Für jeden, der sich ernsthaft mit High End beschäftigt, ist es eine Binsenweisheit, dass auch die beste Anlage nicht an den Live-Eindruck heranreicht. Diese vermeintliche Tatsache lässt sich – nein, nicht prinzipiell widerlegen – aber zumindest schwer erschüttern und zwar bei einem Besuch im Audio Forum in Duisburg, dem Showroom von Acapella Audio Arts.
Wie üblich geht es auch diesmal nicht mit der Klangbeschreibung los, da müssen Sie sich schon ein wenig gedulden. Beginnen wir mit dem Audio Forum und seinen beiden Gründern: Hermann Winters und Alfred Rudolph lernten sich 1972 – natürlich über das Thema Hifi und Musik – kennen. Hermann Winters betrieb schon seit seiner Schulzeit die Firma Hifi-Elektroakustik und Alfred Rudolph das Unternehmen ARAkustik. Ihr gemeinsames Hifi-Studio, das Audio Forum, eröffneten die beiden am 4. September 1976. Der dazu nötige Gewerbeschein trägt zwar ein noch früheres Datum, als Gründungstermin der Firma sehen die beiden aber die Öffnung der Räume in der Koloniestraße 203 in Duisburg. Der erste Raum, den man von der Straße kommend betritt, war recht klein und akustisch nicht unbedingt ideal. In den links der Tür stehenden Regalen war eine für damalige Verhältnisse eher überschaubare Anzahl sorgfältig ausgesuchter Komponenten aller Preisklasse ausgestellt. Ihnen gegenüber spielten dann die Kreationen Alfred Rudolphs, angefangen von dem kompakten, noch halbwegs erschwinglichen ATR Monitor bis zu den Traumlautsprechern mit dem sphärischen Mitteltonhorn und dem außergewöhnlichen Ionenhochtöner. Auch einige Fremdfabrikate standen zum Vergleich bereit. Hier war Single-Speaker-Demonstration allein aus Platzgründen kein Thema.
Übrigens liegen meiner Schilderung weder plastische Beschreibungen der Firmengründer noch fast 40 Jahre alte Fotos zugrunde: Ich schreibe aus eigener Erfahrung. Als ich von einer beruflichen Beschäftigung mit Hifi nicht einmal träumte, sondern an der Ruhr-Uni Bochum brav Deutsch, Latein und Pädagogik studierte, pilgerte ich regelmäßig ins Audio Forum, das ich zwar nicht gleich nach seiner Eröffnung entdeckte, sondern erst im Jahr 1978 oder 1979. Der Grund für die erste Fahrt nach Duisburg war ein, wie man inzwischen mit Fug und Recht sagen darf, audiophiler Klassiker: Esther Ofarims Soloalbum Esther als „ATR-MASTERCUT RECORDING“. Hermann Winters erinnert sich, mit einem Kombi voller feinsten Hifi-Equipments ins Kölner EMI-Studio gefahren zu sein, um die Überspielung zu kontrollieren. Dort wäre die Ausstattung aber so gut gewesen, dass er sein Equipment getrost im Auto lassen konnte. Die legendäre Wiederveröffentlichung kommentiert er heute lakonisch: „Bei der ersten Esther hatte ich etwas übertrieben. Wir haben mit einem Spitzenpegel von plus sieben Dezibel geschnitten.“ Dass aus dieser leichten Übertreibung einer der größten Marketing-Coups in der High-End-Geschichte wurde, liegt vor allem an dem auf dem Cover aufgedruckten Satz: „Daß ATR-MASTERCUT RECORDINGS verzerrungsfrei abtastbar sind, kann nach Absprache im ATR-Referenzstudio demonstriert werden“
Natürlich verkrafte auch mein Thorens TD160 mit einem Audio Techica AT20SLA die riesige Rillenauslenkung nicht und ich fand mich bald darauf im ATR-Referenzstudio alias Audio Forum wieder. Es begann ganz harmlos mit der Montage eines Mayware Formula IV auf besagtem Thorens. Aber dann geriet ich unaufhaltsam in den Sog des ausgeklügelten Audio-Forum-Konzeptes: Alfred Rudolph und Hermann Winters hatten klare Vorstellungen davon, wie eine sehr hochwertige Kette zu klingen hatte, und für die Kunden, der dieses Klangideal teilten, einen mehrstufigen Weg zum Gipfel vorbereitet. Man begann beispielsweise mit einem guten Vollverstärker und, wenn man sich von dieser Investition erholt hatte, gab man diesen ohne allzu große finanzielle Einbußen in Zahlung, um eine möglichst ebenfalls zuvor in Zahlung gegebene Vor-/Endstufen-Kombination günstig zu erwerben. Mit Plattenspielern und Lautsprechern ging es nicht anders: Ohne große Verluste zu machen, konnte man sich in kleinen Schritten über die Jahre seiner Traumanlage nähern – natürlich nur solange, wie man im Kosmos des Audio Forums blieb. Dafür wurde man bestens beraten und bekam auch Unterstützung, wenn man gerade keine Unsummen ausgeben konnte.
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