DSD: eine Bestandsaufnahme

05.03.2015 // Dirk Sommer

Der Ayon S-5, der native DSA über Ethernet beziehen kann. Hier der Prototyp, der bei der Krakau Sonic Society vorgestellt wurde
Der Ayon S-5, der native DSA über Ethernet beziehen kann. Hier der Prototyp, der bei der Krakau Sonic Society vorgestellt wurde

Nehmen wir einmal an, unser DSD-File hat es unbeschadet bis zum Wandler-Chip geschafft. Vieles von dem, was nun passiert, lässt sich nur schlussfolgern oder schlimmstenfalls erahnen, denn die Chip-Hersteller bieten zwar ein wenig Informationsmaterial im Internet an, wenn Kunden aber mehr Fakten über die Bauteile erfahren wollen, müssen sie in vielen Fällen zuvor NDAs – non-disclosure agreements oder Vertraulichkeitserklärungen – unterschreiben. Kein Wunder also, dass auch auf Nachfragen bei angesehenen Wandler-Herstellern die Antworten oft wage bleiben. Schon aus eigenem Interesse – ich habe lange einem Mytek 192-DSD-DAC gehört und auch den Manhattan schätzen gelernt –, wegen seiner großen Verbreitung und weil Kollege Kemper in seinem Test des Sabre erwähnte, dass der ESS Sabre 9018 intern wohl DSD in PCM umrechne und erst dann in Analoge übersetzt, habe ich versucht zu ergründen, wie die weithin geschätzten Wandler-Chips mit DSD umgehen. Beim Mytek – im 192-DSD-DAC kommt der zweitbeste ESS-Chip, der 9016, zum Einsatz – schien die Sache klar zu sein: Auch bei DSD-Files arbeitet die digitale Lautstärkeregelung und das geht nur auf PCM-Ebene. Es liegt also nahe, dass der ESS 9016 das DSD-Signal wirklich in PCM umrechnet und erst dann wieder in Musik verwandelt. Um das zu verifizieren, habe ich wieder mal MusicScope bemühnt und dabei später auch die neue Funktion der Version 1.2.9, die Echtzeitanalyse, ausprobiert. Ein Ayre QA-9 wandelte das Analog-Signal mit 192 Kilohertz und schickte es per USB an das MacBook Pro, um auch analoge Signale sichtbar zu machen.

Hier erst einmal die direkte MusicScope-Analyse von Hans Theeesinks „Mercury Blues“ als DSD-File: Der typische Frequenzverlauf mit dem ansteigenden Rauschen oberhalb von 30kHz
Hier erst einmal die direkte MusicScope-Analyse von Hans Theeesinks „Mercury Blues“ als DSD-File: Der typische Frequenzverlauf mit dem ansteigenden Rauschen oberhalb von 30kHz
Um zu wissen, wie es aussieht, wenn das DSD-File in PCM umgerechnet wird, habe ich das mal mit dem Weiss SaRaCon gemacht und das 192kHz-File dann mit MusicScope sichtbar gemacht
Um zu wissen, wie es aussieht, wenn das DSD-File in PCM umgerechnet wird, habe ich das mal mit dem Weiss SaRaCon gemacht und das 192kHz-File dann mit MusicScope sichtbar gemacht
Damit hätte ich nicht gerechnet: Dieses Signal kommt aus den Analogausgängen des Mytek. Es unterscheidet sich deutlich vom PCM-Signal und weist das DSD-typische, oberhalb von 30kHz ansteigende Rauschen auf
Damit hätte ich nicht gerechnet: Dieses Signal kommt aus den Analogausgängen des Mytek. Es unterscheidet sich deutlich vom PCM-Signal und weist das DSD-typische, oberhalb von 30kHz ansteigende Rauschen auf

Aus der obigen Abbildung kann man nur schließen, dass eine DSD-Datei im Sabre in PCM gewandelt wird – sonst wäre ja die Lautstärkeregelung auf digitaler Ebene nicht möglich – und dann wieder in DSD – sonst gäbe es den charakteristischen Rauschanstieg nicht. Nun könnte man ja hoffen, die PCM-Wandlung würde vielleicht nicht stattfinden, wenn man die Pegeleinstellung zum Beispiel im Menü des Mytek deaktiviert. Aber im Block-Diagramm auf der unteren ESS-Seite zum 9018, die hier verlinkt ist, die wir aber aus rechtlichen Gründen nicht einkopiert haben, erkennt man, dass im selben Funktionsblock wie die Lautstärkeregelung auch die DSD-Filterung vorgenommen wird. Wir kommen wohl um die Erkenntnis nicht herum, dass beim Sabre – und wohl auch bei den TI/Burr-Brown-Chips – DSD zumindest zwischendurch einmal in PCM gewandelt wird.

Auch wenn wir uns wohl von der Idee einer von der A/D- bis zur D/A-Wandlung durchgängig im DSD-Format bleibenden Musik-Datei verabschieden müssen, spricht nichts gegen DSD – solange es uns im Vergleich mit einem PCM-File vom selben Master klanglich besser gefällt. Dass selbst von einer CD in DSD hochgerechnete Daten überzeugender klingen können, habe ich schon häufiger mit Rückblick auf den Test des dCS Upsamplers Purcell vor fast 14 Jahren erwähnt. Deswegen begrüße ich auch Projekte wie den Korg DS-DAC 100, der in Kombination mit der mitgelieferten Player-Software alle Dateien vor der Wandlung in DSD umrechnet. Die Kollegen und ich freuen uns auch schon auf den PS Audio DirectStream, der alle Dateien auf zehnfach DSD (56MHz) „upsampled“ und noch in dieser Woche eintreffen soll, und die neue Firmware für den Mytek Manhattan, die ebenfalls ein DSD-Upsampling ermöglicht und wahrscheinlich noch im zweiten Quartal dieses Jahres verfügbar sein wird. Das Thema DSD wird uns wohl noch eine Weile beschäftigen.


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