Der Zeitpunkt ist gekommen, die Chassis mal so richtig auszulenken. Auch bei sehr hoher Lautstärke treibt „Nightcall“ die Membranen nicht in den Anschlag, von Kompression keine Spur und auch die Stimmwiedergabe lässt sich von dem Radau in den unteren Lagen nicht im Geringsten beeindrucken. Die verfremdete, eher gesprochene Stimme, die in die Mitte des Stereopanoramas gemischt ist, offenbart mehr Details als jemals zuvor. Das leichte Changieren des Stimmeffekts, der eine schwer zu trennende Mischung aus Vocoder, Sawtooth, Flanger und Pitch Shifter ist, wird in beeindruckender Deutlichkeit und Intensität abgebildet. Weiß der Teufel, was Kavinsky im Studio alles zusammengerührt hat, um diesen ikonischen Sound zu erzeugen, aber sicher ist, dass die Amphions kein Detail vermissen lassen. In ihrer robotischen Anmutung krächzt die Stimme mit großer Vehemenz wie aus einem überdimensionierten Telefonhörer durch die Nacht und direkt in meinen Gehörgang. Trotzdem wirkt sie keinesfalls unangenehm oder schneidend, sondern fast intim, ein Attribut, dass ich normalerweise mit einer fast zu weichen, warmen Mittenwiedergabe in Verbindung bringen würde. Davon sind die Amphions weit entfernt. Sie schaffen genau das abzubilden, was die Aufnahme vorgibt – eine unnachgiebige, mit maschineller Beharrlichkeit versehene Vocoderstimme – und erreichen mich dennoch emotional und einfühlsam. Das sollte eigentlich nicht gehen, tut es aber doch. Ein Gänsehautmoment.
Nachdem ich mit diesem Stück die Tiefmitteltöner reichlich gefordert habe, geht es jetzt den Hochtönern an den Kragen. Können sie bei der Dynamik eines Orchesters mithalten, die Instrumente wie erwünscht abbilden und funktioniert ihre tiefe Anbindung bei 1600 Hertz tatsächlich uneingeschränkt und ohne Artefakte jeglicher Art? Auf die Gefahr hin, dass diese Aufnahme bald als die einzige aus dem Klassikbereich gilt, die ich besitze, greife ich erneut zu einer Sinfonie von Johannes Brahms. Doch was soll ich machen, seine Sinfonien gehen mir einfach unter die Haut und die Einspielungen der Berliner Philharmoniker unter Herbert von Karajan umso mehr. Die erste Sinfonie in c-Moll kommt von der gerippten CD mit DDD-Aufnahme von 1987 der Deutschen Grammophon. Der erste Satz könnte dramatischer nicht beginnen und verlangt den Amphions eine Menge ab. Donnernde Pauken, schnelle Wechsel von Melodielinien verschiedener Instrumente und immer wieder starke Crescendi bis zum Fortissimo, sofort gefolgt von Pianissimos. Herrlich, wie die beiden Lautsprecher in hoher Lautstärke mitgehen und einfach anbieten, was die Aufnahme hergibt. Besonders Orchesteraufnahmen profitieren enorm von der bereits oft erwähnten räumlichen Abbildungsqualität der Argons. Die einzelnen Gruppen des Orchesters werden als großer Klangkörper wiedergegeben und nicht nur als etwas groß geratenes Einzelinstrument. Es lässt sich nicht nur erahnen, sondern geradezu erspüren und erleben, wo sich verschiedene Streicher, Bläser oder unterschiedliches Schlagwerk bei der Aufnahme befanden und wo sich die Sitzreihen der verschiedenen Instrumentengruppen in ihrer Anordnung berührten. Es ist, als wäre der gesamte Orchesterraum wie in eine riesige Blase vor mir ins Wohnzimmer teleportiert. Dieses Erlebnis schlägt sich übrigens in ähnlicher Ausprägung, wenn auch mit einer kleineren Blase, in meinem kleinen Hörraum nieder und dies auch, wenn ich leise höre. Es ist also mitnichten nur der positive Einfluss des großen Raumes, sondern eine Qualität der Lautsprecher selbst. Ich kann beim besten Willen keine negativen Einflüsse des Hochtöners feststellen. Die hohen Mitten, welche er mit abdeckt, verfügen über viel Energie und Beweglichkeit, der Hochton ist immer gerade in ausreichendem Maße präsent und der Hochtöner im Minihorn verleiht jedem Instrument genau den Schuss Obertongehalt, die es für einen realitätsnahen Klang benötigt.
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