Für die Hörsessions habe ich so ziemlich alles aus dem Plattenregal gegriffen, was mir gerade in die Hände fiel. Ein unbewusster Effekt, der mir erst später ins Bewusstsein drang, war, dass ich Platte für Platte aufgelegt und Musik gehört habe, ohne den Gedanken des eigentlichen „Testens“ im Sinn zu haben. Dabei ging die Phono-200 so emotional involvierend zu Werke, dass ich schließlich Lust hatte, doch etliche meiner Lieblingsscheiben rauszukramen. Also ging es weiter mit „Hells Bells“ von AC/DC (Back in Black, Atlantic Records, 1980): Dieses Stück offenbart unmittelbar jede Schwäche im Tieftonbereich. Die wuchtigen „Höllenglocken“ gleich zu Beginn des Intros schepperten so richtig schön fett, schwarz und sonor; dieses Erlebnis würde ich mir mal eins-zu-eins in St. Paulis Millerntorstadion beim Einlaufen der Mannschaften wünschen… Aber auch Gitarrenriffs, Drums sowie Brian Johnsons Gesang offenbarten schlicht pure Spielfreude. Wenn ich wollte, konnte ich zwar allen kleinen, noch so feinen instrumentalen Verästelungen folgen, aber die Paltauf Phono-200 war bei Leibe kein Analytiker. Ihr hohes Differenzierungsvermögen stellte sie voll in den Dienst der ganzheitlichen Performance, die Musik wirkte einfach immer „wie aus einem Guss“.
Noch mehr Gänsehaut bekam ich bei der Rock-Ballade „Ride on“ von AC/DC (Dirty Deeds Done Dirt Cheap, Atlantic Records, 1976). Der weite (virtuelle) Raum ließ jedem Instrument mächtig viel Luft zum Atmen und transportierte insbesondere diese unglaubliche Lässigkeit in der Stimme von Bon Scott mit schon fast unheimlicher Authentizität. Sein Gesang klang so kraftvoll und energiegeladen wie ich es selten zuvor erlebt habe, und ich glaube ein wesentlicher Grund hierfür liegt darin, dass die Paltauf Phono-200 keinerlei Störartefakte hinzufügt, was die eingangs erwähnte Feststellung eines blitzsauberen elektrischen und schaltungstechnischen Aufbaus stützt.
Eine weitere Besonderheit, die mir im Laufe der vielen Hörsessions aufgefallen war, ist das Vermögen der Phono-200, S-Laute sehr sauber aufzulösen und darzustellen. Insbesondere bei Frauenstimmen haben viele Komponenten so ihre liebe Not damit – und zwar nicht nur in der Gerätegruppe der Tonabnehmer! Da wird bisweilen gelispelt und gezischelt, dass es einem die Schuhe auszieht… Aber nicht so die Phono-200! Feinste Sibilanten kamen mit einer blitzsauberen Akkuratesse, seidig-weich und präzise – toll! Dabei legte sich die Phonostufe von Paltauf an der Schnittstelle zwischen silberfarbener Analytik und herbstlich goldenen Klangfarben stets ganz leicht auf die diesseitige, angenehm warme, vollmundigere Seite. Hier fühlte ich mich persönlich jedenfalls perfekt aufgehoben!
Auch grobdynamisch war alles in bester Ordnung. „Überlin“ des letzten Albums Collapse into now von R.E.M. (Warner Brothers, 2011) oder „Man on the Moon“, „Everybody Hurts“ und „Nightswimming“ (Automatic for the People, Warner Bros. Records, 1992) durften jetzt bei ziemlich hohen Lautstärken mithelfen auszuloten, ob die Paltauf etwaige Schwächen offenbarte. Aber nix da. Ansatzlos, pfeilschnell und mit zackiger Diktion rockten die beiden Kistchen, dass kein Auge trocken blieb.
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