Doch die rührigen Chefs von VTL waren auch noch anderweitig aktiv. So wurde ein Plattenlabel ins Leben gerufen, das vorrangig die Aufgabe hatte, die Qualität unter Beweis zu stellen, die mit den Manley-Produkten für die Aufnahme und den VTL-Produkten für die Wiedergabe von Musik möglich war. Einige dieser Schallplatten befinden sich glücklicherweise in meinem Besitz Die Alben sind grundsätzlich „live“ eingespielt und komplett analog unter ausschließlicher Verwendung von Röhrenmikrofonen auf einem 2-Spur-Studer C37 Tonbandgerät aufgenommen. Dies verspricht eine hohe Dynamik und eine Räumlichkeit, die ihresgleichen sucht. Übrigens verrichtet in meiner Kette ein VTL TL 2.5 Vorverstärker seit mehr als 20 Jahren seine Dienste. Abgesehen von einem gelegentlichen Röhrentausch spielt er munter wie am ersten Tag. Nun also durfte ich den VTL TL 6,5 Serie II testen. Als der DHL-Mitarbeiter mir das Paket übergab, sagte er: Vorsicht, ist schwer. Recht hatte er, so wiegt das voluminöse Paket satte 25 Kilogramm, der ausgepackte Vorverstärker bringt noch gut 20 Kilogramm auf die Waage. Das hohe Gewicht ist einerseits bedingt durch das sauber verarbeitete ausladende Gehäuse aus überwiegend silberfarben eloxierten Aluminium mit Stahlskelett und andererseits durch den ziemlich komplexen inneren Aufbau, was nicht zuletzt an der Vielzahl von Relais liegt und den hochwertigen Komponenten, die sie verwalten. Der Vorverstärker ist in zwei Farbvarianten erwerbbar, so wie hier abgebildet silberfarben mit schwarzem unteren Teil des Gehäuses und mit komplett schwarzem Gehäuse. Die VTL TL 6,5 Serie II ist eine deutlich aktualisierte Version des TL 6.5 Signature. Das Ziel des Unternehmens für die Series II Edition bestand darin, einen Großteil der fortschrittlichen Technologie des Flaggschiff-Vorverstärkers TL 7.5 Series III – eines Hybridmodells mit zwei Chassis – eines für die separate Stromversorgung – in einem einzigen Chassis zu integrieren.
Die neue Version verfügt unter anderem über ein umfassend überarbeitetes Netzteil, das auf der Shunt-Regler-Technologie basiert, die die Auswirkungen auf das Audiosignal minimieren soll. Während übliche Analog-Netzteile immer nur so viel Strom liefern, wie der Verbraucher gerade zieht, fließt hier ständig der maximal mögliche Strom, der von einem Lastwiderstand „verbraucht“ wird. Zieht der Verbraucher Strom, so teilt sich dieser mit dem Lastwiderstand auf, da durch die Konstantstromquelle immer der gleiche Strom fließt. Dieses Schaltungs-Prinzip ist vergleichbar mit einem Auto, das mit Vollgas gefahren und die Geschwindigkeit nur mit der Bremse geregelt wird. Folglich werden durch diese „Energievergeudung“ die Kühlelemente des Netzteils recht heiß, wobei die Temperatur sinkt, je mehr Strom der Verbraucher zieht. Dafür nimmt VTL eine Verlustleistung von beständig drei bis zwölf Watt pro Kanal in Kauf. Als Belohnung soll es eine Spannungsversorgung in Akku-Qualität geben, was Störungsfreiheit und audiophiles Verhalten betrifft. Durch geschickten Einsatz entsprechender integrierter Schaltkreise und Transistoren soll diese perfektionierte Schaltung frei von jeglicher Schwing- und Rauschneigung sein. Auch ist keine einzige Kompensations-Maßnahme gegen Schwingneigung erforderlich. Das ermöglicht einen puristischen Bauteile-Einsatz, was sich entsprechend auf die Lebendigkeit der Musikwiedergabe auswirken soll. Auch Netzstörungen werden wirkungsvoll unterdrückt, da eine Stromquelle für Wechselstrom jeder Art einen nahezu unendlich hohen Widerstand darstellt. Aus dem gleichen Grund werden auch so gut wie keine Rückwärts-Störungen ins Netz verursacht, da der konstante Stromfluss – von den üblichen Stromspitzen über den Gleichrichtern abgesehen – keine weiteren impulsartigen Strom-Änderungen zulässt. Am Ausgang sollen kaum messbare Brumm- oder Rauschspannungen oder andere Störanteile vorhanden sein.
Von der Spannungs- zur Lautstärkeregelung: Die hochauflösende Lautstärkeregelung mit hoher Überlastfähigkeit besteht aus einem Array, also einer Widerstands-Relais-Lautstärkeregelung. Die hier genutzten Widerstände, wie auch die in der gesamten Architektur verwendeten, bestehen aus präzisen, lasergeschnittenen Metallschichtwiderständen mit niedriger Induktivität. Der Pegel wird durch Auswahl von Kombinationen aus einem Array dieser Widerstände festgelegt. Diese Schaltung bietet auch bei niedrigeren Lautstärken die volle Auflösung und einen nahe unbegrenzten Headroom. Die Steuerung variiert den Pegel des Audiosignals in 95 Schritten zu je 0,7 dB, bei jeder Einstellung soll nur ein Relais im Signalweg liegen. Der jeweilige Pegel wird in blauen Ziffern auf dem Display auf der rechten Gehäusevorderseite angezeigt. Die Vorverstärkerschaltung selbst ist vollständig symmetrisch in einem spiegelbildlichen Links-/Rechts-Layout aufgebaut. Sie erzeugt auch aus den an den unymmetrischen Eingängen anliegenden Signalen ein symmetrisches Signal und besitzt eine Polaritätsumkehrfunktion, die sowohl über die Frontplatte als auch über die Fernbedienung aktiviert werden kann. Bei Aufnahmen mit invertierter Phase kann die eine spürbar klangliche Verbesserung bewirken.