Aber Bangemachen gilt nicht: Ich bin ja schließlich nach Duisburg gereist, um Ihnen von diesem State-of-the-Art-Lautsprechersystem zu berichten. Und dabei geht es keinesfalls darum, Sie mit meiner Beschreibung neidisch zu machen. Hermann Winters geht davon aus, dass die Sphäron vor ihrer Reise nach China mindestens bis zur High End im Audio Forum stehen wird: Bis dahin haben Sie also die vielleicht einmalige Gelegenheit, dieses Lautsprechersystem selbst zu erleben und ihre Maßstäbe in Sachen realistischer Audiowiedergabe neu zu definieren. Acapellas Studio ist an zwei Tagen in der Woche geöffnet, eine telefonische Voranmeldung würde ich aber dennoch empfehlen. Dass bei dieser Demonstration vor allem die aktive Sphäron für das wohl singuläre klangliche Ergebnis verantwortlich ist, beweist ein Blick auf ihre Mitspieler. Da findet sich heuer nicht etwa wie vor drei Jahren bei der Poseydon ein Mastertape auf einer von Alfred Rudolf sowohl bei der Aufnahme als auch bei Wiedergabe resonanzoptimierten Telefunken M15, sondern der für Acapella von ReQuest gefertigte Streamer The Audio One, der mit geringfügig mehr als einem Prozent des Preises der Sphäron in der Anlage zu Buche schlägt. Aktuell werden nicht einmal alle Funktionen des Audio One genutzt. Statt seiner Analog-Ausgänge ist eine digitale Schnittstelle mit der weiteren Kette verbunden: Als D/A-Wandler und Vorstufe agiert ein Prototyp, der in Kooperation mit Artistic Fidelity – oder Ralf Koschnicke – entwickelt wurde. Die Wandler-Sektion der Acapella-DAC/Vorstufen-Kombination entspricht der des hier bereits wegen seines Klanges und seines enorm kundenfreundlichen Preis/Leistungs-Verhältnisses hoch gelobten arfi-dac2xt. Lediglich die heuer einzige analoge Quelle, der LaMusika Laudatio, ist ebenso rar wie die Sphäron und auch preislich in High-End-Gefilden angesiedelt. Die Schallwandler benötigen für die meisten im Folgenden beschriebenen Klänge also weder Mastertapes noch absolut unbezahlbare Mitspieler. Und die meisten der gehörten Files waren solche mit 16 Bit und 44,1 Kilohertz.
Während einige meiner Test-Alben per WLAN auf den Server wandern, übernimmt Hermann Winters die Rolle des iPad-DJs. Er beginnt mit einer alten A&M-Einspielung: „Top Of The World“ von den Carpenters. Die wohlbekannte Melodie plätschert fröhlich vor sich hin, so dass man sich gut auf die klanglichen Aspekte des Songs konzentrieren kann. Ich habe beispielsweise nicht gewusst, mit wie viel Druck und Realismus hier die Bass-Drum eingefangen wurde. Die Sphäron erlauben es, tief in den – virtuellen? – Aufnahmeraume hineinzuhören und sich über die perspektivisch überzeugende Anordnung der bestens differenzierten Instrumente zu freuen. Wenn man das Lied wie ich nur aus dem Radio kennt, ist es beinahe erschreckend, welche Fülle an Informationen dieser aufnahmetechnische Glücksfall enthält. Aber um dies alles hören zu können, bedarf es schon eines so hoch auflösenden Schallwandlers wie der großen Excalibur. Was es nicht dazu braucht, ist eine hohe oder auch nur gehobene Lautstärke. Es ist für mich absolut verblüffend, dass die Sphäron diese enorme Durchzeichnung auch bei moderater Zimmerlautstärke an den Tag legt. Ihr Wirkungsgrad von gut über 100 Dezibel ist nicht nur von Vorteil, wenn es um brachiale Pegel geht. Beim Leisehören macht er sich ebenso stark positiv bemerkbar. Mindestens ebenso viel Lob gebührt natürlich auch der Endstufe, die nicht nur eine enorme Leistung bereitstellt, sondern auch im Milliwatt-Bereich nichts von ihrer Finesse einbüßt.
Weiter geht’s fern ab von Diana Krall, den Eagles und den üblichen audiophilen Langweilern mit den Fairfield Four und „Those Bones“. Die Vier im Namen der Band steht für die vier Stimmlagen, in denen die Gospel-Gruppe zu hören ist, und nicht zwingend für die Zahl der Sänger. Bei ihrer Gründung etwa waren die Fairfield Four ein Quintett. Die Sphäron projiziert die Herren direkt ins Audio Forum, ohne dass dabei auch nur die geringsten technischen Artefakte zu vernehmen wären. Die Stimmen kommen ungemein natürlich rüber – außer der des Bassisten. Denn der verlässt sich nicht auf sein eigenes Volumen, sondern nutzt den Nahbesprechungseffekt des Mikrofons für ein wenig zusätzliche Fülle. Über die Sphäron wirkt er dadurch deutlich größer als seine Kollegen. Das schmälert zwar nicht den Genuss an diesem Song, beweist aber, dass Acapellas Topmodell auch aufnahmetechnische Spielereien so ganz nebenbei hörbar werden lässt. Keinerlei Auffälligkeiten enthüllt die Sphäron bei Gene Harris' Version von „Summertime“: Sie stellt einfach einen Flügel in Originalgröße in den Raum, garniert ihn mit Kontrabass und Schlagzeug und lässt die Musik fließen. Später kommt dann das rhythmische Klatschen des zu Recht euphorischen Publikums hinzu. Da taucht nicht der kürzeste Gedanke an die technischen Aspekte der Wiedergabe auf, die Musik steht im Vordergrund, man ist einfach bei einem mitreißenden Konzert dabei.