Bezeichnenderweise hört die neueste Evolutionsstufe des Röhrenvollverstärkers Ayon Crossfire nach den früheren römischen Ziffern I, II und III nun auf den Zusatz „Evo“. Mein Röhrenherz hüpfte vorfreudig, als ich erfuhr, diesen Klassiker mit seiner sehr speziellen Leistungstriode für einen Test nach Hause geliefert zu bekommen.
So ziemlich jeder einmal mit dem Röhrenbazillus infizierte HiFi-Freak kennt das Phänomen. Wie bei einem Junkie reicht die übliche EL34-Push-Pull Einstiegsdroge irgendwann einfach nicht mehr aus, früher oder später landet man schließlich bei Single-Ended-Trioden. Und von hier gibt es für diejenigen, die ihren süchtig machenden Eigenschaften erlegen sind – einschließlich dem Autor dieser Zeilen –, keinen Weg mehr zurück. Niemals. Wer kann sich auch schon dem musikalischen Charme einer 45, der unglaublichen Räumlichkeit einer 2A3, der knackigen Tieftonkontur einer 300B oder der fantastischen Klarheit einer RE604 entziehen? Nein, nein, der Weg zurück nach Sandhausen für ein kleines Quäntchen mehr Neutralität oder Linearität ist für uns Röhren-Junkies gar keine Option mehr.
Gleichwohl ist die Kehrseite dieser glanzvollen Medaille, dass sich mit zunehmender Triodensucht ein anderes, neues Problem immer mehr in den Vordergrund drängt: die Suche nach den passenden Lautsprechern. Mit Nennleistungen im einstelligen Wattbereich und de facto nicht existenten Dämpfungsfaktoren kannst du einfach keine Bäume ausreißen, sprich: Die Suche nach elektromechanisch leichter Kost für den Triodenverstärker, also geringen für diesen „sichtbaren“ Lautsprecherlasten, kann schnell zur Suche nach dem Heiligen Gral ausarten. Da hilft es auch nichts, sich selbst zu belügen mit der von Generation zu Generation weitergetragenen „Erkenntnis“, dass jedes Triodenwatt subjektiv locker mit dem Faktor fünf multipliziert werden könne. Ich weiß, wovon ich spreche. Klar, größere Trioden wie die 6C33C oder auch die 845 beziehungsweise die 211 sind im Eintaktbetrieb immerhin für fünfzehn bis zwanzig Watt gut. Fürderhin büßen diese größeren Trioden gegenüber ihren kleinen Kollegen meiner Wahrnehmung nach aber ein wenig der ihnen im Allgemeinen zugesprochenen Faszinationskraft ein und sie sind trotz etwas größerer „Leistungsreserven“ immer noch kein Allheilmittel für bockbeinige Lautsprecher. Achtzöllige, simpel beschaltete Vollbereichsbreitbänder, kleine Hörner, Open Baffle Lösungen, bei Wirkungsgraden ab 94 Dezibel pro Watt und Meter ist das alles generell kein Problem. Fundamentale Basswucht dagegen schon, denn das ist nicht gerade das Metier vorgenannter Schallwandler und bei zwölfzölligen Bassmembranen dagegen geht den mickrigen Kleinleistungstrioden einfach die Puste aus. Das ist halt dieses Spannungsfeld, mit dem Trioden-Maniacs sich meist ihr Leben lang rumplagen.
Hier kommt unser Ayon Crossfire Evo mit seiner Leistungstriode AA62B ins Spiel. Zu diesem gewaltigen Glaskolben erklärte mir Gerhard Hirt, Gründer, Chef und Inhaber von Ayon Audio, dass diese von Ayon selbst entwickelte Röhre auf dem Konzept einer 300B fußt. Sie wird von einer kleinen, feinen Truppe ehemaliger Tesla-Mitarbeiter gefertigt, die zum Beispiel auch die Emission-Labs-Röhren herstellt. Mit einer in der Praxis um die fünfundzwanzig Watt anzusiedelnden Ausgangsleistung bringt sie ungefähr drei Mal soviel Leistung an die Lautsprecherklemmen wie eine 300B, gleichwohl ist das gar nicht so sehr der entscheidende Faktor. Viel bedeutender wiegt die Tatsache, dass die AA62B schon fast brutal zu nennende vier Ampere Strom liefern kann! Der Vorteil dieser feisten, mit über zwei Ampere Gleichstrom geheizten Röhre von Ayon liegt klar auf der Hand: Auch große Tieftöner mit höheren Rückinduktionen über die Schwingspule, bedingt durch die Rückwärtsbewegung der Membran in Richtung Nullposition, bekommt diese Röhre dank ihrer Stromlieferfähigkeit und dem damit einhergehenden, relativ hohen Dämpfungsfaktor in den Griff. Die praktische Folge: saubere, straffe und klar konturierte Tieftöne anstatt sumpfig-subsonischem Gemurmel. So zumindest die graue Theorie.
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