Schon mit der einfachen Strippe ließ mich der frisch ausgepackte Momentum meine Audio Exklusiv-R-7-Vorstufe plus Einsteins The Poweramp nicht vermissen. Auch so gut wie neu machte er eine ausgesprochen gute Figur. Aber noch vermied ich es, eines der einschlägig bekannten, aussagekräftigen Stücke zu hören. Besonders nach dem Wechsel zum Dragon geriet die Einspielzeit dann wirklich zum Spaß. Einige Wochen lang sammelte der Vollverstärker täglich über zwölf Betriebsstunden – mal bei moderater Lautstärke und geschlossener Arbeitszimmertür, mal während des Schreibens von Artikeln und mal beim abendlichen Ausspannen mit eher höheren Pegeln. Es war gar nicht einfach, auf einen Vergleich mit meinen Verstärkern zu verzichten, hätte ich doch gern gewusst, ob die besonders luftige Raumdarstellung auf das Konto des Vollverstärkers ginge oder sich die Børresen 05 und die Dragon-NF-Kabel in meinem Hörraum immer besser akklimatisierten. Während der gesamten, langen und bestimmt mehr als ausreichenden Einspielzeit fand ich nichts, was den Musikgenuss auf höchstem Niveau trübte und nur den geringsten Anlass zur Kritik böte.
Erst ein paar Tage vor dem anstehenden Abholtermin traktierte ich den Momentum mit ein paar Testscheiben. Die erste ist Abdullah Ibrahim und Ekayas „Sotho Blue“: Der Bass wirkt noch ein Spur muskulöser, als ich ihn in Erinnerung hatte, die Instrumente scheinen zum Greifen plastisch und von viel Luft umgeben, und der die Snare Drum umhüllende Hall ist ein wenig deutlicher als sonst zu vernehmen. Keith Jarrett, Gary Peacock und Jack DeJohnettes „God Bless The Child“ verwöhnt beim Intro mit der bekannten Fülle rhythmischer Details: Die ersten recht sparsamen Töne des Pianos, das leichte Stampfen des Pianisten und die Geräusche des Dämpfers stimmen auf den Groove des Songs ein. Die Bass Drum kommt mit einem Hauch mehr Druck, als ich das in Erinnerung habe, und dennoch swingt das Trio unwiderstehlich – was ich so nicht erwartet hätte: Üblicherweise lässt jedes bisschen zusätzliche Tieftonenergie das Tempo einen Hauch langsamer erscheinen. Nicht so beim Momentum. Der verbindet Groove und Druck aufs Feinste! Dem D'Agostino gelingt es auch ganz hervorragend, das Spiel auf dem Hi-Hat vom dem auf der Snare zu differenzieren – und das, ohne die beiden Instrumente überzubetonen oder gar zischelig klingen zu lassen: einfach Klasse!.
Die Blechbläser ziehen einen fast magisch in den Saal, in dem das Symphonieorchester des Bayrischen Rundfunks unter Mariss Jansons Mahlers Symphonie Nr.3 einspielte: Pauken tönen mit Wucht und vermitteln einen recht realistischen Eindruck von der Tiefe des Aufnahmeraumes. Während der dräuenden Stimmung zu Beginn kommen die Einsätze der diversen Instrumentengruppen wie aus dem Nichts. Der Momentum brilliert mit einer ungemein spontanen und scheinbar völlig unbegrenzten Leistungsentfaltung. Der dürfte es auch zu verdanken sein, dass die tiefen Streicher überaus fein differenziert werden. Bei dieser Aufnahme und der Kette mit dem D'Agostino an zentraler Stelle muss man einfach ins Schwärmen geraten: Das passt wirklich alles. Um die Ohren wieder ein wenig frei zu bekommen, wechsele ich kurz zu Mark Johnson Kontrabass-Solo-Album Overpass. Das beginnt mit einer Version von Eddie Harris „Freedom Jazz Dance“ voller Groove. Der Momentum stellt ganz spielerisch jede Menge Strom für dieses rhythmisch packende wie melodiöse Tieftonspektakel bereit. Mindestens ebenso wichtig: Genauso akkurat wie die Töne einschwingen, genau so präzise enden sie. Da gibt es nicht das geringste Nachschwingen. Der Momentum hat die nicht gerade kleine Membranfläche der Børresen 05 aller bestens unter Kontrolle.
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