tests/19-08-13_mytek
 

Mytek Brooklyn AMP

13.08.2019 // Finn Corvin Gallowsky

Doch wie klingt der Titeltrack des aktuellen Albums Wolf’s Cry denn nun mit dem Brooklyn AMP, statt meiner NAD-Endstufe? Kurz gesagt, detailreicher, präziser und etwas „aufgeräumter“, aber auch etwas weniger nachdrücklich und gewaltig. Ich habe das Gefühl, dass der kleine Digitalverstärker meine Lautsprecher etwas mehr im Griff hat und davon vor allem der Mittel- und Hochtonbereich profitiert. Die Natürlichkeit der Instrumente legt deutlich zu, wahrscheinlich da ihre Obertöne stärker herausgearbeitet werden. Einzelne Trommelanschläge kann ich eindeutiger und plastischer heraushören, die Verarbeitung von schnellen Impulsen scheint dem Brooklyn zu liegen. Die Durchzeichnung der Becken ist die bisher beste, die ich in meinem Setup gehört habe – und das mit einem Klasse-D-Verstärker! Sie schimmern unglaublich angenehm und seidig aus dem Mix heraus, ohne dass man das Gefühl einer Höhenanhebung hat. Der Gesamtklang erscheint allgemein etwas differenzierter als mit meinem NAD, sich jedoch eher in die Tiefe und weniger in die Breite öffnend. Die verschiedenen Instrumente scheinen klarer voneinander getrennt und ihre klangliche Ausdehnung ist etwas schärfer umrissen. Trotzdem musizieren sie nicht teilnahmslos nebeneinander her, sondern verfügen immer noch über genügend Zusammenhalt. Das Bandgefüge scheint nur nicht ganz so aus einem Guss, wie der NAD es zu reproduzieren vermag. Schlussendlich benötigt der kleinere der beiden Verstärker etwas mehr Dampf von der Vorstufe, um eine identische Lautstärke abzuliefern.

Bei einem Blick ins Innere wird der Doppel-Mono-Aufbau sofort ersichtlich
Bei einem Blick ins Innere wird der Doppel-Mono-Aufbau sofort ersichtlich

Das als nächstes gehörte Stück stammt vom Album Day Is Done des Brad Mehldau Trios und ist eine Neuinterpretation des Radiohead Songs „Knives Out“. Zwar habe ich das Stück immer sehr gemocht, jedoch ist es mir nie als akustischer Leckerbissen aufgefallen. Die Abmischung gerät im Vergleich zu Jazz-Klassikern recht modern und erschien mir immer leicht artifiziell. Der Brooklyn AMP belehrt mich jedoch eines Besseren: Der Klangfarbenreichtum der einzelnen Instrumente verblüfft mich über die Maße, das wiederum präsente Singen der Becken, der fein aufgelöste Obertongehalt des Klaviers und die Körperhaftigkeit des Kontrabasses habe ich vorher so noch nicht wahrgenommen. Das Stück erhält eine mitreißende Dynamik und das Album steigt deutlich in meinem Ranking der aufnahmetechnisch hörenswerten Alben, musikalisch hörenswert ist es allemal. Nach einigen getesteten Mytek-Produkten beginnt sich für mich langsam eine Art charakteristischer „Mytek-Sound“ zu manifestieren: geprägt von hohem Detailgrad und einer enormen Fülle an Klangfarben, gepaart mit einer gut kontrollierten Portion Kraft im Frequenzkeller. Dabei wirkt er an keiner Stelle übertrieben oder überbetont, und genau das ist es, was in Verbindung mit der Preisgestaltung meine Begeisterung für Mytek befeuert. Die Wiedergabe ist stets neutral, jedoch nie analytisch oder gar langweilig. Ich kann ebenso stundenlang sinfonischen Konzerten lauschen, mir Gitarrenriffs um die Ohren pfeffern lassen oder Mixentscheidungen treffen.

Die vom dänischen Spezialisten Pascal stammenden Verstärkermodule sind laut Michal Jurewicz stark modifiziert
Die vom dänischen Spezialisten Pascal stammenden Verstärkermodule sind laut Michal Jurewicz stark modifiziert

Jedes einzelne Instrument kommt perfekt zur Geltung und kann seinen charakteristischen Klang voll ausspielen – ganz egal in welchem musikalischen Genre ich mich bewege. Besonders hat mich bei allen Mytek-Produkten jedoch die Wiedergabe von Streichern begeistert. Was läge also näher, als Barbers „Adagio for Strings, Op. 11“ zu lauschen? Persönlich sagen mir die Interpretationen von Leonard Bernstein sehr zu. Die Aufnahme gemeinsam mit den New York Philharmonikern ist für mich noch etwas ergreifender als andere Aufnahmen. Außerdem enthält sie einen sehr präsenten Hochtonbereich und vermittelt den Klang der Streicher direkter, wenn auch weniger raumfüllend, als beispielsweise die Aufnahme mit den Los Angeles Philharmonikern. Mir persönlich gefällt genau dieser unnachgiebige Klang und ich weiß, dass es keine leichte Aufgabe wird, die Aufnahme zufriedenstellend zu reproduzieren. Doch tatsächlich gerät der Klang wohlgefälliger, als ich erwartet hatte, dennoch fehlt den Streichern keineswegs die leicht energische Note, die in manchen Aufnahmen und in manchen Ketten mitunter verloren geht. Obwohl die Aufnahme deutlich angenehmer reproduziert wird als erwartet, habe ich dennoch nicht das Gefühl, dass hier beschönigt wird. Ganz im Gegenteil, erstmalig wird mir das Konzert dargeboten, wie es eigentlich sein soll: ausgewogen, strahlend, so präsent wie die Aufnahmetechnik es vorsieht und mit einem umfassend durchgezeichneten Obertonspektrum. Der Brooklyn AMP und mein Brooklyn DAC+ sind tatsächlich ausgezeichnete Spielpartner. Gemeinsam laufen sie zu Höchstform auf. Bedenkt man den Phono-Eingang des Wandlers oder die Streamingfähigkeit der ebenfalls von mir getesteten Brooklyn Bridge, so erhält man für um die 5.000 bis 6.000 Euro eine fantastisch spielende Wandler-, Vorstufen, Endstufenkombi, die keine Wünsche mehr offen lässt.


  • M2Tech Classic Integrated Amplifier

    In Zeiten von Streaming, Bluetooth und Co. gibt es immer weniger klassische Vollverstärker im eigentlichen Sinne mit Hochpegel, Phono MM und MC, die auch noch bezahlbar sind. Schade. Um so besser, dass die italienische Marke M2Tech aus dem schönen Pisa uns mit dem Classic Integrated Amplifier genau ein solches Gerät beschert! Bis vor kurzem flog M2Tech bei mir offen gestanden völlig unter dem Radar. Im Jahr 2007 von Nadia Marino und Marco Manunta als Beratungs-…
    10.09.2024
  • LessLoss Firewall 640x

    Mit dem Filter-Netzkabel Firewall 640x von LessLoss betreten wir testmäßig durchaus dünnes Eis, bewegen wir uns hier rein wissenschaftlich betrachtet in einer Grauzone zwischen Voodoo und technisch-nebulöser Geheimniskrämerei. Oder etwa doch nicht? Nach anfänglicher Skepsis überwog die Neugier und ein Test war ausgemachte Sache! Bevor ich mich dem eigentlichen Gegenstand dieses Berichts nähere, muss ich Sie, liebe Leser, vorwarnen. Und das kann anstrengend werden, ich verspreche aber, so kurzweilig wie möglich zu bleiben. Denn qua…
    30.08.2024
  • MSB Technology Cascade DAC

    Vor rund vier Jahren testete ich den großartigen Reference DAC, der mit verschiedenen Ein- und Ausgangsmodulen bestückt werden konnte. Kurz darauf stellte MSB seinen Wandlern den Digital Director zur Seite, ein Konzept das Jonathan und Daniel Gullman Roland Dietl erläuterten. Die Kulmination der diversen neuen Ansätze ist nun der Cascade DAC. Während beispielsweise beim Reference DAC die Module für die digitalen Eingänge, mit denen der Wandler den Erfordernissen seines Besitzers entsprechend konfiguriert werden kann, im…
    27.08.2024
  • Lotoo PAW D2

    Der Lotoo PAW D2 ist nicht mehr nur ein digitaler Schnittstellenwandler wie sein Vorgänger, sondern verfügt zusätzlich über einen Digital-Analogwandler mit Cinch-Ausgängen. Der kleine Formfaktor und die Handschmeichlerqualität des hochwertigen Vollmetallgehäuses bleiben erhalten. Zusätzlich wurde dem D2 ein kleines Display spendiert. Äußerlich unterscheidet sich der D2 deutlich vom D1. Zwar bleiben der XLR-Ausgang für AES/EBU, Cinch- und TOSLINK-Ausgang für S/PDIF erhalten, Display und Lautstärkeregler geben dem D2 jedoch ein neues Erscheinungsbild. Der eingesetzte ADI Blackfin…
    23.08.2024
  • Silent Power LAN iPurifier Pro

    Vor einem Jahr beschäftigte sich Dirk Sommer mit dem ifi Audio LAN iSilencer, einem preiswerten LAN-Filter zur Beseitigung von Netzwerk-Störungen. Sein Testurteil war ausgesprochen positiv, nicht nur wegen des günstigen Preises von 89 Euro, sondern vor allem wegen der überzeugenden Wirkung. Nun darf es ein wenig mehr sein. Das bezieht sich erst einmal auf den Preis des neuen Silent Power LAN iPurifier Pro von 300 Euro. Dafür bekommt man ein kleines aktives Gerät inklusive eines…
    20.08.2024
  • Buchardt Audio P300

    Als ich Anfang 2022 die großen Schwestern der P300 erhielt, war ich hin und weg. Die S400 MKII überzeugte mit dynamischer Basswiedergabe und hervorragender Raumdarstellung. Sie zählt nach wie vor neben meinen Aperions zu meinen absoluten Favoriten. Die mit 1.400 Euro Paarpreis um 700 Euro günstigere P300 stehen nun im Wohnzimmer der Familie. Das Produktportfolio der dänischen HIFI-Schmiede aus Silkeborg wird stetig erweitert und umfasst inzwischen mehrere Produktlinien. Neben passiven Lautsprechern wie der S400 MKII…
    16.08.2024

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.