Hörerlebnisse, die ich mit den Prototypen gemacht habe, möchte ich definitiv nicht mehr verzichten und warte jede weitere Entwicklung mit Spannung ab.
Gehört mit
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Router & Zubehör | Fritzbox 7530, Netgear ProSAFE GS108 (mit Keces P3) |
Server | Melco N1 AH 60/2 |
Reclocker | Mutec MC-3+ USB |
DAC | Mytek Brooklyn DAC+ (mit Ferrum HYPSOS), Soncoz SGD1 (mit iFi iDefender+) |
Pre-Amp | Violectric Pre V630 |
Endstufe | NAD C 275BEE, IOTAVX PA3 |
Lautsprecher | Magnat Quantum 807, Neumann KH 120 A |
DAP | FiiO M11 Plus ESS (FiiO Music App, Qobuz), HiBy R6 (HiBy Music App, Qobuz) |
Smartphone | Motorola One Zoom, 128GB, 4GB RAM, Android 10 (BubbleUPnP, Qobuz, HiBy Musikapp) |
Kopfhörerverstärker | iFi Micro iDSD Black Label |
Kopfhörer | Sennheiser HD 800 s, Beyerdynamic dt 880 black edition |
In-Ears & Zubehör | Vision Ears VE7, Vision Ears VE6 X2, Etymotic ER4SR, iFi IE-Match |
Kabel | Audioquest, Chord Company, Belden, Boaacoustic, Furutech, Glockenklang/Eupen, Sommer |
Hersteller
xMEMS
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Anschrift | 3255 Kifer Road Santa Clara, CA 95051 |
Web | xmems.com |