Vor beinahe drei Jahren stellte ich an dieser Stelle die Frage: DSD, ein Format mit Zukunft? Die scheint heute entschieden. Fast jeder neue Wandler kann zumindest DSD mit doppelter Frequenz wiedergeben, manche Hersteller werben schon mit achtfach DSD (512x oder 22,6MHz). Alles bestens also? Nicht ganz
Zu Beginn werde ich kurz prüfen, ob Andreas Kochs Argumente für DSD aus dem oben genannten Artikel auch heutzutage noch Gültigkeit besitzt. Das Thema des zweiten Teils ist es, wie schwierig, wenn nicht gar unmöglich es ist, auf puristische Art DSD-Files mit hoher Abtastrate zu erzeugen, ohne dabei eine PCM-Wandlung in Kauf nehmen zu müssen. Danach geht es darum, was denn wohl mit dem DSD-Daten im Chip-Satz unserer heimischen D/A-Wandler passiert. Und dann gibt es dennoch einen halbwegs versöhnlichen Schluss!
Als großen Vorteil von DSD nennt Andreas Koch die Tatsache, dass hier das 1-Bit-Signal auf der SACD oder als File gespeichert wird, das ein Delta-Sigma-Analog/Digital-Wandler ausgibt und das dann im heimischen Player oder DAC wieder mit einem Delta-Sigma-Wandler ins Analoge zurück übersetzt wird. Bei PCM hingegen wird der 1-Bit-Datenstrom aus dem Delta-Sigma-Wandler in ein PCM-Signal umgerechnet und in diesem Format gespeichert. Im CD- respektive DVD-Player oder im am Computer angeschlossenen Wandler werden dann die PCM-Daten wieder in einen 1-Bit-Datenstrom zurückgerechnet, bevor der Delta-Sigma-Wandler seiner Aufgabe nachkommt. Die bei der Umrechnung von DSD in PCM und danach von PCM in DSD eingesetzten Algorithmen seien dem Klang aber gewiss nicht zuträglich. Bei DSD könne man auf die Umrechnungen verzichten und habe so einen direkteren Signalweg: eine durchaus einleuchtende Argumentation.
Nur übernehmen heute in den allermeisten Fällen aber keine 1-Bit-Delta-Sigma-Converter mehr die A/D- und D/A-Wandlung. Ende des letzten Jahrhunderts galt der 5-Bit-Ring-DAC von dCS noch als klanglich überzeugende Neuerung. Heute arbeiten fast alle Analog-Digital-Wandler mit mehren Bit – meist 5 bis 8 – und einer Abtastrate im Megahertz-Bereich. Danach wird das Signal in DSD oder PCM umgerechnet. Einzige erwähnenswerte Ausnahme ist der diskret aufgebaute 1-Bit-Wandler von Grimm, der aber leider nur einfach DSD (64x oder 2,8MHz) ausgibt. Die Mehrzahl der D/A-Wandler arbeitet ebenfalls mit mehreren Bit und einer hohen Frequenz. Und das heißt, dass sowohl DSD- als auch PCM-Files mit Hilfe unterschiedlicher Algorithmen so umgerechnet werden müssen, dass der Wandler-Chip sie versteht. Der theoretische Vorteil von DSD ist zusammen mit den 1-Bit-Delta-Sigma-Wandlern verschwunden.
Nach der High End 2012 war es Stig Bjørge, der Chef von Lyra, dem japanischen Hersteller von Edel-Tonabnehmern, der mich wieder für das Thema DSD sensibilisierte. Er experimentierte damals schon mit Files und Wiedergabegerätschaften mit vierfacher Frequenz (256x oder 11,3MHz). Die 1-Bit-Dateien mit dieser Abtastrate konnten allerdings weder direkt aufgenommen oder aus analogen Quellen gewandelt werden. Sie ließen sich nur auf rechnerischem Wege aus DSD-Daten niedrigerer Auflösung erstellen. Und das wirft natürlich die Frage auf, ob man D/A-Wandler braucht, die diese Files verarbeiten können. Heute sind wir ein gutes(?) Stück weiter und erklärte DSD-Fans wie der Kollege Dr. David Robinson, Chefredakteur unseres Kooperationspartners Positive Feedback, überspielt gute alte Tonbänder auf vierfach DSD und schwärmt in den höchsten Tönen von die Qualität dieser Files. Dazu verwendet er die Mehrkanal-A/D-Wandler der schweizer Firma Merging Technologies, Horus und Hapi, die Sie hier beschrieben finden, wenn Sie ein wenig nach unten scrollen. Das sind meines Wissens nach momentan die einzigen Wandler, die mit 11,3 Megahertz arbeiten können. Sie geben ihr Signal allerdings nur an Digitale Audio Workstations (DAW), also Computer mit der entsprechenden Software, aus. Merging Technologies hat sich hier mit Pyramix einen Namen gemacht. Aber beim Thema Audio-Software und DSD bin ich grundsätzlich skeptisch. Warum? Dazu muss ich ein wenig weiter ausholen.
Vielleicht erinnern Sie sich an den zweiten Artikel von Hifistatement zum Thema DSD, in dem ausgeführt wurde, dass das Bearbeiten von Ein-Bit-Files wie etwa das Ändern der Lautstärke, Mischen von Signalen oder schlichtes Ein- oder Ausblenden prinzipbedingt nicht möglich ist – außer man rechnet das DSD-File in PCM um und nach dem klanglichen Eingriff dann wieder zurück in DSD? Und ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass die Umrechnungen absolut verlustfrei vor sich gehen. Laut Stephan Hotto, dem Entwickler der MusicScope-Software fügt die Umrechnung dem Signal zumindest Rauschen hinzu. Da eine Software wie Pyramix die Bearbeitung von DSD-Files erlaubt, muss sie auch die Wandlung in PCM unterstützen. Ich möchte meine DSD-Files aber nicht einem Programm anvertrauen, das zumindest bei einigen Bearbeitungsschritten eine Wandlung in PCM und wieder zurück vornimmt. Wer ähnlich denkt und daher Wandler mit einer SDIF-3-Schnittstelle und entsprechende Recorder sucht, die aus dem Datenstrom vom Wandler ein File machen, findet bisher auf dem Markt leider nur Geräte, die maximal DSD-Dateien mit doppelter Frequenz (128x oder 5,6MHz) erzeugen.