Nach etwas über drei Jahren bringt Audioquest ein neues Topmodell seiner erfolgreichen DragonFly-Serie heraus. Dabei geht es nicht um die Wiedergabe immer höherer PCM- oder DSD-Abtastraten – die könnte der verwendete Wandler zwar auch –, sondern allein um mehr Wohlklang.
Als Wandler-Chip für dem Cobalt wählte Audioquest ESS-Sabres bestes Modell für den mobilen Einsatz, den ES9038Q2M, der in der Lage ist, PCM-Datein bis 384 Kilohertz und DSD256 wiederzugeben. Mitentscheidend für die Wahl des 9038 dürfte gewesen sein, dass er wie seine Vorgänger ein Minimum-Phase-Filter anbietet, für das nun aber auch eine Slow-Rolloff-Charakteristik verfügbar ist, die Wärme und Detailfreudigkeit aufs Feinste verbinden soll. Im DragonFly akzeptiert der ESS-Sabre maximal 24 Bit und 96 Kilohertz. Deshalb ist er mit allen Desktop- und Mobilgeräten, unabhängig davon, ob sie mit einem Betriebssystem von Android oder Apple oder mit Windows 10 arbeiten, ohne die Installation eines Treibers sofort einsatzfähig. Hier entschieden sich die Entwickler für Plug And Play statt das sonst in der Branche weitverbreitete Höher, Schneller, Weiter. Und das dürfte jeder gut nachvollziehen können, der sich fragt, wie viele Dateien mit einer Abtastrate von über 96 Kilohertz er auf seinen (Mobil-)Geräten gespeichert hat. Der Chip, mit dem der Kopfhörerverstärker realisiert wurde, ist derselbe, der auch im DragonFly Red zum Einsatz kommt, der ESS Sabre 9601,der eine Ausgangsspannung von bis zu 2,1 Volt liefern kann. Die Lautstärkeregelung wird wie beim Red digital im Wandler-Chip vorgenommen, arbeitet mit 64 Bit und soll Bit-perfekt funktionieren. Den Micro-Controller und das Programm zur Steuerung des Wandlers hat wie bei den Vorgängermodellen Gordon Rankin zu verantworten. Für den Cobalt wählte er den Microchip PIC32MX274, der zwar nicht mehr Features bietet als der Controller des Red, dafür aber weniger Strom verbraucht und mit einer um ein Drittel höheren Geschwindigkeit zu Werke geht. Gordon Rankin entwickelte auch die monoClock-Techologie für die DragonFlys, bei der ein vom ESS-Wandler-Chip generiertes Clock-Signal den Kopfhörerverstärker und den Micro-Controller taktet, was zu einer höheren Auflösung als bei einer Konfiguration mit mehreren Clocks führen soll. Besonderer Wert wurde beim Cobalt auf eine bessere Filterung der Versorgungsspannung gelegt. Dabei greift Audioquest auf Erkenntnisse zurück, die kürzlich bei der Entwicklung der Niagara Netzaufbereiter gewonnen wurden. Eine Ableitung von Rauschen auf der Versorgungsspannung sei wegen der zunehmenden WLAN-, Bluetooth- und Smartphone-Störungen klangentscheidend. Ob diese Maßnahmen den Einsatz eines Jitterbugs, der unter anderem ja auch auf diesem Gebiet tätig wird, obsolet machen, muss ein Hörtest zeigen. Aber dazu später.
Wegen seiner geringen Baugröße empfiehlt sich der Cobalt natürlich zur Verbesserung des Klanges eines Smartphones. Deswegen werde ich ihn mit einem iPhone 7 ausprobieren, höre aber zuvor erst noch mit dem DragonFly Red eine Handvoll Songs. Wenn der beispielsweise einen Audioquest NightOwl speist, klingt Musik aus dem Smartphone richtig erwachsen: Da fehlt weder an den Enden des hörbaren Frequenzgangs das Mindeste, noch mangelt es den Tracks an Groove. So wird etwa Gianluigi Trovesis „Herbcap“ vom Album Dedalo zum reinen Genuss. Auch wenn das Klangbild nach dem sukzessiven Einsatz der einzelnen Musiker immer dichter und das Thema zunehmend freier interpretiert wird, bleibt die Wiedergabe frei von Härten, gut durchhörbar und wohlgeordnet. Der Cobalt macht dann aber in kurzer Zeit klar, dass er noch ein wenig mehr kann: Er trennt die Instrumente besser von einander, umgibt sie mit mehr Luft, beleuchtet das ein oder andere Detail ein bisschen stärker und gibt den Musikern mehr Freiheit, sich von der gedachten Linie zwischen Ohren zu entfernen. Ich kann zwar nicht von Vorne-Ortung sprechen, aber beim Cobalt macht man sich einfach weniger Gedanken um die Position der Instrumente und entwickelt eine konkretere Vorstellung von der Größe des Ausnahmeraums.
Das gilt übrigens nicht nur, wenn der Cobalt einen firmeneignen Schallwandler antreibt. Auch mit dem Audeze EL-8 Titanium harmoniert der Dragonfly: Er stellt genügend Leistung bereit, so dass der Magnetostat seine Stärken im Bassbereich demonstrieren kann. Direkt nach dem Wechsel vom NightOwl wirkt der Achter im Präsenzbereich jedoch ein wenig vorlaut. Aber ich möchte an dieser Stelle die Diskussion um die sehr eigenständige tonale Abstimmung des NightOwl, an die ich mich zuvor ja gewöhnt hatte, nicht wieder neu entfachen und wechsele zum in Sachen Leistungsaufnahme noch anspruchsvolleren LCD-X. Aber auch den treibt der Cobalt völlig unbeeindruckt – ansonsten würde der große Audeze sein hohes Niveau nicht so klar erkennen lassen. Hier stimmt dann auch wieder die tonale Balance, es gibt anders als beim EL-8 keine – wenn teilweise auch charmanten – kleine Abweichungen vom linearen Pfad der Tugend, dafür aber eine Fülle an Klangfarben. Erstaunlicherweise kommt bei diesem so ungleichen Duo – der LCD-X kostet ein Vielfaches des Cobalt – nie der Gedanke auf, zwischen den beiden bestünde ein Missverhältnis: Musikalisch begegnen sie sich auf Augenhöhe. Da könnte man fast versucht sein, den schweren Audeze auch mobil einzusetzen. Der kleine und leichte Cobalt korrigiert die Masse des Duos ja wieder nach unten…