Seit Ende letzten Jahres teste ich nun Geräte für hifistatement. Und schon zum zweiten Mal habe ich es mit einer Marke zu tun, von der ich in meinem „Hifi-Leben“, das nun schon über 40 Jahre währt, noch nie etwas gehört habe – leider.
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Auf den Norddeutschen Hifi-Tagen im Februar dieses Jahres hat mein Kollege Wolfgang Kemper die Marke ICOS entdeckt und gemeint, dass wären doch interessante Testkomponenten für mich. Gesagt, getan: Im März bekam ich dann von ihm zwei sehr schwere Pakete, in denen sich der Vollverstärker ICOS Elsberg 270 und der CD-Spieler ICOS Fado Elsberg befanden. Aber zuerst einige Informationen zur Firma, denn ich nehme an, dass auch die überwiegende Mehrheit von Ihnen, liebe Leser, die Marke ebenfalls nicht kennt. ICOS gibt es bereits seit 1992. Beheimatet ist die Firma in Frankreich. Die Geräte werden in Illkirch in der Nähe von Straßburg, also praktisch direkt vor unserer Haustür, von Denis Hausherr erdacht und gefertigt. Bisher hat er diese ausschließlich in Frankreich vertrieben. Siegl Hifi in Berlin hat nun vor einigen Monaten den Vertrieb für Deutschland übernommen und ich hatte in den letzten Wochen die Gelegenheit, den ersten Test von ICOS Komponenten in Deutschland exklusiv für hifistatement durchzuführen. Denis Hausherr begann schon 1973 aktive Kontrollmonitore für Aufnahmestudios zu entwickeln. Für die damalige Zeit ganz neu war sein Konzept mehrkanaliger Abhörsysteme mit aktiver Filterung zur optimalen Raumbeschallung. 1992 machte er sich dann mit der Firma ICOS selbständig. Ab 1995 kamen dann die ersten zweikanaligen ICOS Highend Komponenten der Serien Init und Elsberg (Verstärker und CD Spieler) auf den Markt und wurden in Frankreich seither immer wieder von der Presse ausgezeichnet. Inzwischen wurden die Geräte kontinuierlich weiterentwickelt und verfeinert, und seit einigen Jahren umfasst die Palette auch Vor- und Endstufen sowie Digital/Analog-Wandler. Die Komponenten werden von Hand in Frankreich gebaut und vor der Auslieferung wird jede Komponente strengen Zuverlässigkeitstests unterzogen. Dazu gehört auch der abschließende Hörtest!

ICOS 270 Elsberg Vollverstärker und CD-Player Fado Elsberg lassen sich perfekt aufeinander stellen.
ICOS 270 Elsberg Vollverstärker und CD-Player Fado Elsberg lassen sich perfekt aufeinander stellen.

Nun zurück zu den Testgeräten. Nachdem ich den Vollverstärker mit seinen18 Kilogramm und den CD Spieler mit elf Kilogramm aus der Verpackung gewuchtet hatte und sie nun vor mir standen, habe ich mich erst einmal mit der ganz und gar nicht gewöhnlichen Optik auseinandergesetzt. Laut Denis Hausherr hat diese Bauweise handfeste akustische Gründe. Sämtliche ICOS Komponenten besitzen  Seitenteile aus Granit und besonders massive Aluminium-Frontplatten. Schwingungen haben bei dieser Geräteauslegung laut Denis Hausherr keine Chance. Das klingt bei Betrachtung der Geräte plausibel.

Die Bedienung des Vollverstärker 270 Elsberg gibt keine Rätsel auf: Die Vorderfront enthält einen Standby-Schalter, Eingangswahltasten und einen Lautstärkeregler. Das war’s. Das Besondere daran ist, dass die Bedienelemente wahlweise vergoldet oder mit Palladium beschichtet sind. Zudem ist der 270 Elsberg fernbedienbar. Der Netz-Hauptschalter befindet sich auf der Rückseite. Diese ist wie die Vorderseite ebenfalls sehr übersichtlich gehalten. Neben massiven Lautsprecherterminals von WBT befinden sich ordentliche, Teflon-isolierte Cinch-Anschlüsse. Es gibt vier Hochpegeleingänge, einmal Video und einen Phono-MM-Eingang. An Ausgängen sind Tape und Video vorhanden.

Die Bedienung des Vollverstärkers ICOS 270 Elsberg gibt keine Rätsel auf
Die Bedienung des Vollverstärkers ICOS 270 Elsberg gibt keine Rätsel auf

Ich konnte es natürlich nicht lassen und habe in das Innere des Vollverstärkers geschaut: Hier setzt sich im Aufbau die ungewöhnliche äußere Optik fort. Ich habe noch kein Verstärkerkonzept mit so wenigen Bauteilen und so kurzen Signalwegen gesehen. In der Vorstufe kann ich einen OP-AMP NE 5532 erkennen. Diesen habe ich auch im MM Zweig gefunden. Die bipolaren Motorola-Endstufen-Transistoren werden diskret angesteuert. Das Ganze wird durch einen fetten Ringkerntrafo mit 700 VA versorgt, flankiert durch zwei Kondensatoren mit je 10.000 Pikofarad. Die Leistung gibt ICOS mit „schmalen“ 2 x 80 Watt an. Ich gebe zu, dass mir spontan durch den Kopf schoss: Das soll klingen? Immerhin kostet dieser Vollverstärker über 5000 Euro. Aber dazu gleich mehr…


Die Rückseiten der beiden ICOS Komponenten sind genauso übersichtlich gestaltet wie die Frontplatten
Die Rückseiten der beiden ICOS Komponenten sind genauso übersichtlich gestaltet wie die Frontplatten

Nun noch zur Optik und zum Aufbau des CD Spielers ICOS Fado Elsberg. Für diesen sind auch rund 3.500 Euro fällig. Die Seitenteile aus Granit kannte ich ja schon vom Vollverstärker. Beim Player handelt es sich um einen Toplader. Beim Zurückschieben des äußerst massiven Deckels kommt Freude auf. Die CD wird mit einem magnetischen Messingpuck auf dem exzellenten Philips-Laufwerk fixiert. Die Bedienung auf der Front erfolgt mit kleinen vergoldeten oder auch mit Palladium beschichteten Tasten. Es gibt einen Standby-Schalter. Daneben liegen Taster für die wesentlichen Laufwerksfunktionen. Die blauen Ziffern des Displays darüber lassen sich auch aus der Ferne gut ablesen. Auch der Fado Elsberg ist fernbedienbar. Man sucht allerdings vergeblich nach heute durchaus üblichen Filteroptionen. So etwas gibt es nicht. Die Rückseite ist dann im Vergleich zur durchaus schon übersichtlich gehaltenen Vorderfront regelrecht leer. Es gibt keinen Netz-Hauptschalter, das heißt der Fado Elsberg läuft immer im Standby und wird dabei übrigens im Gegensatz zum Vollverstärker recht warm. Es gibt einen Cinch-Ausgang und einen 75-Ohm-Cinch-Digitalausgang. Das war’s mal wieder. Das Innere ist noch viel übersichtlicher ausgefallen als beim Vollverstärker. Die Wandlung erfolgt mit einem bestens beleumundeten BurrBrown 1794. Das CD-Signal wird auf 192 Kilohertz upgesampelt. In der Ausgangsstufe sitzt ein einsamer Op-Amp. Auch hier also: Wenige Bauelemente und sehr kurze Schaltungswege. Und wieder und jetzt drängender formt sich die Frage in meinem Kopf: Kann das klingen? Für diese Kombination müssen Sie immerhin mehr als 8.500 Euro auf den Tisch des Hauses legen!

Die Schaltung des ICOS 270 Elsberg Vollverstärkers kommt mit erstaunlich wenigen Bauteilen aus. Hier liegt wohl das Geheimnis des tollen Klangs!
Die Schaltung des ICOS 270 Elsberg Vollverstärkers kommt mit erstaunlich wenigen Bauteilen aus. Hier liegt wohl das Geheimnis des tollen Klangs!

Vor dem Hörtest gab es dann noch ein Problem. Die ICOS Komponenten haben Überbreite (51,5cm) und passten nicht in mein Hifi-Regal. Ich habe sie also davor auf den Fußboden gestellt. Beide Geräte besitzen jeweils vier große, massive Edelstahlspikes als Füße. Intelligenterweise haben ICOS Komponenten auf ihren Granitseitenteilen Aufnahmen für diese Spikes, so dass man sie einfach übereinander stellen kann. Da stehen sie nun gestapelt in der Mitte zwischen den Quadral Platinum M50 Boxen vor meinem Regal und sehen jetzt gar nicht mal schlecht aus. Verbunden habe ich den CD Spieler und Vollverstärker mit einem kurzen, gerade mal 40 Zentimeter langen Cinch-Kabel von Sommer, einem Epilogue. Zu den Boxen führte wie immer mein bewährtes Monitor Black & White LS 1202. Beide Geräte lassen sich mit einer Universal-Fernbedienung, die dem Vollverstärker beigelegt war, steuern. Über die Qualität dieses Teils sage ich lieber nichts. Meine Erwartungshaltung, liebe Leser, war inzwischen bei Null angelangt…

Aber nun kam, was wohl kommen musste. Nach fünf Minuten mit den nicht warm gelaufenen Geräten war ich schon hellwach und als ich das nächste Mal auf die Uhr sah, waren vier Stunden (!) vergangen und ich hatte noch lange nicht genug. So geht es mir nach nun sechs Wochen mit den ICOS immer noch. Inzwischen habe ich mich quer durch meine umfangreiche CD-Sammlung gehört. Auf dem Tisch vor mir stapeln sich CDs und der Fußboden vor meinen CD-Regalen liegt auch schon voll. Selbst meine Lebensgefährtin und mein Kollege Wolfgang Kemper kamen nicht umhin, das Gehörte zu verifizieren. Wir waren uns einig, dass die Gehäuse mit ihrer ungewöhnlichen Optik und der unkonventionelle Aufbau zu einem außergewöhnlichen Musikerlebnis führen. Diese Kombination aus ICOS 270 Elsberg und Fado Elsberg gehört Preisklassen unabhängig zum Besten, was ich in über 40 Jahren Beschäftigung mit dieser Materie je gehört habe. In meinem Hörraum, den ich jetzt zwei Jahre habe, ist es sogar das Beste, was mir bisher untergekommen ist. Und liebe Leser, da stand schon deutlich teureres Equipment drin!


Der ICOS Fado Elsberg CD Player ist ein Toplader, dessen Bedienung Spaß macht
Der ICOS Fado Elsberg CD Player ist ein Toplader, dessen Bedienung Spaß macht

Diese Kombination aus ICOS Elektronik und Quadral Lautsprechern musizierte dermaßen überzeugend, dass es mir schwer fällt, irgendein Haar in der Suppe zu finden. Glauben Sie mir, normalerweise finde ich immer was zu bemängeln. Aber in diesem Fall ist das nicht wirklich möglich. Ich versuche mich mal in einer Klangbeschreibung: Als erstes fiel mir das Timing auf. Mein Fuß wippte sofort mit. Das Nächste war die Spielfreude der Kombination. Sie macht regelrecht an. Ich hoffe, Sie verstehen was ich meine. Rhythmus und dynamische Fein- und Grobabstufung sind enorm. Dazu gesellt sich eine mir beinah unheimliche Transparenz und Räumlichkeit. Das ist auch der Grund, warum ich so viele Stücke quer durch meine CD-Sammlung gehört habe. Und das war beileibe nicht nur „Audiophiles“. Ich habe praktisch alles, was ich glaubte zu kennen, neu erfahren dürfen. Die Offenheit, mit der Details dargeboten werden, ist frappierend. Dabei sind die ICOS Geräte aber nicht überanalytisch oder hart. Auch zerfällt die Musik nicht in ihre Einzelteile. Die Darbietung bleibt musikalisch geschlossen, allerdings bei einem Höchstmaß an Transparenz und Offenheit. Die ICOS Komponenten sind unheimlich schnell und wahnsinnig dynamisch. Ich habe mich immer wieder gefragt, wie so etwas mit den angegeben 2 x80 Watt Ausgangsleistung möglich ist. Dieser Verstärker macht auch bei abartig hohen Lautstärken nicht zu. Sie haben das Gefühl, da sei Leistung ohne Ende vorhanden. Das mag mit anderen Lautsprechern anders aussehen, aber mit meinen Myro Monitoren und den Quadral Platinum M50 war das Ergebnis absolut überzeugend. Das einzige, was man den ICOS Geräten vielleicht ankreiden könnte, ist ihre Direktheit. Man kann sich ihnen nicht entziehen. Sie zwingen zum Zuhören.

Im Bild die Fernbedienung des ICOS CD Players, die von ordentlicher Qualität ist. Über die Universal-Fernbedienung, die dem Vollverstärker beigelegt wird, hülle ich mich besser in Schweigen
Im Bild die Fernbedienung des ICOS CD Players, die von ordentlicher Qualität ist. Über die Universal-Fernbedienung, die dem Vollverstärker beigelegt wird, hülle ich mich besser in Schweigen

Dieses Mal möchte ich auf das Nennen einzelner Musikbeispiele verzichten. Wenn Sie diese ICOS Kombination hören möchten, nehmen Sie einfach die CDs mit, die Ihnen musikalisch gefallen. Denken Sie dabei nicht an die Aufnahmequalität. Das ist in diesem Fall nachrangig. Natürlich zeigen die Geräte die unterschiedlichen Aufnahmequalitäten deutlich auf, aber der Spaß an der musikalischen Darbietung geht auch bei schlechten Aufnahmen nicht verloren. Man nimmt wahr, dass die Aufnahme nicht besonders gut ist, hat aber trotzdem Freude an der Musik.

Leider hatte ich nicht die Möglichkeit, die Phonoqualitäten des 270 Elsberg vollständig auszuloten, da mein Plattenspieler mit einem MC-System ausgerüstet ist. Ich habe aber noch einen alten Thorens TD 165 mit TP16 Tonarm und einem Denon DL 110 MC High-Output System, als „Backup“ stehen. Natürlich hat das DL 110 seine Grenzen, aber das eben Gesagte zu den klanglichen Fähigkeiten setzt sich auch beim Phonozweig fort. Ich habe auch mein teures analoges Equipment mit meiner MC-Vorstufe über einen Hochpegel-Eingang an den ICOS angeschlossen. Klar gab es dann mehr Details zu hören als über den direkt am Phonoeingang des 270 Elsberg angeschlossenen alten Thorens mit Denon DL 110, aber es fehlt dann das gewisse Etwas. Es geht doch einiges an Dynamik und Transparenz verloren. Das Flair ist weg! Ich würde daher empfehlen, sich ein exzellentes MM-System oder einen guten Übertrager für MC-Systeme anzuschaffen und den Phonoeingang des ICOS Vollverstärkers zu nutzen.


Die großen Edelstahlspikes, auf denen die ICOS Komponenten im wahrsten Sinne des Wortes ruhen, wirken, wie aus dem Vollen gedreht
Die großen Edelstahlspikes, auf denen die ICOS Komponenten im wahrsten Sinne des Wortes ruhen, wirken, wie aus dem Vollen gedreht

Das gleiche gilt auch für die Verbindung von Fado Elsberg und 270 Elsberg. Ich hab’s auch mit meinem AVM CD Player am ICOS Verstärker probiert. Das klingt nicht schlecht, aber ist weit entfernt von der musikalischen Faszination, die die ICOS Kombination vermittelt! Fazit: Unbedingt die Kombination aus ICOS Vollverstärker und CD-Player kaufen.

STATEMENT

Der Vollverstärker ICOS 270 Elsberg und der CD Player Fado Elsberg bieten ungewöhnliches Design in Verbindung mit musikalischem Hochgenuss!
GEHÖRT MIT
Vollverstärker AVM A3NG
CD-Player AVM CD3NG
Lautsprecher Myro Rebell, Quadral Platinum M50
Phono-Preamp Otto-Musikant
Laufwerk Musical-Life Jazz Reference, Thorens TD 165
Tonarm Musical-Life Conductor Vocalitas, Thorens TP16
Tonabnehmer Musical-Life Denon DL 103, Denon DL 110
Kabel Inakustik Black & White NF und LS 1202, Whitezombieaudio Zeropointzero XLR Reinsilber Kabel, Sommer Epilogue NF, Audioquest Digital Audio Carbon USB, Audioquest Wild Digital S/PDIF, Vovox link direct SD AES/EBU

 

HERSTELLERANGABEN
Vollverstärker ICOS 270 Elsberg
Geräuschspannungsabstand 130 dB
Dauerausgangsleistung 80 Watt / Kanal
Frequenzgang 20 - 20.000
Eingangsempfindlichkeit / Impedanz 4 mV/47 kΩ (Phono)
300mV/12 kΩ (Hochpegel)
1V / 5 kΩ (Video)
Vorverstärkerausgang / Impedanz 300mV / 40 kΩ (Tape)
Video 300 mV / 12 kΩ (Video)
Leistungsaufnahme 510 W
Maße (H/B/T) 16,6/51,5/31 cm
Gewicht 18 Kg
Seitenpartien hellgraues Granit oder Labradorit
Frontpartie gebürstetes Aluminium, schwarz oder silber
Knöpfe Palladium oder vergoldet
Preis 5040 Euro

 

HERSTELLERANGABEN
CD-Player ICOS Fado Elsberg
Geräuschspannungsabstand 130 dB
Ausgangsimpedanz 1000 Ω
Digitalausgang 0,5 V
Laufwerk Philips CD Pro 2LF
D/A Wandler Burr Brown 24 bit / 192 kHz
Maße (H/B/T) 12/52/28 cm
Gewicht 11 Kg
Seitenpartien hellgraues Granit oder Labradorit
Frontpartie gebürstetes Aluminium, schwarz oder silber
Knöpfe Palladium oder vergoldet
Preis 3500 Euro

 

VERTRIEB
ICOS Vertrieb Deutschland Siegl Hifi
Anschrift Kantstr. 98
10627 Berlin
Telefon 030/32701916
E-Mail t.siegl@siegl-hifi.com
Internet www.icos-audio.de

Weitere Informationen

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Jürgen Saile: Ashizawa San, nach dem Tod von Hiroyasu Kondo wurden Sie Präsident der Firma. Kondo ist eine traditionsreiche Firma, werden wir nun mit Veränderungen rechnen müssen?
Masaki Ashizawa: Zunächst muss ich korrigieren, ich war bereits zwei Jahre vor dem Tod von Kondo San Präsident der Firma. Kondo San war schwer erkrankt und hatte bereits zwei Jahre vor seinem Tod die Geschicke der Firma an mich übergeben. Es ist in Japan sehr ungewöhnlich, die eigene Firma an eine fremde Person zu übergeben, insbesondere, wenn man selbst einen Sohn in der Familie hat. Trotzdem blieb Kondo San der geistige Lenker, er war mein Lehrer. Aus diesem Grunde werden wir die Firma in seinem Sinne auch weiterführen. Lediglich was Qualität anbelangt, werden wir versuchen, diese immer weiter zu verbessern.
JS: Kondo San hat als erster Silber für den Audiobereich entdeckt und verwendet. Mittlerweile gibt es mehrere Hersteller, die ebenfalls Kondensatoren und Spulen aus Silber anbieten. Entsprechen diese immer noch nicht den Ansprüchen von Audio Note jp.?

Den Kondo Kabeln geht ein legendärer Ruf voraus. Sie sind ein essentieller Bestandteil im Setup. Hier existieren auch Versionen mit Kupfer als Leiter
Den Kondo Kabeln geht ein legendärer Ruf voraus. Sie sind ein essentieller Bestandteil im Setup. Hier existieren auch Versionen mit Kupfer als Leiter

MA: Diese Frage ist ein bisschen tricky, es liegt nicht nur an dem Silbermaterial alleine, sondern auch wie dieses eingesetzt wird. Bei unseren Silberkabeln und Kondensatoren ist natürlich die Konstruktion ebenso wichtig. (Hier greift der Marketingleiter in das Gespräch ein) Masaki ist ein sehr höflicher Mensch, deshalb möchte ich die Frage beantworten: wir sind mit den angebotenen Produkten nicht sehr zufrieden, aber er kann das nicht so sagen. Es gibt mittlerweile sehr gute Produkte, aber an tonal kritischen Stellen wollen wir diese nicht einsetzen. Deshalb machen wir uns die Mühe, diese selbst herzustellen, obwohl unsere Produktionskapazitäten sehr begrenzt sind; wir können maximal 50 Verstärkereinheiten pro Jahr bauen. Und jeder Verstärker enthält vier bis sechs Silberfolienkondensatoren, das sind bei Monoblöcken über 400 Kondensatoren pro Jahr, die manuell gewickelt werden müssen. Wir machen diese Arbeit sicher nicht, weil wir Geld sparen wollen. Wir haben sehr hohe Qualitätsansprüche, die vom Gründer der Firma festgelegt wurden.
JS: Wie viele Angestellte haben Sie?
MA: Außer mir sechs. Sie sind sehr vielseitig begabt und haben deshalb auch verschiedene Aufgaben.
JS: Bei den Netztransformatoren benutzen Sie auch Fremdfabrikate, beispielsweise Tango?
MA: Nicht grundsätzlich, die hier vorgestellte Endstufe Kagura enthält ausschließlich eigene Transformatoren. In jedem Fall werden Ausgangs-Transformatoren und Chokes selbst hergestellt. Wir haben sehr gute Beziehungen zu dem Entwickler der Tango-Transformatoren, der uns bei der Entwicklung eigener Netztrafos unterstützen kann. Allerdings gibt es hier enorm viele Sicherheitsbestimmungen, so dass es – bei unseren begrenzten Kapazitäten – günstiger ist, die Netztrafos von ISO Tango nach unserem Design bauen zu lassen. Bei den Ausgangstransformatoren haben wir einen Mitarbeiter, der das beste Fachkönnen hat, unsere Trafos zu wickeln. Er ist weltweit der Beste!

Die Kagura stellt den Höhepunkt der Verstärkerentwicklung bei Kondo dar. Die Größe der 211 Triode lässt sich gut an der Vorstufen-Röhre rechts ausmachen. Hinten rechts kann man noch zwei der vier Gleichrichterröhren der Graetzbrückenschaltung erkennen
Die Kagura stellt den Höhepunkt der Verstärkerentwicklung bei Kondo dar. Die Größe der 211 Triode lässt sich gut an der Vorstufen-Röhre rechts ausmachen. Hinten rechts kann man noch zwei der vier Gleichrichterröhren der Graetzbrückenschaltung erkennen

JS: Ashizawa San, sie sind der Chefdesigner; wenn sie ein neues Produkt entwickeln, wie den neuen Lautsprecher Biyura. Geben Sie die dann komplette Entwicklung vor oder haben Sie Spezialisten für einzelne Bereiche, wie Chassis, Weiche, Gehäuse?
MA: Die Entwicklung liegt primär in meinen Händen. Ich werde natürlich unterstützt von Mitarbeitern, die Zeichnungen machen, oder den Kontakt zu den Zulieferfirmen halten. Dies sind aber alles nur untergeordnete Tätigkeiten.
JS: Was ist so speziell an diesem Lautsprecher?


MA: Zunächst handelt es sich um einen Lautsprecher mit Feldspulenchassis. Wir hatten das Chassis mit Permanentmagneten schon seit einiger Zeit, hatten aber zu dieser Zeit kein komplettes Lautsprechersystem. Als wir uns entschlossen, dieses System hier zu entwickeln, kam die Entscheidung, Feldspulen zu benutzen. Feldspulen haben viele sehr gute Seiten, aber bei unseren Hörsitzungen haben wir auch einige negative Seiten gefunden. Diese mussten erst einmal beseitigt werden. Beispielsweise ist die Art des verwendeten Eisens in dem Feldspulen-Magneten extrem wichtig. Deshalb hatte die Entwicklung des gesamten Systems vier Jahre gedauert.

Die neuentwickelte Biyura mit Feldspulen-Magneten und natürlich Silber-Weichenbauteilen. Äußerlich sieht man dem Lautsprecher den getriebenen Aufwand nicht an. Rechts der DAC, ebenfalls mit Röhren in der Ausgangsstufe
Die neuentwickelte Biyura mit Feldspulen-Magneten und natürlich Silber-Weichenbauteilen. Äußerlich sieht man dem Lautsprecher den getriebenen Aufwand nicht an. Rechts der DAC, ebenfalls mit Röhren in der Ausgangsstufe

JS: Handelt es sich um ein Fullrange-System mit Unterstützung im Hochtonbereich durch das Horn?
MA: Es ist ein zwei Wegesystem, der Bass ist mehr ein Wide-Range-System.
JS: In der Weiche benutzen sie natürlich ihre Silberfolienkondensatoren?
MA: Ich denke, ja!

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JS: Ein anderes Thema: Bei Ihrem neuen Vollverstärker Overture benutzen Sie EL34 Pentoden in Push-Pull Konfiguration. Das ist eher ungewöhnlich bei Kondo. Was war der Grund hierfür?
MA: Die meiste Leute denken beim Kondo Sound an Single Ended und Trioden. Aber ich glaube, es ist nicht notwendig Trioden einzusetzen, um diesen zu bekommen. Das geht auch mit Push-Pull und Pentoden, es ist nur eine Frage, wie man dies macht.
Der Marketingleiter ergänzt: Diese Vorstellungen in der Öffentlichkeit haben eine lange Tradition, aber Kondo ist eine Firma, die nicht an einem Punkt stehen bleibt, wir versuchen so viele Innovationen durchzuführen wie möglich. Dies begann schon zu Kondo Sans Zeiten. Beispielsweise hatte der Verstärker Kegon eine Hybridgleichrichtung, also Röhren und Transistoren.
Das Ziel bei der Entwicklung des Overture war, eine neue Produktlinie für Einsteiger zu entwickeln. Leider auch hier nur für Einsteiger mit den nötigen finanziellen Möglichkeiten. Bevor nun jemand aus Kostengründen die kleinste Vorstufe M7 kauft und mit irgendeiner unpassenden Endstufe kombiniert, wollten wir lieber die passende Endstufe dazu liefern und das Ganze als Vollverstärker anbieten. Zudem sollte der Verstärker eine Ausgangsleistung von 30 Watt haben, und natürlich aus Röhren. Wenn wir dies mit Trioden realisieren wollten, käme so etwas wie die Kagura heraus. Also etwas völlig anderes. Deshalb haben wir diese Schaltung mit Pentoden realisiert. Momentan werden EL34 eingesetzt, wir denken aber darüber nach, in einer neuen Generation möglicherweise andere Typen zu verwenden. Allerdings war es nicht ganz einfach, die typischen Kondo Eigenschaften in diesem Design zu realisieren, überhaupt nicht einfach!
Wir haben auch zu einem psychologischen Trick gegriffen; Die Röhren sind alle in einem Gehäuse versteckt, so dass man zuerst einmal zuhört und dann vielleicht fragt, ob hier 300B verwendet wurden. Das Push-Pull Design kann auch mehr Strom liefern, so dass Overture für eine größere Anzahl von Lautsprechern geeignet ist. Zudem benutzen wir nicht nur Röhren, sondern auch Transistoren, allerdings nur für die Bias-Einstellung.
JS: Ist die EL 34 als Pentode oder Triode geschaltet?
MA: Wir benutzen sie nur in Pentodenschaltung.
JS: Eine schwierige Frage: glauben Sie, dass es unterschiedliche Hörgewohnheiten zwischen asiatischen und westlichen Menschen gibt? Wegen der unterschiedlichen Kultur?
MA: Der größte Teil der klassischen Musik stammt aus Europa, deshalb sind die Menschen hier mehr mit dieser Musik vertraut. Bei Jazz sieht das wieder anders aus.
Deshalb denke ich, der Sound, den die Menschen mögen ist von der Tonalität ihrer Muttersprache abhängig. In der japanischen Sprache vermisse ich manchmal den Ton. Japanische Lautsprecher sind auch außerhalb Japans nicht sehr populär. Dieser hier ist anders und für alle Bedürfnisse ausgelegt.
JS: Was für Musik nehmen Sie zum Abstimmen Ihrer Komponenten? Immer noch Toscanini?
MA: Wir benutzen gerne Gesangstimmen, beispielsweise Aufnahmen mit Elly Ameling. Wir haben zehn ausgewählte Platten mit unterschiedlichen Musikrichtungen, die wir zum Abstimmen hernehmen. Toscanini war ein Favorit von Kondo San, den wir aber nur noch selten hören.
JS: Ashizawa San, arigato gozaimasu !

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Freitag, 17 Mai 2013 10:14

Rosso Fiorentino Volterra

Italien ist auch das Land der Musik. Höchst spannend ist die Beschäftigung mit einem Lautsprecher, dessen Name ebenso klangvoll ist wie der des Herstellers: Es geht um die Volterra aus dem Hause Rosso Fiorentino electroacoustics.
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Der um 1500 in Italien und Frankreich lebende Maler Rosso Fiorentino steht mit seinem Namen Pate für die Lautsprecher-Manufaktur Rosso Fiorentino, die ihren Sitz in der Toskana hat, im kleinen Örtchen Bagno di Ripoli, unweit Florenz. Vor 500 Jahren entwickelte dieser Maler mit eigenen Ideen die Kunst großer Vorbilder wie Michelangelo, Raffael und Leonardo da Vinci in seinem Sinne weiter. So steht der Firmenname Rosso Fiorentino für musikalisch hochwertige Lautsprecher mit eigener, besonderer Note. Francesco Rubenni ist Gründer, Mitinhaber und Entwickler des Unternehmens, welches bei seinen Kreationen nach möglichst naturgetreuer musikalischer Reproduktion strebt. Francesco Rubenni studierte im englischen Salford Elektroakustik, war mehrere Jahre in einem berühmten Florentiner Tonstudio tätig und in diversen Akustik-Projekten engagiert. Sein eigenes Unternehmen Rosso Fiorentino startete er 2006. Unterstützt wird Francesco Rubenni von seinem Entwicklungs-Ingenieur Claudio Certini, der gewiss kein unbeschriebenes Blatt in der kreativen italienischen HiFi-Welt ist. Dem Hause Rosso Fiorentino bedeutet es sehr viel, dass jeder Lautsprecher, der das Werk verlässt, gänzlich handgefertigt ist. Auch die Ausstattung der Modelle mit edlen, außergewöhnlichen Materialien wie Leder-Applikationen ist ein Markenzeichen und in dieser Art einzigartig.

Ihre extravagante Erscheinung verdankt die Volterra akustischen Motiven. Drei separate Gehäuse bilden ein optisches und musikalisches Ganzes
Ihre extravagante Erscheinung verdankt die Volterra akustischen Motiven. Drei separate Gehäuse bilden ein optisches und musikalisches Ganzes

Die Volterra reiht sich in die Typenhierarchie als größtes Modell der Referenz-Serie ein. Daneben existieren die Serien Flagship und Prestige. Bei den wohlklingenden Namen und den schönen Bildern, die sich schnell im Kopf einstellen, wenn man an die Toskana denkt, wundert die besondere Gestalt der Volterra keineswegs. Angeboten wird sie in auffällig ansprechendem Capalbio Holz oder schwarzem Klavierlack, wie mein Test-Paar. Darüber hinaus stehen drei besondere Lackierungen zur Auswahl. Weiterhin sind drei markante Leder-Seitendekorationen im Angebot, was dem Lautsprecher ein ganz besonderes Aussehen gibt. Wichtig zu wissen ist, dass es sich um geprägte Lederdesigns und keineswegs um echtes Krokodilleder handelt – also keinerlei Grund zur Sorge. Formal ist die Volterra nicht leicht zu beschreiben. Sie ist eine außergewöhnliche Erscheinung, die meine Ehefrau sofort mit anerkennenden Bemerkungen bedachte. Das Gehäuse ist dreigeteilt, wenn man den integrierten Fuß nicht mitzählt. Dieser schwarze Sockel aus MDF nimmt unterseitig vier wirklich hochwertige, justierbare Edelstahl-Spikes auf. Entsprechende Tellerchen, die den Fußboden vor Druckstellen schützen, gehören zum Lieferumfang. Mechanisch ist der Sockel mit vier recht festen Pufferelementen mit dem eigentlichen Lautsprecher verbunden.


Die Spikes aus Edelstahl sind sehr aufwendig gefertigt. Zwischen Grundplatte und unterem Gehäuse sorgen Kunststoff-Puffer für Entkopplung und optische Leichtigkeit
Die Spikes aus Edelstahl sind sehr aufwendig gefertigt. Zwischen Grundplatte und unterem Gehäuse sorgen Kunststoff-Puffer für Entkopplung und optische Leichtigkeit

Diese dämpfen Schwingungen in beide Richtungen und lösen die eigentlichen Gehäuse vom Boden. Die gesamte Höhe der Volterra beträgt gerade mal etwas mehr als einen Meter und führt zu einem sympathischen optischen Gesamteindruck, der keineswegs unauffällig ist. Die Formgebung zieht die Blicke auf sich, und die ungewöhnliche Konzeption des Gehäuses macht neugierig und verlockt zu genauerer Betrachtung der edlen Verarbeitung dieses Kunstwerks. Die Front der beiden größeren unteren und oberen Gehäuse, die die insgesamt vier Chassis beinhalten, besteht aus zehn Millimeter starkem, gebürstetem, schwarz eloxiertem Aluminium. Die ansprechende optische Wirkung dieser massiven Aluminium-Platten ist aber nur das erfreuliche Nebenergebnis der akustischen Aufgabe des Metalls. Es dämpft nämlich sehr effektiv Schwingungen des Holzkorpus' aus hochverdichteter Faserplatte. Rückseitig im Mittelteil fallen die auch haptisch ansprechenden rot und schwarz eloxierten Anschlussklemmen aus eigener Fertigung ins Auge. Bei Rosso Fiorentino hat man hier nicht auf namhafte Zulieferer gesetzt, sondern eigens nicht magnetische Polklemmen gefertigt, die aus reinem Kupfer bestehen, welches handpoliert und mit Gold über Silber über Rhodium beschichtet ist. Das ist Aufwand im Detail. Auf der Front eingelassen ist im taillierten, mit Leder dekorierten Mittelteil das Firmenlogo, das schwarz und golden die Initialen des Firmeninhabers Francesco Rubenni darstellt und durch seine Wertigkeit auch den Stolz des Hauses auf diesen Lautsprecher zum Ausdruck bringt. Die Drittelung des Gehäuses hat selbstverständlich im Wesentlichen technische und klangrelevante Gründe.

Eine auffällige Zierde: hinter dem goldenen Käfig sorgt das Super-Hochton-Bändchen für ein strahlendes, offenes Klangbild
Eine auffällige Zierde: hinter dem goldenen Käfig sorgt das Super-Hochton-Bändchen für ein strahlendes, offenes Klangbild

Das untere Trapez-förmige Gehäuse beinhaltet nur ein Chassis, nämlich einen 20-Zentimeter-Tieftöner mit einer Membran aus Nomex, fest und leicht. Im genau andersherum aufgebauten oberen Gehäusetrapez sind ein 18-Zentimeter-Tief-Mittelton-Konus, ebenfalls mit Nomex-Membran und eine 28-Millimeter-Hochton-Kalotte aus beschichteter Seide eingelassen. Quasi als i-Tüpfelchen befindet sich  darüber der Superhochtöner, ein Bändchen in seinem goldenen Schutzkäfig. Im Gesamtbild der schwarzen Front sticht es neben dem Firmenlogo geradezu ins Auge. Mir persönlich gefällt dieser goldige Design-Punkt ausgesprochen gut. Zeigt er doch, dass man im Hause Rosso Fiorentino mit langweiliger Gleichförmigkeit nichts zu tun haben will. So ist der Bändchenhochtöner akustisch und auch optisch als Glanzlicht zu verstehen.

Die Volterra tritt also augenscheinlich als Vier-Wege-Konzept auf. Aber der Schein trügt. Fangen wir oben an. Das Doppel-Bändchen beginnt erst bei 22 Kilohertz mitzuspielen und reicht bis 100 Kilohertz hinauf. Solche Frequenzgänge sind eine Rarität im Lautsprecherbau. Das gilt auch für die Linearität bis in diese höchsten Höhen mit nur plus/minus drei Dezibel Abweichung. Der die Kalotte aus beschichtetem Seidengewebe musiziert nach oben unbegrenzt. Der im oberen Kabinett sitzende 18-Zentimeter-Tief-Mitteltöner löst die Kalotte bei zwei Kilohertz nach unten ab. Er arbeitet nach dem Bassreflex-Prinzip. Die entsprechende Schallöffnung befindet sich formschön eingelassen auf der Rückseite. Dieses Chassis läuft akustisch unbegrenzt bis zum natürlichen Roll-off in den Tiefen, wird also nicht gefiltert, wie mir Werner Obst vom deutschen Vertrieb mitteilte. Das untere Kabinett beherbergt im geschlossenen Gehäuse ausschließlich den 20-Zentimeter-Treiber für die untersten Frequenzen. Die Übernahmefrequenz wird mit 60 Hertz angegeben. Das bedeutet, dass dieses Chassis lediglich die ganz tiefen Frequenzen sozusagen auffüllt. Die eigenwillige und raffinierte Konzeption im Bassbereich mit den zwei ungewöhnlich kombinierten Chassis soll auch den Vorteil haben, in kleineren oder mittleren Wohnräumen eine saubere Tiefenreproduktion zu gewährleisten.


Diese Frequenzweichen beherbergt das mittlere Gehäuse
Diese Frequenzweichen beherbergt das mittlere Gehäuse

Die mechanische Stabilität aller Chassis wird durch die Besonderheit ihrer Montage optimiert. Alle Chassis, so Werner Obst, sind über Gummipuffer mit der Schallwand verschraubt, um Vibrationen zu eliminieren. Hinten, also an den Magneten, sind sie fest an inneren Verstrebungen montiert. So werden sie nicht durch ihr hohes rückseitiges Eigengewicht in der Vertikalen belastet; unerwünschte mechanische Kräfte können auf diese Weise gar nicht erst entstehen. Vibrations-Übertragungen des Antriebs werden durch dies Konzept der Chassis-Aufhängung minimiert. Zwischen den beiden mit den vier Chassis bestückten Lautsprecher-Gehäusen befindet sich das mittlere Kabinett für die Frequenzweiche. Dies gibt der Volterra durch die konkave Formgebung die originelle, optische Taille. Durch dieses Gehäuse werden die beiden Chassis-bestückten Gehäuse voneinander entkoppelt und die Weiche befindet sich isoliert in ihrer eigenen Kammer. Über die Bestückung der Weiche und ihren Aufbau bewahrt man im Hause Rosso Fiorentino geheimnisvolles Schweigen. Warum nicht? Man verriet mir aber, dass Filter zweiter und dritter Ordnung, also 12 und 18 Dezibel zum Einsatz kommen. Letztlich entscheidet die Frequenzweiche ganz erheblich über die musikalische Abstimmung, und mit der habe ich mich ausgiebig beschäftigt.

Rosso Fiorentino lässt Bauteile nach eigenen Spezifikationen fertigen
Rosso Fiorentino lässt Bauteile nach eigenen Spezifikationen fertigen

Die Aufstellung der Volterra erweist sich als sehr unproblematisch. Das Abstrahlverhalten ist so gleichmäßig, dass es so gut wie keinen Unterschied bedeutet, wie stark der Lautsprecher angewinkelt im Hörraum steht. Man kann dies durchaus nach optischen Kriterien tun, damit die Formschönheit der Volterra auch während des Hörens zur Geltung kommt. Ich habe sie leicht nach innen ausgerichtet. Einem Objekt wie diesem wird man ohnehin ein wenig Raum geben und es nicht in eine enge Nische zwängen. In meinem Raum betrug der seitliche Wandabstand knapp ein Meter, der rückwärtige war ähnlich. Auch die Höhe der Sitzposition spielt so gut wie keine Rolle. Der Konstrukteur hat die Volterra vorzüglich für die Integration in das heimische Wohnzimmer ausgelegt.

Wer mit Italien lautstarkes und extrovertiertes Auftreten verbindet, erlebt hier eine Überraschung – eine angenehme, wie sich in den Tagen des Hörens zunehmend bestätigt. Die Volterra ist ein Instrument mit Charakter. Um es gleich zu sagen: Wer ausschließlich Popmusik oder Hardrock oder sagen wir ruhig vornehmlich mit elektronischen Instrumenten erzeugte Musik bevorzugt, kann mit der Volterra zufrieden sein. Richtig Spaß gemacht hat mir Led Zeppelins Live Album The Song Remains The Same aus der 12-CD Box von 2008. Das rockte und ging los. Meine Röhrenverstärker ließen Led Zeppelin noch live-haftiger erscheinen als die Spectral DMA 100S. Oder Nils Lofgrens Acoustic Live Album: Selten  habe ich die Gitarren so körperhaft und gleichzeitig mit so flirrenden Details erlebt, die Stimme nah und tonal glaubhaft. Das macht schon richtig Spaß.


Eines der beiden Bass-Chassis, die sich in der Größe unterscheiden, nicht im Aufbau. Die Membran ist aus Nomex, einem gleichzeitig leichten und hochfesten Material
Eines der beiden Bass-Chassis, die sich in der Größe unterscheiden, nicht im Aufbau. Die Membran ist aus Nomex, einem gleichzeitig leichten und hochfesten Material

Aber die wahren Fähigkeiten dieses Lautsprechers liegen ganz klar in der Reproduktion natürlicher Instrumente oder Stimmen. Unglaublich echt kann die Volterra ein Orchester reproduzieren. Sie strahlt die Homogenität bester Konzertsäle aus und durchleuchtet gleichzeitig so wunderbar, dass Instrumente bestens heraushörbar sind. Die bühnenhafte Darstellung ist besser nicht vorstellbar: umfassend und differenziert in die Tiefe des Raumes. Niemals erschien das Klangbild harsch oder nervig, egal ob ich analoge oder digitales Tonträger verwendete. Ich würde so weit gehen und behaupten, dass die Volterra der perfekte Mittler bei digitalem Material ist. Sie reproduziert angenehm filigrane Höhen, ohne dass irgendwann irgendetwas stumpf oder gedämpft erscheint. Der Hochtonbereich strahlt voller Glanz und Schmelz. Streicher sind ein Vergnügen, ebenso Blechbläser.  Beispielsweise in der Aufnahme bekannter Aaron Copland Werke mit dem Royal Philharmonic Orchestra unter Philip Ellis auf der Hybrid SACD von 1994. Das Schlagwerke steht tief hinten im Orchester, so dass ich es beinahe vor mir sehe. Oder für  den Sonntagmorgen: 1st throw von der Dice of Dixi Crew ist bester Frühschoppen-Jazz und macht richtig Laune. Der Rhythmus steckt an, alles ist da: Dynamik, Farbe, Details – nur das Bier fehlte. Das musikalische und aufnahmetechnische Kunstwerk „The Sixth Dalai´s Love Song“ von der LIM XRCD 064 Treasures Of Asia Pacific habe ich nie zuvor so farbenprächtig genossen – noch nie hat mich der Hund so angeknurrt. Die Fairfield Four zelebrierten ihre Spirituals von der CD Standing In The Safety Zone überzeugend leibhaftig. Hochaufgelöste Files von www.highresaudio.com, wie Ellington/Hodges Side by side oder Mussorgskis Bilder einer Ausstellung mit dem New Zealand Symhony Orchestra & Peter Breiner ließen mein highfideles Herz höher schlagen.

Die mit Leder edel dekorierte Taille der Volterra trägt rückseitig die zwei nicht magnetischen Anschlussklemmen. Sie werden aufwendig, teils in Handarbeit gefertigt und haben eine faszinierende Haptik
Die mit Leder edel dekorierte Taille der Volterra trägt rückseitig die zwei nicht magnetischen Anschlussklemmen. Sie werden aufwendig, teils in Handarbeit gefertigt und haben eine faszinierende Haptik

Die Volterra spielt absolut großartig und man mag gar nicht aufhören, neue CDs und LPs aufzulegen. Viele Aufnahmen, vor allem solche mit Streichern, habe ich in diesen Tagen neu kennengelernt und genossen wie nie zuvor. Ich möchte hier aber nicht unter den Tisch fallen lassen, dass es bei Lautsprechern nach meiner langjährigen Erfahrung keine Eier-legenden-Woll-Milch-Säue gibt. Keiner kann alles perfekt. Fast überall haben wir es mit Kompromissen zu tun. So hat auch die Volterra ihr kleines Manko im Segment der elektronisch instrumentierten Pop-Musik. Da haben auch andere Väter schöne Töchter. Aber das, was ihr zu Hause in der Toskana mit auf den Weg gegeben wurde und was sie daraus im heimischen Wohnzimmer macht, ist absolut großartig.


STATEMENT

Lieben Sie Klassik oder lieben Sie Jazz? Dann ist die schöne Volterra aus der Toskana das passende Musikinstrument für Sie. Auf so großen imaginären Bühnen, so klar räumlich definiert, so filigran und doch voller Schmelz wie mit ihr, haben Sie ihre Musik noch nie gehört.
GEHÖRT MIT
Computer-Audio Apple MacMini  / OS X 10.6.8 / Amarra 2.4 /Antelope Zodiac plus
CD-Player Primare DVD 30 /Antelope Zodiac plus
Phono Kenwood KD-990 mit Kunststeinauflage, Benz-Micro Glider L2, Primare R-20
Vorverstärker T+A  P-10 mit Audioplan Sicomin Röhrendämpfern
Endstufen Spectral DMA 100 S mit Enacom  Air Tight ATM-3 mit Audioplan Sicomin Röhrendämpfern
Kabel Audioquest Diamond und Coffee USB, Inakustik Black&White NF-1302, Mogami 2549, QED Genesis Silver Spiral mit Enacom LS, MudrAkustik Max Netzleiste, Mudra und Audioquest NRG-X2 Netzkabel, AHP Reinkupfer-Sicherungen
Möbel Creaktiv Audio mit Absorberböden

 

HERSTELLERANGABEN
Rosso Fiorentino Volterra
Typ 2-1/2-Wege Standlautsprecher, Rückseitiges Bassreflexsystem
Empfindlichkeit 87 dB Spl
Frequenzgang 38 Hz - 100 kHz
Impedanz 6 Ohm (min 3 Ohm)
Abmessungen 1050 x 280 x 310 mm (H x B x T)
Gewicht 35 kg
Preis 8600 Euro (Ausführung Test-Paar)

 

VERTRIEB
WOD Audio – Werner Obst
Anschrift Westendstr. 1a
61130 Nidderau
Telefon 06187 900077
E-Mail info@wodaudio.de
Internet www.wodaudio.de

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  • Imagefolder tests/13-05-17_rosso
Hier finden Sie den zweiten Schwung Bilder aus Helmut Baumgartners Fotoarchiv, wie auch gestern schon ohne weitere Anmerkungen. Doch zuvor gibt es noch ein paar Fakten und Zahlen zur High End 2013.
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Die High End Society hat heute den Abschlussbericht zur Messe verschickt: Unser Eindruck am ersten Tag trog nicht. Da war die Ausstellung besser besucht als je zuvor. Es wurden 5211 Fachbesucher gezählt und damit 18 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Zahl der Aussteller nahm um ein ganze Prozent ab, die Zahl der akkreditierten Journalisten blieb in etwa gleich. An den drei Messetagen, die allen Interessierten offenstanden, wurden 10948 Eintrittkarten verkauft. Das war ein Zuwachs von sieben Prozent. Insgesamt wurden also 16159 und damit zehn Prozent mehr Besucher registriert. In dieser Zahl sind weder Journalisten noch Aussteller enthalten. Für die High End setzt sich also auch heuer der langjährige Aufwärtstrend fort. Gratulation an die Veranstalter!

 

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Eine ganze Menge der Bilder, die unser Fotograf auf der High End machte, haben wir Ihnen ja schon inklusive informativer Bildunterschriften von Wolfgang Kemper und Jürgen Saile präsentiert. Aber Helmut Baumgartner war in nahezu jedem Ausstellungsraum aktiv, weshalb wir noch einen riesigen Vorrat an Fotos haben, den wir Ihnen keinesfalls vorenthalten möchten. Da Wolfgang Kemper sich, wie erwähnt, von der Messe erholt und Jürgen Saile bereits sein Interview mit Masaki Ashizawa, dem Präsidenten von Audio Note Japan, zu Papier bringt, werden wir Ihnen die Bilder ohne weitere Anmerkungen zeigen. Viel Spaß damit.



 

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Auch am letzten Messetag konnten die Aussteller über Besuchermangel nicht klagen. Das Wetter trieb ein Menge Interessierter in das M.O.C. Wolfgang Kemper schrieb ein drittes Mal seine Eindrücke nieder, bevor er sich in den wohlverdienten Urlaub verabschiedete.
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Meisterfeier hin oder her, am Samstag herrschte auf der High End wieder reger Andrang. Auch Wolfgang Kemper ließ sich nicht ablenken und verbrachte den Tag auf der Messe und den Abend sowie einen Teil der Nacht vor dem Laptop.
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Samstag, 11 Mai 2013 02:00

High End 2013

Beim Rundgang durch die High End 2013 sind mir ein paar Dinge aufgefallen. Zunächst einmal der riesige Andrang, der jedes Jahr größer zu werden scheint. Wobei ich das Gefühl hatte, dass diesmal auch mehr Frauen dabei waren.
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Zudem scheint mir die Messe noch internationaler geworden zu sein. Das erkennt man nicht nur an den ausländischen Autokennzeichen, sondern auch daran, dass immer mehr ausländische Firmen ihre Geräte vorstellen, obwohl sie diese wegen fehlender CE Kennzeichnung hierzulande nicht verkaufen dürften. Sondern eben nur im Ausland.

Dieses Jahr hat der japanische Hersteller Kondo erstmalig seine Top Geräte, wie sie sonst nur auf der CES zu sehen sind, auch in München ausgestellt. Silbatone aus Korea stellt regelmäßig Western Electric Lautsprecher aus seiner umfangreichen Vintage Sammlung vor. Wo kann man diese sonst hören? Aber auch kleine Hersteller aus bisher HiFi-mäßig unverdächtigen Gegenden wie beispielsweise Serbien zeigen, was sie röhrentechnisch alles drauf haben. So vielfältig vom Angebot her hatte ich die High End bisher noch nicht empfunden.

 

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Strahlend blauer Himmel, das Parkhaus voll wie selten zuvor und lange Schlangen bei Öffnung der Türen: Der Fachbesuchertag wirkte bestens frequentiert. Nachmittags hatte sich der erste Ansturm dann auf der riesigen Ausstellungsfläche verteilt. Wir sind schon auf die Zahlen der Veranstalter gespannt. Nicht länger warten müssen Sie nun auf die Präsentation erster, vielversprechender Neuigkeiten.
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Mittwoch, 08 Mai 2013 14:02

Bergmann Audio Sleipner

Viele High-End-Plattenspieler wirken heutzutage wie Analog-Altäre. Ganz anders das Top-Modell von Bergmann: Der Sleipner kommt der klassischen Form recht nahe, auch wenn er ein klein wenig größer ausfällt als Thorens, Linn und Co. Eindeutiges Indiz dafür, dass sich hier dennoch nicht altbekannte Technik dreht, ist der zum System gehörende Kompressor. Den Sleipner machen nicht gerade alltägliche Lösungen zum Geheimtip für Analogfans.
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Der Sleipner kommt dem klassischen Erscheinungsbild eines Plattenspielers recht nahe, geriet aber ein wenig größer. Das recht kurze Anschlusskabel der Motorsteuerung gibt diese Aufstellungsvariante vor
Der Sleipner kommt dem klassischen Erscheinungsbild eines Plattenspielers recht nahe, geriet aber ein wenig größer. Das recht kurze Anschlusskabel der Motorsteuerung gibt diese Aufstellungsvariante vor

Auch wenn ich mich damit wiederholen sollte: Schon als junger Hifi-Fan war es mir wichtig, die Menschen hinter den Produkten kennenzulernen. Denn ich bin fest davon überzeugt, dass man in den Geräten den ein oder anderen Charakterzug seines Entwicklers und oft sogar den seines Importeurs wiedererkennt. Ich behaupte einfach mal, dass beispielsweise lebenslustige, musikbegeisterte Lautsprecher-Konstrukteure Schallwandler kreieren, die vor allem Spaß machen, sich aber keinen Deut um einen linealgeraden Frequenzverlauf scheren, der etwa einem Monitor gut zu Gesicht stünde. Als langjähriger Besitzer einer Roksan Darius sah ich meine Annahme bestätigt, als ich Jahre nach ihrem Erwerb ihren Schöpfer kennenlernte. Dass ich heute etwas neutraler abgestimmten Lautsprechern den Vorzug geben, ändert nichts daran, dass mir die Darius lange Zeit höchsten Musikgenuss bescherten.

Tonarmrohr und Headshell werden in einem Stück gefertigt. Das Rohr ist innen bedämpft, das Gegengewicht entkoppelt
Tonarmrohr und Headshell werden in einem Stück gefertigt. Das Rohr ist innen bedämpft, das Gegengewicht entkoppelt

Doch zurück zum Sleipner und Johnny Bergmann, der seinen Nachnamen ganz schlicht zum Firmennamen machte. Ausflüge in die nordische Mythologie sparte er sich für die Bezeichnung seiner Modelle auf: Sleipner war demnach das erste Pferd – und zwar ein achtbeiniges. Der Begriff konnotiert aber auch schwereloses Gleiten. Und genau das soll der Teller des Laufwerks tun: Während die beiden kleineren Modelle Luftlager in der eher klassischen Bauweise mit einer von Druckluft umströmten Achse besitzen, umgibt beim Sleipner der untere Rand des Plattentellers einen feststehenden Block, an dessen Oberfläche Luft ausströmt, um den 9,2 Kilogramm schweren Teller anzuheben. Seitlich im Lagerblock eingelassene Luftdüsen sorgen dafür, dass eine Gegenkraft zum Zug des Antriebsriemens aufgebaut und der Teller zentriert wird. Diese delikate Einstellung – es geht schließlich um Abstände im zweistelligen µ-Bereich – kann auf der Rückseite des Chassis vorgenommen werden. Glücklicherweise braucht man sich als Kunde um diese Feinjustagen – auch die Luftmenge für den Arm und die horizontale Lagerung lassen sich hier regeln – keine Gedanken zu machen. Der Plattenspieler wird im Werk perfekt eingestellt. Erfreulicherweise musste ich mich nicht einmal mit der Montage des Tonabnehmers, eines Lyra Titan i, beschäftigen, da der Entwickler den Sleipner in meinem Hörraums selbst aufbaute. Dabei waren dem Dänen mit deutschen Vorfahren – wer hätte das bei dem Namen vermutet? – aber keine auch nur im Ansatz an Marketing-Gerede erinnernde Aussagen zu entlocken. Selbst technische Details gab er nur auf wiederholte Nachfragen preis, aber nicht weil ihn die Angst vor Nachahmern umtreibt, sondern weil er weder um sich selbst noch um seine Produkte besonders viel Aufhebens macht.


Der Tonarm ist in allen Ebenen sehr fein justierbar. Die Möglichkeiten dazu sind eher versteckt angebracht. Die massive Konstruktion lässt unerwünschten Schwingungen keine Chance
Der Tonarm ist in allen Ebenen sehr fein justierbar. Die Möglichkeiten dazu sind eher versteckt angebracht. Die massive Konstruktion lässt unerwünschten Schwingungen keine Chance

Da der westfälische Autor aber mit einer gewissen Hartnäckigkeit – manche reden auch von Sturheit – gesegnet ist, kam Johnny Bergmann nicht umhin, doch ein wenig über sich preiszugeben: Seine erste Hifi-Erfahrung machte er, als er noch im zarten Kindesalter seinen besten Freund besuchte, dessen Vater ein – wie man heute sage würde – Audiophiler war. Dessen Anlage faszinierte Johnny Bergmann so sehr, dass er genauso viel Zeit im Hörraum verbrachte wie mit seinem Freund. Selbst als „Kid“ konnte er merken, dass diese Anlage die Musik zum Leben erweckte, eine Menge Details rüberbrachte und eine erstaunliche Bühne suggerierte. Besondere Faszination ging für ihn von einem STD 305 aus. Als Teenager studierte Johnny Bergmann dann dänische Hifi- und High-End-Magazine und investierte das erste selbst verdiente Geld in Audio-Equipment. Sein erster Plattenspieler war ein Micro Seiko DDX 1500. Zu dieser Zeit las er auch von der Luftlager-Technik und war sofort davon überzeugt, dass dies der beste Ansatz für die Konstruktion eines Plattenspielers war. Also dachte er intensiver über diese Art der Lagerung und Möglichkeiten ihrer Weiterentwicklung nach. Im Alter von 22 Jahren zeichnete er dann das Lager, das heute im Sleipner zum Einsatz kommt. Dann setzte jedoch die große Zeit der CD ein und Plattenspieler schienen eine aussterbende Spezies zu sein, weshalb Johnny Bergmanns Konstruktions-Idee auch erst einmal in Vergessenheit geriet.

Die Vakuum-Ansaugung der Schallplatte funktioniert absolut sicher und unkompliziert: Man braucht lediglich den kleinen Puck auf die Achse zu stecken und schon wird der Unterdruck hergestellt
Die Vakuum-Ansaugung der Schallplatte funktioniert absolut sicher und unkompliziert: Man braucht lediglich den kleinen Puck auf die Achse zu stecken und schon wird der Unterdruck hergestellt

Vor zwölf Jahren erinnerte er sich dann wieder an seine Pläne und wollte nun endlich herausfinden, ob die Idee eines luftgelagerten und sich selbst zentrierenden Plattentellers funktionierte. Als Maschienenbau-Ingenieur war er natürlich in der Lage, selbst einen Prototypen herzustellen. Das erste Testmuster funktionierte und damit war Bergmann Audio geboren. Inzwischen fertig die Firma alle mechanischen Teile selbst und bezieht die übrigen von einigen wenigen dänischen Zulieferern. Bergmann Audio sei 100 Prozent dänische Handarbeit, teilt Johnny Bergmann in einer E-mail mit.

Zu technischen Aspekten gibt er aber auch in seiner Mail nicht viel mehr preis als in den Spezifikationen in der Bedienungsanleitung. Die knappen Fakten finden Sie wie immer am Ende des Test. Kurz geht Johnny Bergmann noch auf die seinen Produkten zugrundeliegende Philophie ein: Bei seinem riemengetriebenen Laufwerk mit einem sich selbst auf einem Luftlager zentrierenden Plattenteller mit ebenfalls luftgelagerten, tangential abtastendem Carbontonarm ist das Schlüsselwort Einfachheit. Er sucht nach wohlüberlegten, einfachen technischen Lösungen, die sich mit möglichst wenigen aus massiven Materialen gefertigten Teilen umsetzen lassen, so dass sich keine unerwünschten Resonanzen ausbilden können und eine optimale Stabilität garantiert wird.

Der Lagerblock ist fest mit der Zarge verbunden. Ihm entströmt oben und seitlich Luft, um den Teller anzuheben und zu zentrieren
Der Lagerblock ist fest mit der Zarge verbunden. Ihm entströmt oben und seitlich Luft, um den Teller anzuheben und zu zentrieren

 

Als Johnny Bergmann mit dem Aufbau des Sleipner fertig war, konnten Helmut Baumgartner und ich es nicht abwarten, den Plattenspieler sofort einmal mit derselben Scheibe zu hören, die kurz zuvor auf dem LaGrange mit dem Thales Simplicity und dem Lyra Olympos lief, auch wenn klar war, dass das Titan i nach ein paar Monaten Ruhe mindesten eine halbe Stunde brauchen würde, um wieder völlig frei zu spielen. Die Qualitäten des Sleipner waren aber dennoch sofort zu erkennen: In puncto Raumtiefe, Stabilität der Abbildung, Durchzeichnung und Dynamik erreicht das dänisch-japanische Trio mindestens meine momentane Lieblingskombination. Genau genommen geraten meine bisherigen Favoriten, was Raum und Detailfreudigkeit anbelangt, schon jetzt ins Hintertreffen – und das, obwohl ich das Olympos dem Titan für deutlich überlegen halte. Da brauche ich gar nicht erst ein- und denselben Tonabnehmer von hier nach da montieren: Für mich steht jetzt schon fest, dass der Sleipner zu den zwei, drei besten Plattenspielern gehört, die je in meinem Hörraum standen. Einer davon war immerhin der Continuum zum mehr als doppelt so hohen Preis!

Erfreulicherweise hatte ich dann eine ganze Menge Zeit, mit dem Sleipner ganz nach Lust und Laune einfach nur so Musik zu genießen oder mit den einschlägigen Testscheiben seine Leistungen in einzelnen Teilkriterien zu überprüfen. Im täglichen Umgang fällt auf, dass das schlichte Design mit seinen hochglänzenden Flächen auch seine Nachteile hat: Bei wohl keinem anderen Laufwerk kam das Mikrofasertuch häufiger zum Einsatz. Besondere Aufmerksamkeit verdient dabei der Plattenteller. Er sollte völlig staubfrei sein, damit sich keine winzigen Schmutzpartikel in die Rillen drücken, wenn die Platte angesaugt wird. Als potenzieller Käufer würde ich mich für die alternativ angebotene Plattenklemme entscheiden. Natürlich habe ich auch mal den Klopftest gemacht: Der Tonabnehmer wird auf die Platte abgesenkt, die sich aber nicht dreht. Durch Klopfen auf die Zarge und die Stellfläche wird schnell deutlich, wie gut die Konstruktion den sensiblen Abtastvorgang vor Beeinflussungen von Außen schützt. Beim Sleipner gelingt das zu 100 Prozent! Das Klopfen auf Gehäuse und das oberste Board des Pagode Racks ist über die Lautsprecher nicht zu hören!

Bei der Version mit Plattenansaugung stellt der Gummiring unter dem Edelstahleinsatz mit der Plattenachse die einzige Verbindung zwischen Zarge und Teller dar – vom Antriebsriemen einmal abgesehen. Bei der Version mit einer Plattenklemme gibt es an dieser Stelle gar keinen Kontakt
Bei der Version mit Plattenansaugung stellt der Gummiring unter dem Edelstahleinsatz mit der Plattenachse die einzige Verbindung zwischen Zarge und Teller dar – vom Antriebsriemen einmal abgesehen. Bei der Version mit einer Plattenklemme gibt es an dieser Stelle gar keinen Kontakt

Doch zurück zu musikalischeren Signalen: Besondern nachhaltig ist mir der Abend eines recht anstrengenden Tages in Erinnerung, an dem nach langer Zeit wieder einmal Hajo Weber und Ulrich Ingenbolds Winterreise (ECM 1235) auf dem Plattenteller lag. Die ruhigen Songs für zwei Gitarren und selten mal eine zusätzliche Flöte faszinierten mit einer Reihe ganz selbstverständlich integrierter Details und weiten imaginären Räumen. Dabei waren aber nicht die großartigen Leistungen des analogen Trios in den genannten Einzeldisziplinen das Besondere, sondern dass die Menge an Feininformationen – und es sind ja relativ winzige Signalanteile, die uns die Position der Instrumente im Raum und dessen Größe verraten – bei gerade mal abendlicher Zimmerlautstärke so klar hervortraten. Beim Testen höre ich gewöhnlich eher laut. Beim abendlichen Genusshören war das aber – wie gesagt – diesmal anders. Dennoch stellte sich bei Sleipner und Titan nicht der sonst übliche Effekt ein, dass bei niedrigeren Pegeln Feininformationen nicht mehr so deutlich rüberkommen. Wenn man dafür nach einer Erklärung sucht, liegt die Idee nahe, dafür das beinahe kontakt- und reibungslose und damit auch völlig geräuschlose Lager des Sleipner verantwortlich zu machen.

Die Motorsteuerung des Sleipner: Über Drucktasten lässt sich die gewählte Geschwindigkeit feinjustieren
Die Motorsteuerung des Sleipner: Über Drucktasten lässt sich die gewählte Geschwindigkeit feinjustieren

Beim unverzichtbaren Elegant Punk (Day Eight Music DEMLP 004 TS) wird dann klar, dass der Sleipner vor lauter Feinauflösung, Durchzeichnung und Räumlichkeit nicht ins Esoterische abgeleitet: Tiefbass und Impulse vermag er ebenso selbstverständlich zu reproduzieren. Allerdings kann ich mich nicht erinnern, die tiefen Schwingungen auf „Drone“ je so sauber und dennoch druckvoll gehört zu haben. Die Bass-Attacken auf „It's The Pits, Slight Return“ kommen mit der gewohnten Wucht, Ein- und Ausschwingvorgänge rücken aber plötzlich stärker ins Bewusstsein, man hat auch im wildesten musikalischen Getümmel den Eindruck, einfach mehr zu hören. Allerdings hat die enorme Auflösung des Sleipner auch ihre Schattenseite: Jegliches Saitenschnarren, alle Griffgeräusche werden nun so akribisch dokumentiert, dass man Jonas Hellborg doch zu etwas mehr Präzision bei seinem Spiel mahnen möchte.


Keiner besonderen Testplatte bedarf es um zu registrieren, dass Sleipner und Co. bekannten Scheiben mehr Rauminformationen entlocken als die meisten Mitbewerber: Die Ablösung des Klanges von den Lautsprechern geschieht noch selbstverständlicher, imaginäre Räume wirken noch ausladender – ich muss mich wirklich zusammenreißen, den naheliegenden Begriff „luftiger“ zu vermeiden, der bei der Lagertechnik des Sleipner doch arg in Richtung Kalauer ginge. Arm und Laufwerk vermitteln die Musik völlig unspektakulär und frei von Effekten. Beim Sleipner steht der Klang der Schallplatte im Vordergrund, das Laufwerk ist viel zu zurückhaltend, um dem Ganzen seinen eigenen Stempel aufzudrücken. Allerdings vermögen es Arm und Laufwerk wie nur wenige, die Wiedergabe von mechanisch bedingten Artefakten freizuhalten – wieder eine Parallele zum Continuum. Und diese Freiheit von für sich allein meist gar nicht wahrnehmbaren, auf der Platte nicht enthaltenen und erst beim Abspielvorgang entstehenden Geräuschen ermöglicht es dem Sleipner, scheinbar mehr Informationen aus den Rillen zu extrahieren. Die tasten natürlich auch andere Laufwerke ab. Allerdings maskieren sie winzige Feininformationen mit noch so geringen Lagergeräuschen.

Ganz auf Wunsch wird der Tonarm mit Cinch- oder XLR-Buchsen oder mit SME-Anschluss geliefert. Die Luftmenge für den Arm und das horizontale sowie das vertikale Tellerlager ist von außen regulierbar
Ganz auf Wunsch wird der Tonarm mit Cinch- oder XLR-Buchsen oder mit SME-Anschluss geliefert. Die Luftmenge für den Arm und das horizontale sowie das vertikale Tellerlager ist von außen regulierbar

Einfach nur zum Genuss habe ich dann noch die Stereo Laboratory-Version der London/Decca SXL 6529 aufgelegt: Holst Planeten mit einer Orchesterabbildung wie im Breitwand-Format, voller Dynamik und Emotion, und doch so differenziert wie nie zuvor. Natürlich gibt es bei audiophilen Japan-Pressungen minimal weniger Laufgeräusche als bei deutschen oder gar amerikanischen Pressungen. Aber wenn mich meine Erinnerung nicht trügt, ist die Stille in den Leerrillen dank des Sleipner hier noch einmal intensiver. Um so beeindruckender und klangfarbenstärker strahlen davor hier die Instrumente des Los Angeles Philharmonic Orchesters. Kein Wunder, dass ich entgegen aller Gewohnheit  nach dem Klangspektakel „Mars“ nicht den Tonarmlift betätige, sondern die Scheibe bis zum Ende durchlaufen lasse. Nein, ich will keinesfalls das Cliché bemühen, dass Sie mit dem Sleipner Ihre Plattensammlung neu erleben werden. Aber selbst wenn Sie Ihre Scheiben auch bisher schon mit extrem gutem Equipment genossen haben, dürften mit dem Sleipner größere Räume und einige zusätzliche Details entdecken. Schade nur, dass Johnny Bergmann sein Topmodell bald abholt, um es auf der High End zu spielen. Ich kann natürlich nicht sagen, wie gut der Rest der Kette dort mit dem Raum harmoniert und ob die benachbarten Aussteller sich auf Lautstärken beschränken, die es erlauben, die großartigen Fähigkeiten des Sleipner zu erfahren. Wenn er dort so spielt wie in meinem Hörraum, kann dies Erlebnis schon allein den Besuch der Messe rechtfertigen.

Noch einmal kurz zurück zu meiner Eingangsthese: Der Sleipner nimmt sich dank seines ganz speziellen Tellerlagers im musikalischen Geschehen klanglich mehr zurück, als die allermeisten anderen mir bekannten Laufwerke. Und diese Zurückhaltung teilt er mit seinem Entwickler: Hier sind keine Selbstdarsteller am Werk.

Der Kompressor ist gut bedämpft und wirklich sehr leise. Ich würde ihn dennoch in einem Nebenraum aufstellen
Der Kompressor ist gut bedämpft und wirklich sehr leise. Ich würde ihn dennoch in einem Nebenraum aufstellen

 

STATEMENT

Das Sleipner Laufwerk-Tonarm-Duo ist dank der Luftlagertechnik bestens von seiner Umwelt isoliert und mengt dem Signal beim Abtastvorgang auch keine selbst generierten Störgeräusche bei. Deshalb bringt er Details und Feininformationen ungeheuer gut zur Geltung. Dazu kommen Spitzenleistungen in allen übrigen Hifi-Kriterien: Der Bergmann Sleipner ist eines beiden besten Laufwerke, die ich je in meinem Hörraum hatte.

GEHÖRT MIT
Plattenspieler Brinkmann LaGrange mit Röhrennetzteil
Tonarm AMG Viella 12‟, Thales Simplicity
Tonabnehmer Brinkmann EMT ti, Lyra Olympos SL, Lyra Titan i
Phonostufe Einstein The Turntable‘s Choice (sym)
Vorverstärker Brinkmann Marconi
Endstufe Ayon Epsilon
Lautsprecher LumenWhite DiamondLight Monitors
Kabel Precision Interface Technology, Audioquest Wild Blue Yonder und Wild Wood, HMS Gran Finale Jubilee, Audioplan Powercord S
Zubehör PS Audio Power Plant P5, Clearaudio Matrix, Sun Leiste, Audioplan Powerstar, HMS-Wandsteckdosen, Acapella Basen, Acoustic System Füße und Resonatoren, Finite Elemente Pagode Master Reference Heavy Duty und Cerabase, Harmonix Real Focus, Audio Exklusiv d.C.d Base, Feet und Silentplugs AHP Sicherungen

 

HERSTELLERANGABEN
Bergmann Audio Sleipner
Laufwerk Luftlager-Konstruktion, Plattenansaugung per Vakuum oder Plattenklemme, hochpräziser, digital-gesteuerter Gleichstrommotor, Riemenantrieb
Gehäuse außen 12mm lackiertes und handpoliertes Polyvinyl, innen eine siebenlagige Sandwich-Konstruktion verschiedener Materialien zur optimalen Resonanzkontrolle
Teller/Lager Aluminium-Teller durch Luft angehoben und zentriert, die Luftversorgung generiert vertikal und horizontal ein dünnes Luftpolster zwischen Teller und Lager, keine mechanischen Geräusche, keine Reibung
Tellergewicht 9,2kg
Plattenauflage 21mm, dreischichtig: 2 Schichten Polycarbonat, eine Schicht Acryl
Füße höhenverstellbar,  eine Aluminum/Ceraball-Konstruktion
Maße (B/T/H) 495/440/230mm
Gesamtgewicht 35kg

Tonarm

 
Tonarm tangential abtastender, luftgelagerter Tonarm mit Carbon-Armrohr und -Headshell, für optimale Steifigkeit in einem Stück gefertigt, Armrohr innen bedämpft, Gegengewicht entkoppelt, Arm in allen Ebenen justierbar
Tonarmkabel Innenverkabelung in reinem Silber
Clips silberbeschichtetes Kupfer
Anschlüsse XLR, RCA oder DIN
Effektive Masse 11g

Motorsteuerung

 
Motorsteuerung hochpräzise Digital-Steuerung mit Drehgeber für den Gleichstrommotor, sehr stabile, überdimensionierte Stromversorgung, 33 und 45UpM, Geschwindigkeitsfeineinstellung über Mikroprozessor kontrollierte Drucktaster
Maße (B/T/H) 99/440/105mm
Gewicht 3,6kg

Kompressor

 
Kompressor sehr leise, liefert einen sauberen, trockenen und gleichmäßigen Luftstrom, Luftfilter dank leichtem Zugang einfach zu reinigen oder auszutauschen
Maße (B/T/H) 226/440/232mm
Gewicht 17,2kg

Preis

44000 Euro

 

VERTRIEB
Werner Obst Datentechnik
Anschrift Westendstraße 1A
61130 Nidderau
Telefon +49 6187 900077
E-Mail info@wodaudio.de
Internet www.wodaudio.de

Weitere Informationen

  • Flags
    Deutsch English|
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