Der A10 ist bei weitem nicht der erste Aktivlautsprecher in meinen vier Wänden, aber sehr wohl erst der zweite, der es dem Nutzer möglich macht, ihn nach eigenen Wünschen klanglich vollkommen frei anzupassen. Zwar ist auch eine automatische Anpassung an die raumakustischen Gegebenheiten per App mit dem eigenen Smartphone-Mikrofon möglich, sofern man ein iPhone ab Generation 6s besitzt. Für alle anderen Smartphones benötigt man das gesondert erhältlichen Zen Mic. Darüber hinaus „darf“ man die Lautsprecher aber auch komplett frei in einem Rahmen von ±10 Dezibel anpassen. Dabei sind Hoch- und Tiefpässe mit sechs oder zwölf Dezibel Flankensteilheit, Shelving-Filter für hohe und tiefe Frequenzen sowie vollparametrische Filter möglich. Inzwischen sind wir also so weit, dass das gesamte Konzept „Lautsprecher“ auf eine Art neu gedacht werden kann.
Bei der Suche nach dem perfekten Lautsprecher darf man eines nicht vergessen: Den eigenen Hörraum. Denn dieser gestaltet neben dem Lautsprecher selbst den wahrgenommenen Klang maßgeblich. Um also in seinem Wohn-, Arbeits- oder Hörzimmer den optimalen Klang zu erreichen, gibt es verschiedene Wege. Option 1: Man sucht einfach so lange, bis man den einen Lautsprecher gefunden hat, der perfekt mit seinem Raum harmoniert. Option 2: Man optimiert den Raum, damit die Lautsprecherwahl weniger kritisch wird und mehr Lautsprecher in Frage kommen. Dabei kann in höheren Frequenzbereichen schon eine Menge mit der Anzahl und geschickten Aufstellung von Möbelstücken, Wandregalen und ähnlichem getan werden. In tieferen Frequenzbereichen spielen insbesondere die Raumgröße und der Wandabstand der Lautsprecher eine übergeordnete Rolle. Optimierungen in diesem Bereich sind aufwendig, nicht gerade günstig und oft auch nicht wirklich platzsparend. Besonders in kleinen Räumen stößt man sehr schnell an Grenzen. Gerne wird dann ein Lautsprecher empfohlen der besonders tiefe „Problem-„Frequenzen gar nicht erst anregt, was ich für eine Lösung aus dem vorigen Jahrhundert halte. Dies führt zu Option 3: Man nutzt einen Equalizer, um die Problembereiche des Raumes zu behandeln und/oder geht sogar so weit, den Lautsprecher dem Raum und dem eigenen Geschmack anzupassen. Nach wie vor ist diese dritte Option verschrien. Ich frage mich, wieso. Letztendlich passiert in der Lautsprecherentwicklung nichts anderes. Der Tiefmitteltöner schreit bei einem Kilohertz zu sehr? Die Frequenzweiche wird kurzerhand so ausgelegt, dass sie den Frequenzbereich etwas absenkt. Nun gibt es genügend HiFi-Menschen, die bereits hier aussteigen und sagen: Ein Lautsprecher, der nur gut klingt, wenn die Treiber gefiltert werden, ist schlecht entwickelt. Diese Meinung sei jedem zugestanden und ist vollkommen in Ordnung. Geht man in der Entwicklung einen Schritt weiter, lässt man den Treiber selbst optimieren oder schaut, ob man über die Gehäusekonzeption Abhilfe schaffen kann. Bei Klassikaufnahmen gilt Ähnliches auf umgekehrte Art und Weise: Wenn eine Entzerrung nötig ist, wurde entweder das Mikrofon falsch positioniert oder von vornherein das falsche Mikrofon gewählt. Wenn nun aber trotzdem alle Bemühungen nichts nutzen, macht es dann Sinn, sich gegen den Equalizer-Einsatz respektive die Absenkung mittels der Frequenzweiche als letztes Mittel zu sperren und die nervigen ein Kilohertz zu ertragen? Ich denke nicht. Natürlich bleibt eine Kombination aus Option 1, 2 und 3 das Optimum, aber die uns heute gegebenen technischen Möglichkeiten zum Equalizer-Einsatz sind einfach zu mächtig, um ignoriert zu werden. Und noch eine weitere Überlegung zum Thema Equalizer: Wenn das Gesamtergebnis der Wiedergabe aus Lautsprecher und Raum besteht und beide Parameter untrennbar miteinander verbunden sind, spielt der Einfluss des Raumes, in dem der Lautsprecher entwickelt wurde, eine ebenso große Rolle wie der Raum, in dem der Lautsprecher später spielen soll. Im bestem Fall ist der Entwicklungsraum möglichst neutral. Im schlechtesten Fall wurde bei der Lautsprecherentwicklung für den Entwicklungsraum kompensiert und diese Kompensation passt jetzt im eigenen Raum zuhause überhaupt nicht mehr. Dabei ist es übrigens unerheblich, ob ausschließlich mit den Ohren, oder auch mit Messungen entwickelt wurde. Selbst wenn in einem reflexionsarmen Raum gemessen wurde: Unsere Hörräume sind nicht reflexionsarm. Dementsprechend ist eine linealglatte Messung in einem solchen Raum zwar eine gute Grundvoraussetzung, aber sagt überhaupt nichts darüber aus, ob der Lautsprecher auch in unserem eigenen Raum gut funktioniert. Selbst der beste Entwickler kann folglich nur eine mehr oder weniger grobe Annäherung an eine perfekte Ankopplung an unseren Raum gewährleisten. Natürlich ist der Frequenzverlauf eines Lautsprechers nur ein Merkmal und es fallen noch viele andere Faktoren wie Raumdarstellung – die teilweise auch vom Frequenzverlauf abhängig ist –, Auflösung, Impulsverhalten, Klirrverhalten und weitere vollkommen individuelle Anforderungen an einen Lautsprecher ins Gewicht. Für mich bleibt der Frequenzverlauf jedoch an erster Stelle. Möglicherweise bin ich, als jemand, der mit seinen Ohren täglich arbeitet und darauf trainiert ist, verschiedene Frequenzbereiche zu identifizieren, zu bewerten und zueinander in einen Kontext zu setzen, in dieser Hinsicht pedantischer als Sie, aber letztendlich streben wir mit unserem Hobby doch in den meisten Fällen nach Perfektion und da kann ein Dezibel zu viel im Bassbereich oder Hochton schon entscheidend sein. Und diesem einen Dezibel kann man eben manchmal nur mit einem Equalizer, im wahrsten Sinne des Wortes, einen Strich durch die Rechnung machen. Natürlich hat ein Equalizer Nachteile und gerade wer sich mit dem Thema „linearphasige Filter“ auseinandersetzt, trifft damit auf die nächste große Kontroverse. Aber letztendlich gilt wie bei den meisten Dingen, dass es gar nicht so sehr auf das Werkzeug ankommt, sondern viel mehr darauf, ob man es einzusetzen weiß. Das ist wahrscheinlich der allergrößte Nachteil beim Equalizer-Einsatz: Ohne sich mit dem Thema auseinanderzusetzten und eine Lernkurve kommt man mitunter nicht zum gewünschten Ziel.
Deshalb betrachte ich den A10 und andere Vertreter seiner Art als einen Lautsprecher neuer Art. Etwas zu viel Bass? Dann dreht man ihn eben einfach ein bisschen runter. Sänger wirken in den unteren Mitten zu präsent? Einige wenige Dezibel mit einem Peak-Filter rausdrehen und voilá, Ziel erreicht. Da das gesamte Konzept des A10 auf einer DSP-Frequenzweiche basiert und somit bis kurz vor die Treiber sowieso komplett digital ist, kann ein Equalizer problemlos ohne zusätzliche Wandlung eingeschleift werden. Mit einer DSP-Frequenzweiche sind Dinge möglich, die passiv nur schwer, mit riesigem (Bauteil-)Aufwand oder gar nicht umsetzbar sind. Dafür gibt es einen eklatanten Nachteil: Eine DSP-Frequenzweiche spielt immer nur so gut wie der nachgeschaltete Digital-Analog-Wandler. Dementsprechend haben auch passive Frequenzweichen ihre Vorteile und Daseinsberechtigung, gerade im absoluten High-End Bereich, in dem man auch auf allen anderen Ebenen nur vom Feinsten auffährt. Die Qualität des internen Wandlers der A10 und der kabellose Betrieb über den kleinen Stereohub bewegen sich jedoch bereits auf einem verblüffend hohen Niveau. Gemeinsam mit der Treiberwahl und der Gehäuseentwicklung von buchardt hat der WiSA-Standard für mich einen neuen Gipfel erreicht. Der erste Hinweis darauf ist, dass ich beim Einschalten der auf meinem üblichen Lautsprecherplatz positionierten A10 gar nichts höre. Viele WiSA-Produkte sind mir in der Vergangenheit durch ein zwar sehr leises, aber in geringeren Hörabständen und in leisen Umgebungen oder bei geringen Abhörlautstärken für mich durchaus hörbares und nicht irrelevantes, Grundrauschen aufgefallen. Nicht so die A10. Es herrscht Stille. Herrlich.