Wer wollte, konnte und kann das Soundsmith Strain Gauge, das weder nach dem Moving-Magnet-, dem Moving-Iron- noch dem Moving-Coil-Prinzip arbeitet, ja schon in unserer Klangbibliothek hören. Mehr über die Technik des Strain Gauge erfahren Sie hier: eine Begegnung mit einer ganz speziellen Tonabnehmergattung.
Ich war erst versucht, von einer neuen Tonabnehmergattung zu schreiben – wohl wissend dass Soundsmith-Inhaber und -Entwickler Peter Ledermann schon vor über zehn Jahren seinen Strain-Gauge-Tonabnehmer offiziell vorstellte. Dann fiel mir aber wieder ein, dass wir in dem Hifi-Studio, in dem ich als Student einem Nebenjob nachging, schon Anfang der 80-er Jahre einen Plattenspieler der Win Labs in der Vorführung hatten, wenn ich mich recht erinnere einen SDC-10. Das Laufwerk mit dem Acrylglas-Gehäuse war auch mit einem Arm und einem ungewöhnlichen Tonabnehmer von Dr. Sao Win ausgestattet. Viel Informationen dazu gab es vom Vertrieb leider nicht. Der Abtaster war nur mit der dazugehörigen Elektronik zu verwenden. Von dessen Ausgang ging's zum Line-Eingang einer Vorstufe. Ich habe den Win jedoch so gut wie nie für Vorführungen benutzt, da er sich beim Test mit der „dhfi Schallplatte 2 – Hörtest- und Messplatte“ nicht gerade als Abtastwunder erwies, im Gegenteil. Doch dazu später mehr – auch von Peter Ledermann selbst.
Schlägt man die Übersetzung von „Strain Gauge“ nach, findet man den Begriff „Dehnungsmessstreifen“ oder kurz DMS. Das sind Messeinrichtungen zur Erfassung von Dehnungen und Stauchungen, die durch diese ihren Widerstand ändern. Die Draht-, Folien- oder Halbleiter-DMS werden in Waagen, als Kraft- oder Drehmomentaufnehmer oder für Verformungsmessungen verwendet. In Halbleiter-DMS kommt vorwiegend Silizium zum Einsatz. Bei Peter Ledermanns Tonabnehmer erzeugt die Bewegung des Nadelträgers unterschiedliche Drücke respektive minimale Dehnungen und Stauchungen von zwei Silizium-DMS – einem pro Stereokanal: Dehnung erhöht den Widerstand, durch Stauchung sinkt er. Die sich verändernden Widerstände modulieren die konstanten Gleichströme, die das Versorgungsteil des Strain Gauge, das SG-200, liefert. Das Ergebnis sind zwei variable Spannungen: das Phonosignal. Dieses wird dann im Versorgungsteil nur noch leicht aufbereitet, bevor es an den Cinch-Ausgangsbuchsen bereitgestellt wird. Einen Entzerrervorverstärker benötigt das Strain Gauge nicht, da es als sogenannter Wegaufnehmer und nicht wie MM-, MI- und MC-Systeme als Schnelleaufnehmer arbeitet.
Warum das so ist, erklärt G8 & Friends, der deutsche Soundsmith-Vertrieb, auf seiner Website so: „Beim Schneiden der LP wird das Signal gemäß RIAA so vorverzerrt, dass die Schnelle der Auslenkungen von den höchsten Frequenzen bis zu den tiefsten um jeweils sechs Dezibel pro Oktave abnimmt; lediglich Signale unterhalb 50 Hertz und zwischen 500 und 2122 Hertz werden linear geschnitten. Mit einem Generatorsystem muss dieser Abfall von sechs Dezibel pro Oktave bei der Wiedergabe kompensiert werden – das übernimmt die RIAA-Entzerrung in der Phonostufe. Ein Wegaufnehmer hingegen „sieht“ auf einer LP eine konstante Auslenkung; die Soundsmith SG-Systeme reproduzieren das RIAA-vorverzerrte Signal auf der LP deshalb aus Prinzip (fast) linear; das Signal muss also nur noch unterhalb von 50 Hertz und zwischen 500 und 2122 Hertz leicht entzerrt werden, um exakt der RIAA-Kurve zu entsprechen.“
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