Mit seinen Topmodellen spielt Transrotor auch international in der aller höchsten Analog-Liga. Einen zu diesen High-End-Laufwerken passenden Tonabnehmer hatte man aber bisher nicht im Portfolio. Das soll das JR Tamino ändern.
Natürlich haben die Analogspezialisten aus dem Bergischen Land dafür keine eigene Tonabnehmerfertigung aufgebaut, sondern wie schon beim beeindruckenden Figaro in enger Kooperation mit einem renommierten Abstaster-Hersteller ein ihren Vorstellungen entsprechendes Modell entwickelt. Beim Figaro arbeiten Jochen und Dirk Räke mit Goldring zusammen, beim JR Tamino mit Yoshiaki Matsudeira, dem Kopf und Inhaber von My Sonic Lab. Matsudeira san ist bei all seinen Kreationen, die bisher unter dem Markennamen My Sonic Lab, aber auch unter Air Tight auf den Markt kamen, ausgesprochen erfolgreich darum bemüht, den Innenwiderstand des Generators möglichst klein zu halten und dennoch eine vergleichsweise kräftige Ausgangsspannung an den Pins des Systems zur Verfügung zu stellen. Ein niedriger Innenwiderstand steht üblicherweise für eine geringe Anzahl von Spulenwicklungen und in Folge für eine ebensolche Generatorleistung. Davon kann man beim JR Tamino aber keinesfalls sprechen: Es soll kräftige 0,5µV an den Phonoentzerrer liefern. Möglich wird das zum einen durch extrem starke Neodym-Magnete und zum anderen durch einen Spulenträger aus einem Material mit hoher Permeabilität. Matsudeira san verwendet hier traditionell das für My Sonic Lab entwickelte SH-µX. Der Nadelträger des JR Tamino besteht aus einem dünnen Boron-Stäbchen, während die der My-Lab-Modelle aus Duraluminium gefertigt werden. Weitere technische Details wollte Dirk Räke nicht preisgeben. Vielleicht sind ja bei der offiziellen Premiere auf der High End ein paar Informationen mehr zu ergattern. Dort soll auch erstmals die repräsentative Verpackung des Tonabnehmers zu sehen seinen: Was beim Figaro in mattem Aluminium-Finish erstrahlte, wird beim JR Tamino gülden glänzen.
In Gröbenzell traf das System in einem schlichten Kunststoffkästchen ein, dafür aber bestens eingespielt, wie Dirk Räke versicherte. In Ermangelung weiterer technischer Informationen bleibt mir nichts anderes übrig, als einfach ein paar Hörerfahrungen mit dem JR Tamino zu sammeln: Ich kann mir Schlimmeres vorstellen. Mit der durchdachten Einstelllehre des Thales Simplicity II ist es kein Problem, den Transrotor-Tonabnehmer mit Blick auf den Nadelträger möglichst perfekt im Headshell zu positionieren. In diesem Fall wäre es auch kein Fehler, sich bei der Justage an der geraden Gehäusevorderseite zu orientieren, wie es bei vielen Tonarmen ohne spezielles Justagewerkzeug nötig ist: Der Nadelträger sitzt exakt mittig und bildet mit der erwähnten Kante einen rechten Winkel. Bei der Einstellung mittels der Thales-Lehre fällt auf, dass der Nadelträger des JR Tamino recht kurz und relativ dünn ist. Nicht nur die wenigen Spulenwicklungen, sondern auch das kurze Boron-Stäbchen tragen dazu bei, die bewegte Masse gering zu halten und schaffen so beste Voraussetzungen für eine dynamische Spielweise.
Aber die ist es nicht, was in den ersten Minuten beim Art Farmer und Jim Halls Big Blues auffällt. Das Quintett mit Flügelhorn, Vibraphon, Gitarre, Bass und Schlagzeug kommt unheimlich farbig und satt rüber. Das Horn strahlt golden, besitzt aber bei den Einsätzen den nötigen Biss und strotz vor Energie. Ja, hier blitzt die Schnelligkeit des JR Tamino dann doch auf. Aber sie sticht aus der ungeheuer homognen und stimmigen Wiedergabe keinesfalls heraus. Schon jetzt erinnert mich der Transrotor-Tonabnehmer an das großartige Lyra Atlas, das beim ersten Hören einfach nur „richtig“ klingt, bevor einem allmählich klar wird, dass für diese in sich stimmige Vorstellung in allen Disziplinen Bestleistungen nötig sind. Aber während das Atlas nach absoluter Neutralität strebt und selbst die allerkleinste Abweichung vom linearen Pfad der Tugend vermeidet, schmückt sich das JR Tamino mit einem Hauch Wärme und verleugnet auch seine Vorliebe für satte und kräftige Farben nicht im mindesten. Während für das Atlas Wahrheitsliebe das höchste Ideal zu sein scheint, outet sich das Tamino eher als Hedonist. Aber diese Charakterunterschiede ändern nichts daran, dass die beiden zu den besten vier, fünf Tonabnehmern gehören, die ich je genießen durfte.
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