Bei Gogo Penguins „Saturnine“ vom Album Everything is going to be okay wird mir erst noch einmal so richtig bewusst, wie selbstverständlich ich die Auflösungsfähigkeit der Lautsprecher bisher hingenommen habe. Meine Eingangserwartungen waren definitiv nicht zu hochgesteckt. Bis in jedes kleinste Klangdetails herrscht lupenreine Klarheit und Brillanz ohne auch nur ein Fünkchen Aufdringlichkeit. Dies ist sicherlich auch der ausgewählten Bestückung der Frequenzweiche zu verdanken. Ein Punkt, auf den ich in diesem Test insgesamt zwar nicht viel eingehe, da ich nicht ganz genau weiß, was in Oscars Frequenzweiche steckt. Ich weiß jedoch, dass bei Marten generell hochwertige Frequenzweichenbauteile unter anderem von Mundorf eingesetzt werden. Besonders bei günstigen, aber leider auch nicht selten bei teureren Lautsprechern wird ein großer Teil der Treiberfähigkeiten durch eine minderwertige Bestückung der Frequenzweiche zunichte gemacht. Das ist bei der Oscar entschieden nicht der Fall. Dies spielt für die Transparenz der Wiedergabe eine entscheidende Rolle. „Saturnine“ beginnt mit einem durch das Stereopanorama wandernden Synth-Sound, samt gewaltigem Hallraum. Es folgen gezupfter Kontrabass, ein sehr direkt aufgenommenes, fast perkussives Klavier und dann Drums, die sich im Verlauf des Songs immer wieder an verschiedenen Positionen in der Mischung befinden. Dieses Stück zeigt, dass die Gesamtabstimmung des Lautsprechers sehr ausgewogen ist. Damit meine ich nicht nur einen gleichmäßigen Frequenzverlauf. In der Tat ist es so, dass kein Frequenzbereich künstlich hervorgehoben wirkt. Der kräftig zupackende Bassbereich dient als beruhigender Gegenpol für die große Auflösungsfähigkeit im Mittelhochtonbereich. Ich meine viel eher, dass der Lautsprecher sich in den verschiedensten Disziplinen immer sehr nah an einem Mittelweg bewegt. Bleiben wir beispielsweise beim Bassbereich. Ich kenne sowohl Lautsprecher, die hier noch stärker zulangen, aber auch solche, wie meine eigenen Lautsprecher, die zurückhaltender zu Werke gehen. Die Oscars liegen zwar eindeutig auf der kräftigen Seite, sind aber von einem gefälligen Mittelwert nicht zu weit entfernt. Ich glaube sogar auch, dass es möglich wäre, den Membranen noch etwas mehr Auflösung zu entlocken. Aber dann würde der Klangeindruck irgendwann kippen. Die beeindruckende Klarheit würde mit einer entspannt wirkenden Wiedergabe nicht mehr in Balance sein. So ging man auch in dieser Hinsicht einen Mittelweg. Die Oscar ist definitiv ein Auflösungsspezialist, aber dennoch kein unerbittlicher Monitor, sondern nach wie vor ein musikalisch agierender Lautsprecher, der Aufnahmefehler verzeiht, sie aber nicht über die Maßen schönt. Ähnlich verhält es sich bei der Ausdehnung des virtuellen Raumes. Sie ist eher auf der größeren Seite, aber eben auch nicht übergroß. Die Oscar spielt dynamischer und impulsiver als viele „Weichmembraner“, aber dann doch wieder nicht so knallhart wie eine reine Keramikmembran oder beispielsweise ein Horn. Obwohl sie in einigen Wiedergabebereichen besonders beeindruckt und eindeutig Charakter aufweist, treibt sie es nie so weit, dass sie zu einem Nischenspezialist wird. In meinem Ohren wird sie durch die Klangideale ihres Membranmaterials zwar durchaus geprägt und ist ein hochpräziser, hochauflösender Lautsprecher, kann aber auch geschmeidig und unaufdringlich. Ich sehe die Oscar deshalb als Mittler zwischen den Welten.
Als Jan mir erklärt, wie bei Marten Lautsprecher abgestimmt werden, machen meine Beobachtungen noch mehr Sinn. Messungen in reflexionsarmen Räumen sind zwar durchaus üblich, die Abstimmung nach Gehör findet aber zumeist eher in weniger bedämpften Hörräumen statt. Nicht so bei Marten. Auch der Abstimmraum ist sehr trocken und Raumeinflüsse auf die Wiedergabe so minimal. Ich finde es einleuchtend, dass in dieser Umgebung ein ausgeglichenes Feintuning entsteht, das universell in vielen Räumen einsetzbar ist, da der Lautsprecher nahezu isoliert vom Raum getunt wird. Der individuelle Hörraum prägt dann wie üblich den Charakter des Lautsprechers und verschiebt verschiedene Frequenz- oder Fähigkeitsbereiche des Lautsprechers in die eine oder andere Richtungen. Da bei der Grundabstimmung aber in allen Teildisziplinen von vornherein nicht ans Limit gegangen, sondern ein maßvoller Mittelweg gewählt wurde, bleibt Oscar auch in komplexen Hörräumen oder bei schwierigen Aufnahmen ausgewogen. So kann ich beispielsweise das Album „Spine“ der Künstlerin Myrkur mit den Oscars genießen, obwohl die Abmischung zwar in ihrem klanglichen Ausdruck spannend, aber eher „roh“ ausfällt.