Anfang Juni nahmen wir jazzige Versionen von De-Phazz' einprägsamsten Melodien gespielt von einem Quartett aus dem Musiker-Pool der Band und Joo Kraus als Gastsolisten in Eltville auf. Inzwischen wählten Pit Baumgartner und sein Team die Stücke für das Album aus. Mit dem frisch erstellten Mastertape machten wir uns auf den Weg zu Christoph Stickel.
Wenn Ihnen der Name bekannt vorkommt, wird das wohl daran liegen, dass an dieser Stelle nicht nur über die Grammy-Nominierung Christoph Stickels berichtet wurde, sondern auch daran, dass er in einem Interview erklärte, was Mastering eigentlich bedeutet. Damit dies nicht zu nüchtern geriet, hatte er gleich je drei Beispiele von gemasterten und unbehandelten Musiksequenzen zum Vergleich zur Verfügung gestellt, die sie hier kostenlos herunterladen können. Wir sind der Ansicht, dass es aber mindestens ebenso erhellend ist zu erfahren, was er konkret mit den Aufnahmen aus der ATR-Villa in Etlville gemacht hat. Das Ergebnis können Sie dann an einem Beispiel zum weiteren Download hören – sobald die LP veröffentlich worden ist, was, wenn alles klappt wie geplant, noch in diesem Jahr passieren soll.
Doch nun erst einmal zur Arbeit bei cs-mastering: Bei der Aufnahme ging es meiner Gattin und mir darum, die einzelnen Instrumente zu ihrem Recht kommen zu lassen und sie in ein stimmiges Verhältnis zueinander zu bringen. Was nicht immer ganz einfach war, da wir Aufnahmen von den Proben machten, die sich Marcus Bartelt, Ulf Kleiner, Oli Rubow, Bernd Windisch und Joo Kraus vor den Einspielungen am zweiten Abend ebenso anhörten wie die des Konzerts vom ersten Aufnahmetag. Natürlich reagierten sie auf das Gehörte und probierten, von sich aus das optimale Gleichgewicht zwischen den Instrumenten zu finden. Auf ihre leichten Modifikationen mussten wir dann reagieren und einige Pegel „nachfahren“. Denn das Lautstärkeverhältnis zwischen den einzelnen Instrumenten lässt sich bei einer Aufnahme direkt auf die beiden Stereospuren nicht mehr variieren. Und kleine Ausreißer in Form von Pegelspitzen durch Limiter oder Kompressoren ausgleichen zu lassen, ist nicht der Stil von sommelier du son. An der Balance der Musiker zueinander kann natürlich auch Christoph Stickel trotz all seines Know Hows und der edlen Gerätschaften im Studio so gut wie nichts ändern.
Ein anderer Grund, die Aufnahmen von ihm nachbearbeiten zu lassen, liegt in der DNA von De-Phazz begründet: Schon seit dem ersten Album nutzen die Musiker intensiv individuelle und auch Studio-Effektgeräte. Die individuellen setzten Ulf Kleiner für sein Fender Rhodes, Oli Rubow für seine Drums und die Perkussion und Joo Kraus für seine Trompete und die ein oder andere vokale Ergänzung auch bei der Aufnahme ein, wozu neben den Verstärkern des Rhodes auch zwei aktive ATC-Lautsprecher in unmittelbarer Nähe der Instrumente zum Einsatz kamen. Da waren wir uns nicht sicher, wie sich diese Effekte mit ein wenig Hall auf den beiden Kanälen vertragen würden. Glücklicherweise passte unser 70-Kilogramm-EMT-Goldfolienhall nicht mehr ins Auto: So mussten wir die Entscheidung über seinen Einsatz auf das Mastering vertagen, wo wir auch auf Christoph Stickels Expertise zurückgreifen konnten. Drittens und letztens erlaubte das Monitoring vor Ort nicht, akustische Eigenheiten des Raumes exakt zu erkennen und ihnen zu begegnen.
Nachdem wir dann den EMT-Hall mit dem digitalen Delay desselben Herstellers – die Verzögerung vor dem Einsetzen des Halls muss im Millisekundenbereich regelbar sein, da kommt man trotz allem analogen Purismus' um Digitales nicht herum – sowie das zum Einschleifen der Goldfolie in den Signalweg benötigte Acousta Mischpult über eine nicht wirklich kurze Treppe ins Studio verbracht hatten, konnte es losgehen: Nach dem ersten Hören meinte der Mastering-Ingenieur, vor allem bräuchte die Aufnahme eine wenig „Glue“: Die bestens differenzierten Instrumente müssten akustisch zu einer Band „zusammengeklebt“ werden. Die einzige tonale Anomalie sei eine Raumresonanz, die aber mit seinen teils dynamischen Equalizern leicht in den Griff zu bekommen sei. Vor allem Marcus Bartelts Saxophon, das dieser ganz frei von Effektgeräten spielte, sollte besser in den Kontext der Combo integriert werden. Die Mittel der Wahl dazu: ein wenig Hall sowie der sehr moderate Einsatz des Iron-Röhrenkompressors von SPL. Das Duo von sommelier du son legte allerdings Wert darauf, dass diese Maßnahmen das Klangbild nicht zu weich und den recht realistisch anmutenden „Biss“ der Instrument nicht zunichte machten.
Nachdem Christoph Stickel nach etwa zweieinhalb Stunden frei von jeglicher Einflussnahme unsererseits seiner Idealvorstellung nahe gekommen war, verhandelten wir nur noch einige Marginalien: hier ein kleiner Dreh am Equalizer, dort noch ein wenig Ausprobieren mit mehr oder weniger Hall und immer ein kritischer Blick auf die Anzeigen des Limiters, weil die von den Musikern beabsichtigte Dynamik ja erhalten werden sollte. Beim Hall fanden wir schließlich eine eher ungewöhnliche Lösung: Ein wenig mehr auf dem rechten Kanal sorgte für eine perfekte Einbindung des Saxophons, weichte aber den sonoren Bass-Sound von Bernd Windisch nicht auf. Nach dem Aufspielen der nötigen Messtöne startete Christoph Stickel die Überspielung auf das Band, das für die weitere Produktion das Mastertape sein wird. Während dieses Prozesses glich er dann noch zweimal die Pegel zweier deutlich leiserer Stücke an. Die Einstellungen aller übrigen Parameter blieb für das gesamt Band konstant. Der Termin für das Schneidestudio, in dem das „neue“ Mastertape auf eine Lackfolie überspielt wird, ist bereits gebucht. Wir werden Sie über den Fortgang der Produktion auf dem Laufenden halten.
Studio
cs mastering
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