boulevard/23-10-20_bigbeat
 

Little Big Beat Studios: Live und Analog extrem

20.10.2023 // Dirk Sommer, Birgit Hammer-Sommer (Fotos)

Auch in Sachen Klang muss man sich von alten Hörgewohnheiten verabschieden. Beim Konzert von Thomas D. beispielsweise gingen die Signale der beiden Keyboards, der Gitarre und des E-Basses nach den Effektgeräten der Musiker direkt ins Mischpult, waren also im Raum nicht hören. Zu vernehmen im Raum war lediglich ein nicht übermäßig heftig gespieltes Schlagzeug und die unverfälschte Stimme des Sängers. Im Regieraum wurde dann neben der Mehrkanalaufnahme auch ein Mix auf zwei Kanäle erstellt, der einerseits als eine Art analoge Sicherheitskopie von einer Studer A812 auf Viertel-Zoll-Band aufgezeichnet und andererseits dem Publikum auf Kopfhörern zugänglich gemacht wurde. Man verfolgte das Konzert über geschlossene Sennheiser-Over-Ears und konnte dabei schon eine Vorstellung davon entwickeln, wie die Musik in etwa von der später produzierten CD, der LP oder – von vielen Produktionen auch angeboten – der Masterband-Kopie klingen würde.

Studiogründer und Geschäftsführer Little Konzett erklärt dem Autor gestenreich das technische Konzept der Aufnahmen
Studiogründer und Geschäftsführer Little Konzett erklärt dem Autor gestenreich das technische Konzept der Aufnahmen

Die bis zu 120 Kopfhörer im Aufnahmeraum lassen sich natürlich nicht individuell in der Lautstärke regeln. Da muss man mit dem Vorlieb nehmen, was vom Kontrollraum vorgegeben wird. Beim ersten Set von Thomas D. passte das auch hundertprozentig. Hätte ich die Möglichkeit gehabt selbst zu wählen, wäre ich bei exakt der gleichen Einstellung gelandet. Bei zweiten Set lag der Pegel dann ein wenig über dem, was ich für mich als Wohlfühllautstärke definieren würden. Eine Einschätzung, mit der ich wohl relativ allein dastand. Die Zuhörer um mich herum wippten nicht nur dezent im Takt, manche packten die Texte und die fetzige, mit einigen feinen Soli von Gitarre und Keyboards im Hammond-Sound garnierte Musik derart, dass sie zu tanzen begannen. Und das hatte natürlich auch wieder einen positiven Einfluss auf die Band. Selbst ein eingefleischter Jazzfan konnte sich der Energie und Emotion dieses so intimen Konzerts nicht entziehen. Die Atmosphäre dieses Studiokonzerts war einfach unglaublich intensiv.

Der Aufnahmeraum, in dem die Sitze für das Publikum rund um die Band aufgestellt sind
Der Aufnahmeraum, in dem die Sitze für das Publikum rund um die Band aufgestellt sind

Das hat natürlich auch seinen Preis. Bei den beiden leider schon ausverkauften Incognito-Konzerten gab es beispielsweise sogenannte Early-Bird-Tickets ohne Fingerfood ab 75 Franken. Hungrige Spätentschlossene konnten zum Last-Minute-Ticket mit kleinen Häppchen für knapp 135 Franken greifen – was mir im Vergleich zu den heutigen Preisen von Stadion-Tickets ausgesprochen moderat erscheint. Wer die Idee der Studio-Konzerte im Besonderen und die der überwiegend analogen Produktion von Tonträgern in sehr überschaubaren Stückzahlen im Allgemeinen gut findet und unterstützen möchte, sollte sich ein Premium Supporter Ticket zum Preis von 560 Franken leisten. Dafür bekommt man über eine Stunde vor dem übrigen Publikum Zutritt zum Studio und zum sogenannten Magic Room, der erst als zweite Regie angedacht war, nun aber eine ganz spezielle Akustik aufweist, da ein Freund von Little Konzett dort seine Plattensammlung mit etwa 50.000 LPs untergebracht hat. Laut Discogs-Liste liegt der Wert dieses Vinyl-Schatzes dank vieler gesuchter Erstpressungen, Goldenen Schallplatten und White Labels übrigens bei rund einer Million – da ist es dann schon egal, ob wir von Schweizer Franken oder Euro sprechen.


  • Interview mit Jean-Pascal Panchard – Teil 1

    Als ich im Juli darTZeel in der Nähe von Genf besuchte, machte ich auch einen Abstecher nach Vetroz, wo Jean-Pascal Panchards Lautsprecher-Manufaktur Stenheim beheimatet ist. Vor mehr als sieben Jahren hatte mich seine Alumine Five in meinem Hörraum begeistert. Für Anfang nächsten Jahres ist die ausgiebige Beschäftigung mit der Five SX geplant. Natürlich war ich neugierig darauf zu sehen, wie groß die Fertigungstiefe bei Stenheim ist: Zwar werden die Chassis zugekauft, aber von den Herstellern…
    21.11.2024
  • Statements in High Fidelity | Polish Edition 2024

    Wenn es um die Statements in High Fidelity geht, teilen Wojciech Pacuła und ich uns die Arbeit. Es hat sich eingespielt, wer die Ankündigung in seiner Sprache und dann die englische Übersetzung formuliert, wer die Einladung für die Gewinner schreibt und wer die Preise in Auftrag gibt. Den Bericht über die Feier verfasst traditionell mein Kollege: „Diesmal gingen die Preise an Jark Waszczyszyn für seinen CD-Player Ancient Audio Lektor Joy und an MSB Technology, in…
    04.11.2024
  • Statements in High Fidelity | Polish Edition 2024

    Das Magazin meines Kollegen Wojciech Pacuła, highfidelity.pl, und hifistatement.net zeichnen zu den Messen in München und in Warschau schon traditionell jeweils eine Komponente aus, die uns im vorausgehenden Halbjahr begeisterte. Im Mai hätten wir fast versäumt, die Preisträger vor der High End zu nennen, diesmal sind wir lieber etwas früher dran. Bei der Bekanntgabe der Gewinner für die Deutsche Ausgabe der Awards konnten Sie an dieser Stelle lesen: „Wojciech Pacuła kann es einfach nicht lassen.…
    30.09.2024
  • Interview with Monsieur Delétraz aka darTZeel – part 2

    A week ago, the focus here was on the professional career of the darTZeel founder and the circuitry features of his patented output stage. This week, we will discuss the company's employees, upcoming new devices, the special darTZeel 50-Ohm connection and Hervé Delétraz's musical preferences. Dirk Sommer: Since when have you been able to make a living from your hi-fi company? Hervé Delétraz: Only very recently! From about 2010, it took quite a long time…
    27.09.2024
  • Interview with Monsieur Delétraz aka darTZeel – part 1

    Even before the High End, I had planned to review darTZeel's NHB-18S and NHB-108 pre/end amplifier combination. In the showroom, I asked company founder Hervé Delétraz about the technical details of his creations. He suggested that we talk about it in detail at the company headquarters and in his private listening room near Geneva. In the first half of July, the time had come: we visited darTZeel in Plan-les-Ouates. The company is based there in…
    20.09.2024
  • Erlkönig: Wilson Benesch Tessellate Ti-S

    Der deutsche Wilson-Benesch-Vertrieb hatte erfreulicherweise ein Einsehen mit dem Autor, der – wenn es um hochkarätige Komponenten geht – trotz über 30 Jahren in der Branche hin und wieder immer noch zu leichter Ungeduld neigt: Krey Baumgartl hat den britischen Hersteller dazu gebracht, ihm respektive mir schon einmal eine Vorab-Version des Tonabnehmers zugänglich zu machen, obwohl die Serienmodelle noch einen letzten Feinschliff erhalten. Auch wenn eines davon Ende September in Gröbenzell eintreffen soll, braucht es…
    13.09.2024

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.