Grundsätzlich unterscheidet sich der Oladra im technischen Konzept gar nicht vom K50. Er verfügt über die gleiche Vielfalt von Anschlüssen und ebenfalls über drei rückseitige Einschubslots für Festplatten mit bis zu jeweils acht Terabyte, so dass man auf kaum mit Musik zu füllende 24 Terabyte kommen kann. Sinn macht dieses optionale Speichervolumen, wenn man den K50 oder Oladra auch für andere Dateien wie Fotos oder Videos nutzen möchte. Entsprechende Software ist implantiert und muss nur aktiviert werden. Ein entscheidender konstruktiver Unterschied im Vergleich zu Mitbewerbern ist bei Antipodes Audio die konsequente Trennung von Server und Player mittels zweier Computer-Einheiten und separater Stromversorgung. So finden sich auch im neuen Oladra ein leistungsstarkes Server-Bord und eine weniger rechenpotente Player-Engine, die aber beide klanglich leistungsfähiger als die im K50 sein sollen. Hohe Rechnerleistung auf der Player-Platine ist laut Antipodes wenig sinnvoll, um ausgezeichneten Klang zu erreichen. Erstaunlich finde ich die Entwicklung hinsichtlich der Stromversorgung im Oladra. Hier hat man das Konzept linearer Netzteile gänzlich verworfen und konstruierte den Oladra mit moderner Schaltnetzteil-Technologie. Die Gründe für diesen Weg liegen in der Vermeidung von magnetischen und elektronischen Interferenzen, die durch leistungsstarke Trafos, wie sie gute Linear-Netzteile besitzen, entstehen können. Ebenso für den Klang relevant sei das überlegene Einschwingverhalten und das geringere Rauschen der drei Antipodes-Schaltnetzteile verglichen mit hochwertigen Linearnetzteilen. Die im Oladra angewendete kaskadierte Regelung sei komplex und kostspielig. Sie sei aber in ihrer Art unumgänglich, um die Stromversorgung für jede Baugruppe, wie Server, Player und Reclocker zu optimieren, was musikalisch zu einem Gewinn an Natürlichkeit, Leichtigkeit und Rhythmusgefühl führen soll.
Das neue V7H-Serverboard des Oladra ist gänzlich anders und leistungsstärker als das des K50, um den Anforderungen der Server-Anwendungen wie Roon-Server, Squeeze-Server, HQPlayer-Server oder Plex-Server und anderen Rechnung zu tragen, wenn sie datenreiche Bibliotheken verwalten oder rechenintensive DSP-Prozeduren ausführen sollen. Hier verrichtet ein 64 Gigabit RAM seine Aufgaben. Am Ausgang des Serverbords gibt es eine Ethernet-Schnittstelle, falls man einen DAC mit Ethernet-Eingang direkt ansteuern möchte. Die Bridge im PS-Audio DirectStrem-DAC wäre ein geeigneter Partner. Jedoch wäre da der Oladra eher nicht das ideale Gerät aus dem Antipodes Portfolio, weil man dann die Player-Sektion und das Reclocking gar nicht nutzt. Statt seiner könnte die Anschaffung eines K41 passend sein. Das V7H-Server-Board gibt seine Daten intern über eine proprietäre Ultra-High-Speed-Verbindung an die Player-Sektion des Oladra weiter. Das V7X-Bord für den Player ist die in mehreren Punkten überarbeitete Player-Einheit des K50, in der neue Chipsätze für Verbesserung sorgen und auch die Schaltung optimiert wurde. Sie besitzt acht Gigabyte RAM-Speicher. Von hier führt ein Weg an den USB-Ausgang, der den nachfolgenden Digital-Analog-Wandler bedienen kann, und ein zweiter, galvanisch isolierter Weg zum internen Reclocker. Hier nun generiert eine FPGA-gesteuerte Ocxo-Clock den Takt für den S/PDIF-Ausgang, den es koaxial und als BNC gibt, ebenso für den symmetrischen AES/EBU-Ausgang und drittens für die zwei I2S-Anschlüsse, ausgeführt als HDMI und RJ45. Alle werden mittels diskreter Treiber versorgt. Der beheizte Quartzoszillator zur Jitter-Eliminierung erhält seinen Strom aus dem eigenen Netzteil, das mit Graphene-Superkondensatoren den Strom glättet. Im Reclocker verwenden Mark Jenkins und seine Mitarbeiter höher spezifizierte Schaltkreise als im K50. Dort wird eine synchrone Taktung vollzogen, bevor es im DAC weiter geht und dieser seinerseits an dem ankommenden, durch das im Antipodes Jitter-gesäuberte Signal nur ein meist weniger intensives Reclocking vornimmt, es aber nun leichter hat, weil ihm vom Oladra viel Rechenarbeit abgenommen wurde. Ein solches Hochleistungs-Reclocking wie im Oladra in einem D/A-Wandler durchzuführen, würde dort Rauschstörungen generieren können. Antipodes empfiehlt wegen der Jitter-Reduzierung durch die Ocxo-Taktung die Nutzung dieser Ausgänge, weil sie den mit digitalem Rauschen behafteten Ethernet- oder USB-Stufen im D/A-Wandler überlegen seien. Da der Oladra laut Antipodes Audio die beste für Audio-Zwecke konzipierte Clock überhaupt besitzt, steht ihre Taktung auch über einen BNC-Ausgang für Geräte zur Verfügung, die sich einer Masterclock unterordnen. Manche DACs besitzen einen geeigneten Slave-Eingang.
An dieser Stelle möchte ich etwas zu Bedenken geben: Weil ich persönlich die I2S-Schnittstelle für optimal halte und einen kompatiblen DAC verwende, habe ich das Vergnügen, hervorragende Klangqualität und maximale Auflösung – mit dem PS-Audio DAC sind es DSD 256 und PCM 384 – miteinander zu verknüpfen. Sollte man keinen I2S-geeigneten D/A-Wandler sein eigen nennen, erlauben S/PDIF oder AES3 nur eine Auflösung bei PCM bis 192 Kilohertz. DSD wird hier in DoP-Containern verlustfrei bis DSD 64 verpackt und transportiert. Der DAC erkennt es als DSD-Datei wieder. Ich denke, in den allermeisten Fällen ist diese Limitierung kein Problem. Wer aber höhere DSD-Formate oder PCM in DXD-Qualität erleben möchte, wie es sie beispielsweise von Patricia Barber gibt oder sie das norwegische Label 2L produziert und sie das Portal NativeDSD in beachtlicher Auswahl anbietet, der ist auf die USB-Schnittstelle angewiesen, die diesbezüglich nicht limitiert ist. Der portugisisch-britische Hersteller Innuos bietet beispielsweise einen Reclocker speziell für USB an. Ich verstehe Mark Jenkins hinsichtlich seiner technisch-qualitativen Argumentation, die er ausführlich auf der sehr lesenswerten Website (https://antipodes.audio/design/ ) erklärt, und stimme ihm als I2S-Benutzer auch gerne zu. Aber die meisten von uns verwenden USB als Schnittstelle, und da frage ich mich, warum so ein edles und hochwertiges Gerät nicht auch einen USB-Reclocker enthält, selbst wenn es dann ein paar Tausender mehr kosten müsste. Ein entsprechender Check mit dem Innuos Phoenix USB-Reclocker im Hörtest soll nachher zeigen, was hier möglich oder sinnvoll ist.