Anfang Juni berichteten wir über die Aufnahme zweier Konzerte von De-Phazz in den Showrooms von ATR in der Villa Belvedere. Anfang Juli machten wir das rein analoge Mastering der acht Songs in Christoph Stickels Studio in Wien zum Thema. Jetzt geht es darum, wie der Klang in die Rille kommt. Dafür sorgte Thorsten Scheffer im Organic-Music-Studio.
Das Studio liegt recht versteckt in einem schmucken Bauernhaus im idyllischen Hinterland des Chiemsees. Außer dem Schneideraum und der Regie mit einem Telefunken 800 Mischpult gibt es dort noch einen großen Aufnahmeraum mit „klassischen“ Instrumenten wie einer Hammond B3 samt Leslie, einem Wurlitzer Piano und einem Bechstein B-88. Doch bevor wir zum Schneide-Equipment kommen, erlauben ich mir einige Anmerkungen zur Zukunft analoger Produktionen und zu einigen technischen Details der Erstellung einer Lackfolie. Schließlich hat nicht jeder Vinyl-Fan Zugang zu einem Schneidestudio.
Schon seit einigen Jahren tauchen in einigen Hifi-Publikation immer mal wieder Schreckensmeldungen in Sachen Vinyl-Verfügbarkeit auf: Einmal sollte der Mangel an Schneideköpfen der Erstellung von LPs ein schnelles Ende bereiten, dann wieder die Alterung der in die Jahre gekommenen, viel genutzten Ortofon- und Neumann-Schneidemaschinen. Der Grund für solche Artikel dürfte vor allem gewesen sein, dass man mit der Nachricht, auch in Jahren werde die Versorgung der Vinyl-Fans mit ihrem Suchtmittel kein unüberwindliches Problem darstellen, keinen Leser respektive Käufer hinter dem Ofen hervorlockt. Natürlich ist es ein wenig erschreckend zu sehen, zu welchen sechsstelligen Preisen heutzutage Schneideanlagen gehandelt werden. Da muss man schon eine Menge Folien schneiden, bis sich eine solche Investition amortisiert. Aber zur Beruhigung: Thorsten Scheffner hat während der letzten Jahre eine vergleichsweise günstige Schneidemaschine voller innovativer Lösungen entwickelt und auch schon sechs Exemplare davon verkauft – und natürlich sind alle mit einem Schneidekopf ausgestattet: Vinylium respektive FloKaSon in der Schweiz reparierte und repariert noch immer Neumann-Schneideköpfe und entwickelt seit mindestens 20 Jahren auch eigene Modelle. Es war übrigens auch ein Vinylium-Kopf, mit dem die Folien für das De-Phazz-Album geschnitten wurden.
Fast alle Lackfolien werden heute von einem digitalen Master erstellt, da den meisten Künstlern und Produzenten eine rein analoge Aufnahme und Nachbearbeitung zu aufwendig erscheint. Aber selbst wenn man wie sommelier du son rein analog aufnimmt und mastern lässt, ist man im Schneidestudio vor der Wandlung ins Digitale nicht gefeit, denn jede Schneideanlage braucht zwei zeitlich versetzte Musiksignale. Das erste steuert den Vorschub, also die Geschwindigkeit, mit der sich der Schneidekopf von außen zum Plattenmittelpunkt bewegt. Bei großen seitlichen Auslenkungen der Rille, also einem hohen Signalpegel, muss das schneller geschehen als bei einem geringen, andernfalls läuft man Gefahr, dass die weit ausgelenkten Rillen sich berühren, was die abtastende Nadel aus der Spur brächte. Würde man konstant mit dem größten benötigten Rillenabstand schneiden, verringerte sich die mögliche Laufzeit der LP drastisch. Daher bestimmt eine Art analoger Computer, der das erste Signal vom Mastertape erhält, den benötigten Vorschub. Das zweite, spätere Signal wird dann vom Scheidekopf in die Lackfolie geritzt. Bei RCA sprach man bei diesem Verfahren von „Dynagroove“, es gibt aber auch einen deutschen Fachbegriff dafür: Füllschrift.
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