Der Autor hatte in seiner beruflichen Vergangenheit schon in den 90er Jahren sehr viele Gelegenheiten, digitale Lautsprechersysteme in Wohnräumen einzumessen. Die Vorzüge der Berücksichtigung einer individuellen Raumakustik sind unüberhörbar, aber nicht immer musikalisch von Vorteil. Automatische Korrektur-Systeme kompensieren in der Regel mit hörbarem Erfolg den welligen und tonal verfälschten Frequenzgang in den tiefen Tonlagen und auch im Grundtonbereich. So wird den Raummoden effektiv begegnet. Diese Prozedur kann jeder Laie durchführen, dazu bedarf es keiner besonderen Kenntnisse, sondern nur einer Bedienungsanleitung und des fast immer zum Lieferumfang gehörenden Messmikrofons. Der Haken an der Sache ist jedoch, dass das Ergebnis sehr oft ein zwar messtechnisch lineares, aber irgendwie steriles, unmusikalisches Klangbild zeigt. Ich möchte sogar behaupten, dass dabei das Emotionale, das Berührende der Musik auf der Strecke bleiben kann. Das hat auch etwas damit zu tun, dass diese Systeme das gesamte Frequenzspektrum zu linearisieren versuchen. Wir brauchen zum Genuss jedoch keinen linearen Frequenzgang, sondern eine tonale Ausgewogenheit, die zum Hörraum und auch zu unserem Hörempfinden passt. Dafür ist die Linearität einer Einmessung nur eine Prämisse. Dies gilt insbesondere, wenn dank der verwendeten Filter mit der Frequenzgang-Verbesserung bezüglich des Raumes auch gleichermaßen eine Phasen-Optimierung einhergeht, wie dies bei Lyravox Lautsprechern stets der Fall ist. Diese Linearisierung ist zwar Voraussetzung, jedoch nicht genug, um musikalisch wirklich zu überzeugen und beim Hören Emotionen und Spaß zu vermitteln.
Was Lyravox-Lautsprecher zusätzlich so wertvoll macht, ist das Know-How des Experten. In meinem Falle waren es gleich beide genannten Herren, die die zwei werksseitig eingespielte Karlos bei mir anlieferten. Ich wohne halt nicht weit von Hamburg entfernt, und man überzeugt sich bei Lyravox auch gerne von einer tauglichen Test-Umgebung. Jens R. Wietschorke nahm die Einmessung zur Linearisierung mit Hilfe wobbelnder Signaltöne vor. Anschließend erzählte ich den Beiden etwas über meine Hörgewohnheiten, wie zum Beispiel, dass ich es nicht mag, wenn ich bei Streichern, sei es eine Violine oder ein Cello, nur die Saiten, jedoch nicht den Korpus des Instrumentes wahrnehme. Und da geht’s schon los. Das ist nämlich gar nicht einfach. Der kräftige, warme Körperschall eines Cellos wird ausgeprägter, wenn die Höhen zurückgenommen werden. Aber gerade das will man ja nicht. Denn dann würden im nächsten Musikstück ein Ride-Becken oder Hi-Hat stumpf und ohne jeglichen Glanz ertönen, vom Strahlen des Metalls ganz zu schweigen. So eine Feinabstimmung setzt Erfahrung und Wissen um die Wirkung von verschiedenartigen Filtern innerhalb des Frequenzspektrums voraus. Eine einfache Wahrheit ist allein schon, dass es fast immer sinnvoll ist, Spitzen im Frequenzbild abzuschwächen statt das benachbarte Tal aufzufüllen. Und da ist noch etwas Relevantes, was auch mein Kollege Finn Corvin Gallowsky in seinem Bericht über den Erlkönig xMeMs Montara berichtete: Audiophiles Material in welcher Form auch immer, ob CD, Vinyl oder HighRes-File, ist nur wenig hilfreich. Denn hier hat bereits der Tontechniker oder Mastering-Ingenieur Entscheidendes geleistet, um für ein Maximum an Musikalität zu sorgen. Hiermit lassen sich die nuancierten Schwächen eines Systems nur schwerlich entlarven. Weniger perfekte Aufnahmen sind besser geeignet, solche feinen Schwachstellen auszuloten. Die Wiedergabe audiophiler Aufnahmen leidet anschließend nicht darunter, weil diese ohnehin in sich stimmig sind und sich durch die Feinabstimmung daran nichts ändert.
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