Bereits in der Einspielzeit, nach etwa vier bis fünf Stunden, hatte das Klangbild des ECO etwas Faszinierendes. Weil ich noch eine eher leicht raue, etwas unausgewogene Musikdarbietung erwartete, legte ich Peter Greens In The Skies auf den Plattenteller, da dies dieser Musikart nach meiner Einschätzung weniger zum Nachteil gereicht als etwa einem Violinkonzert. Wie gesagt, ich war nicht wenig überrascht, wie homogen und detailreich das ECO bereits jetzt zu Werke ging. Dabei beeindruckten mich in besonderer Weise die intensiven Klangfarben und das seidige, transparente Hochtonspektrum. Das Charisma gefiel mit einer schönen Staffelung und räumlichen Struktur, die jedem Instrument und Peter Greens Gesang in Tiefe und Breite eigenen Raum gab.
Durch die beeindruckende Reproduktion von In The Skies angespornt, wagte ich mich an das in Instrumentierung und Klangfarbenpracht vielfältigere erste Album der Chicago Transit Authority und wurde nicht enttäuscht. Im Gegenteil: Die hölzerne Percussion zum Beispiel war plastisch und beinahe zum Greifen nah. Homogenität und Durchzeichnug, vor allem aber dieser unglaubliche musikalische Fluss machten den Hörgenuss aus. Das bedurfte eines Gegenchecks, auch wenn das ECO bis dahin noch keine zehn Stunden spielen konnte. So hörte ich dann Seite eins mit den wohl zeitlos schönen Songs „Does Anybody Really Know What Time It Is?“ und „Beginnings“ mit meiner Bardo-Referenz. Ja, das war noch einmal ein Sprung in Sachen Lebendigkeit und Offenheit. Aber jetzt kommt's: Keine Sekunde habe ich beim Wechsel zurück auf den Kenwood mit dem Charisma Audio auch nur das Geringste des vorher erlebten Mehr vermisst. Das ECO besitzt etwas Einnehmendes, musikalisch Überzeugendes, das ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht näher beschreiben kann. Mit seiner Darbietung zieht es mich in seinen Bann, und nachdem ich die geniale Chicago-Interpretation von Stevie Winwoods „I'm A Man“ genossen hatte, wollte ich herausfinden, was das ECO aus dem Original der Spencer Davis Group macht, das ich auf einer Best Of-LP von Island Records besitze und das in dynamischer Hinsicht der Chicago-LP nicht das Wasser reichen kann. Es war wirklich nicht schlecht, was das ECO aus diesem Oldie herausholte. Das war mehr als anhörbar und hatte nichts Langweiliges oder Nerviges an sich. Dass es mit dem ECO Spaß macht, auch minderwertiges Material zu hören, ist dem neuen System aus Kanada hoch anzurechnen und im Musik-Alltag ein wichtiger Genuss-Aspekt. Jetzt möchte ich dieses Genre verlassen und zu zarteren Klängen wechseln. Dazu wähle ich das ECM-Reissue von 1990 Jimmy Giuffre 3 1961, das bereits 1961 in New York eingespielt wurde. Jimmy Giuffres Klarinette wird umrahmt von Paul Bleys Piano und dem Kontrabass des damals 20-jährigen Steve Swallow. Diese Musik lebt von ihren Klangfarben in den sensiblen Tonschwingungen. Das ECO kann diese begeisternd vermitteln. Ich bin wirklich beeindruckt von der musikalischen Stimmigkeit und der Spielfreude. Details, Farbe, Nachklingen, Ausschwingen – alles da, und mit feiner Dynamik vorgetragen. Nun will ich erst einmal die restlichen zwanzig Stunden weitere Einspielzeit abwarten. Wird danach noch mehr zu erleben sein? Wenn ich jetzt bereits das Statement formulieren müsste, würde ich schreiben: Das ECO ist so harmonisch, dass es den Hörer in die Musik zieht und ihn nicht wünschen lässt, viel mehr Geld für noch mehr Musikalität auszugeben.
Inzwischen hat das Charisma Audio ECO seine empfohlene Einspielzeit zumindest annähernd hinter sich gebracht und ich lege an einem Sonntagvormittag eine meiner Ewig-Lieblings-LPs auf: Igor Strawinsky Pulcinella-Suite mit der Academy of St.Matin-in-the-Fields unter Neville Marriners Leitung, Decca 1968. Verzeihen Sie mir, wenn ich auch hier wieder von einer großen Überraschung berichten muss: Der musikalische Fluss mit kraftvoller, greifbarer Darstellung der vielfältigen Instrumentierung mit all ihren Klangfarben ist einfach großartig. Zarte, glanzvolle Streicher betören ebenso wie die straffen und energischen Töne der tiefen Streicher und das schillernde Blech der Bläser. Diese Pulcinella-Suite eignet sich bestens, um die Abschlussimpedanz an der Phonostufe zu optimieren. So wechsele ich dann gleich von den bisherigen 220 Ohm auf den empfohlenen Maximalwert von einem Kiloohm. Das kommt mir dann in meiner Anlagenkonfiguration einen kleinen Hauch zu hochtonintensiv vor. Die richtige Anpassung am Plinius Koru finde ich bei 470 Ohm. Wenn ich bei dieser Musik nun zum Vergleich auf Brinkmann Bardo / Musical Life Conductor / ART-9 wechsele ist da immer noch ein deutlicher Unterschied in Sachen Größenzeichnung und Offenheit, die aber wesentlich auch dem teuren Laufwerk und Tonarm zuzuschreiben sind. Das bedeutet jedoch keineswegs, dass meine etatmäßige Kombi insgesamt und in jeder Hinsicht überlegen ist. Nein, sogar im Kenwood kann das Charisma Audio partiell punkten. Es generiert eine mitreisende musikalische Spannung, die das andere Setup in dieser Weise nicht bieten kann. Das Klangerlebnis des ECO ist stimmig, überzeugend und reproduziert Strawinskys Suite derart schön und packend, dass zumindest ich nichts anderes brauche. Bleibt zu klären, wie sich das eingespielte ECO bei Stimmen und komplexen Orchester verhält: Hören wir also noch einmal Peter Greens Meisterwerk In The Skies. „Seven Stars“ klingt nun runder, homogener als zuvor, der kräftige Bass konturierter. Das ECO hat einen ganz leichten Hang zur weichen Darstellung, womit ich aber keinerlei Nachteile verbinde. Dynamische Attacken klingen im positiven Sinne aggressiv, jedoch nie nervig. Percussionsinstrumente erhalten nun mehr Körper und Farbe. Die Stimme wirkt überzeugend und lebensecht.