Doch der Reihe nach: Gleich nach der Begrüßung präsentierte uns Alfred Rudolph einige seiner vor kurzem gemachten Aufnahmen der Talking Horns. Das multiinstrumentale Quartett spielt Alt-, Sopran-, Tenor- und Baritonsaxophon, Bassklarinette, Altflöte, Posaune, Bassposaune, Tenorhorn, Tuba und Flügelhorn und das auch gerne in Kirchenräumen mit ihren beeindruckenden Nachhallzeiten. Für die Aufnahme wurden zwei auf eine Holzkugel ausgerichtete Neumann-Kleinmembranmikrofone verwendet, deren verstärkte Signale mit einer Telefunken M15 aufgezeichnet wurden. Ebendiese Bandmaschine stand nun Audio Forum. Da der Konzertmitschnitt später auf Platte erscheinen soll und damit unnötiges Abspielen tabu war, haben wir das Band gehört, das während der Proben lief, aber durch die Diskussionen der Musiker zwischen den Stücken oder Lied-Fragmenten umso authentischer rüber kam. Bei der Wiedergabe über die Poseydon – eine etwa 600 Kilogramm schwere Konstruktion mit zwölf Zehn-Zoll-Basstreibern, hypersphärischem Horn und Ionen-Hochtöner mit einem Wirkungsgrad von etwa 99 Dezibel zum Paarpreis von über 200.000 Euro – fühlte man sich wirklich wie in eine Kirche versetzt. Die Instrumente erklangen in Originallautstärke und -größe ohne die geringste Dynamikbeschränkung, und man konnte die Akustik des Aufnahmeraumes förmlich greifen.
Das war nicht die mit sehr guten Ketten zu erzielenden „Hifi-Räumlichkeit“, eine bis tief hinter die Lautsprecherebene reichende Illusion eines Raumes. Die Acapella-Kette schien den Hörer in einen Raum mit den Musikern zu holen. Und wenn diese im großen Showroom in realistischer Größe und Entfernung vor einem zu stehen scheinen, wäre jede Projektion des Quartetts in die virtuelle Tiefe hinter den Boxen lediglich eine Hifi-Spielerei. Alfred Rudolphs Aufnahme ist bei der Wiedergabe über seine Lautsprecher näher an der Wirklichkeit als alles, was ich zuvor gehört habe. Ob das auch für einen Rim-shot auf der Snare gilt – einen der gemeinsten Impulse, der die dynamischen Fähigkeiten üblicher, auch sehr hochwertiger Anlagen für gewöhnlich überfordert –, habe ich dann nicht mehr überprüft. Aber ein Lautsprechersystem, das nicht die geringsten Probleme damit hat, vier teils entfesselt aufspielende Bläser inklusive Tubisten realitätsnah zu reproduzieren, dürfte auch bei Schlagzeugen keine Schwächen zeigen. Wer auch nur entfernt die räumlichen und pekuniären Vorraussetzungen für eine Poseydon sein eigen nennen kann, sollte sie im Audio Forum unbedingt einmal erleben – an größere Modelle will ich lieber gar nicht erst denken.
Einen großen Anteil an dieser gelungenen Präsentation hat natürlich die unübertreffliche Quelle, das Master-Band. Aber das ist es nicht allein: Alfred Rudolph hat sowohl die Aufnahme- als auch die Wiedergabe-Kette feingetunt und zwar unter anderem auch mit einer Art hölzernen Wippe in der Nähe des Kopfträgers der M15. Da ein Teil der Probeaufnahmen mit, der andere ohne gemacht wurde, ist der Effekt zumindest über die extrem hoch auflösende Kette im Audio Forum gut nachzuvollziehen. Eigene Aufnahmen von Orchestern oder Jazz-Combos sind übrigens ein weiteres Thema, das die beiden Inhaber von Acapella verbindet. Neben den audiophilen Wiederveröffentlichungen von Esther, Cantate Domino, Jazz At The Pawnshop, Antiphone Blues und Sweet Lucy hat Hermann Winters auch immer wieder eigene Aufnahmen gemacht – erst analog, dann aus logistischen Gründen aber auch zunehmend digital. Wichtig war ihm dabei immer die Beschränkung auf möglichst wenige, am besten nur zwei Mikrofone, um Phasenprobleme auszuschließen. Überraschenderweise hält er ein Masterband dennoch nicht per se für das bestklingende Medium: „Eine Schallplatte kann schöner klingen.“ Auch auf den Einwand, die Schallplattenwiedergabe würde doch von mechanischen Artefakten begleitet, hat er eine Entgegnung parat: „Wenn man mechanische Artefakte hört, hat Alfred den Plattenspieler nicht optimiert. Ein Plattenspieler kann auch ein Instrument sein.“
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