Erste Abhilfe brachte der Wechsel zu „OUTPUT 2“: Die Membranen bewegten sich nun nur noch minimal und ich konnte mich etwas entspannter dem Klang des W3 zuwenden: Absolut verblüffend, welch eine ausgedehnte und luftige Illusion des Aufnahmeraumes es in mein Arbeitszimmer zauberte und wie druckvoll Steve Swallows Elektrobass rüberkam. Trotz der anfänglichen Irritationen stand für nicht schon nach einer Plattenseite fest, dass nicht nur das Funktionsprinzip, sondern auch der Klang des W3 etwas ganz besonderes ist. Nachdem das DS Audio nun reichlich Betriebsstunden gesammelt hat und auch meist über längere Zeiträume eingeschaltet bleibt, gibt es auch mit Life Goes On keinerlei Problem mehr, solange ich den Ausgang mit dem Filter mit höherer Flankensteilheit verwende. Der Versuch mit einem schwereren Arm, Einsteins kurzem The Tonarm mit etwas über 18 Gramm effektiver Masse, erbrachte lediglich die Erkenntnis, dass das W3 darin ebenso überzeugend spielt wie im AMG mit seinen knapp 14 Gramm. Das Verhalten im subsonischen Bereich änderte sich durch die verschiedenen Massen der Tonarme nicht. Alle weiteren Eindrücke habe ich mit dem W3 im AMG 12JT gesammelt, wobei die Entzerrer/Versorgungseinheit über den „OUTPUT 2“ mit dem Vorverstärker verbunden war und die Einsatzfrequenz des Subsonic-Filters bei 30 Hertz lag.
Üblicherweise hole ich zum Einspielen von Tonabnehmern und zu meiner Gewöhnung an sie Art Farmer und Jim Halls Big Blues aus dem Regal, was ich jetzt nachhole: Beim DS Audio gewöhne ich mich innerhalb von Sekunden an die extrem gut zu verfolgende, knarzenden Bass-Linie und die Menge an Luft um die Instrumente. Ich kann mich beim besten Willen nicht daran erinnern, das Flügelhorn und Mike Mainieris Vibraphon so vor Energie strotzend gehört zu haben. Dabei kommen die beeindruckenden Transienten völlig unvermittelt und absolut ansatzlos. Trotzdem wirkt das DS Audio dabei nie nervös oder gar effekthascherisch. Die Musik fließt entspannt dahin, aber die Instrumenteneinsätze kommen denen in einem Konzert überraschend nahe. Das Fehlen jeglicher Unruhe bei großer musikalischer Spannung hat natürlich auch damit zu tun, dass sich das Klangbild des W3 vor einen tiefschwarzen Hintergrund aufbaut. Gäbe es bei viel benutzten Scheiben nicht hin und wieder einen Knackser, könnte man, was die Freiheit von unerwünschten Nebengeräuschen angeht, fast meinen, man lauschte einem High-Res-File. Aber das kommt gewiss nicht derart nahe an ein Live-Erlebnis heran wie eine mit dem W3 reproduzierte LP.
Bevor ich noch ins Schwärmen gerate, sollte ich auf einen Schwachpunkt des W3 hinweisen: seinen per 3D-Druck hergestellten Nadelschutz. Ich habe mir schon vor Jahren angewöhnt, jeden Tonabnehmer mit der schützenden Abdeckung zu versehen, wenn er nicht in Betrieb ist. Schließlich geht es in meinem Hörraum in der Nähe des Plattenspielers recht eng zu und man muss über die beiden Tonarme greifen, um etwa an das dahinter liegende Fenster zu gelangen. So schiebe ich bei den beiden Lyras schon ganz automatisch den Nadelschutz von vorn auf seine Führung im Systemkörper. Beim W3 hätte die gewohnte Bewegung unweigerlich die Zerstörung des Nadelträgers zur Folge, denn am hinteren Ende des Plastikteils befindet sich mittig eine Art Ausleger, der dafür sorgt, dass sich der Schutz zwischen den Anschlusspins auf der Rückseite „festkrallt“. Hier wünsche ich mir beispielsweise zwei Ausleger, die rechts und links der Mitte eine ähnliche Funktion erfüllen. Das ist natürlich mein ganz persönlicher Kritikpunkt, nicht jeder hantiert ständig mit dem Nadelschutz herum…
Also lieber weiter mit Musik: Schon seit einiger Zeit habe ich Frühbeck de Burgos Orchesterfassung von Albéniz' Suite Espagñola nicht mehr aufgelegt, was ich jetzt nachhole. Gut, in der Zwischenzeit hat sich in meiner Kette so einiges zum Besseren gewendet, aber so lebendig, dynamisch und klangfarbenstark habe ich die erste Seite der Scheibe bisher nicht erleben können. Auch dank des W3 werden die Instrumentengruppen millimetergenau im großen Saal platziert. Selbst bei den heftigen Tuttipassagen bleibt das fein strukturierte Klangbild extrem gut durchhörbar. Das DS Audio verbindet intensive Spielfreude gekonnt mit hoher Präzision: sehr überzeugend! Natürlich will ich auch hier nicht auf Schostakowitschs Symphonie Nr. 15 aus der Living Concert Series verzichten, die es leicht macht, die Fähigkeiten eines Tonabnehmers in puncto Raumdarstellung zu beurteilen. Die Illusion einer breiten und tiefen Bühne, die das W3 vermittelt, ist schlichtweg fantastisch. Die Instrumentengruppen werden scharf fokussiert und gut gegeneinander abgegrenzt. Einfach klasse, wie weit hinten die kleine Trommel nach etwa mehr als zwei Minuten erklingt und dennoch voller Kraft den großen Raum füllt. Dass das DS Audio in Sachen Dynamik auch hier keine Wünsche offen lässt, brauche ich bestimmt nicht noch einmal zu betonen. Die Darstellung des Orchesters gelingt dem W3 ungemein präzise und wohl geordnet. Klarheit und Akkuratesse rangieren hier vor einschmeichelndem Glanz, ohne dass das System auch nur ansatzweise in die kühle oder gar überanalytische Richtung abdriften würde. Rundum stimmig.