Die Phonar Veritas p4.2 Next scheint keine Genre-Vorlieben zu kennen. Unter den Jazz Alben beeindruckte mich Nnenna Freelons immer wieder gern von mir zur Beurteilung einer Audio Komponente gehörtes Album Live, weil die Phonar schon bei kleinen Lautstärken die Live-Atmosphäre mit einer homogen Darbietung vermittelten. Nnenna Freelons Stimme reproduzieren die p4.2 Next mit Körper und platzieren sie unabhängig vom Hörpegel auf eine Ebene mit den Instrumenten, wobei sie eine nicht allzu große Bühne nach hinten abbilden. Das klingt gleichermaßen angenehm wie glaubwürdig. Ich habe dieses Konzert aber schon einige Male auch über sehr gute Anlagen mit etwas mehr Offenheit erlebt, die ich allerdings hier nicht vermisse. Vielmehr ist es meinem Tester-Trieb geschuldet, dass ich jetzt doch die 1,5-Dezibel Hochtonanhebung durch Umstecken des Jumpers am Anschlussterminal vornahm. Ja, die Stimme löste sich nun mit spürbar mehr Offenheit aus dem Gesamtbild nach vorne. Das klang eher überzeichnet, irgendwie synthetisch und die Musik verlor eindeutig an Homogenität und Charme. Also schnell wieder auf die lineare Werkseinstellung zurückgesteckt, was im Spielbetrieb kein Problem ist. Jetzt ist wieder alles im Lot und ausgewogen mit sehr viel Klangfarbe, feiner Dynamik und Homogenität über das gesamte Frequenzspektrum. Nur wenn ich sehr laut höre, tritt in meinem Hörraum der Bass etwas zu deutlich in den Vordergrund – zumindest bei dieser Musik. Bei „normalen“ Hörpegel war ich stark beeindruckt von der Detailzeichnung auch im Bassspektrum. Ich kann mich nicht erinnern, sie auf diesem Niveau in dieser Preisklasse je so gehört zu haben. Im Titel „Body And Soul“ wird die Percussion schön in der Tiefe geordnet, nicht übertrieben, und der Orgelbass rollt tief unten hindurch, ohne die Bassdrum zuzuschmieren. So soll es sein, und so macht es Spaß zu hören.
Wenn ich bei dieser Musik einzig eine Basslastigkeit bei großer Lautstärke zu bemängeln habe, will ich dies nun mit lauter Rockmusik hinterfragen. Janis Joplin Live At Winterland ´68 mit Big Brother & The Holding Company soll diesbezüglich Erkenntnis bringen. Schon die Ankündigung der Band vermittelt Live-Charakter. Einer meiner Lieblingstitel ist „Ball and Chain“ von W.M.Thornton. Hier hat die Phonar keine Schwierigkeit, die Giftigkeit der verzerrten Gitarre zu vermitteln und es gibt auch weniger Missstimmung bei großer Lautstärke. Die trägt eher zur Authentizität eines Rockkonzerts bei. Der E-Bass spielt sauber und unaufdringlich im Hintergrund, während der großartige Gesang von Janis Joplin vordergründig abgemischt wirkt. Wenn der Pegel zurückgenommen wird, verändert sich diese tonale Balance nur ein wenig dahingehend, dass der Bassbereich etwas zurücktritt. Ähnlich verhält es sich bei „I Feel Free“ vom Album Fresh Cream (Qobuz-Stream 192/24). Wie häufig bei 192-Kilohertz-Remasterings klingen hier die Obertöne etwas überspitzt, solche Missstände offenbart die Phonar eben auch. Man kann ihr also nicht vorwerfen, ein Schönfärber zu sein. Auf Rufus Wainwrights Folkocracy (Qobuz Stream 24/96) verzaubert die Glaubwürdigkeit der diversen Stimmen, auch wenn die teurere Veritas p9.2 SE hier klar besser auflöst. Alles geht dann doch nicht für diesen Preis. Jedoch erstaunlich viel, und so beweist die Veritas p4.2 Next auch bei klassischer Musik ihre gelungene Abstimmung und ihr Klangvermögen. Im Wadia CD-Laufwerk lag die Symphonie Fantatique von Hector Berlioz, live in Paris eingespielt vom Mahler Chamber Orchestra und Les Musiciens du Louvre unter dem Dirigat von Marc Minkowski. Dieses vielseitige Werk offenbart im zweiten Satz „Un Bal“ ansprechend die feine, an Klangfarben reiche Nuancierung, zu denen die Phonar in der Lage sind, und nimmt den Hörer mit seiner Walzer-Beschwingtheit mit, so dass ich meinen Oberkörper im Takte der Musik wiege. Gewaltig und düster, mit Wucht und Dynamik geht es im vierten Satz zum Richtplatz. Auch diese Stimmung vermittelt die Veritas p4.2 Next, auch wenn man laut, jedoch bitte nicht übertrieben laut hört. Stets bleiben dann die Phonar trotz aller Farbenpracht und ihres tendenziellen eher erfreulich leicht warmen Timbres transparent und verlieren niemals Ordnung und Struktur.
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