Kein Mangel an Leistung lässt sich feststellen, wenn Chord Electronics' MOJO die Daten wandelt und das analoge Signal verstärkt. Plötzlich kommen nicht komprimierte Stücke wieder sehr dynamisch und packend rüber. Allerdings zeigt die Färbung der beiden bunten Kugeln zur Lautstärkeeinstellung, dass der MOJO schon recht weit aufgedreht ist. Das dürfte nur für diejenigen Kopfhörerfreunde ein Nachteil sein, die gern lange mit ihrem mobilen Equipment unterwegs sind. Ein Stealth wird die Akkus des angeschlossenen Verstärkers schneller zur Aufgabe bewegen als die meisten anderen Magnetostaten. Wenn man sich erst länger an das ungemein hohe Niveau eines Stealth gewohnt hat, ist es gewiss nicht leicht, unterwegs darauf zu verzichten – zumal die Größe des Cases und das relativ geringe Gewicht den mobilen Einsatz nahelegen. In meinen Augen prädestinieren die elegante Erscheinung und die sehr gut verarbeiteten Oberflächen den Stealth jedoch eher für die heimische Nutzung – als Reisebegleiter oder professionelles Werkzeug erscheint er mir fast zu schade. Deswegen ist mein D/A-Wandler nun auch mit dem SPL Phonitor x verbunden, der sowohl über einen symmetrischen als auch über einen unsymmetrischen Kopfhörerausgang verfügt.
Da ich wie so oft mit einer im Pegel eher zurückhaltenden ECM-Produktion begonnen habe, musste ich das Poti des Phonitor am recht leisen Beginn von „God Bless The Child“ bis auf über drei Uhr aufdrehen. Aber der SPL hat ja noch eine Menge Reserven: Mit den DIP-Schaltern auf der Unterseite lässt sich die Leistung um zwölf, 22 und 24 Dezibel erhöhen. Schon der kleinste Schritt genügt, um bei etwa zwölf Uhr mit richtig Druck Musik genießen zu können. Man merkt sofort, wie positiv der Stealth auf einen kräftigen Verstärker reagiert: Ihm gelingt beispielsweise bei Ruta And Daitya, dem Duo-Album von Keith Jarrett und Jack DeJohnette, die Differenzierung der Schallereignisse absolut hervorragend. Tiefe Trommeln kommen mit viel Druck und präziser Definition. Die Flöte, die Perkussionsinstrumente und das verzerrte, teils mit einen Wah-Wah verfremdete Fender Rhodes scheinen dank der vielfältigen, aber immer glaubwürdigen Klangfarben zum Greifen plastisch. Eine besonderes Erlebnis sind die Becken: Über einen Kopfhörer habe ich das Blech nie so detailreich und realitätsnah gehört. Bei der recht fetten Bassdrum nimmt man nicht nur das Fell und den Kessel wahr – ja sogar die Geräusche der Fussmaschine sind zumindest gegen Anfang von „Overture – Communion“, als das Klangbild noch nicht so dicht ist, zu erahnen. Und das schönste an dieser Detailfülle ist, dass das Stück dennoch ebenso packend und spannend rüberkommt wie gewohnt. Beim Stealth sind Analyse und Spielfreude keine Gegensätze.
Dass ich mich mit der Vorne-Ortung bei Kopfhörern schwertue, habe ich ja schon bekannt. Daran vermag auch der Stealth nichts zu ändern: Bei Schostakowitschs Symphonie Nr. 15 fehlt mir daher die über Lautsprecher erfahrbare Tiefenstaffelung, dennoch vermittelt die hervorragende Aufnahme über den Dan Clark Audio eine Vorstellung von der Größe des Saals, in dem die Duisburger Philharmoniker agierten. Schon hier sind Pauken und Bässe in den Fortissimo-Passagen fast körperlich zu spüren. Im ersten Satz von Mahlers Symphony Nr. 3 in der Interpretation des Symphonieorchesters des Bayrischen Rundfunks unter Mariss Jansons – übrigens ein Anspieltipp eines Kollegen für den wenig Klassik affinen Autor – werden dann die enormen Fähigkeiten des Magnetostaten in Sachen Dynamik und Tieftonwiedergabe besonders deutlich. Die vom Phonitor straff kontrollierten Membranen setzen eine Menge bestens dosierter Energie frei: ein Hochgenuss! Weniger spektakulär, aber mindestens genauso wichtig für das Gesamtergebnis sind die fantastische Feinzeichnung, die tonale Stimmigkeit und die Klangfarbenpracht des Stealth. Da muss man kein Klassikfan sein, um zumindest während der über 30 Minuten des ersten Satzes dabeizubleiben.
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