Vom ersten Kontakt mit dem Crimson vor acht Jahren habe ich seine begeisternde Dynamik und seine extrem gute Raumabbildung in positiver Erinnerung, aber auch, dass es im Hochtonbereich kein Kind von Traurigkeit ist, was die hoch auflösende und eher nüchtern als einschmeichelnd spielende LumenWhite DiamondLight deutlich klar machte. Deswegen war ich mir nicht sicher, ob der „schnelle“, ebenfalls sehr fein durchzeichnende AMG der ideale Partner für das van den Hul sein würde – aber nur solange, bis die ersten Töne erklangen: Schon bei ersten Stück auf Dino Saluzzis Kultrum, „Kultrum Pampa“, ziehen einen die Stimme und die Percussion des Bandoneon-Virtuosen fast magisch in die Tiefe eines riesigen – virtuellen? – Raumes. Die tiefen Trommeln entfachen jede Menge Druck. Zusammen mit dem rhythmischen Gesang entwickeln sie einen Groove, dem man sich einfach nicht entziehen kann. Aber das alles ist nur die Einleitung zum Part mit dem Bandoneon: Das habe ich selten so detailliert und kraftvoll gehört. Bis zum letzten Song der LP, „Por El Sol Y Por La Luvia“, hält die Begeisterung für Dino Saluzzis Musik und die vorzügliche Reproduktion über das Crimson an: Auch hier sind es wieder die Triangel, eine Pauke, der Gesang und das Bandoneon, die mal den Wechsel von eingängiger Melodie und Rhythmus und dann wieder deren Gleichzeitigkeit zu einem Erlebnis machen. Um so schöner, wenn ein glaubwürdiger Raum, sich unmittelbar vermittelnde Spielfreude und jede Menge Dynamik hinzukommen! Diese bisher so ungemein positive Eindruck ist übrigens der Grund dafür, dass ich es ohne weitere Experimente beim Abschlusswiderstand von 85 Ohm belasse.
Bei den drei Alben Codonas, die ich mir dann gönne, fallen das sehr geringe Laufgeräusch und die wenigen, weit in den Hintergrund tretenden Knackser bei diesen wirklich oft gespielten Scheiben auf. Besonders bei „Goshakabuchi“ auf Codona 3 ist es bemerkenswert, mit welcher Attacke Don Cherrys Trompete einsetzt und wie lange sie im Nachhall des Raumes – oder doch dem von einer Hallplatte – zu hören ist, dazu dann später treibende Perkussion und ein Berimbau: ein Hochgenuss. Dem Crimson Stradivarius gelingt es ganz vorzüglich, jede Menge musikalische Spannung zu vermitteln und einen zu fesseln, ohne jemals Hektik oder Nervosität zu verbreiten. Gerade die teils exotischen Instrumentierung der Codona-Alben profitiert von den satten, aber nie zu warmen oder weichen Klangfarben des van den Huls, das mit mir jeder weiteren Scheibe besser gefällt.
Vor Jahrzehnten zählte John Abercrombie, Dave Holland, Jack DeJohnettes Gateway zu meinen Lieblingsscheiben. Wie sich nun beim abermaligen Hören herausstellte, mag ich es heute lieber ein wenig melodischer als früher. Die Themenvorstellung beispielsweise bei „Back – Woods Song“ macht noch durchaus Spaß. In Abercrombies Solo wird es dann aber zunehmend wilder. Dass ich im Anschluss noch beide Seiten bis zu Ende höre, liegt vor allem daran, dass die Becken zwar mit dem nötigen Biss rüberkommen, die Sounds der elektrischen Gitarre aber frei von jeglicher Schärfe sind. Zudem steht ihr ein extrem sonorer, druckvoller und bestens differenzierter Kontrabass sowie eine sehr realistisch anmutende, energiegeladene Bass Drum gegenüber. Die tonal rundum stimmige und emotional ansprechende jederzeit Abstimmung des Stradivarius macht für mich auch diese etwas schwerere Kost noch halbwegs genießbar.
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