Die Entstehungsgeschichte von Amarra gleicht der vieler inzwischen etablierter Hifi-Produkte: Jemand ist mit dem Sound, der ihn umgibt, nicht zufrieden, schafft Abhilfe, und daraus entwickelt sich eine Komponente oder eine kleine Firma. Die Firma hatte Jon Reichbach schon, aber auch ein Problem: Während der Entwicklung seiner Software an seinem Arbeitsplatz verfügte er über alle professionellen Tools, die er zum Musikhören brauchte. Diesem Maßstab wurde iTunes, das er zu Hause nutzte, einfach nicht gerecht. Und da er sich mit dem schlechteren Klang nicht zufrieden geben wollte, fing er an, einen Teil seines Profisystems umzuprogrammieren. Schließlich ersetzte er damit das Wiedergabemodul von iTunes. Und genau das ist heute Amarra: die digitale Masterbandmaschine einer hoch professionellen Studiosoftware.
Amarra spielt Musik-Files mit einer Auflösung von bis zu 24 Bit bis zu einer Samplingfrequenz von 192 Kilohertz ab. Unterstützt werden die Formate WAV, AIFF, BWF und seit dem letzten Update auch das Apple Lossless Format ALAC. Dabei werden keinerlei Daten verändert und keine Musikinformationen manipuliert. Es sind vielmehr interne Abläufe, die in jahrelanger Entwicklungsarbeit optimiert wurden. Dazu gehören Details wie das Festlegen des Zeitpunkts, zu dem die Musikdaten eingelesen werden, die Konfiguration interner Zwischenspeicher und die Kontrolle darüber, was die restlichen Komponenten des Computers zur gleichen Zeit machen oder auch nicht. Das klingt vergleichsweise simpel – ist es aber nicht, denn wie auch bei herkömmlicher Audiotechnik führt letztlich die Summe vieler kleiner Veränderungen und Modifikationen zum klanglichen Erfolg. Wie beispielsweise Ken Ishiwata über Dekaden die Marantz-CD-Spieler immer und immer wieder in kleinen Schritten verbessern konnte, so hat auch Jon Reichbach jahrelang an seiner Software gefeilt.
Die Benutzung von Amarra ist recht simpel, da es mit iTunes betrieben wird und, wie gesagt, das entsprechende Wiedergabemodul von Apple ersetzt. Während jedoch bei Apple das Ausgabedatenformat nur einmal festgelegt werden kann und dann alle Daten auf den gewählten Wert hoch- oder runtergerechnnet werden, schaltet Amarra den angeschlossen Wandler so um, dass immer nur unveränderte Daten im Originalformat wiedergegeben werden. Ist es dem Wandler nicht möglich, das vorhandene Format wiederzugeben – wie etwa 192 Kilohertz im Fall der meisten USB-Wandler – erkennt Amarra das Problem, schaltet sich auf Stand-by und überlässt die Umrechnung iTunes.
Das Programm bietet auch eine digitale Lautstärkeregelung, bei der je nach eingestelltem Pegel Dither hinzugefügt wird, um trotz reduzierter Auflösung keine hörbaren Artefakte durch das Abschneiden der unteren Bits zu übertragen. Per Menü kann die Ditherfunktion jedoch auch abgeschaltet werden. Aber der puristische Audiophile wird diese Pegeleinstellung gewiss ebenso verschmähen, wie den digitalen dreibandigen parametrischen Equalizer, der aus der Software für den Profibereich stammt. Dabei böte er eine elegante Möglichkeit, ohne weiteren Aufwand die in normalen Wohnräumen häufig auftretenden ein bis zwei störenden Dröhnfrequenzen im Tieftonbereich gezielt herauszufiltern. Da ich aber neben der Musik aus dem Computer auch noch Tonbänder und Schallplatten über meine Anlage genieße und beim Wechsel des Speichermediums keine Klangveränderungen erleben möchte, habe ich auf die Erprobung des Equalizers ebenso verzichtet wie auf die der Lautstärkeregelung. Damit man mir dennoch keinen mangelnden Arbeitseinsatz vorwerfen kann, habe ich noch kurzfristig einen Ayre QB-9 besorgt und zum Einspielen angeschlossen. Bis zum abschließenden Vergleichshören sollte er dann auch die gewünschte Betriebstemperatur erreicht haben.
Noch einfacher als beim Ayre, wo es für mich nur einer Autofahrt von etwa 30 Kilometern zum Vertrieb nach München bedurfte, um seiner habhaft zu werden, ist es, Amarra ganz in Ruhe zu Hause zu testen. In unserer schönen neuen Welt braucht sich niemand mehr zum deutschen Vertrieb digital-highend.de nach Essen zu bemühen. Da genügt ein Besuch auf www.amarraaudio.com und ein oder zwei Clicks zum „Amarra Computer Music Player Demo Download‟ und schon hat man eine Demo-Version der Software auf seinem Computer. Die läuft allerdings nur mit kurzen Unterbrechungen, die jedoch nicht so stark stören, dass man die Klangverbesserungen durch Amarra nicht deutlich wahrnähme.
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