Das Kreuz, auf das die mehrlagigen Spulen aus Aucurum – goldbeschichtetem 6-N Kupfer – gewickelt werden, ist beim Anna Diamond eisenfrei, besitzt aber beim Verismo wie beim Windfeld Ti eine eher geringe Permeabilität. Dadurch soll der Einfluss der bewegten Armatur auf das Magnetfeld minimiert werden. In der neu entwickelten Gummimischung für das bewährte „Wide Range Damping System“ mit zwei von einer Platinscheibe getrennten Dämpfungsgummis kommen als hocheffizienter Nano-Füllstoff erstmals mehrwandige Kohlenstoff-Nanoröhren zum Einsatz. Sie sollen zum optimalen Zusammenspiel zwischen Nachgiebigkeit und Dämpfung beitragen. Über Zubehör, Verpackung und Präsentation kann ich leider nichts sagen, da mein Testexemplar einer Vorserie entstammt.
Schön, dass Leif Johannsen im Interview schon eine Menge über die Technik des Verismo erzählt hat. So kann ich es bei der kurzen, obigen Beschreibung belassen und gleich zu den Höreindrücken kommen – wenn auch nicht sofort. Von meinen Besuchen bei Ortofon weiß ich, dass man sich dort bei der Montage der Abtaster viel Mühe gibt: So steht an den Werkbänken eine optische Apparatur, mit der sich die Nadel sehr genau gegenüber dem Spulenträger ausrichten lässt. Ebenso präzise werden die beweglichen Teile im Gehäuse montiert. Bei einem Ortofon-Tonabnehmer würde ich mich daher in einem ersten Schritt bedenkenlos an den Gehäusekanten orientieren, um das System und damit den Nadelträger parallel zu den Kanten des Headshells auszurichten. Nur leider hat Leif Johannsen beim Gehäuse des Verismo parallele Flächen und rechte Winkel geflissentlich vermieden, um Resonanzen möglichst wenig Ausbreitungsmöglichkeiten zu bieten. Die Montage des Verismo in den Tonarm erfordert daher schon ein wenig Augenmaß. Und da ich gerade beim Kritisieren bin: Warum für die Systembefestigung Sacklöcher und keine durchgehenden Bohrungen gewählt wurden, ist mir nicht eingängig. Meine Vermutung: Natürlich sieht die kleine technische Skulptur viel eleganter aus, wenn keine Schrauben oder Bohrungen zu sehen sind. Da muss ich eben nach Schräubchen in der richtigen Länge suchen. Bei der Serienversion wird das nicht nötig sein: Ortofon packt dem System ein Auswahl Schrauben unterschiedlicher Längen bei.
Da Helmut Thiele und Leif Johannson das Verismo zur Zeit des Interviews für eine Vorführung in einem Thiele TA01 montiert hatten und mit dem klanglichen Ergebnis rundum zufrieden waren, machte ich es im meinem Hörraum genau so. Es ist fast schon Tradition, dass ich mir mit dem ebenso swingenden wie wohlklingenden Album Big Blues von Art Farmer & Jim Hall einen ersten Eindruck einer Arm/System-Kombination verschaffe. Die packenden Rhythmen, die Klangfarben von Flügelhorn, Vibraphon und Gitarre machen die Scheibe zu einem Genuss. Das ist auch beim Verismo im TA01 nicht anders. Anders als gewohnt ist allerdings, mit welcher Attacke und Geschwindigkeit die Einsätze der Instrumente rüberkommen. Gut, die Göbel Epoque Aeon Fine sind in der Lage, Einschwingvorgänge sehr präzise zu reproduzieren, doch den Big Blues habe ich schon häufiger über die Biegewellenstrahler gehört – aber wohl nie mit derart realistisch wirkenden Transienten. Ein wenig salopper formuliert: Das Verismo ist ungeheuer schnell.
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