Das soll aber keinesfalls heißen, dass ich den Aufwand, den Gold Note an dieser Stelle treibt, nicht zu würdigen wüsste. Zudem ist es bei der PH-1000 mit der Vielzahl der Filter nicht getan. Maurizio Aterini, der Kopf hinter Gold Note und einer der Firmengründer, erwähnte in einer E-mail zum PH-1000, dass dieser wie alle Gold-Note-Elektronik komplett symmetrisch aufgebaut sein. Und das macht bei den 18 Filtern nur Sinn, wenn die den Frequenzgang bestimmenden Bauteile wie etwa Kondensatoren im beiden Verstärkerzügen eines Kanals möglichst identisch sind. Eine strenge Bauteile-Selektion ist hier unumgänglich.
Eine in analogen Foren heiß diskutierte Glaubensfrage ist es, ob die sogenannte „Neumann-Konstante“, ein Filter erster Ordnung bei 50 Kilohertz, wirklich existiert hat. Unstrittig ist nur, dass Schneideköpfe zu hohen Frequenzen hin vor Überlastung geschützt werden mussten, nicht aber, dass dies durch das erwähnte Filter passierte. Wie dem auch sei: Gold Note ließ sich von der Neumann-Konstante zu seiner „Enhanced“-Schaltung inspirieren, die für jede der 18 Kurven per Menü aktiviert werden kann: Flexibler geht es nicht! Sollte man zumindest denken – aber die beiden anderen Varianten der PH-1000 bieten darüber hinaus noch die Möglichkeit, vier Entzerrkurven ganz nach persönlichem Gusto zu kreieren und abzuspeichern. Die PH-1000 in ihren verschiedenen Ausgestaltungen sind ein wahr gewordener Traum für alle detailbesessenen Phono-Fans!
Noch spannender finde ich allerdings, dass der PH-1000 auf der Rückseite über drei eher ungewöhnliche Buchsen verfügt. Zwei fünfpolige XLR-Ausgänge dienen der Ansteuerung einer externen Röhren-Ausgangsstufe, von denen Gold Note gleich zwei Varianten im Programm hat. Ein Eingang erlaubt die Versorgung der Phonostufe durch eines von zwei externen Netzteilen, die jeweils mindesten 20 Kilogramm auf die Waage bringen. Nach meinen bisherigen Erfahrungen mit der Gold Note will ich keinesfalls ausschließen, mich bald auch mit den Netzteilen und den Röhren-Ausgangsstufen zu beschäftigen – nicht weil der Klang der PH-1000 Lite irgendwelche Wünsche offen ließe, sondern weil ich mir nur schwer vorstellen kann, was da noch besser zu machen wäre.
Während der erfreulichen, langen Einspielphase nutzte ich meist das Transrotor Tamino im langen Einstein-Tonarm, eine ebenso bewährte wie vertraute Kombination. Nach etwa einer Woche reinen abendlichen Musikhörens ohne Fokus auf den Klang variierte ich dann den Abschlusswiderstand für das Tamino, das einen sehr niedrigen Innenwiderstand aufweist. Bei meiner Einstein-Phonostufe hatte ich mich nach einigem Ausprobieren gegen 85 und für 45 Ohm entschieden. Die PH-1000 bietet in dem Bereich 47 und 100 Ohm an: Auch hier geriet die Wiedergabe mit dem niedrigeren Wert in sich stimmiger und einen Hauch wärmer. Das folgende Experiment mit dem Brinkmann EMT ti im kurzen Einstein-Arm musste ich dann leider nach einer Plattenseite abrechen, was aber keinesfalls am Gold Note lag. In Erinnerung an die Zeit, in der ich über Jahre nur EMT-Varianten gehört hatte, legte ich Dave Grusins Mountain Dance auf, eine Scheibe mit goldenem „JVC Digital“ Sticker. Dem Zeitgeschmack folgend dominieren Synthis und elektrisch verstärkte Instrumente die jazzigen Sounds. Das passt ganz hervorragend zum erdverbunden, dynamischen Naturell des Brinkmann-Abtasters, den auch die PH-1000 ins beste Licht rückt. Wenn da bei lauten Stellen nur nicht diese leichten Verzerrungen wären, die aber eindeutig dem über die Jahre ausgehärteten Dämpfungsgummi des EMT anzulasten sind. Schon jetzt steht für mich fest, dass der Gold Note ungemein durchlässig agiert: Er reproduziert die charakteristischen Eigenarten der angeschlossenen Tonabnehmer ohne ihnen einen eigenen klanglichen Stempel aufzudrücken. So soll es sein!
Beim Schreiben dieses Artikels habe ich die drei auf ECM erschienenen LPs von Oregon gehört: Oregon, Crossing und Ecotopia. Auf den von Martin Wieland im Tonstudio Bauer aufgenommenen Scheiben mischt sich der Klang der akustischen Instrumente sehr harmonisch mit den Sounds, die Ralph Towner mit einem Prophet-5-Synthesizer erzeugt – ja zu dieser Zeit waren diese Klangerzeuger noch so rar, dass sie mit voller Typenbezeichnung auf dem Cover genannt wurden. Die drei Platten entführen einen in große virtuelle Räume, verwöhnen mit bester Durchzeichnung, sehr realistisch anmutenden Instrumentenklängen und jeder Menge Energie von Becken – wie etwa auf „There Was No Moon That Night“ – und der Bass Drum auf „Impending Bloom“. An dieser begeisternden Darbietung haben übrigens das Lyra Olympos SL und der Thales Symplicity II einen ähnlich großen Anteil wie die PH-1000