Eine der Sessions mit Oscar Peterson wurde 1967 mitgeschnitten. Aufschluss über die grandiose Stimmung unter den Musikern gibt ein Interview von Egbert Hoehl:
Ich sagte Oscar Peterson u.a., dass ich die neuen Einspielungen noch mitreißender und grandioser als frühere Aufnahmen finde.
P: Wenn das so ist, wie Sie sagen, dann hat das mit dem Milieu zu tun, in dem die Aufnahmen entstanden. Es sind Trio-Aufnahmen und ein Trio fühlt sich in einem Wohnzimmer wohler als in einem großen Konzertsaal. Denken Sie an die privaten Sessions, die die Musiker zu ihrem eigenen Vergnügen veranstalten. Man kommt zusammen und spielt und hat seinen Spaß daran. Da ergibt sich die Stimmung von selbst und die Inspiration sprudelt nur so. Man braucht keine kommerziellen Rücksichten zu nehmen.
Frage: War also zunächst gar nicht an eine Auswertung gedacht?
P: Wir haben gespielt, sonst nichts. Es war eine großartige Atmosphäre.
Frage: Aber ich finde auch, dass die Aufnahmen technisch unerhört perfekt sind.
P: Ja, ich habe noch nie mit einem so einfühlsamen Toningenieur gearbeitet. Das wird’s sein. Und was mein Spiel angeht, man versucht natürlich immer besser zu werden. Und dann habe ich jetzt das beste Trio meiner ganzen Laufbahn. Sam Jones und Bobby Durham lassen sich vom Piano mitreißen und ich kann mich ihnen blind anvertrauen.
Frage: Perfekte Integration also? Verzeihen Sie das abgenutzte Wort.
P: Wieso abgenutzt? Es gibt so wenig echte Integration, dass man ruhig darüber sprechen kann. Ja, Dank Sam und Bobby ist die Integration jetzt optimal, wobei ich aber absolut nichts gegen die Freunde sagen will, die früher mit mir spielten. Das mit der Integration lässt sich nicht ganz rational erklären. Es hängt vielleicht vom Grad der Kommunikation ab. Jeder Mensch ist anders...
Als ich mir jetzt die Bänder erstmals anhörte, und zwar aus der Distanz von vier Monaten, die seit der Aufnahme vergangen sind, war ich regelrecht betroffen.
Frage: Betroffen? Sie meinen im positiven Sinne?
P: Ja, positiv. Das ist die hundertprozentige Realisierung dessen, was ich schon immer machen wollte. Dieses Trio ist wirklich das beste, das ich je hatte. Wir hatten von Anfang an ein Zusammengehörigkeitsgefühl, das sich bei den früheren Trios erst im Laufe der Zeit einstellte. Und so konnte ich diesmal in absoluter Weise meine persönlichen Gefühle ausdrücken.
Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Firma Edel.
Peterson war ein bescheidener Mensch, diese überschwänglichen Äußerungen zeigen aber, welch grandiose Stimmung seinerzeit im Hause Brunner-Schwer vorgeherrscht haben muss. Und wie Petersons Musik hier klingt, war sie bisher nur den Hausgästen zugänglich, die eben das Glück hatten mit dabei gewesen zu sein.
Aber es ist nicht nur die Performance der Musiker, die herausragt, sondern auch die Aufnahmetechnik von Brunner-Schwer – damals auch gerne einmal Millionen-Schwer genannt. Der Jazz Experte Joachim Ernst Behrend hatte seinerzeit den Schallplattenproduzenten zu den Jazzparties im Schwarzwald befragt:
Joachim Ernst Behrend: Man hat einmal gesagt, ein guter Toningenieur sei so etwas wie das vierte, anonyme Mitglied eines Trios oder das fünfte Mitglied eines Quartetts. Er macht Musik auf seinem Aussteuerungstisch – wie die Musiker auf ihren Instrumenten. Ich glaube, dass gerade Ihre Beziehung zu Oscar Peterson so gesehen werden sollte – also nicht nur als technische, sondern auch als künstlerische und musikalische Beziehung.
Horst Georg Brunner-Schwer: Ich glaube, es war Mitte der 50er Jahre, als ich die erste Oscar Peterson Platte bekam. Peterson hat mich sofort ungeheuer fasziniert. Vor allem frappiert haben mich seine sogenannten „locked hands“ – ähnlich wie Milt Buckner und George Shearing sie brachten – und die ungeheure Dynamik. Oscar kann flüstern in leisen, ganz zarten, pastellfarbenen Tönen, um dann im nächsten Augenblick „brüllend“ zu werden, meinetwegen wie die ganze Count Basie Bigband.
JEB: Nun, Sie sind selbst Pianist, und ich glaube, das spielt bei Ihrer Art Pianisten aufzunehmen, eine besondere Rolle.
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