Ich beginne mit einer vertrauten Studioaufnahme – und bin von der Anmutung der virtuellen Bühne schlicht überwältigt: Die Tablas scheinen in einem größeren, helleren Raum zu erklingen, die Pauke erschallt aus großer Tiefe und dennoch druckvoll. Die Wiedergabe wirkt frischer und beschwingter als gewohnt. Ich hatte mit geringeren Unterschieden zwischen den beiden High-End-Kabeln gerechnet und bin überrascht, wie viel mehr Hörvergnügen das ThunderBird zulässt. Um auszuschließen, dass mein Teststück zufällig besonders gut zu den Klangeigenschaften des ThunderBird passt, höre ich kurz zwei Auszüge aus in natürlicher Akustik mit wenigen Mikrofonen aufgenommenen Orchestern: Ich brauche meine spontane Begeisterung nicht im mindesten zu revidieren. Im Gegenteil: Gerade die Orchesteraufnahmen profitieren von den Fähigkeiten des ThunderBird. Einfach klasse, wie viel mehr Feininformationen die kleinsten Fabelwesen meiner Kette noch entlocken. Das Beste dabei ist, dass diese nicht zu einer anstrengenden, analytischen Wiedergabe beitragen, sondern zu mehr Spaß an der Musik.
Statt mich dieses hervorragenden Kabels länger zu erfreuen, höre ich damit lediglich eine der für mich schönsten aktuellen Neuerscheinungen: Avishai Cohens Album Naked Truth. Der Qobuz-Stream verwöhnt mit lyrischen Melodien und allerfeinstem ECM-Sound: ein Hochgenuss – nicht zuletzt wegen des ungemein offenen und transparenten ThunderBird. Aber da ich mich grade im Kabel-Schlaraffenland befinde, konzentriere ich mich auf ein weiteres bekanntes Teststück und wechsele dann das ThunderBird gegen das FireBird. Ja, da ist sie wieder, diese faszinierende Raumillusion. Jetzt gelingt die Platzierung der Instrumente auf der Bühne sogar noch ein wenig präziser, auch werden die Schallquellen nun noch randschärfer fokussiert. Der Bassbereich erklingt mit einem Hauch mehr Druck, aber das sind eher Marginalien. Was den Wechsel vom FireBird zurück zum ThunderBird aber schwierig bis unmöglich macht – wenn man einmal den direkten Vergleich gehabt hat –, ist die größerer rhythmische Intensität der Wiedergabe beim Feuervogel. Da kann man bei entsprechender Musik die Füße wirklich nicht still halten. Apropos Feuervogel: Nach der für mich – vor allem klanglichen – Entdeckung von Mahlers Symphonie Nr. 3 mit den Symphonieorchester des Bayrischen Rundfunks unter Mariss Jansons habe ich auf der Suche nach ähnlich gut klingenden Einspielung bei Qobuz die von Strawinskys Le Sacre Du Printemps und der Firebird Suite gefunden und heruntergeladen. Auch diese Aufnahme profitiert ohrenfällig vom Mastering Christoph Stickels, der auch schon an der Mahler-CD beteiligt war. Das Ballet nimmt einen mit seiner rhythmischen Spannung gefangen. Das Orchester scheint auf einer sehr breiten und tiefen Bühne zu agieren. Da könnte man sich völlig im – wenn auch nicht immer völlig eingängigen – Wohlklang verlieren. Wenn man nicht plötzlich von den Pauken im „Infernal Dance“ aufgeschreckt würde: Auch die Dynamik der Aufnahme kann mich über eine adäquate Anlage, mit den entsprechenden NF-Kabeln wiedergegeben, rundum begeistern!
Beim FireBird bestehen die Signalleiter übrigens aus massivem, oberflächenveredelten Silber. Die Gehäuse der Stecker sind hier zur Ableitung von RF-Einstreuungen versilbert. Das Dragon wird mit den gleichen Steckern konfektioniert und unterschiedet sich vom FireBird durch die Rauschableitung: Deren bisher höchste Qualitätsstufe, die dem Dragon vorbehalten ist, nennt Audioquest „Level 7“. Es unterscheidet sich durch den in der Schirmung eingesetzten Leiter, der hier ebenfalls aus Perfect Surface Silver besteht, von Level 6. Und das macht klanglich wirklich einen Unterschied. Beim Dragon bekommt man von allem noch ein bisschen mehr: eine noch ein klein wenig weiter ausgedehnte Bühne, eine noch etwas bessere Durchzeichnung, einen Hauch mehr Druck im Tieftonbereich und noch minimal kräftigere Klangfarben. Das Beste daran ist, dass diese beeindruckenden Teilaspekte sich zu einem völlig harmonischen Ganzen fügen. Selbst die zuvor nie so gehörte Raumdarstellung wirkt nicht effekthascherisch oder übermäßig spektakulär. Das Dragon intensiviert vielmehr die Wahrnehmung des musikalischen Flusses und damit den Genuss für den Zuhörer!
Natürlich habe ich beim Umstecken von FireBird und Dragon die üblichen Songs wie Schostakowitschs „Polka“ oder Keith Jarretts „God Bless The Child“ gehört. Viel wichtiger ist aber, wie sich die Kabel bei ganz „normaler“, also nicht nach audiophilen Gesichtspunkten ausgewählter Musik verhalten. Eine der interessantesten Entdeckungen – erst im Jazz Podium, dann bei Qobuz – war für mich der Paris Zyklus des Rebecca Treschner Tentets. In Sachen Raumillusion ist die Studioproduktion nichts Besonderes – auch wenn sich der Klang völlig von den Schallwandlern löst –, dafür aber musikalisch: spannende, melodische Kompositionen und aufgrund der Besetzung opulente Klangfarben. Das Fell der satten Bass Drum, das Holz der Klarinette, das Metall des Vibraphons und auch mal die Saiten einer Harfe erklingen ungemein realistisch.