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Test.
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Ferrum Erco

21.02.2022 // Dirk Sommer

Nach etwas mehr als einem Tag siegt dann doch die Neugierde, und ich höre kurz in das Album Changing Places des Tord Gustavson Trios rein: Das fein differenzierte „Deep As Love“ und „Graceful Touch“ mit seinem ruhigen Intro auf dem Schlagzeug hatten mich schon über den OOR begeistert, und, wenn mich meine Erinnerung nicht trügt, gibt der ERCO sowohl die Einschwingvorgänge als auch die Binnendynamik ähnlich überzeugend wieder. Schon jetzt steht für mich fest, dass auch der Klang des dritten Mitglieds der Ferrum-Familie über das gewisse Etwas verfügt, das den OOR zu etwas Besonderem macht. Da dieser schon im Herbst letzten Jahres meinen Hörraum wieder verlassen hatte, kann ich natürlich nicht entscheiden, wie nah der ERCO dem OOR kommt. Aber beide Kopfhörerverstärker besitzen eindeutig die gleichen klanglichen Gene: sehr schön!

Nach ein paar weiteren Tagen kommt dann ein Mytek Brooklyn DAC+ von einem Kollegen zurück, den ich ebenfalls mit einer Beipackstrippe mit dem Mac verbinde, nachdem auch er noch eine mehrstündige Aufwärmphase absolvieren konnte: Beim Mytek umgibt die Instrumente minimal weniger Luft und der Raum erscheint ein Stückchen kleiner. Der ERCO agiert einfach ein wenig fließender und betörender: Die Musik steht im Vordergrund und verdrängt jeglichen Gedanken an die Technik – und das war ja auch beim OOR schon so. Der Mytek hingegen erinnert in seiner präzisen und nüchternen Spielweise eher an den SPL Phonitor.

Der ERCO ist durchgängig symmetrisch aufgebaut. In der Kopfhörer-Ausgangsstufe arbeiten vier integrierte Verstärker
Der ERCO ist durchgängig symmetrisch aufgebaut. In der Kopfhörer-Ausgangsstufe arbeiten vier integrierte Verstärker

Um den Einfluss des HYPSOS auf denn Klang der ERCO bewerten zu können, zieht letzterer in eine feinere Umgebung um: Er findet ein Plätzchen in einem der Artesania-Racks im Hörraum und soll seine Daten von USB-Ausgang des Auralic Aries G2.1 beziehen. Das funktioniert trotz des ein oder anderen Neustarts des Aries jedoch nicht. Sollte das mit dem USB-C-Eingang des ERCO zu tun haben? Ich werde mit Marcin Hamerla über das Problem sprechen und Sie auf dem Laufenden halten – auch wenn ich sicher bin, dass die wenigsten Hifi-Begeisterten einen sehr hochwertigen Streamer mit einer Kopfhörerverstärker/Wandler-Kombination verbinden werden. In meiner Kette ist diese Variante einfach sehr praktisch: So wird der ERCO mit bestens aufbereiteten digitalen Signalen gespeist und das HYPSOS befindet sich in unmittelbarer Nähe. Deswegen gebe ich auch nicht so schnell auf und verbinde Aries und ERCO mit einen Audioquest Wild. Das klappt auf Anhieb. Um die Funktion zu testen, wähle ich Arild Andersens Album Mira und statt mit dem schon häufig erwähnten Titel „Raijin“ beginne ich mit „Bygone“: Tommy Smith spielt sein Tenorsaxophone sehr melodiös und einschmeichelnd, ohne Schärfen und Härten. Paolo Vinaccia tupft mit Becken und verhalten angeschlagenen Trommel den Rhythmus, und Arild Andersen lässt seinen Bass warm singen auch mal ein wenig schnarren. Das Trio scheint in einem größeren Raum zu agieren: Die Instrumente umgibt viel Luft. Ein Genuss!

Das Vierfachpotentiometer ist der symmetrischen Signalführung geschuldet
Das Vierfachpotentiometer ist der symmetrischen Signalführung geschuldet

Den kann das HYPSOS noch einmal steigern: Die Abbildung gerät noch freier und offener, das ein oder andere Detail mehr überschreitet die Wahrnehmungsschwelle, Kontrabass und Bass Drum gehen noch zupackender zur Sache, ohne dass der intensive musikalische Fluss darunter litte. ERCO, HYPSOS und Peacock lassen einen in Wohlklang schwelgen. Das soll aber keinesfalls heißen, dass man ohne Zusatznetzteil nicht auch extrem zufrieden Musik über Kopfhörer genießen kann. Um zu hören, was das HYPSOS bewirkt, wenn der ERCO allein als Wandler arbeitet, zieht er ins Wohnzimmer um. Ich aktiviere den Bypass Mode, verbinde die symmetrischen Ausgänge des ERCO mit Einsteins The Preamp und den koaxialen S/PDIF-Eingang mit dem entsprechenden Ausgang des Aries Femto – ja, Sie vermuten richtig: Der USB-Eingang des ERCO wird auch vom Femto nicht erkannt. Ob's an der koaxialen Verbindung liegt oder nicht, vermag ich nicht zu sagen, jedenfalls habe ich Schostakowitschs Symphonie Nr. 15 im Wohnzimmer schon lebendiger gehört. Auch die räumlich Abbildung wirkt ein wenig eingeschränkt. Als reiner Wandler überzeugt mich ERCO mit seinem serienmäßigen Schaltnetzteil im Zusammenspiel mit der in zwischen extrem hochauflösenden restlichen Kette nicht. Das ändert sich völlig, wenn der Ferrum-Wandler vom HYPSOS gespeist wird. Der ERCO klingt plötzlich wie ein DAC aus einer deutlich höheren Preisklasse. In dieser Anwendung möchte ich keinesfalls auf das HYPSOS verzichten. Mit ihm verwöhnt der ERCO mit einem großen, sehr realistisch anmutenden Raum, packender Dynamik, einer offenen, klangfarbenstarken Wiedergabe und schön in den musikalischen Fluss eingebundenen Details. Wer den ERCO als Wandler in einer sehr guten Kette verwenden möchte, kommt um die Investition in ein HYPSOS nicht herum. Diese Kombination zeichnet dann ein sehr kundenfreundliches Preis/Klang-Verhältnis aus!

Für die D/A-Wandlung verwendet Ferrum einen ES9028Pro
Für die D/A-Wandlung verwendet Ferrum einen ES9028Pro

Bleibt noch zu überprüfen, wie der ERCO als reine Vorstufe klingt. Dazu höre ich erst einmal ein paar Scheiben über den Brinkmann Avance mit Breuer und Titan i, wobei ein unsymmetrisch mit der Einstein-Vorstufe verkabelter Keces Sphono die Entzerrung und Vorverstärkung übernimmt. In dieser Anlagen-Konfiguration hatte ich vor diesem Test keine LPs im Wohnzimmer gehört und bin überrascht, was der Tausch des in die Jahre gekommenen Brinkmann Marconi, von dem es indessen eine MK-II-Version gibt, gegen den Einstein vor allem in Sachen Räumlichkeit gebracht hat. The Preamp macht es dem ERCO wirklich nicht leicht: Dennoch nimmt der Ferrum durch seine offene und dynamische Spielweise sofort für sich ein. Auch seine Raumdarstellung überzeugt, selbst wenn der – mehr als sechsfach teurere – Einstein noch eine minimal größere Bühne suggeriert. Selbst wenn der ERCO in Kombination mit dem HYPSOS allein eine Vorstufe wäre, dürfte man ihn zu Recht als Schnäppchen preisen. Aber gerade mit dem Zusatznetzteil ist er ja zudem noch ein sehr überzeugender D/A-Wandler und ein Kopfhörerverstärker, der seine klangliche Verwandtschaft zum hervorragenden OOR nicht leugnen will: der dritte große Wurf von Ferrum!

STATEMENT

Der ERCO überzeugt mich als Kopfhörerverstärker, in Kombination mit einem HYPSOS lässt er als Wandler in seiner Preisklasse und noch ein gutes Stück darüber hinaus keine legitimen Wünschen offen und mit dem firmeneigenen Netzteil hat er mich als Vorstufe rundum begeistert: eine erschwingliche Einstiegsdroge in die Welt des High End!
Gehört mit (im Wohnzimmer)
Laufwerk Brinkmann Avance
Tonarm Breuer Dynamic 8
Tonabnehmer Lyra Titan i
Phonostufe Keces Sphono
D/A-Wandler Mytek Manhattan II
Streaming-Bridge Auralic Aries Femto mit Ferrum Hypsos
Vorverstärker Einstein The Preamp
Endstufe Einstein The Poweramp
Lautsprecher Göbel Epoque Aeon Fine
Kabel Audioquest Dragon Bi-Wiring, Swiss Cables Reference (Plus), Habst Ultra III
Zubehör Einstein The Octopus, HighEndNovum Multivocal Resonator, Finite Elemente Cerabase, Audioquest Jitterbug, Sieveking Quantum Noise Resonator
Herstellerangaben
Ferrum Erco
Kopfhörer-Ausgang -5.8dB, +6dB, +17.8dB (symmetrisch), -11.8dB, 0dB, +11.8dB (unsymmetrisch)
Schaltung vollsymmetrisch, firmeneigene IC Leistungsverstärker
Stromversorgungseingänge 5,5x2.,5mm-Gleichstrombuchse, innen +, firmeneigene FPL-4-pol-Gleichstrombuchse
Analogeingänge Cinch (Hifi-Level; Pro-Level-Option mit Software-Update)
Digitaleingänge USB (bis zu PCM 384kHz / 32bit, DSD x256, DoP x128); S/PDIF optisch (bis zu PCM 96 kHz / 24bit, DoP x64); S/PDIF koaxial (bis zu PCM 192kHz / 24bit garantiert, bis zu PCM 192kHz / 24bit, DoP x64 möglich)
DAC chip ESS Sabre ES9028PRO
PCM-Abtastraten 44,1 / 48 / 8,.2 / 96 / 17,.4 / 192 / 352,8 / 384kHz
DSD-Abtastraten 2,8224 / 3,072 / 5,6448 / 6,144 / 11,2896 / 12,288MHz
MQA Decoder und Renderer
DAC-Auflösung PCM bis zu 384kHz / 32bit; DSD bis zu x256
Kopfhörer-Ausgangsbuchsen 4,4mm (TRRRS) symmetrisch; 6,35mm (TRS)c unsymmtrisch
Hochpegel-Ausgänge XLR (sym.) Cinch (unsym.) unbalanced RCA (beide Hifi-Level; Pro-Level-Option mit Software-Update)
Lautstärkeregelung analog, mit Bypass-Option für Hochpegel-Ausgänge
Frequenzgang 10Hz - 30kHz (±0,05 dB) 10Hz - >200kHz (±1dB)
Ausgangsleistung unsymmetrisch 300mW an 30 Ω, 1,7W an 50Ω
Ausgangsleistung symmetrisch 1,2W an 300Ω, 6,1W an 50Ω
Verzerrungen (sym. Ausgang) < 0,00018% / -115dB, 1mW an 16Ω; < 0,00018% / -115dB, 100mW an 16 Ω
Verzerrungen (unsym. Ausgang) < 0.00032% / -110dB, 1mW an 16 Ω; < 0,00057% / -105dB, 100mW an 16Ω
Dynamikumfang analog 130dB (A-weighted)
Dynamikumfang digital 120dB (A-weighted)
Eingangsimpedanz 47kΩ
Ausgangsimpedanz unsym. 22Ω am Vorstufenausgang
Ausgangsimpedanz sym. 44Ω am Vorstufenausgang
Ausgangsimpedanz Kopfhörer < 0,3Ω
Leistungsaufnahme <15W im Leerlauf
Netzteil 100-240V Wechselstrom zu 22-30V Gleichstrom
Abmessungen (B/H/T) 21,7/5/20,6cm
Gewicht 1,8kg
Preis 2.400 Euro

Hersteller
HEM Sp. z o.o.
Anschrift Aleje Jerozolimskie 475
05-800 Pruszków
Poland
Telefon +48 22 823 7238
E-Mail info@hem-e.com
Web ferrum.audio


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