Der erste wirkliche Test-Track ist „God Bless The Child“ vom Album Standards, Vol. 1 des Keith Jarrett Trios: Schon das Intro erklingt sehr detailreich, schnell und rhythmisch. Anschließend liegt der Fokus mehr auf der High Hat und der richtig knalligen Snare als auf der sonst etwas fetteren Bass Drum: So geht der Song richtig gut ab, die Regas strotzen nur so vor Spielfreude. Dabei ist die tonale Balance jedoch etwas heller, als ich es von von meinem Masselaufwerk her gewohnt bin. Daher spiele ich ich ein wenig mit der Einstellung der Lastkapazität am Aura. Beim mittleren Wert – 3200 Picofarad – erscheint die High Hat etwas weniger prominent. Die Snare verströmt nun immer noch enorm viel Druck, und die Bass Drum gewinnt eine wenig an Gewicht. Der treibende Kontrabass fasziniert in beiden Einstellungen mit einem ausgeprägtem, knarzigen Holzton. Das wohlbekannte Stück habe ich selten so detailreich und so heftig groovend gehört. Auch in Sachen Dynamik macht es das Rega-Trio zu einem Erlebnis. Ein letzter Vergleich mit dem LaGrange zeigt, dass der NAIA und seine Begleiter nicht ganz dieselbe Schwärze und Fülle im Bassbereich aufweisen wie dieser – dafür aber immer mal wieder Vorteile in Sachen Detailfülle und Live-Charakter haben: reine Geschmacksache.
NAIA und Co. sind natürlich auch erste Wahl beim abendlichen Musikgenuss: Auf dem Keramikteller mit der Filzmatte liegen die Simple Songs, eine „Limited Audiophile Signature Edition“ des Labels in+out. Auf einigen der neun Stücke schwelgen Steve Swallow auf der Bass-Gitarre und Christian Muthspiel an der Posaune in wohligen Tieftonwellen, bei einigen anderen wechselt Muthspiel zu leicht angezerrtem E-Piano – der Groove von „(F)all Blues“ ist einfach unwiderstehlich –, Flügel und Flöten: ein faszinierender Mix an Klangfarben, Rhythmen und Melodien! Ich kann Ihnen die Scheibe nur empfehlen. Aber darum ging es mir eigentlich gar nicht. Ich wollte vielmehr darauf hinaus, dass meine Gattin beim musikalischen Aperitif den NAIA entdeckte und gleich vorschlug, ihn auch in ihre Kette zu integrieren. Ihre Entscheidung für den Planar 3 war damals wohl doch nicht nur durch dessen Farbe begründet: Die klare, funktionale Form hatte wohl auch ihren Anteil daran – so wie jetzt wieder.
Da seit einiger Zeit in ihrer Anlage im Wohnzimmer Einsteins The Preamp und The Poweramp die Verstärkung und die Göbel Epoque Aeon Fine die Schallwandlung übernehmen spricht nichts dagegen, den Test hier fortzusetzen. Schon der Umzug des NAIA ist die reine Freude, denn der geht völlig frei von Schlepperei und Feinjustage vor sich: Ich stelle das Leichtgewicht auf die dicke an der Wand befestigte Marmorplatte, die auch dem Vorverstärker Platz bietet, schließe den Plattenspieler an sein Netzteil und die Phonostufe an – und schon geht’s los! Plug and Play, wie man es sich wünscht. Aber das war dank des durch die dritte Schraube im Headshell bestens justierten Tonabnehmers nach dem Auspacken im Arbeitszimmer nicht anders. Man muss kein ausgewiesener Analogfan und leidenschaftlicher System-Justierer sein, um mit dem NAIA samt Aphelion 2 auf extrem hohem Niveau Musik genießen zu können.
Rein optisch überzeugt der grazile Rega-Plattenspieler auf dem Marmorblock sofort und akustisch ist es auch nicht anders: Beim „Buck Dance“ auf Dick Schorys audiophilem Klassiker Bang Baaroom and Harp vermittelte das britische Trio eine tolle Raumillusion: Die Stepptänzer bewegen sich auf Boxenebene, die anderen Instrumente sind ein Stücken weiter dahinter positioniert. Der Kontrabass kommt exakt, schnell und federnd. Zum Schluss des Stücks verschwinden die Tänzer in den Tiefen der Bühne. Die Abbildung gelingt sehr detailreich und bestens aufgelöst. Das „Duell On The Skins“ zieht einen mit der explosive Dynamik in seinen Bann. Wenn mich die Erinnerung nicht trügt, hatte der Brinkmann Avance etwas mehr Tieftonenergie zu bieten, gab das Geschehen aber auch ein wenig gedeckter, fast hätte ich geschrieben muffiger wieder. Beim NAIA hingegen wirkt der Metall-Charakter der perkussiven Instrumente sehr realistisch. „Tiddley Winks“ begeistert mit seinem intensiven musikalischen Fluss. Die Instrumente stehen klar fokussiert auf der präzise durchgezeichneten Bühne: Eine so überzeugende Raumillusion kannte ich von der Kette im Wohnzimmer von LPs bisher nicht. Da ist es mir schlicht egal, ob es an der Phonostufe, dem Tonabnehmer oder am Laufwerk liegt: Regas Gesamtpaket überzeugt!
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