Als erstes habe ich mir Puccinis Oper La Bohème in der Aufführung mit Herbert von Karajan sowie Mirella Freni und Luciano Pavarotti in den Hauptrollen herausgesucht. Bei Puccini denkt man vielleicht nicht unbedingt zuallererst an Karajan, aber die Interpretation ist hervorragend, die Berliner spielen hier, als hätten sie italienisches Blut in den Adern. Zudem ist die Klangqualität – wie bei fast allen Aufnahmen aus der Decca Glanzzeit – hervorragend.
Hier zeigt sich gleich am Anfang des dritten Aktes, dass die Ausgangsstufe locker in der Lage ist, die Endstufen anzutreiben und den spektakulären Orchestereinsatz glaubwürdig ins Wohnzimmer zu holen. Zudem kann der Server die Bühne in seiner ganzen räumlichen Ausdehnung hervorragend darstellen. Die Bewegungen der Sänger und die einzelnen Positionen untereinander sind leicht zu erkennen. Aber es geht hier natürlich um mehr; ich habe diese Oper in München seinerzeit mit Mirella Freni gehört und die Zuhörer reihenweise mit dem Taschentuch in der Hand gesehen. Wenn diese Stimmung nicht rüber kommt und man nebenbei Zeitung lesen kann, dann macht die Anlage etwas Entscheidendes falsch. Jedenfalls habe ich diese Aufnahme über digitales Equipment noch nie so dramatisch und emotional erlebt, wie mit dem S-5.
Szenenwechsel, Joe Newman at Count Basie’s. Der Altmeister am Piano spielt hier nicht mit, es handelt sich hier um eine Aufnahme aus dem Jazzclub Count Basies in New York. Newman hat selbst in der Basie Bigband gespielt und versuchte später eine Brücke zwischen der ausklingenden Swingära und der Bebob Zeit zu schlagen. Bei dieser Aufnahme ist die Clubatmosphäre ungewöhnlich gut eingefangen. Man hört genau, wie die Musiker untereinander kommunizieren und sich gegenseitig anfeuern. Die Geräuschkulisse des Publikums in den leisen Passagen vermittelt das Gefühl, mit dabeizusein. Dies sind natürlich nur Nebengeräusche und haben mit der Musik nichts zu tun, aber bei Live-Aufnahmen sind sie einfach das Salz in der Suppe. Insbesondere, wenn sie so natürlich wie hier übermittelt werden. Beim ersten Titel, „Caravan“, geht es gleich richtig zur Sache. Hier fetzt die Band ganz schön los, was im Zusammenhang mit der Geräuschkulisse eine unheimlich brodelnde Live-Atmosphäre vermittelt. Die eingangs vehement gespielten Tom-Toms von Ed Shaughnessy am Schlagzeug sind förmlich im Raum zu sehen, auch wenn Shaughnessy hier zwei Meter lange Arme zu haben schien. Ein alter Aufnahmefehler aus den Anfängen der Stereozeit, mit dem man die Vorzüge der Stereowiedergabe verdeutlichen wollte.
Beethoven Klaviersonaten, interpretiert von András Schiff. Ein Konzertflügel gehörte schon immer zu den Instrumenten, die schwierig wiederzugeben sind. Ältere Leser kennen vielleicht noch Schröder von den Peanuts mit seinem Kinderklavier. Bei manchen Klavieraufnahmen fallen mir sofort diese Comics wieder ein. Die Schwierigkeiten liegen nun nicht nur am Tonumfang von bis zu acht Oktaven – die tiefen Basssaiten reichen bei einem Konzertflügel Flügel bis zum Subkontra A mit einer Frequenz von 27,5 Hertz, beim Bösendorfer Imperial 290 sogar bis 16,4 Hertz –, sondern auch an der extremen Dynamik, zu der dieses Instrument fähig ist. Schiff spielt hier auf einem „tiefergelegten“ Steinway Grand, umgebaut von Angelo Fabbrini in Pescara. Tuning gibt es also nicht nur bei Autos. Allerdings sind die Instrumente von Fabbrini wohl so perfektioniert, dass namhafte Interpreten wie Pollini, Ashkenazy, Barenboim oder eben András Schiff bevorzugt auf diesen Instrumenten spielen.
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