Schlüsseln wir das Ganze einmal auf: Der neue Prozessor und größere Arbeitsspeicher machen sich durchaus positiv bemerkbar. Mein R6 benötigt hier und da schon mal eine kleine Gedenksekunde, das neue Modell navigiert deutlich flüssiger. Das größere und besser auflösende Display macht die Bedienung angenehmer und verleiht dem Player eine noch größere Wertigkeit. Mit einem Kartenslot für Micro-SD-Karten, die inzwischen mit einer Kapazität von bis zu einem Terabayte erhältlich sind, mag die Vergrößerung des internen Speichers fast obsolet erscheinen, für mich ist jedoch auch dies ein Mehrwert. Nicht weil ich mehrere hundert Apps installieren möchten, sondern weil ich Streaming- Dienste wie TIDAL inzwischen deutlich mehr nutze. Somit lege ich eine ganze Menge Offline-Alben von TIDAL auf dem internen Speicher ab. Die zusätzliche Speicherkarte bleibt meiner „normalen“ Musiksammlung vorbehalten. So bleibt alles schön sortiert und es gibt kein Chaos. Ich kann die SD-Karte zum Bespielen auch mal eben schnell entfernen und meine TIDAL-Datenbank bleibt trotzdem intakt. Obwohl ein Entfernen der Speicherkarte eigentlich nicht mehr nötig ist. Die USB 3.1-Schnittstelle stellt keinen Flaschenhals beim Beschreiben der Speicherkarte mehr dar und dies kann getrost im Gerät erfolgen. Android 9 ist zwar vergleichsweise alt, aber der Konkurrenz trotzdem voraus. Gerade da HiBy es versteht, Android selbst größtenteils unangetastet laufen zu lassen und hauptsächlich audioseitig einzugreifen. Der wenig veränderten Android-Version kann nicht nur einfacher ein Update verpasst werden, sondern das Zusammenspiel mit verschiedensten Apps aus dem Playstore funktioniert uneingeschränkt und problemlos – auch und vor allem auf Audio-Ebene. Dass beispielsweise TIDAL MQA 16-fach, also mit bis zu 768 Kilohertz, auf einem mobilen Android-Gerät entpacken kann, ist schon beeindruckend. HiBy umgeht wie üblich die Samplingraten-Limitierung von Android und kann so alle Samplingraten nativ abspielen. Während des Testzeitraums kam übrigens direkt ein Update raus. Der Lautstärkeregler lief etwas stockelig und nicht jeder Rasterklick wurde als solcher erkannt. Dieses Problem hat das Update behoben. Außerdem ist es jetzt möglich, in Androids Dropdown-Menü das Display dauerhaft um 180 Grad zu drehen. Man kann sich also aussuchen, ob man den Lautstärkeregler oben und die Anschlüsse unten oder vice versa betreiben möchte. Im Vergleich zu meinem alten R6 fällt auch das WLAN-Modul im Player deutlich leistungsstärker aus. Es verbindet sich bei Aktivierung immer innerhalb weniger Sekunden mit meinem Heimnetzwerk bei konstant besserem Empfang. Bei meinem alten R6 hat dies auch mal bis zu 30 Sekunden gedauert. Die Bluetooth-Schnittstelle habe ich zur Audiowiedergabe zwar nicht genutzt, aber auch sie unterstützt mit UAT, LDAC, aptX, aptX HD, AAC und SBC viele verschiedene Standards.
Trotz all dieser Verbesserungen gibt es für mich zwei kleine Kritikpunkte. Leider wird keine Hülle mehr mitgeliefert. Eine hübsche Kunstlederhülle war auch bei den älteren Modellen nur als Zubehör erhältlich, aber diese wurden wenigstens mit einer Plastikhülle ausgeliefert. Zwar ist das Aluminiumgehäuse extrem robust, aber nur mit einer Hülle lassen sich Kratzer effektiv vermeiden. Außerdem ist der Lautstärkeregler nicht mein Fall. Optisch und haptisch macht er einiges her. In der alltäglichen Bedienung sind die schlichten Tasten meines alten R6 nach meinem Empfinden jedoch funktionaler. Der neue Regler ist nämlich kein analoges Potentiometer, sondern ein Encoder. Er sendet bei Betätigung mit jedem Rasterklick einfach nur einen Befehl an die softwareseitige, einhundertstufige Lautstärkeregelung. Halte ich den Player in der Hand, tippe ich den Encoder meist eh nur einmal kurz an, um die Lautstärkeanzeige auf dem Display zu öffnen. Diese ist kein kleiner Dialog am Bildschirmrand mit friemeligem Regler wie sonst von Android bekannt, sondern das gesamte Display dient zur Einstellung der Lautstärke durch vertikales Wischen. In der Praxis geht die Einstellung der Lautstärke so zuverlässig und vor allem viel schneller von der Hand als das Durchklicken eines gerasterten Dreh-Encoders. Auch in der Tasche macht es für mich keinen Unterschied, ob ich blind einen Dreh-Encoder oder die zwei Knöpfe meines alten R6 suchen muss. Knöpfe sind sogar noch praktischer, da sie bei einem dünnen Stoff der Tasche sogar durch den Stoff hindurch bedient werden können. Ich persönlich würde mir für den R6 2020 wünschen, dass der Lautstärkeregler durch Knöpfe ersetzt würde und eine hochwertige Hülle beiläge.