Das Schaltungsdesign des Verstärkers ist auf einen großen Übertragungsbereich des Frequenzspektrums ausgelegt, da die Musikalität eben auch durch nicht hörbare Frequenzen mitbestimmt wird, insbesondere bei hochaufgelösten digitalen Musikdateien, die den Übertragungsbereich aller Instrumente vollumfänglich abbilden können. So nennt Rose auf seiner Website als Beispiel die Trompete, die ein Frequenzspektrum bis 100.000 Kilohertz aufweist. Der Übertragungsbereich des Rose Verstärkers von 1 Hertz bis 100.000 Hertz trägt dem Rechnung und soll für die Natürlichkeit der Musikreproduktion verantwortlich sein. Ganz entscheidend für die Klangqualität ist laut Rose die Verwendung von GaN-FETs in den Class-D-Endstufen, auf die auch an einem der Lautstärke-Zahnräder schriftlich hingewiesen wird. GaN steht für Galliumnitrid. GaN-Fets ersetzen die allgemein gebräuchlichen Silicon- FETs. Die Vorteile dieser Hochleistungstransistoren liegen technisch in ihren Leistungsdichten, der hohen Durchbruchsspannung infolge der besseren Feldstärke und dem Fehlen einer Sperrverzögerungsladung. Dieses, auf der Website in der graphischen Darstellung „Dead Time“ genannt, beschleunigt das Nachladen um neunzig Prozent. Die neuen GaN-Fets klingen laut Rose dank der superschnellen Schaltgeschwindigkeit deutlich besser. Die Zartheit und Feinheit der wirklichkeitsnahen Musikreproduktion seien die Hauptvorteile, ebenso wie ein Zuwachs an Dynamik und die erwähnte große Übertragungsbandbreite. Diese Class D-Endstufen erreichten nun hinsichtlich ihrer Linearität und Klangqualität eine mit A/B-Verstärkern vergleichbare Qualität, was mit den Silicon-FETs laut Rose so nicht möglich war.
Die versprochene Klangqualität bestätigten meine ersten Hörstunden, die ich mit digitalem Musikmaterial vom CD-Spieler oder von Qobuz per Volumio-NUC verbrachte. Vor allem die aufgeräumte Darstellung und Klarheit drängten sich im Vergleich zum Gewohnten auf, und zwar in sehr angenehmer Art und Weise. Denn in keiner Situation kombinierte der Hifi-Rose seine Akkuratesse mit Härte. Im Gegenteil: Er löst die Musik sauber auf und verleiht den Instrumenten und ihren Tönen authentische Farbe und erlaubt das Nachschwingen eines Tones bis zum letzten Moment: Hier versumpft nichts im Grundrauschen. Manchmal war ich geneigt, den RA 180 als cool zu beschreiben, aber das täte ihm unrecht. Ich denke, es ist vielmehr seine Exaktheit und von Unreinem unbelastete Musikalität, an die ich mich gewöhnen musste. Das tat ich aber mit Freude, weil ich immer wieder erleben durfte, wie unerwartet und ungekannt explosiv eine bestimmte Passage im Musikstück dargeboten wurde. Das machte enorm viel Vergnügen, auch weil diese Sauberkeit die Feinheiten so spielend erschließt. Das galt ganz besonders und gesteigert, wenn ich den Vollverstärker mit allen vier Endstufen im Bi-Amping-Modus spielen ließ. Dabei war es nicht von Nachteil, wenn ich die Endstufe über das HPF-Filter bei 600 Hertz abkoppelte. Vorteile waren aber auch nicht eindeutig zu hören. Das muss ohnehin im Einzelfall geprüft und entschieden werden, aber es ist nicht schlecht, diese Option zu haben.
Der BTL-Brückenbetrieb lieferte mehr Leistung, als meine Lautsprecher sie benötigen. Insofern konnte ich diese Fähigkeit des RA 180 in meiner Testumgebung nicht nutzen, sondern blieb mit Vergnügen bei der Bi-Amping-Spielweise. Ich frage mich, warum es so ein Vier-Endstufen-Konzept nicht schon eher oder häufiger bei reinen Stereo-Verstärkern gibt. Bei Kino-Verstärker ist das nichts Besonderes, aber die haben eben eine völlig anderer Ausstattung. Dieser Rose spart nicht nur viel Platz gegenüber getrennten Komponenten, sondern auch eine Menge Geld für Netz- und Signalkabel und Stellflächen. Allein die Ausstattung lässt den für ihn aufgerufenen Preis sehr günstig erscheinen, vor allem wenn seine Klangqualität mit in der Waagschale liegt. Dazu trägt das zweite Endstufenpaar bei, weil Bi-Amping oftmals einen nicht zu überhörenden Klanggewinn mit sich bringt.
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