Der experimentierfreudige norwegische Musiker Ihsahn, der normalerweise abgrundtief böse Gitarrenstürme und Gekreische vom Stapel lässt, hat sich auf seiner neuen Solo-EP Pharos an allgemeinheitstauglicherem Material versucht. Gemeinsam mit Einar Solberg, den sie bereits in einem meiner anderen Hörtests als Frontmann von Leprous kennengelernt haben, hat er „Manhattan Skyline“ von a-ha gecovert. In diesem Fall geht es glücklicherweise tatsächlich um die norwegische Popgruppe und nicht um Abstand, Hygiene und Alltagsmasken. Einars Stimme ist wie geschaffen für diesen Song und wird von Kopfhörerverstärker und Kopfhörer eindrücklich reproduziert. Mit einem durchdringenden Kern und einer großen Natürlichkeit steht er in der Mitte des musikalischen Geschehens. Im Stereopanorama umspielen sich das vordergründige Synthsample und der dahinterliegende, weiter nach außen gepannte Sägezahnbass. Im von der E-Gitarre getragenen Chorus ist auch der weitere pulsende Synthesizer gut auszumachen, der rhythmisch mit der Gitarre zusammen agiert. Der kleine Kopfhörerverstärker vermag den Sendy sehr linear und kraftvoll anzutreiben. Gemeinsam präsentieren sie sauber umrissene und präzise Bässe, einen subjektiv verfärbungsfreien Mittenbereich und gut aufgelöste Höhen. Die Bühnenbreite ist für meinen Geschmack und die Kopfhörerwiedergabe perfekt getroffen, nur deren Tiefe lässt etwas zu wünschen übrig. Ein Wechsel zum symmetrischen Ausgang schafft tatsächlich Abhilfe. Das gesamte Klangbild wirkt nicht nur aufgeräumter, sondern erhält die vermisste Tiefe. Sänger Einar rückt weiter aus der Instrumentation heraus. Die verschiedenen Synthsounds, Gitarren und Drums sind nun nicht mehr nur klar voneinander zu unterscheiden, sondern scheinen sich regelrecht zu trennen und eigene prominente Ebenen im Mix einzunehmen. Die Hi-Hat ist nicht mehr nur Beiwerk, sondern verfügt jetzt über den typisch erdig zischenden Klang, der aus Zusammenspiel des hölzernen Schlagzeugstocks und der Becken selbst entsteht. Die Musik wirkt lebendiger und kann sich gefühlt freier entfalten. Verstärker und Kopfhörer musizieren gemeinsam weit ab vom üblichen Mainstream und zeigen, was auch mit einer vergleichsweise moderaten Investition an Wiedergabequalität möglich ist. Im Direktvergleich bringt der symmetrische Ausgang des ZEN CAN den micro iDSD eher in Bedrängnis als der unsymmetrische. Ein Fünkchen mehr Musikalität und Eleganz sowie ein feiner gezeichneter Hochton lassen dem micro iDSD dennoch einen Hauch Vorsprung.
Wie verträgt sich die kleine Silberbox mit In-Ears? In dieser Disziplin schwächeln viele Kopfhörerverstärker. Zu oft konzentriert sich ihre Auslegung auf unbändige Power für den Betrieb leistungshungriger Kopfhörer. Das führt an In-Ears dann oft zu unausweichlichen Rausch-Orgien. Besitzer sehr empfindlicher In-Ears und Ohren suchen mitunter lange nach einem passenden Verstärker für ihre tonal so geschätzten In-Ears. iFi selbst ist eine der zuverlässigsten Adressen für diese Frage. Der iFi micro iDSD Black Label wird nicht umsonst als Schweizer Taschenmesser unter den Kopfhörerverstärkern gehandelt. Der ZEN CAN hat mit ihm also harte Konkurrenz. Ich zücke die berüchtigten In-Ears des Rausch-Schreckens, meine ultra-empfindlichen Vision Ears VE6 X2 und verbinde sie unsymmetrisch mittels eines Furutech CF63-Klinkenadapters mit dem ZEN CAN. Sie sind zwar wählerisch was den Verstärker angeht, belohnen den Hörer, wenn es passt, jedoch mit In-Ear-Klang der Referenzklasse. Am ZEN CAN herrscht nahezu absolute Rausch-Ruhe, und das soll am VE6 schon was heißen! Der kleine Verstärker steckt hiermit eine Vielzahl an um ein Vielfaches teurere Kopfhörerverstärker in die Tasche. Vorausgesetzt, man legt Wert auf absolute Ruhe während Pianissimos oder bei leisen Hörlautstärken und besitzt einen ähnlich empfindlichen In-Ear wie den VE6. Dazu zählen hauptsächlich Multi-BA In-Ears – vom günstigen Allerweltsmodell, bis hin zu Topmodellen von Jerry Harvey, Ultimate Ears oder auch Vision Ears‘ Erlkönig. Der ZEN DAC spielt mit dem VE6 ebenso neutral und ausgeglichen wie bereits mit dem Sendy Aiva. Um dem analogen Lautstärkepoti einen sinnvollen Regelweg zu geben, bleibt mir allerdings nichts anderes übrig, als den digitalen Lautstärkeregler im Zuspielprogramm runter zu drehen. Bei einem derart empfindlichen Modell geht das schon in Ordnung, da der Kopfhörerverstärker durch sein geringes Rauschlevel die sinnvolle Nutzung von vielen In-Ears überhaupt erst möglich macht. Diesbezüglich kann ich nicht anders, als eine große Empfehlung auszusprechen. Noch besser geht es nur noch mit iFis IE-Match oder dem micro iDSD BL, der noch mehr Mikrodetails zu Tage fördert.