Beim Fidelium sind Plus und Minus sehr dünne Einzel-Leiterkabel mit einer Breite von 2,25 Zoll. Das entspricht 57,15 Millimeter. Die leitende Oberfläche beträgt 19,05 Quadratmillimeter. Der Leiter ist in eine sehr dünne und laut Silversmith Audio robuste, transparente Polyamidfolie laminiert und erhält dadurch ein überwiegend aus Luft bestehendes Dielektrikum. Das Isolationsmaterial des Fidelium ist gegenüber dem Palladium weniger fest und bietet deshalb hinsichtlich des Dielektrikums Vorteile, wie mir Jeffrey Smith schrieb. Laut italienischem Vertrieb ist die ungewohnte Form des Kabels im Alltag unproblematisch. Auch wenn sich Knicke im Kabel ergeben sollten, hätten diese keinen Einfluss auf die Übertragung und den Klang. Ich fand die Handhabung des Fidelium zuerst zu großer Vorsicht zwingend, im Laufe des Tests mit mehrfachem An- und Abklemmen jedoch zunehmend einfacher. Und dies sogar im Kabelgewirr meiner großen Anlage. Die roten und schwarzen Endstücke mit der Marken- und Typen-Bezeichnung sorgen für einen soliden Abschluss der Kabel. Hier kann eigentlich nichts zerfasern oder sonst irgendwie im Gebrauch Schaden nehmen. Zu beachten ist, dass die 6,35 Millimeter große Einkerbung für den Anschluss an Polklemmen nur eine leitende Seite hat. Diese muss bei WBT nextgen™ unbedingt nach innen zeigen, weil sonst kein Kontakt entsteht. Hier passen Jeffrey Smith' und WBTs Philosophie perfekt zusammen, denn Materialminimierung am Anschlusspunkt entspricht der gleichen Erkenntnis vom Jeffrey Smith und dem kürzlich verstorbenen WBT-Chef Wolfgang B. Thörner. Zusätzliches Anlöten und Übergangswiderstände auf Bananas oder Gabelschuhe werden durch die simple Kerbung im Fidelium vermieden. Wenn sich die breiten, golden schimmernden Fidelium berühren oder gar aufeinander liegen, macht das nichts. Auch ein Kontakt der Kunststoff-Endkappen an den Polklemmen der Boxen oder des Verstärkers ist kein Problem und oftmals auch gar nicht zu vermeiden. Der Umgang mit dem Fidelium ist schon etwas ungewöhnlich. So passt es nicht an gekapselte Anschlüsse wie sie mein Soulnote A2 Vollverstärker bietet. Dafür gibt es kleine Adapter. Mit ihnen ist der Anschluss dann kein Problem mehr. Sie werden einfach mit der Kontaktfläche des Fidelium verklemmt und lassen sich dann leicht anschließen. Das ist ebenso simpel wie gut gemacht. An meinem Pier Audio Verstärker benötigte ich die Adapter beim Test nicht. Hier konnte ich ausprobieren, ob die Adapter klanglich Einfluss nehmen. Das kann ich nach meinem Höreindruck getrost verneinen. Der Purist wird sie vermeiden, auch um die 78 Euro für eine Geräteseite zu sparen. Ein Bi-Wiring-Adapter wird erfreulicherweise ebenfalls angeboten. So lässt sich auch an dieser Stelle konsequent das Fidelium einsetzen. Leider steht mir dieser Bi-Wiring-Adapter für den Test nicht zur Verfügung.
Bevor ich das kleine, würfelförmige Kästchen mit den vier drei Meter langen Fidelium zugeschickt bekam, habe ich mich auf der Website von Silversmith Audio ein wenig informiert und las in einem Testbericht, dass das Fidelium einige Einspielzeit benötigt, um vor allem im Bassbereich seine Qualitäten zu entwickeln. Folglich schloss ich das Fidelium nach Eintreffen an die Spectral DMA-100 Endstufe an, die die Mittel-/Hochton-Einheit meiner Triangle Grand Concert versorgt. Das Fidelium bekommt so das Signal mit vollem Frequenzumfang, wird aber bei 300 Hertz passiv mit 12dB gefiltert. Auf diese Weise wollte ich das Testkabel einspielen und wurde bereits bei den ersten Takten von Louis Armstrong In London überrascht und auch verunsichert. Die Tonalität war enorm anders als ich es gewohnt war. Beeindruckend warmer und detailreicher Grundton ging einher mit filigran aufgelösten Höhen. Ich hatte das Gefühl, das Fidelium spielt ein wenig leiser als meine Standard-Verkabelung und drehte den Pegel der Bassverstärker am vorgeschalteten Equalizer um knapp drei Dezibel zurück. Jetzt empfand ich die Tonalität als ähnlich ausgewogen aber mit doch anderer Ausprägung. Der Gesang von Louis Armstrong besaß noch immer mehr Körperhaftigkeit und damit Authentizität. Seine Trompete schallte glasklar farbig, unaufdringlich aber mit beeindruckender Intensität. Das war hochgradig interessant. Ich habe schon etliche Lautsprecherkabel an dieser Stelle probiert, jedoch so einen Ersteindruck noch nicht erlebt. Ich legte Witchi-Tai-To von Jan Garbarek und dem Bobo Stenson Trio auf den Brinkmann Bardo und war angetan von der energiegeladenen Strahlkraft des Saxophons und der feingliedrigen Nuancierung der Becken. Überhaupt gefielen die Klänge des Schlagzeugs, weil sie imposant plastisch, dynamisch kraftvoll und mit ungekannt viel Nachklingen zu hören waren. Auch der musikalische Fluss und das Rhythmusgefühl profitierten vom Fidelium.
Das machte mich dann doch derart neugierig, dass ich die Fidelium nun sofort fullrange an meiner Phonar Veritas ausprobieren wollte. Der Soulnote A2 diente als Verstärker. Der A2 ist ein ausgezeichnet auflösender Amp, der diese Qualität jedoch nur vermitteln kann, wenn die Lautsprecher mitspielen. Die Phonar Veritas P9.2SE harmonieren mit ihm. Mit dem Silversmith merke ich aber nun, was mein QED Genesis LS-Kabel alles nicht kommuniziert. Einspielzeit schien kaum nötig. Das Fidelium besitzt übrigens keine vorgegebene und markierte Spielrichtung. Ich habe es für meinen Test jedoch entsprechend gekennzeichnet, um stets dieselbe Richtung zu nutzen und eventuelle, durch die Nutzung entstandene Formatierung nicht unkontrolliert zu verändern. Schon bei den ersten Takten von The In Crowd vom Ramsey Lewis Trio geriet ich ins Staunen. So ein Unterschied hinsichtlich Spielfreude, Lebendigkeit und Detailfülle! In allen musikalischen Parametern scheint das Fedelium überlegen. Dabei gefällt es auch durch Unaufdringlichkeit. Ich möchte sagen, es strahlt Ruhe aus, oder anders formuliert: Dem Fidelium fehlt jedes lästige und störende Artefakt. Das homogene Klanggeschehen spielt sich auf einer in Breite und besonders in der Tiefe großzügig dimensionierten Bühne ab, die aber umrissen wirkt, da sich kein Instrument im Nirgendwo verliert. Das Publikum in dieser Live-Aufnahme aus dem Club in Washington D.C. bildet das Fidelium glaubwürdig ab. Bei aller erstaunlichen Dynamik fällt keine Tonlage durch Übertreibung oder Zurückhaltung auf. Die grandiose Auflösung von Isaac Holts Beckenspiel geht nicht mit zischenden Höhen oder auch nur der geringsten Härte einher. Das Metall glänzt und legt seine Farbenpracht über das ungewohnt klar umrissene, feindynamische Pianospiel von Ramsey Lewis, lässt jedes Tremolo exakt hörbar werden. Auch die Drums und der Kontrabass beziehungsweise das Cello von Eldee Young sind im Gesamtklangbild wunderbar präzise zu erleben und werden an keiner Stelle überbetont, so dass nichts zugedeckt wird. Hier erlebe ich eine analytische Darstellung, die durch Homogenität und warme Klangfarben ein faszinierende Authentizität ausstrahlt und einen absolut stressfreien Hörgenuss bietet. Da rufe ich gleich das nächste Album auf: Die Symphonie Fantastique von Hector Berlioz mit Marc Minkowski vermittelt das Fidelium ebenso famos. Zart klingen die Streicher. Das Orchester füllt den großen Saal, der mit dem Silversmith Audio nach hinten, sehr tief im Raum so begrenzt wird, dass ich mir eine imaginäre Wand einbilde, die ich sonst nie gesehen habe – toll. Die Akkuratesse und Nicht-Übertreibung der donnernden Paukenschläge vermittelt die düstere Stimmung beim Gang zum Schafott. Sie sind deutlicher hinten platziert, als es mir in Erinnerung ist. Überhaupt gerät die Auffächerung des Orchesters mit seiner umfangreichen Instrumentierung wie Harfe und Piccoloflöte weit besser als es das QED kann. Wie das Fidelium die Glocken und Fanfaren strahlen lässt, wirkt schöner und echter. Sehr erstaunt hat mich dann die Klasse, mit der das Fidelium den Soulnote und die Phonar beim Live-Album Montreal von Holly Cole musizieren ließ. Bei dem Album ist einerseits die Fülle der Stimme, andererseits der Bass von David Piltch sehr stark von der Tonalität der Anlage abhängig. So glaubwürdig wie ich sie jetzt hörte, kann auch meine große Anlage sie nicht reproduzieren. Hier passen die Verhältnisse von Stimme, Klavier, Klarinette und Bass. Der Raum ist ebenfalls erlebbar. Holly Cole artikuliert mit einer Gänsehaut generierenden, nuancierten, wandlungsfreudigen Stimme. Die instrumentale Begleitung umgibt die Sängerin klangfarbenprächtig. So beeindruckend wie es nun klingt, empfinde ich das Album mit seinen 29 Minuten als bedauerlich kurz.