Für den Hörtest möchte ich zunächst den internen Digital-Analog-Wandler des E40 nutzen. Damit der einlaufende Datenstrom über alle Zweifel erhaben ist, nutze ich als Zuspieler zunächst meinen Melco N1 Server. Der USB-Eingang des Keces wird voll unterstützt und vom Melco sofort erkannt. In einem kurzen Gespräch mit Vertriebschef Robert Ross auf den Norddeutschen HiFi-Tagen Anfang des Jahres erfuhr ich, dass viele Kunden aufgrund der tendenziell eher geringen Leistung von 50 Watt an acht Ohm skeptisch sind. Davon lasse ich mich überhaupt nicht beeindrucken und verdrahte den Verstärker mit meinen großen Dreiwege-Standlautsprechern Magnat Quantum 807. Mit Hohlbananensteckern überhaupt kein Problem. Nutzt man offenen Draht, ist aufgrund der geringen Baugröße der Terminals des Verstärkers bei 2,5 Quadratmillimetern Schluss. Kabelschuhe oder Bananenstecker können, wie in meinem Fall, Abhilfe schaffen und ermöglichen größere Kabelquerschnitte. Mit 93 Dezibel bei 2,8 Volt und einem Meter liefern meine Lautsprecher bereits einen ordentlichen Wirkungsgrad und der Verstärker hat es leicht.
Als ersten Song höre ich Anathemas „Dusk (Dark Is Descending)“ vom Album Distant Satellites – weder ein audiophiler Leckerbissen noch eine schlechte Aufnahme. Einfach ein toller Song einer von mir sehr geschätzten Band, die seit ihrem Debüt eine interessante Genrereise vollzogen hat. Weitestgehend wird das Stück von einer akustischen Gitarre getragen. Der Klang von Stahlsaiten ist für mich oft ein erster Indikator für die Wiedergabequalität einer Kette. Ist neben dem Grundton ausreichend sirrender und ausgewogener Oberton vorhanden, ohne dass es klirrt, ist schon viel gewonnen. In dieser Disziplin punktet der kleine Vollverstärker auf jeden Fall. Der Gesamtklang macht einen eher warmen Eindruck. Speziell im oberen Mittenbereich respektive unterem Hochtonbereich klingt es eher weich, aber definitiv nicht unterbelichtet oder undefiniert. Das beschert dem Ganzen einen sehr angenehmen, runden Charakter und es macht sofort Spaß, dem Keces E40 bei der Arbeit zuzuhören. Die Stimmen von Lee Douglas und Vincent Cavanagh heben sich sehr gut von den übrigen Instrumenten ab. Der eher analytische Stimmcharakter der Aufnahme wird wie gewohnt korrekt wiedergegeben. Darüber, dass der Keces mit seinem Klangcharakter zu sehr von der Aufnahme abweicht, muss man sich also definitiv keine Sorgen machen. Im Hochton tritt der Amp bestimmt und präzise auf. Becken setzen sich gut durch und haben ein gesundes Maß an Präsenz. In den Passagen des Songs, die etwas dichter instrumentiert sind, behält der Vollverstärker überwiegend die Kontrolle und ist in der Lage, die großen Standlautsprecher auch bei hohen Lautstärken überzeugend anzutreiben. Kompression oder hörbare Verzerrungen kann ich nicht feststellen. Lediglich der Bassbereich scheint etwas unruhig zu sein. Die gute Bühnenbreite und die Tiefe der Abbildung überraschen mich. Gepaart mit der guten Instrumentenseparation spielt der Keces E40 schon jetzt deutlich über meine Erwartungen hinaus.
Dies ändert sich auch nicht im zweiten Satz aus Rimski-Korsakows Scheherazade (op. 35) in der Einspielung der Berliner Philharmoniker und Herbert von Karajan von 1967 (Deutsche Grammophon, ADD). Gehört als digitale Veröffentlichung von 2016 bei 96 Kilohertz und 24 Bit. Die höhere Samplingrate und Bittiefe sind kein Problem, sie werden passend von meinem Melco Server umgerechnet. Die Garantie, dass wirklich jeder Zuspieler dazu in der Lage ist, ist nicht unbedingt gegeben. Am PC zumindest ist es lediglich eine Frage der Konfiguration des jeweiligen Abspielprogrammes. Übrigens kann ich mir nicht helfen, immer wieder auf Karajan-Einspielungen zurück zu greifen. Zwar sind diese nicht immer unbedingt auch die klanglich hochwertigsten, gehören aber für meinen Geschmack zu den musikalisch beeindruckendsten Einspielungen. Der Keces Vollverstärker gibt alle Instrumente sehr natürlich wieder, und beschert der Aufnahme eine glaubwürdige Räumlichkeit. Das Orchester wirkt wie ein in sich geschlossener Klangkörper, dennoch lösen sich einzelne Instrumentengruppen gut voneinander und breiten sich in ihrer individuellen Größe im Raum aus. Dass es generell eine große Freude ist, diesem abwechslungsreichen, klangfarbenfrohen Stück zu lauschen, brauche ich wohl nicht weiter zu erwähnen. Grobdynamisch kommt der Verstärker kaum in Bedrängnis und auch im feindynamischen Bereich bietet er dem Hörer bereits eine Menge Nuancierungen. Speziell letzteres ist eine Herausforderung an günstige Geräte, doch der Keces schafft es tatsächlich, dem Hörer diese Qualität erfahrbar zu machen. Die Abstufungen und die Durchzeichnung der verschiedenen Instrumente sind in Anbetracht des Preises wirklich auf sehr hohem Niveau. Besonders ist mir der F-Teil mit dem Solo der Klarinette in A im Gedächtnis geblieben. Die Streicher liefern, wie an späterer Stelle nochmals, ein in sich sehr bewegliches Pizzicato und es gelingt mir, jede Instrumentengruppe zu verfolgen.