Beim auf vier einfachen Gummifüßen ruhenden Model 505 fehlt jede optische Effekthascherei, es sei denn, man wollte die schmalen Walnusswangen links und rechts der Frontblende so einordnen. Alle die einzelnen Betriebszustände indizierenden Lämpchen, die sich sogar dimmen beziehungsweise ganz abschalten lassen, leuchten in einem angenehm zurückhaltenden Orangeton, der mit den Schriftzügen harmoniert. Ich verstehe bis heute nicht, wieso viele Hersteller hier kaltblaue, hell-grelle Lämpchen verbauen, die wirken, als würden Jedi-Ritter mit ihren Lichtschwertern kämpfen. Die eigentliche Bedienung des Geräts ist dank der übersichtlichen und aufgeräumten Front selbsterklärend. Und traut der Bediener seiner Intuition doch einmal nicht, hilft der Blick in die sehr ausführliche und umfassende Bedienungsanleitung.
Die enorme Praxistauglichkeit setzt sich in den eigentlichen Funktionen fort. Separate MM- und MC-Zweige sind obligatorisch, ebenso wie die Umschaltung zwischen Mono und Stereo. Neben der klassischen RIAA-Entzerrung bietet die 505 sogar die Decca 78 Kurve an, das ist schon nicht mehr die Regel. Die MM-Impedanz lässt sich neben dem 47 Kiloohm-Standard noch auf die Werte 22 und 75 setzen. Sowohl der MM- als auch der MC-Zweig verfügen jeweils über gleich sechs unterschiedliche Verstärkungsfaktoren. MM-Eingangskapazität und MC-Impedanz lassen sich sehr praxisgerecht auf diverse Werte einstellen, nur Erbsenzähler brauchen hier noch weitere Zwischenschritte. Die Geräterückseite macht einen ebenso blendenden Eindruck wie die Vorderseite. Einmal geht es mit XLR symmetrisch rein, einmal genauso raus, oder wahlweise viermal per RCA hinein und zweimal via RCA wieder hinaus; jeder Eingang hat eine eigene Erdungsklemme.
Im Inneren stellt der Netztrafo insgesamt sechs Abzapfungen – sprich: Spannungen – für die unterschiedlichen Schaltkreise und Verstärkerstufen bereit, dem Vernehmen nach alle jeweils mit eigenem dynamikschonenden Regelkreis. Die 70.000 Mikrofarad Siebung stünden so manchem Verstärker gut zu Gesicht, und das gesamte Layout ist konsequent in Doppel-Mono-Bauweise aufgebaut. Wenn ich jetzt doch noch irgendwo ein kleines Doppel-Triödchen entdecken könnte… Vielleicht spendiert George Polychronidis ja zukünftig noch eine Röhren-bestückte Verstärkungsstufe und der Gerätebezeichnung dann den Zusatz „Reference“! Ich schweife ab, macht das Gerät bisher doch einen mehr als überzeugenden Eindruck und lässt den aufgerufenen Preis sehr angemessen erscheinen. Die Verarbeitungsqualität ist nämlich exzellent, das Gehäuse sehr stabil und verwindungssteif. Auch die Bedienknöpfe machten einen sehr guten haptischen Eindruck und die Aussicht darauf, keine Mäuseklaviere bedienen zu müssen, erhellte meine Stimmung zusätzlich.
Doch nach der Pflicht folgt die entscheidende Kür, nämlich der Hörtest. Und was ich da zu hören bekam, hat mich völlig fasziniert, und zwar umso mehr, je länger ich diese Phonovorstufe hörte. Sehr lange bin ich der 505 nämlich einfach nicht auf die Schliche gekommen, sie hat sich bar ausgeprägten Eigenklangs schlichtweg unsichtbar gemacht. Langweilig-perfekte Neutralität? Fehlende Euphonie? Nein. Vielmehr schlich sie sich zunächst durch ihre extrem ausgeprägten dynamischen Fähigkeiten, sowohl im Groben wie im Feinen, quasi durch die Hintertür in mein Herz.
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