Bei der Beschäftigung mit der Komplettanlage von Einstein mit analoger Quelle waren wir im ersten Teil über Tonabnehmer, Tonarm und Phonostufe bis zur Vorstufe gekommen. Nun folgen die Endstufen und das teilaktive Lautsprechersystem The Pure – und natürlich der Klang.
Natürlich geht es per XLR-Kabel von der vollsymmetrisch aufgebauten Vorstufe The Preamp zu den OTL-Endstufen The Silver Bullet, in deren Schaltung Symmetrie ebenfalls eine nicht zu vernachlässigende Rolle spielt. Aber Details dazu sowie zum Konzept eines OTL-Verstärkers generell kann Ihnen Röhrenspezialist Jürgen Saile viel besser erklären als ich: „Die meisten Röhrenverstärker besitzen einen Ausgangstransformator, der eine Impedanzanpassung an die heutigen niederohmigen Lautsprecher von vier bis acht Ohm ermöglicht. Diese Transformatoren beschränken allerdings bauartbedingt durch Wicklungskapazitäten, Streuinduktivitäten et cetera die Bandbreite des Verstärkers. Mal mehr, mal weniger, entsprechend dem getriebenen Herstellungsaufwand. Zudem wird dieser – bei geeigneter Auslegung – natürlich erhebliche Kosten verursachen.
Wie wäre es denn nun, wenn wir den Ausgangstrafo einfach weglassen würden? Auf diese Idee ist schon Anfang der 30er Jahre Julius Futterman gekommen, der dann etwa 30 Jahre später den ersten kommerziellen Output-Transformer-Less-Verstärker vorgestellt hatte. Dieser Verstärker wies zwei charakteristische Merkmale auf: Wie der Name schon sagt, fehlte der Ausgangstrafo, und zweitens waren pro Kanal mehrere Röhren parallel geschaltet, üblicherweise acht bis zwölf Stück. In späteren Konstrukten anderer Hersteller auch bis zu 20 Stück, das erspart im Winter dann gleich auch noch die Zentralheizung. Sinn dieser Maßnahme war natürlich, den Ausgangswiderstand zu senken, da ja der Ausgangstrafo fehlte.
Durch die direkte Ankoppelung des Lautsprechers an die Endröhren versprach man sich eine Verbesserung der Impulstreue und exaktere Abbildung der Wellenform. Nun ist es nicht ganz unproblematisch, eine Röhre ohne Übertrager zum Treiben einer acht Ohm Last einzusetzen. Mal ganz vorsichtig ausgedrückt. Der Standard einer OTL-Schaltung in den 50er Jahren war die sogenannte Single-ended-push-pull-Schaltung, die allerdings einen Nachteil hatte: Sie war nämlich unsymmetrisch. Das Ausgangssignal wurde gleichzeitig von der Kathode der einen Röhre und der Anode der anderen Röhre generiert. Neben einigen Varianten dieser Schaltung gibt es eine einfache Modifikation, die diese Unsymmetrie ausgleicht und von der Firma Electro Voice ins Leben gerufen wurde: das sogenannte Ciclotron. Mit dieser Modifikation verhalten sich beide Röhren in der gleichen Weise. Rein rechnerisch lässt sich mit zwei parallel geschalteten 6C33C – wie in der Silver Bullet – ein Ausgangswiderstand von etwa zehn bis 15 Ohm erreichen, mit mehreren parallel geschaltet könnte dieser noch weiter verringert werden.
Ciclotron Verstärker benötigen immer eine symmetrische Ansteuerung, zudem sollten die Treiber in der Lage sein – je nachdem wie viele Röhren parallel geschaltet sind, höhere Kapazitäten zu treiben. Ein Nachteil dieser Schaltung ist, dass pro Kanal zwei Netzteile erforderlich sind, die schwimmend, also ohne Massebezug arbeiten, sonst funktioniert das Ganze nicht. Ein vernünftig aufgebautes lineares Netzteil ist ein erheblicher Kostenfaktor in so einem Gerät, insofern wird es auch zukünftig kein OTL-Schnäppchen bei Aldi geben. Diese Ciclotron-Schaltung hat Rolf Weiler, der Entwickler bei Einstein, bereits beim Vorgänger der Silver Bullet als Basis benutzt. Natürlich nicht, ohne hier auch etwas zu verändern. Während bei der Originalschaltung der Lautsprecher von den Kathoden angesteuert wird, übernehmen dies hier die Anoden, wie bei einem Single-Ended-Verstärker auch. Zu diesem ist durchaus eine gewisse Ähnlichkeit vorhanden. Zudem existiert eine leichte Über-Alles-Gegenkopplung, die den Ausgangswiderstand noch einmal etwas reduziert. Der Verstärker kommt somit auf einen Dämpfungsfaktor von knapp 100 an acht Ohm, was für ein Röhrengerät ein sensationeller Wert ist.
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