In dieser Vielfalt lauert allerdings auch Ungemach. Aber von Anfang an. Wiewohl die Technik der Röhrenverstärkung wirklich sehr alt ist, ist sie alles andere als simpel. Schon im ausgehenden neunzehnten Jahrhundert wurde die Grundfunktion, die jeder Röhre innewohnt, entdeckt. Über die Jahrzehnte hinweg verfeinerte sich die Technologie und bis zur flächendeckenden Verbreitung der Transistoren in den späten 1950er Jahren war eine Verstärkung ohne Röhren in Audiogeräten nicht vorstellbar. Über die Zeit hinweg wurden die Schaltungen innerhalb des luftleeren Kolbens, das Gas Luft würde den Elektronenstrom behindern, immer zielgerichteter vulgo diffiziler. Zugleich wurde der Fertigungsaufwand mit jedem Fortschritt komplexer. Und so bildet sich für Entwickler ein vielfältiger Werkzeugkoffer, randvoll gefüllt mit hochspezifizierten Röhren. Um ein für den Einsatzzweck optimiertes Ergebnis zur erzielen, gilt es mithin, die richtigen Elemente zusammenzuführen. Wobei optimal der Schlüsselbegriff ist, denn die bemerkenswerte Resilienz der Glaskolben selbst nach einem groben Missgriff ins Regal noch Töne zu produzieren, öffnet Tür und Tor für Scharlatanerie. Also bitte Obacht beim Röhrentuning, der Umstand, dass (irgend)eine Röhre in den Sockel passt, heißt noch nicht das es auch gut ist. Während der Garantiezeit ist das Tauschen aber ohnehin ein No-Go.
Fast schon zwangsläufig wird den warm glimmenden Röhrenverstärkern ein Klangbild unterstellt, das mit der Optik korrespondiert. Stark bei Stimmen mit einem weichen Timbre, fein in den Höhen ohne nervende Schärfe sowie voll und rund in den Tiefen. Die in den frühen Entwicklungszeiten vorhandene Unwilligkeit im Hochtonbereich, ist sicher nicht ganz unschuldig für die Charakterisierung. Technisch begründet sind es, im Vergleich zu Transistorverstärkern, die anders geartet Verzerrungen, denen diese klanglichen Talente zugeschrieben werden. Im Cayin HA-3A verstärkt zudem eine Röhre beide Halbwellen, Übernahme-Verzerrungen treten mit dieser Schaltung gar nicht erst auf. Vor der Antwort auf die Frage, ob der HA-3A nur im engen Korsett der unterstellten Vorurteile performt, steht noch eine ästhetische Entscheidung. Ein gestecktes, leicht zu entfernendes Schutzgitter schützt die Röhren vor mechanischem Unbill, stört anderseits den optischen Auftritt. Da weder erlebnishungrige kleine Menschen noch nahrungsmittelsuchende Tiere im Umfeld des Cayins unterwegs sind, bleibt es beim freien Blick auf die Glaskolben. Das Gitter erfüllt auch nicht die Funktion eines faradayschen Käfigs, das heißt „oben ohne“ wirkt sich nicht auf die Strahlungsempfindlichkeit aus.
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