tests/23-09-05_vitus
 

Vitus Audio RP 102

05.09.2023 // Dirk Sommer

Schon Garth Powell, der Entwickler von Audioquests Niagara hatte mich darauf hingewiesen, dass die Kombination von Hifi-Komponenten und Studio-Geräten wie der Studer A80 mit ihren unterschiedlichen Erdungskonzepten an einem Stromkreis in Sachen Brumm nicht ganz unproblematisch sei. So spielte etwa der Krell K300p in der Kette erst so überzeugend, als ich Einsteins Phonostufe, die eine ähnliche Erdungsvariante aufweist wie die Studer, vom Netz genommen hatte. Aber Experimente in diese Richtung brachten beim RP 102 keine Besserung. Erst nach einer Weile kam ich auf das Naheliegendste: das direkt neben der Phonostufe platzierte Netzgerät. Nicht umsonst hat Vitus das Netzteil ausgelagert und zur Verbindung damit zwei recht lange Kabel mitgeliefert. Da hätte ich wirklich schneller drauf kommen können. Sobald das Netzteil den gebührenden Abstand einhält, ist der RP 102 vorbildlich still: Auch bei extrem weit aufgedrehtem Lautstärkeregler an der Vorstufe ist kein Rauschen zu vernehmen, aber noch bemerkenswerter ist, dass auch keinerlei Radiogezwitscher im Hintergrund zu hören ist. Damit habe ich in meinem Hörraum bei unsymmetrischen Phonostufen fast immer Probleme. Die gerade erwähnte Krell war größtenteils still und ließ nur zu bestimmten Tageszeiten mal minimale Einstreuung hören. Der Vitus aber bildet das musikalische Geschehen jederzeit vor einem tief schwarzen Hintergrund ab: absolut überzeugend.

Ob hinter den XLR-Buchsen eine symmetrische Signalbearbeitung stattfindet, teilte der Hersteller nicht mit
Ob hinter den XLR-Buchsen eine symmetrische Signalbearbeitung stattfindet, teilte der Hersteller nicht mit

Noch kann ich mich nicht aufraffen, eine der aktuellen Test-Scheiben aufzulegen, mit einer vor mehr als 30 Jahren oft und gerne gehörten sieht das schon anders aus: Chuck Mangiones Children Of Sanchez. Beim Titelstück erklingt die Stimme in einem luftigen virtuellen Raum. Die akustische Gitarre besitzt Körper und die unterschiedliche Intensität der Anschläge wird fein differenziert. Pauken und Trommeln kommen mit Macht, die Bläser strahlen vor Energie. Die Schnelligkeit und Dynamik der Arm/System-Kombination bringt der RP 102 ungeschmälert rüber. Die unterschiedlichen Gitarren sind stets gut unterscheidbar. Charles Meeks E-Bass rollt satt und wohl strukturiert. Da wird schnell wieder klar, warum ich vor Jahrzehnten von diesem Stück so fasziniert war – auch wenn es damals nicht annähernd so gut geklungen haben kann wie nun mit dem TRA 9 -12 Zoll, dem Tamino und dem Vitus RP 102. So schnell, wie sich die Begeisterung für das Titelstück wieder einstellte, so nachhaltig macht sich beim Rest der Doppel-LP Enttäuschung breit: Da folgen fast nur noch Variationen des bekannten Themas. Völlig daneben erscheint mir der erste Track auf der dritten Seite „Hot Consuelo“: eine hektische Up-Tempo-Version des Altbekannten. Dass das nicht die Schuld des Vitus ist, macht er zu Beginn der vierten Seite beim „Medley“ klar: Hier erklingen die vertrauten Melodien in satten Klangfarben in einem schön offenen, imaginären Raum. Doch genug von Chuck Mangione und dem vorzüglichen Transrotor-Duo, das übrigens hier wie auch bei Einsteins The Turntable's Choice auf eine Lastimpedanz von 40 Ohm arbeitete.

Drei Trafos und einige Kondensatoren zu Filterung befinden sich im separaten Netzteilgehäuse
Drei Trafos und einige Kondensatoren zu Filterung befinden sich im separaten Netzteilgehäuse

Auf der zweiten Position des LaGrange ist momentan der Thales Simplicity II montiert, in dessen Headshell das Lyra Olympos SL hängt. Meine jugendliche Begeisterung für Deep Purple muss wohl stärkere Spuren hinterlassen als gedacht: Bei Qobuz hatte ich Jon Lords Album Blues Project Live entdeckt und hin und wieder gestreamt. Als ich dann in Mint die Werbung für eine Ausgabe als Doppel-LP in blauem Vinyl entdeckte, musste ich sie einfach haben. Und das war kein Fehler: Schon beim Intro zu „Back At The Chicken Shack“ aus der Feder Jimmy Smiths lässt Jon Lord seine Hammond kreischen, blubbern und grooven. Die Band setzt ein und man bekommt ein Ahnung von der Atmosphäre des Clubs. Trotz des mitreißenden Drives und der Fülle an Energie bleibt das Klangbild gut durchhörbar. Lyra, Thales und Vitus machen diese Melange aus Rock und Jazz – das ist hier das krasse Gegenteil von Jazz-Rock – zu einem Hochgenuss! Fast genau mitreißend gerät dem Blues Project seine Version von „Hoochie Coochie Man“. Nein, ich werde Ihnen jetzt nicht von jedem einzelnen Song vorschwärmen. Einige Titel von Deep Purple, Tom Waits Komposition „Way Down In The Hole“ und Maggie Bell mit „Wishing Well“ sollten aber auch für Sie Grund genug sein, sich das Album zuzulegen


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